Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2005, Az. XII ZR 212/03

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1053

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am: 2. November 2005 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB § 566 a.F. Die Regelung in einem Mietvertrag, dass das Mietverhältnis mit der Übergabe der Mietsache beginnt, ist hinreichend bestimmbar und genügt deshalb dem Schriftformerfordernis des § 566 BGB a.F. [X.], Urteil vom 2. November 2005 - [X.]/03 - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 21. Oktober 2003 aufgehoben und das Urteil der 4. Zivilkammer des [X.] vom 1. Juli 2003 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom
24. Januar 2003 das Mietverhältnis der Parteien vom 12. Januar 1995 über den Laden Nr.: – Nahversorgungszentrum [X.], , zwischen [X.]und [X.]. , nicht beendet hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Rechtsvorgängerin der Klägerin vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 12. Januar 1995 an die [X.] ein Ladenlokal im [X.] auf 15 Jahre. 1 - 3 - § 2 des Mietvertrages lautet: "1. Das Mietverhältnis beginnt mit der Übergabe der Mieträume. Es en-det nach Ablauf von 15 Jahren am darauffolgenden 30.6. 2. – 3. Die Übergabe der Mietfläche ist voraussichtlich im April 1996, die Er-öffnung des [X.] ist für Mai 1996 vorgesehen. Beide Terminan-gaben sind für den Vermieter unverbindlich." Am 17. September 1996 wurde das Objekt an die Beklagte übergeben, die das Vermögen der [X.] durch [X.] vom 13. Juni 1996 übernommen hatte. Später erwarb die Klägerin das Objekt von der Ver-mieterin. Mit Schreiben vom 24. Januar 2003 kündigte die Beklagte den [X.] zum 30. September 2003 mit der Begründung, dass der Mietvertrag die Schriftform nicht wahre. Das [X.] hat die Klage auf Feststellung, dass die Kündigung der Beklagten das Mietverhältnis der Parteien nicht beendet habe, abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Klä-gerin mit der vom [X.] zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur antrags-gemäßen Verurteilung der Beklagten. 1. Das [X.] hat ausgeführt, der zulässige Feststellungsan-trag sei unbegründet. Der Mietvertrag vom 12. Januar 1995 sei nicht wirksam 2 3 4 5 - 4 - auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen worden. Deshalb habe die fristge-mäße Kündigung der Beklagten vom 24. Januar 2003 das Mietverhältnis zum 30. September 2003 beendet. Der Mietvertrag erfülle nicht die Schriftform des § 566 BGB a.F. (§ 550 BGB). Danach müssten die wesentlichen Vertragsinhal-te wie Vertragspartner, Mietgegenstand, Mietzins und Mietdauer im Mietvertrag bestimmbar geregelt sein, wobei bei der Beurteilung der Bestimmbarkeit auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände herangezogen werden könnten. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien sei der Mietbeginn nicht hinreichend [X.] vereinbart worden. Die Parteien hätten sich in § 2 Abs. 1 darauf geei-nigt, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle. Zwar lasse sich nunmehr anhand des Übergabeprotokolls feststellen, dass die Übergabe am 17. September 1996 erfolgt sei. Das sei aber nicht ausreichend, weil die Schriftform nur gewahrt sei, wenn die Bestimmbarkeit bereits zum [X.]-punkt des [X.] gegeben sei. Der mit der Schriftform in ers-ter Linie verfolgte Zweck, es einem späteren Erwerber zu ermöglichen, sich vollständig über die auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten des [X.] zu unterrichten, könne sonst nicht erfüllt werden. Dem Umstand, dass zum [X.]punkt des Vertragsschlusses am 12. Januar 1995 das Mietobjekt noch nicht errichtet gewesen sei und deshalb der Übergabezeitpunkt nicht habe benannt werden können, hätten die Parteien mit der Bestimmung eines "spätesten" Übergabezeitpunkts ("spätestens am –") Rechnung tragen können. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass es zur Wahrung der Schriftform des § 566 BGB a.F. zwar grundsätzlich erforderlich ist, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des [X.] 7 - 5 - verhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben. Da aber auch formbedürftige Vertragsklauseln grundsätzlich der Auslegung zugänglich sind, wenn sie sich als unklar und lückenhaft erweisen, brauchen indes auch wesentliche Tatbe-standsmerkmale des Rechtsgeschäfts nicht bestimmt angegeben zu werden, sofern nur die Einigung über sie beurkundet ist und ihr Inhalt bestimmbar bleibt. Die Bestimmbarkeit muss allerdings im [X.]punkt des Vertragsschlusses gege-ben sein. Insoweit darf auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände zurück-gegriffen werden, die aber, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, eben-falls zum [X.]punkt des Vertragsschlusses bereits vorliegen müssen ([X.], [X.] vom 7. Juli 1999 - [X.] ZR 15/97 - NJW 1999, 3257, 3259). b) Soweit das Berufungsgericht aber meint, die Form des § 566 BGB a.F. sei vorliegend nicht gewahrt, weil der Mietbeginn nicht hinreichend bestimmbar vereinbart sei, kann dem nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht stellt zu hohe Anforderungen an den Begriff der Bestimmbarkeit. Wäre das Datum des [X.] bei Vertragsabschluß bereits bekannt gewesen, so wäre bereits das Merkmal der "Bestimmtheit" erfüllt. "Bestimmbarkeit" verlangt [X.] ein deutlich geringeres Maß an Genauigkeit. Dafür genügt eine abstrakte Beschreibung, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln. Die Frage der Bestimmbarkeit stellt sich in vergleichbarer Weise bei der Abtretung künftiger Forderungen. Dabei verlangt die Rechtsprechung nicht, dass die Person des Schuldners bei Vertragsschluss feststeht. Sie lässt es vielmehr genügen, dass die juristische Entstehungsgrundlage und/oder der für die Entstehung maßgebliche Lebenssachverhalt so genau benannt werden, dass sich eine bestimmte Forderung bei ihrem Entstehen dann zuverlässig als der Abtretung unterfallend definieren lässt (vgl. MünchKomm/[X.] BGB 4. Aufl. § 398 Rdn. 81 m.w.[X.]). Auch bei Verträgen zugunsten Dritter wird es regelmä-ßig für ausreichend gehalten, wenn die Person des (begünstigten) Gläubigers 8 9 - 6 - bestimmbar ist; der Dritte kann "zur [X.] des Vertragsschlusses noch ungewiss sein, aber durch den Eintritt eines gewissen Zustandes bestimmt werden" (MünchKomm/[X.] aaO § 241 Rdn. 5 m.w.[X.]). Selbst Verträge, die ein Ver-treter für den ihm nicht einmal bekannten Vertretenen (für den, der sich "in der Zukunft als Straßenbaupflichtiger ergebe") abschließt, hat die Rechtsprechung nicht an der mangelnden Bestimmbarkeit des Vertretenen scheitern lassen (MünchKomm/[X.] aaO m.w.[X.]). Für die Frage der Bestimmbarkeit des Mietvertragsbeginns gelten keine anderen Grundsätze. Ein Sachverhalt, an den die Vertragsparteien den [X.] knüpfen, muss so genau bestimmt werden, dass bei seiner [X.] kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Das trifft hier zu. Die [X.] hatten sich darauf geeinigt, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen sollte. Auf Grund dieser Beschreibung steht der Beginn des Mietverhältnisses - nach erfolgter Übergabe - eindeutig fest. c) Den Beginn des Mietverhältnisses an die Übergabe des Mietobjektes zu knüpfen, entspricht auch einem praktischen Bedürfnis. Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung würde dazu führen, dass die aus wirtschaftlichen Gründen nicht verzichtbare Vermietung noch nicht fertig gestellter Räume (so genannte Vermietung "vom Reißbrett weg") über Gebühr erschwert würde. Die Meinung, die Mietvertragsparteien könnten den mit der Bestimmung des Vertragsbeginns auftretenden Schwierigkeiten dadurch begegnen, dass sie einen "spätesten" Übergabezeitpunkt ("spätestens am –") vereinbaren, hilft nicht weiter. Auch in diesem Falle müsste ein Rechtsnachfol-ger, der das Mietobjekt nach Übergabe an den Mieter erwirbt, das tatsächliche Übergabedatum ermitteln, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass 10 11 12 - 7 - die Übergabe immer erst zum vereinbarten "spätesten" Übergabezeitpunkt er-folgt ist. 3. Da die Schriftform des § 566 BGB a.F. eingehalten ist, konnte die [X.] den auf 15 Jahre fest abgeschlossenen Vertrag nicht ordentlich kündi-gen. Das Mietverhältnis besteht somit weiter. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben und der Feststellungsklage stattzugeben. Hahne

Fuchs

Ahlt

Vézina

Dose Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.07.2003 - 4 O 122/03 - [X.], Entscheidung vom 21.10.2003 - 9 U 117/03 - 13

Meta

XII ZR 212/03

02.11.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2005, Az. XII ZR 212/03 (REWIS RS 2005, 1053)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1053

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