Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2004, Az. XII ZR 214/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4944

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BUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILXII ZR 214/00Verkündet am:21. Januar 2004Küpferle,Justizamtsinspektorinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem RechtsstreitNachschlagewerk:jaBGHZ:neinBGHR: jaBGB §§ 127 a.F., 130 Abs. 1 Satz 1a)Zum Zugang einer per Telefax übermittelten empfangsbedürftigen Willenserklä-rung, deren Empfänger urlaubsbedingt abwesend ist.b)Zum Bedeutungsgehalt einer Vereinbarung, nach der die Kündigung eines Miet-vertrages durch eingeschriebenen Brief erfolgen soll.BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - OLGSaarbrückenLGSaarbrücken- 2 -Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlungvom 21. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die RichterSprick, Fuchs, Dr. Ahlt und Dosefür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenatsdes Saarländischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2000 im Ko-stenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Oberlandesgerichtüber die Verurteilung zur Zahlung von 41.683,19 DM nebst Zinsenhinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LandgerichtsSaarbrücken vom 4. September 1998 - in der Fassung des Be-richtigungsbeschlusses vom 13. Januar 1999 - wird hinsichtlichdes Feststellungsantrages zurückgewiesen.Im übrigen wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung undEntscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, andas Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegenTatbestand:Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten aus-gesprochenen Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses.- 3 -Der Kläger vermietete durch schriftlichen Mietvertrag vom 23. März 1990an die Beklagte drei Lagerhallen nebst gewerblichen Flächen, Sanitär- und So-zialräumen zu einem monatlichen Mietzins von 19.500 DM zuzüglich Mehr-wertsteuer. Nach § 2 Abs. 2 des Mietvertrages war das Mietverhältnis jeweilszum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Fristvon 12 Monaten kündbar, für beide Parteien jedoch erstmals zum 31. Dezem-ber 1992. Die Parteien vereinbarten in § 2 Abs. 6 des Mietvertrages, daß dieKündigung durch einen eingeschriebenen Brief zu erfolgen habe. Der Mietver-trag enthielt zudem in § 3 Abs. 2 eine Mietanpassungsklausel. Anläßlich derBestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts zugunsten der Beklagten wurde derMietvertrag vom 23. März 1990 durch den notariellen Vertrag vom 25. Mai 1990geringfügig modifiziert.Seit September 1991 fanden Verhandlungen der Parteien über die An-passung des Mietzinses statt. Durch die Zusatzvereinbarung vom 8./18. Febru-ar 1992 wurde der Mietzins für die Zeit ab 1. Oktober 1991 rückwirkend auf mo-natlich 21.444,68 DM zuzüglich Mehrwertsteuer festgelegt. Der Kläger ver-langte ab Januar 1994 einen Nettomietzins in Höhe von 22.997,80 DM und abJanuar 1995 einen solchen in Höhe von 26.605,53 DM jeweils zuzüglich Mehr-wertsteuer.Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 22. Juni 1995 das Mietverhält-nis zum 30. Juni 1996. Dieses Schreiben übermittelte sie am 29. Juni 1995 demKläger per Telefax. In einem Anschreiben zu der Kündigungserklärung wies dieBeklagte darauf hin, daß dem Kläger das Original des Kündigungsschreibensam darauffolgenden Tag über Herr Braun zugehen werde. Am 30. Juni 1995wurde das Kündigungsschreiben gegen 10 Uhr in den Hausbriefkasten desKlägers eingeworfen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit seiner Ehefrauverreist. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies der Kläger die Beklagte darauf- 4 -hin, daß er bis heute keine vertragsgemäße Kündigung erhalten habe. DurchSchreiben vom 18. Dezember 1995 verlangte der Kläger für den Zeitraum von1993 bis 1995 rückständige Mietzinsen in Höhe von insgesamt 63.416,52 DMbrutto und machte ab Januar 1996 einen monatlichen Mietzins von27.813,48 DM brutto geltend. Die Beklagte erklärte durch Schreiben vom19. Dezember 1995 erneut vorsorglich die Kündigung des Mietvertrages zum31. Dezember 1996. Sie räumte das Mietobjekt zum 30. Juni 1996. Zwischenden Parteien besteht Streit, ob die Mietsache nach ihrer Rückgabe vermietbarwar.Der Kläger verlangt mit der Klage Zahlung des Mietzinses für die zweiteJahreshälfte 1996 in Höhe von 166.880,88 DM sowie Zahlung der von ihm fürdie Jahre 1994, 1995 und die erste Jahreshälfte 1996 geforderten Mieterhö-hungen von 70.165,44 DM. Hilfsweise macht er für die zweite Jahreshälfte 1996einen Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns geltend. Im übrigen bean-tragt er festzustellen, daß das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung der Be-klagten vom 19. Dezember 1995 erst zum 31. Dezember 1996 beendet wordenist.Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 41.683,19 DM stattgegebenund im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat dasBerufungsgericht das Urteil des Landgerichtes abgeändert und die Beklagteverurteilt, weitere 158.900,46 DM zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daßdas Mietverhältnis erst aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezem-ber 1995 zum 31. Dezember 1996 beendet wurde. Im übrigen hat es die Beru-fung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Be-klagten, die der Senat angenommen hat.- 5 -Entscheidungsgründe:Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Be-rufungsurteils im Umfang der Anfechtung und hinsichtlich des Feststellungsan-trags zur Zurückweisung der Berufung des Klägers. Im übrigen (Ziffer 1.1. desTenors) führt sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandes-gericht.I.Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden für den Zeit-raum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 rückständige Mietzinsen in Höhe von158.900,46 DM zu. Der Kläger könne für diesen Zeitraum Mietzinsen geltendmachen, da die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 das Mietverhältnisnicht mit Wirkung zum 30. Juni 1996 beendet habe. Die durch das Telefax-schreiben vom 29. Juni 1995 übermittelte Kündigung der Beklagten sei nichtfristgerecht zugegangen. Die Kündigung durch das Telefax habe zwar demvertraglich festgelegten Formerfordernis genügt, da eine solche Übermittlungzur Wahrung der gewillkürten Schriftform im Sinne von § 127 BGB a.F. ausrei-che. Ein Zugang einer Willenserklärung liege aber nur dann vor, wenn sie derartin den Bereich des Empfängers gelangt sei, daß dieser unter normalen Verhält-nissen die Möglichkeit habe, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.Aus dem Sendeprotokoll ergebe sich zwar, daß das Telefax am 29. Juni 1995um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät des Klägers ausgedruckt worden sei.Der Kläger habe aber wegen seines Urlaubes erst nach dem 30. Juni 1995 vondem Telefax Kenntnis erlangt.- 6 -Ein fristgerechter Zugang der Kündigung sei auch nicht durch den am30. Juni 1995 getätigten Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbrief-kasten des Klägers erfolgt. Es könne zwar zugunsten der Beklagten unterstelltwerden, daß das vereinbarte Kündigungserfordernis per eingeschriebenemBrief keine Formvoraussetzung im Sinne der §§ 125 ff. BGB gewesen sei, son-dern lediglich Beweisfunktion gehabt habe. Die Beklagte habe auch bewiesen,daß das Kündigungsschreiben vom 22. Juni 1995 in den Hausbriefkasten desKlägers am 30. Juli 1995 gegen 10 Uhr eingeworfen worden sei. Für den Zu-gang der Kündigung sei weiterhin unerheblich, daß der Kläger sich am 30. Juni1995 auf einer Reise befunden habe. Für diesen Fall hätte er hinreichend Vor-sorge dafür treffen müssen, daß die Kündigung, mit der er auch gerechnet ha-be, rechtzeitig ihm übermittelt werde. Die Kündigung habe den Hausbriefkastendes Klägers aber zu einer Tageszeit erreicht, zu der mit ihrer Entnahme nichtmehr zu rechnen gewesen sei. Nach den Auskunftsschreiben der DeutschenPost vom 3. April 2000 und vom 3. Mai 2000 sei zwar die übliche Zustellzeit inder Wohnstraße des Klägers zwischen 9.30 Uhr und 10.30 Uhr gewesen. DerKläger habe jedoch bewiesen, daß zwischen ihm und dem Postzusteller eineVereinbarung bestanden habe, nach der seine Post ihm regelmäßig zwischen8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt worden sei. Innerhalb dieses Zeitraumes seidem Kläger das Kündigungsschreiben nicht zugegangen. Dem Kläger stehedaher für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 ein Anspruch auf Zahlungvon rückständigen Mietzinsen in Höhe von 158.900,46 DM zu. Die von demKläger verlangte Erhöhung des Mietzinses nach dem Lebenshaltungsindex seiindes nur in Höhe von 1.822,03 DM monatlich gerechtfertigt, woraus sich einmonatlicher Gesamtmietzins von 26.483,41 DM (24.661,38 + 1.822,03 DM) und damitein Gesamtbetrag von 158.900,46 DM (26.483,41 x 6) errechne.- 7 -II.Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nach-prüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahmedes Berufungsgerichts, daß die in dem Mietvertrag vereinbarte Kündigungsformkein Wirksamkeitserfordernis darstellt. Die in § 2 Abs. 4 des Mietvertrages ent-haltene Vertragsklausel beinhaltet die Abrede der Schriftform für die Kündi-gungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersen-dungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel hat dieSchriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 Satz 2 BGB, währenddie Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärungsichern soll. Deswegen ist bei einer solchen Klausel regelmäßig nur dieSchriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Kündigungserklärung vereinbart,dagegen kann ihr Zugang auch in anderer Weise als durch einen Einschreibe-brief wirksam erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/85 -NJW-RR 1996, 866, 867; BAG, Urteil vom 20. September 1979 - 2 AZR967/77 - NJW 1980, 1304; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 955; Grapentin in:Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Kap. 4Rdn. 13; MünchKomm/Einsele BGB 4. Aufl. § 130 Rdn. 12). Diesen Anforde-rungen hat die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung genügt, da dieÜbermittlung einer Willenserklärung durch ein Telefax zur Wahrung der gewill-kürten Schriftform - die hier gegeben ist - ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom22. April 1996 aaO 867). Das Berufungsgericht hat in der Vereinbarung derParteien keine Anhaltspunkte dafür gesehen, daß sie darüber hinaus - abwei-chend von der genannten Rechtsprechung - hier eine besondere Zugangsartals Wirksamkeitserfordernis der Kündigung vereinbart hätten. Diese Auslegungist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.- 8 -2. Mit Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassungdes Berufungsgerichts, die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 seidem Kläger nicht am 29. Juni 1995 durch das Telefax zugegangen.a) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Ab-wesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihmzugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereichdes Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Mög-lichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom26. November 1997 - VIII ZR 22/97 - NJW 1998, 976, 977; BAG, Urteil vom16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606; BGHZ 67, 271, 275; Münch-Komm/Einsele aaO § 130 Rdn. 9; Staudinger/Rolfs BGB - Neubearbeitung2003 - § 542 Rdn. 29). Willenserklärungen, die durch Fernschreiben oder einTelefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluß des Druckvor-ganges am Empfangsgerät des Adressaten diesem zu (vgl. BGH, Urteil vom7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665, 667; BGHZ 101, 276,280; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20). Allerdings ist der Zugang erstdann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich undnach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Über-mittlung per Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfängernach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt derWillenserklärung verschaffen konnte (vgl. BGHZ 67 aaO 275; OLG Rostock,NJW-RR 1998, 526, 527; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 130 Rdn. 8, 13 b,13 c; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20).b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichtsist das Telefax am 29. Juni 1995 um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät desKlägers ausgedruckt worden. Für die Wirksamkeit des Zuganges ist es unbe-achtlich, daß der Kläger im Zeitpunkt des Ausdruckes wegen seines Urlaubes- 9 -nicht anwesend war. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die objektiveMöglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn zu verstehen ist und da-her für den Zugang der Kündigung eine tatsächliche Kenntnisnahme des Klä-gers nicht erforderlich war. Es genügt, daß die Willenserklärung in den Bereichdes Empfängers gelangt ist und zwar so, daß sie üblicherweise - nicht zufällig -alsbald wahrgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1997aaO 977; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 8). Hierbei hat der Empfänger dieRisiken seines räumlichen Machtbereiches zu tragen. Führen diese dazu, daßder Empfänger vom Inhalt der Willenserklärung entweder verspätet oder garnicht Kenntnis nimmt, sind diese dem Empfänger zuzurechnen, wenn die Erklä-rung in seinen räumlichen Machtbereich gelangt ist. Daher geht eine Willenser-klärung auch dann zu, wenn der Empfänger durch Krankheit oder - wie hier -durch Urlaub daran gehindert ist, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zunehmen. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vor-kehrungen zu treffen. Unterläßt er dies, so wird der Zugang durch solche - alleinin der Person des Empfängers liegenden - Gründe nicht ausgeschlossen (vgl.BAG, Urteil vom 16. März 1988 aaO 607; MünchKomm/Einsele aaO § 130Rdn. 35; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 11).c) Ohne Erfolg beanstandet die Revisionserwiderung mit der Gegenrüge,daß es sich bei dem Telefaxschreiben lediglich um eine Ankündigung der Kün-digungserklärung gehandelt habe. Ausweislich des der Kündigungserklärungvorangestellten Anschreibens hat die Beklagte mit dem Telefax die Kündigungausdrücklich erklärt. Lediglich das Original des Schreibens sollte nach dem In-halt des Anschreibens am nächsten Tag dem Kläger persönlich übergebenwerden. Mit der Nachsendung des Originals wollte die Beklagte den bekanntenUnsicherheiten der fernmeldetechnischen Übermittlung Rechnung tragen. DieÜbergabe des Originals der Kündigung und die darin enthaltene Empfangsbe-- 10 -stätigung hatten daher lediglich Beweisfunktion, während durch das Telefax-schreiben die Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung gewahrt werden sollte.3. Es kommt folglich nicht mehr darauf an, ob die Kündigung durch denEinwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten dem Kläger fristge-recht zugegangen ist. Insoweit kann aber nicht dem Oberlandesgericht gefolgtwerden, daß es für den Zugang der Kündigung auf die mit dem Postzustellerindividuell vereinbarte Abrede ankommt, nach der die Post dem Kläger übli-cherweise zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt werden sollte. Nach dennicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Kündigungser-klärung am 30. Juni 1995 um 10 Uhr in dem Briefkasten des Klägers geworfenworden. Der Zugang der Kündigung ist an dem Tag bewirkt worden, an demnach der Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens noch gerech-net werden konnte. Erreicht eine Willenserklärung den Briefkasten des Emp-fängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs ei-ne Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist siean diesem Tag nicht mehr zugegangen (vgl. BayVerfGH, NJW 1993, 517, 519).Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers, sondern imInteresse der Rechtssicherheit auf die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl.Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 130 Rdn. 6). Da Postsendungen - nach denAuskünften der Post AG - in der von dem Kläger bewohnten Straße üblicher-weise in der Zeit von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr zugestellt werden, war nach derobjektiven Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens um10.00 Uhr noch zu rechnen.4. Das BG hat von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig keineFeststellungen darüber erhoben, ob die Klageforderung unter dem Gesicht-punkt des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruches begründetist. Die Revisionserwiderung hat mit der in der mündlichen Verhandlung erho-- 11 -benen Gegenrüge zu Recht beanstandet, daß hinsichtlich des Bestehens einesSchadensersatzes wegen entgangenen Gewinns weitere Feststellungen not-wendig sind, die der Senat nicht treffen kann. Die Sache war daher zur weiterenVerhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.HahneSprickFuchsAhltDose

Meta

XII ZR 214/00

21.01.2004

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2004, Az. XII ZR 214/00 (REWIS RS 2004, 4944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4944

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