Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. 4 StR 260/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 1496

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[X.] vom 14. Oktober 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 14. Oktober 2008 gemäß §§ 44 ff, 349 Abs. 2 StPO beschlossen: 1. Dem Angeklagten [X.]

wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 27. November 2007 Wiedereinsetzung in den [X.] gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen. Der Beschluss des [X.] vom 5. März 2008, durch den die Revision des Angeklagten als unzu-lässig verworfen wurde, ist damit gegenstandslos. 2. Die Revisionen der Angeklagten gegen das vorbezeich-nete Urteil des [X.] werden verworfen. 3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten [X.]die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen. Der Angeklagte [X.]trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Beide Angeklagten haben die den [X.] im Revisionsverfahren entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen. - 3 - Gründe: 1 Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen Totschlags - unter Einbeziehung einer Vorverurteilung - zu einer einheitlichen Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt sowie den Angeklagten [X.]

wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung formel-len und materiellen Rechts rügen, haben keinen Erfolg. 1. Die von beiden Angeklagten erhobene Rüge, das Urteil sei entgegen § 260 Abs. 1 StPO im unmittelbaren [X.] an die Plädoyers der Verteidiger und das letzte Wort der Angeklagten verkündet worden, ohne dass sich das Gericht zur Beratung zurückgezogen habe, ist unbegründet. 2 a) Zwar weist das Sitzungsprotokoll eine Unterbrechung der [X.] zum Zwecke der Urteilsberatung nicht aus. Damit steht der gerügte [X.] jedoch nicht fest. Denn die Beratung selbst ist nicht Gegens-tand der formellen Beweiskraft gemäß § 274 StPO. Die Beratung ist geheim und schon deshalb nicht Bestandteil der Hauptverhandlung; an ihr nimmt der [X.] der Geschäftsstelle nicht teil ([X.]St 5, 294; [X.], 472; [X.], Beschluss vom 23. November 2000 Œ 3 StR 428/00). Auch eine Un-terbrechung der Hauptverhandlung zum Zwecke der Beratung ist keine fifür die Hauptverhandlung vorgeschriebene Förmlichkeitfi [X.]. § 274 StPO. Eine Bera-tung kann jederzeit vor, während und nach einer Sitzung erfolgen, ohne dass dies jeweils explizit im Protokoll zu vermerken wäre. Im Übrigen sieht § 272 Nr. 1 StPO nur vor, dass der Tag der Verhandlung ins Protokoll aufgenommen wird, nicht aber etwa die genaue Uhrzeit, die genaue Dauer oder etwaige Un-terbrechungen (vgl. auch [X.] VRS 32, 143). 3 - 4 - b) Die Frage, ob vor Urteilsverkündung eine Beratung des Gerichts [X.] hat, war daher im [X.] zu klären. Die vom Senat eingeholten Stellungnahmen sämtlicher Beteiligter einschließlich der Instanzverteidiger hat indes ergeben, dass die Hauptverhandlung nach dem letzten Wort der Ange-klagten zum Zwecke der Urteilsberatung unterbrochen wurde. [X.] und Schöffen haben darüber hinaus übereinstimmend mitgeteilt, dass in dieser Zeit tatsächlich eine umfassende Beratung stattgefunden habe. 4 2. Die Rüge des Angeklagten [X.] , mit der er die Verletzung von § 265 StPO geltend macht (Ziffer 2.4. der Revisionsbegründung), greift [X.] nicht durch. 5 a) Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage war den (drei) Angeklagten eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung mit Todesfolge gemäß §§ 227, 25 Abs. 2 StGB zur Last gelegt worden (der dritte Angeklagte - [X.]- ist wegen gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen; er hat keine Re-vision eingelegt). Dabei ging die Anklage davon aus, dass sämtliche Angeklagte an einer tätlichen Auseinandersetzung mit dem Tatopfer beteiligt waren, in de-ren Verlauf einer von ihnen das Opfer mit Messerstichen tödlich verletzte. Wel-cher der Angeklagten zugestochen hatte, ließ die Anklage offen. Im wesentli-chen Ergebnis der Ermittlungen heißt es: [X.] bislang nicht festgestellt werden kann, wer den tödlichen Stich führte, kam eine Anklageerhebung wegen [X.] nicht in [X.] In der Hauptverhandlung erging an die Angeklagten folgender Hinweis: fiIn Betracht kommen auch jeweils Bestrafungen wegen ge-fährlicher Körperverletzung gem. §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 + 4 StGB sowie Be-strafungen wegen Totschlags gem. § 212 gegebenenfalls 213 StGBfi. Im Urteil 6 - 5 - ist festgestellt, dass der Angeklagte [X.]die tödlichen Messerstiche führte. 7 b) Die Revision beanstandet, dass das Gericht im Urteil einen Sachver-halt zu Grunde gelegt habe, der wesentlich von der Anklage und dem [X.] abweiche, ohne dass der Beschwerdeführer auf diese Verän-derung zuvor hingewiesen worden sei. Im Übrigen sei er nicht darauf hingewie-sen worden, dass eine Verurteilung wegen Totschlags in [X.] werde. c) Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Zutreffend ist zwar der rechtliche Ansatz der Revision: Die Annahme von [X.] anstelle von Mittäterschaft ist hinweispflichtig ([X.]R StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 5 und 6). Dieser Pflicht ist hier jedoch Genüge getan. Der protokollierte Hinweis des [X.] in der Hauptverhandlung zielte hinreichend deutlich auf eine mögliche Ver-urteilung wegen Totschlags in [X.] ab. Denn in ihm ist von [X.] Totschlag gerade nicht die Rede. Auf § 25 Abs. 2 StGB ist nicht Bezug genommen. Dadurch, dass der Hinweis ausweislich des Proto-kolls an alle Angeklagte ([X.]) gerichtet und im Plural ([X.]) ge-fasst war, wurde jedem der Angeklagten vor Augen geführt, dass er als derjeni-ge identifiziert werden konnte, der die Messerstiche geführt und damit den [X.] begangen hatte. Dabei sollte der Beweiswürdigung der Strafkammer über diese Frage nicht fivorgegriffenfi werden, zumal die Beweisaufnahme noch nicht abgeschlossen war. Nichts anderes ergibt sich schließlich aus dem Zu-sammenhang mit der zugelassenen Anklage. Die Annahme von Mittäterschaft in der Anklage bezog sich auf einen anderen Tatbestand, nämlich den der Kör-perverletzung mit Todesfolge. Die Begründung, mit der dort im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen die Annahme eines Tötungsdeliktes abgelehnt [X.] - 6 - de, zeigt, dass eine gemeinschaftlich begangene Tötung gerade nicht in [X.] gezogen worden war. Auch vor dem Hintergrund der Anklage war der rechtliche Hinweis mithin nicht missverständlich. 9 3. Auch im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revi-sionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erge-ben, wie der [X.] in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutref-fend ausgeführt hat. Tepperwien Maatz Athing Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 260/08

14.10.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.10.2008, Az. 4 StR 260/08 (REWIS RS 2008, 1496)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1496

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