5. Senat | REWIS RS 2020, 3522
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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Versagung des Vorsteuerabzugs bei fehlender Identität von Leistendem und Rechnungsaussteller; Divergenz
1. NV: Divergenz liegt nur dann vor, wenn das FG bei einem gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhalt in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht.
2. NV: Stützt das FG die Versagung des Vorsteuerabzugs auf die fehlende Identität von Leistendem und Rechnungsaussteller, liegt darin keine Abweichung von der Rechtsprechung des EuGH in der Sache PPUH Stehcemp (EuGH-Urteil vom 22.10.2015 - C-277/14, EU:C:2015:719).
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 18.01.2019 - 5 K 328/18 U wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die [X.]eschwerde der Klägerin und [X.]eschwerdeführerin (Klägerin) ist unbegründet. Die Revision ist weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) zuzulassen.
1. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts ([X.]) zum Urteil des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) [X.] [X.] vom 22.10.2015 - [X.]/14 ([X.]:[X.], Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --[X.]-- 2015, 1182) liegt nicht vor.
a) Eine Divergenz, die eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O rechtfertigt, ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofes ([X.]) gegeben, wenn das [X.] seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (Senatsbeschluss vom 09.09.2014 - V [X.] 43/14, [X.]/NV 2015, 68, sowie [X.]-[X.]eschluss vom 16.08.2013 - III [X.] 144/12, [X.]/NV 2013, 1816). Eine Divergenz liegt allerdings nur dann vor, wenn das [X.] bei einem gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhalt in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der --dieselbe Rechtsfrage betreffenden-- Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht (Senatsbeschluss vom 08.04.2010 - V [X.] 20/08 , [X.]/NV 2010, 1616; [X.]-[X.]eschluss vom 14.10.2009 - IX [X.] 105/09, [X.]/NV 2010, 443, m.w.N.).
b) Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, das Urteil des [X.] weiche von dem [X.]-Urteil [X.] [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2015, 1182) ab. Danach dürfe das Recht auf Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) nicht mit der [X.]egründung versagt werden, dass "die Rechnung von einem Wirtschaftsteilnehmer ausgestellt wurde, der (…) als ein nicht existenter Wirtschaftsteilnehmer anzusehen ist, und dass es unmöglich ist, die Identität des tatsächlichen Lieferers der Gegenstände festzustellen" ([X.]-Urteil [X.] [X.], [X.]:[X.], [X.] 2015, 1182, 2. Leitsatz, sowie Rz 24). Das Kriterium der Existenz des Lieferers der Gegenstände oder seine [X.]erechtigung zur Ausstellung von Rechnungen gehörten nicht zu den Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug ([X.]-Urteil [X.] [X.], [X.]:[X.], [X.] 2015, 1182, Rz 33).
c) Der Senat kann offen lassen, ob das [X.] tatsächlich abstrakte Rechtssätze aufgestellt hat, die den Rechtssätzen des [X.] in der Entscheidung [X.] [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2015, 1182) widersprechen. Denn den Rechtssätzen der [X.]-Entscheidung und des [X.]-Urteils liegen unterschiedliche Sachverhalte zugrunde:
aa) Im Verfahren [X.] [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2015, 1182) ging es um den Vorsteuerabzug der Klägerin aus der Lieferung von Dieselkraftstoff durch eine Firma "finnet". Die Rechnungen über die Kraftstoffeinkäufe wiesen "finnet" auch als Leistenden aus. Gleichwohl versagte der [X.] Fiskus den Vorsteuerabzug, da "finnet" aus mehreren Gründen nicht existent sei (Gesellschaft sei nicht für mehrwertsteuerliche Zwecke registriert, sie gebe keine Steuererklärung ab, entrichte keine Steuern, veröffentliche ihre Jahresabschlüsse nicht, verfüge nicht über eine Konzession zum Verkauf von Flüssigkraftstoffen und ihr Geschäftsgebäude sei in einem heruntergekommenen Zustand), sodass von ihr auch keine Lieferung von Dieselkraftstoff erfolgt sein könne (vgl. [X.]-Urteil [X.] [X.], [X.]:[X.], [X.] 2015, 1182, Rz 31 und 32). In dieser Fallgestaltung entschied der [X.], dass die festgestellten "Unregelmäßigkeiten" den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, da die [X.]ehandlung eines Steuerpflichtigen als "nicht existent" wegen Nichteinhaltung von formalen Vorgaben nichts darüber aussagt, ob er wirtschaftlich tätig ist und tatsächlich trotz dieser Gegebenheiten nicht doch Leistungen erbringt. Die formalen Feststellungen der [X.]n Steuerverwaltung schlossen somit weder die Eigenschaft als Steuerpflichtiger noch eine Lieferung aus.
bb) Der Sachverhalt des [X.]-Urteils unterscheidet sich davon jedoch in entscheidungserheblicher Weise. Anders als in dem vom [X.] entschiedenen Fall gab es nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) keine Anhaltspunkte dafür, dass die jeweiligen Rechnungsaussteller (Firmen "A", "[X.]", "[X.]") überhaupt Lieferungen an die Klägerin erbracht hatten. Denn alle drei Firmen hatten bestritten, Geschäftskontakte zu der Klägerin bzw. zu deren Geschäftsführern unterhalten zu haben; ferner hatte es die Klägerin als naheliegend eingeräumt, dass Herr [X.] die Rechnungen bestehender Firmen fingiert und seine eigene Ware verkauft habe (S. 7 des [X.]-Urteils). Die Versagung des Vorsteuerabzugs beruht somit darauf, dass es an der --nach ständiger Rechtsprechung für den Vorsteuerabzug erforderlichen-- Identität von [X.] und Rechnungsaussteller fehlt (Senatsurteile vom 15.10.2019 - V R 29/19, [X.]E 267, 129, [X.]/NV 2020, 298; vom 14.02.2019 - V R 47/16, [X.]E 264, 76, sowie vom 10.09.2015 - V R 17/14, [X.]/NV 2016, 80; s.a. [X.]-Urteil vom 12.08.2009 - XI R 48/07, [X.]/NV 2010, 259).
[X.]) Das Erfordernis der Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer entspricht nach der Senatsrechtsprechung (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 264, 76) auch der Rechtsprechung des [X.], der zufolge die Angabe der Anschrift, des Namens und der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des [X.] es ermöglichen soll, eine Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion und dem Rechnungsaussteller herzustellen. Wie der Senat in dem o.g. Urteil bereits entschieden hat, weicht er mit dieser Auffassung auch nicht von dem [X.]-Urteil [X.] [X.] ([X.]:[X.], [X.] 2015, 1182) ab, wenn feststeht, dass die Rechnungsaussteller die Lieferungen, aus denen der Vorsteuerabzug begehrt wird, nicht ausgeführt haben. In diesem Falle vermögen die Rechnungen nicht die erforderliche Verbindung zwischen einer bestimmten wirtschaftlichen Transaktion (hier: Lieferungen von Textilien) und den Rechnungsausstellern (hier: "A", "[X.]" und "[X.]") herzustellen.
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O (Fortbildung des Rechts) im Hinblick auf die Rechtsfrage zuzulassen, "ob es mit der Vorsteuerabzugsregelung der [X.] vereinbar ist, einem Steuerpflichtigen den Vorsteuerabzug aus einer Rechnung zu versagen, die falsche Angaben zur Identität des als Lieferer bezeichneten Unternehmers enthält".
a) Die Zulassung zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall der grundsätzlichen [X.]edeutung (Senatsbeschluss vom 05.06. 2019 - V [X.] 53/18, [X.]/NV 2019, 1062; [X.]-[X.]eschluss vom 20.03.2018 - III [X.] 135/17, [X.]/NV 2018, 705, Rz 5); beide Zulassungsgründe setzen daher eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage voraus.
b) Vorliegend ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig. Denn nach den o.g. Ausführungen (unter 1.c [X.]) ist durch die ständige Rechtsprechung des [X.] bereits geklärt, dass bei fehlender Identität von Aussteller und tatsächlich [X.] der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren [X.]egründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O abgesehen.
4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.
Meta
15.07.2020
Beschluss
vorgehend FG Düsseldorf, 18. Januar 2019, Az: 5 K 328/18 U, Urteil
§ 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, UStG VZ 2010
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.07.2020, Az. V B 9/19 (REWIS RS 2020, 3522)
Papierfundstellen: REWIS RS 2020, 3522
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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