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PDF anzeigen[X.]:[X.]:BGH:2017:030817B1BGS237.17.0
[X.]
Ermittlungsrichter
1 [X.] 237/17
2 [X.] 583/17-7
BESCHLUSS
vom
3.
August 2017
In dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Verdachts des Mordes sowie des versuchten Mordes
in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in fünf Fällen
gemäß
§§
211, 224 Abs.
1 Nr.
2 2.
Altern.
u.
Nr.
5, 22, 23, 52, 53 StGB
Der
Beschluss des Ermittlungsrichters des
[X.]s vom 1.
August 2017 ...
wird auf Antrag des [X.] beim Bundesge-richtshof dahingehend ergänzt, dass den Verpflichteten
Providern ... nicht nur gemäß §
100g Abs. 2 und Abs. 3, § 101a, §
100a Abs.
3 und §
100b Abs.
1 bis 3, §§
162, 169 StPO, sondern darüber hinaus gemäß § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m.
§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100a Abs. 2 Nr.
1h) StPO aufgege-ben wird, dem vom [X.] beim [X.] beauftragten ...
Auskunft über sämtliche Verkehrsdaten zu erteilen, die in den Funkzellen für die im Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.]s vom [X.] 2017 ...
näher bezeichnete Örtlichkeit
in dem Zeitraum vom ...
bis ...,
angefallen sind. Zu diesem Zweck sind dem ..., die Daten unverzüglich schrift-lich und in elektronisch verwertbarer Form und vorab per E-Mail ...mitzuteilen.
-
2
-
Ausgenommen von den Verkehrsdaten
gemäß § 100g Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 StPO, § 96 [X.] sind die Standortdaten (§ 100g Abs. 1 Satz 3 StPO). Die Erhebung von retrograden Standortdaten ist ausschließlich gemäß §
100g Abs. 3 i.V.m.
§
100g Abs. 2 StPO und § 113b [X.] zulässig.
Gründe:
In Ergänzung zu seinem ursprünglichen Antrag vom 1. August 2017, der die Anordnung einer Funkzellenabfrage auf der Grundlage des § 100g Abs. 3 StPO i.V.m.
§ 100g Abs. 2
StPO beinhaltete,
hat der [X.] beim [X.] nun auch die Anordnung einer
Funkzellenabfrage ba-sierend auf § 100g Abs. 3 StPO i.V.m.
§ 100g Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 StPO bean-tragt.
Mit Ablauf der Überleitungsvorschrift des § 12 [X.] zum 29. Juli 2017, der die retrograde Erhebung der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ge-speicherten Standortdaten bis
29.
Juli 2017 auf der Grundlage des §
100g Abs.
1 StPO in der bis zum [X.] einer Speicherfrist und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom [X.] 2015 ermöglichte, besteht keine gesetzliche Grundlage mehr nach §
96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] gespeicherte Standortdaten rückwirkend zu erheben, §
100g Abs. 1 Satz 3 StPO. Die Erhebung von retrograden Standortdaten ist ausschließlich auf der Grundlage von §
100g Abs.
2 [X.]V.m.
§
113b [X.] zulässig.
Dies steht
nach dem Willen des Gesetzgebers einer retrograden Funk-zellenabfrage gemäß §
100g Abs. 3 i.V.m. § 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO [X.] nicht grundsätzlich entgegen. Der Gesetzgeber ging bei der Regelung der 1
2
3
-
3
-
Funkzellenabfrage in
§
100g Abs.
3 StPO (Gesetz zur Einführung einer Spei-cherfrist und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vom 10.
Dezember 2015
[BGBl. I S. 2218]) ausdrücklich davon aus, dass eine Funkzellenabfrage nicht ausschließlich die Erhebung von Standortdaten, sondern die Erhebung aller Verkehrsdaten beinhaltet (Gesetzesbegründung S.
36, BT-Drucks. 18/5088), mithin auch die retrograde Funkzellenabfrage durch Heranziehung der gemäß § 96 [X.] gespeicherten Verkehrsdaten grundsätzlich möglich ist, §
100g Abs. 3 Satz 1 StPO. Da -
wie ausgeführt
-
für die rückwirkende Erhe-bung der gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] gespeicherten Standortdaten jedoch seit 29. Juli 2017 keine gesetzliche Grundlage mehr besteht, dürfen für die retrograde Funkzellenabfrage auf der Grundlage des § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO i.V.m.
§ 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO Standortdaten nicht herangezo-gen werden. Anhaltspunkte
dafür, dass der Gesetzgeber von dem seit 29.
Juli 2017 geltenden Verbot der rückwirkenden Erhebung der gemäß §
96 Abs.
1 Satz 1 Nr. 1 [X.] gespeicherten
Standortdaten, in § 100g Abs. 3 Satz 1 StPO eine Ausnahme zulassen wollte, sind nicht ersichtlich und würden dem Rege-lungsgefüge des § 100g StPO und der damit verbundenen Intention des [X.], sowohl die Erhebung der Standortdaten als auch die
Funkzellenab-frage wegen der damit verbundenen erhöhten Beeinträchtigungen an besonde-re
Voraussetzungen zu knüpfen (vgl. Gesetzesbegründung S.
35/36, BT-Drucks. 18/5088),
widersprechen.
Inwieweit auf dieser Basis technisch eine Funkzellenabfrage durchführ-bar ist, bleibt der Ausführung derselben vorbehalten.
...
[X.]
Richter am [X.]
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5
Meta
03.08.2017
Bundesgerichtshof Ermittlungsrichter
Sachgebiet: BGs
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2017, Az. 1 BGs 237/17 (REWIS RS 2017, 6948)
Papierfundstellen: REWIS RS 2017, 6948
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 BGs 237/17 (Bundesgerichtshof)
(Überwachung der Telekommunikation: Zulässigkeit der Erhebung retrograder Standortdaten und einer retrograden Funkzellenabfrage)
1 BvQ 42/15 (Bundesverfassungsgericht)
Anträge auf Außerkraftsetzung der Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten (Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht …
1 BvR 229/16 (Bundesverfassungsgericht)
Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung - erfolgloser Eilantrag gegen Regelungen über die Vorratsdatenspeicherung - …
118 Qs 7/20 (Landgericht Köln)
3 StR 400/17 (Bundesgerichtshof)
Ermittlungsverfahren: Rechtsgrundlage für das Versenden sogenannter "stiller SMS"