Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2013, Az. I ZB 51/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2172

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZB
51/11
vom
9.
Oktober 2013
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am
9.
Oktober 2013
durch den
Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Dr.
h.c.
[X.] und die Richter Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Grabinski
und Dr.
Löffler
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.] des 16.
Zivilsenats
des Oberlandesgerichts [X.] vom 3.
August
2011 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
[X.]: 3.570

Gründe:
[X.] Die Gläubigerin und die Streithelferin der Schuldnerin sind jeweils Mie-ter von Kanzleiräumen in den sogenannten Kranhäusern in [X.]. Zu dem Ob-jekt gehört eine Tiefgarage, in der sich Werbeflächen befinden, die die Schuld-nerin vermietet.
Unter dem 12./14.
März
2009
schlossen die Gläubigerin und die Schuld-nerin einen Vertrag, in dem der Gläubigerin gegen Entgelt das Aufhängen von Werbetafeln an der Wand der Tiefgarage im Bereich der Zufahrt nach Ausgang

gestattet wurde. In dem Vertrag wurde der Gläubigerin das exklusive Recht eingeräumt, während der Vertragslaufzeit auf den angemieteten Flächen [X.] zu betreiben. Die Schuldnerin verpflichtete sich, an den angemieteten Flächen keine weitere Werbung
zuzulassen und die Flächen [X.] weder
zu überlassen oder zu vermieten.
Am 26.
März
2009 wurden an den zur Nutzung überlassenen Wandflächen in der Tiefgarage Werbetafeln der
Gläubigerin [X.]. Am 21.
September 2009 schloss die Schuldnerin mit der Streithelferin ebenfalls einen Vertrag über die Nutzung von Werbeflächen. Der Vertrag betraf 1
2
-
3
-

teilweise dieselben Wände, an denen
auch die Werbeflächen der Gläubigerin angebracht waren. Am 15.
Oktober 2009 wurden an diesen Wänden auf Betrei-ben der Streithelferin Tafeln angebracht, die für die Streithelferin warben.
Die Schuldnerin
wurde vom [X.] [X.] verurteilt,
die in der [X.] des Rheinauhafens [X.] an den Wänden im Bereich Zufahrt nach [X.]

neben dem Eingang zu der Immobilie Kranhaus

n

Werbetafeln ([X.]) der Unternehmensgruppe R.

zu entfer-
nen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Das [X.] hat die Gläubigerin auf ihren Antrag hin mit Beschluss vom 6.
Januar 2011
ermächtigt, die der Schuldnerin obliegende Entfernung der Werbetafeln selbst vorzunehmen oder durch einen von ihr beauftragten [X.] vornehmen zu lassen. Es hat die Schuldnerin ferner zur Duldung der [X.] verpflichtet.
Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht mit Teil-Beschluss vom 28.
Januar
2011 den Beschluss des [X.]s aufgehoben und den Parteien Gelegenheit gegeben, zu dem von der Gläubigerin in der Beschwerdeinstanz hilfsweise gestellten Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes ergänzend vorzutragen.
Mit [X.] vom 3.
August 2011 hat das Beschwerdegericht sodann gegen die Schuldnerin zur
Erzwingung der Verpflichtung aus dem Urteil des [X.]s [X.] ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000

ersatzweise Zwangshaft angeordnet.
Dagegen wendet sich die Schuldnerin mit
ihrer
vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

I[X.] Das Beschwerdegericht hat angenommen,
die Vollstreckung richte sich wegen der
Besonderheiten des [X.] nicht nach §
887 ZPO, weil die 3
4
5
6
7
-
4
-

Streithelferin der Schuldnerin der Entfernung der Werbetafeln nicht zugestimmt habe und die Gläubigerin gegen die Streithelferin auch keinen Duldungstitel [X.] habe. Es seien jedoch
die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung durch Festsetzung eines Zwangsgeldes nach §
888 ZPO erfüllt. Zwar sei die Verhängung eines Zwangsgeldes ausgeschlossen, wenn feststehe, dass der Schuldner erfolglos alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen habe, um den [X.] zur Zustimmung zu bewegen. Die Schuldnerin habe jedoch nicht ausreichend vorgetragen, dass sie mit der gebotenen Intensität versucht habe, die Streithelferin zum Verzicht auf den streitgegenständlichen Standort der Werbetafeln zu bewegen. Die Schuldnerin habe auch nicht ausreichend darge-legt, dass ein rechtliches Vorgehen gegen
die Streithelferin keinen Erfolg ver-spräche.
II[X.] Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO) und auch sonst zuläs-sig (§
575 ZPO). In der Sache hat sie allerdings keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Zwangsvollstreckung im Streitfall nach §
888 ZPO richtet.
a) Allerdings handelt es sich
-
was auch das Beschwerdegericht ange-nommen hat
-
bei der von der Schuldnerin vorzunehmenden
Entfernung der Werbetafeln der Streithelferin um eine vertretbare Handlung, die grundsätzlich der Zwangsvollstreckung nach §
887 ZPO unterliegt. Das geschuldete Verhal-ten kann von einem [X.] anstelle der Schuldnerin
vorgenommen werden, ohne
dass es der Gläubigerin darauf ankommt, dass die Beseitigung gerade von der Schuldnerin selbst vorgenommen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
November
2008
-
I
ZB
46/08, NJW-RR 2009, 443 Rn.
8 mwN).
8
9
10
-
5
-

b) Das Beschwerdegericht hat aber auch zutreffend angenommen, dass etwas anderes
gilt, wenn die Vollstreckung
-
wie im Streitfall
-
von der Mitwir-kung oder Zustimmung eines [X.] abhängt, gegen den sich der [X.] nicht richtet. Die Zwangsvollstreckung ist bei einer derartigen Fallgestaltung nur dann möglich,
wenn der Dritte sein Einverständnis mit der durchzuführenden Maßnahme erklärt oder der Vollstreckungsgläubiger einen eigenen Duldungsti-tel gegen den [X.] erwirkt. Fehlt es
-
wie hier
-
daran, scheidet eine Vollstre-ckung nach §
887 ZPO aus. In einem solchen Fall ist die Zwangsvollstreckung nach §
888 Abs.
1 ZPO durchzuführen
([X.], NJW-RR 2009, 443 Rn.
8 mwN).
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdege-richt auch die Voraussetzungen
der Zwangsvollstreckung nach §
888 ZPO zu-treffend bejaht.
a) Die Verhängung eines Zwangsgeldes nach §
888 Abs.
1 ZPO setzt voraus, dass es sich um eine (nicht vertretbare) Handlung handelt, die aus-schließlich vom Willen des Schuldners abhängt. Daraus ergibt sich, dass die objektive oder subjektive Unmöglichkeit der Handlung die Anordnung eines Zwangsgeldes ausschließt. Allerdings ist die Zwangsvollstreckung wegen einer nicht vertretbaren Handlung im Sinne von §
888 Abs.
1 ZPO grundsätzlich nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ein Dritter an der Handlung mitwirken muss. Die Festsetzung von Zwangsgeld oder Zwangshaft ist nur dann nicht möglich, wenn eindeutig feststeht, dass der Schuldner erfolglos
alle zumutbaren [X.] einschließlich eines gerichtlichen Vorgehens unternommen hat, um den [X.] zur Duldung der vorzunehmenden Handlung zu veranlassen. Die Voraussetzungen für diesen Ausnahmetatbestand hat der Schuldner im [X.] darzulegen ([X.], NJW-RR 2009, 443 Rn.
13
mwN).

11
12
13
-
6
-

b) Das Beschwerdegericht ist zutreffend von diesen Grundsätzen [X.]. Es hat angenommen, dass die Schuldnerin der ihr obliegenden [X.] nicht nachgekommen ist, weil sie nicht vorgetragen habe, dass sie mit der gebotenen Intensität versucht habe, die Streithelferin zum Verzicht auf den streitgegenständlichen Werbestandort zu bewegen. Die Schuldnerin habe nicht dargelegt, welche Vorschläge sie der Streithelferin unterbreitet habe. Ein von ihr vorgelegtes Schreiben der Streithelferin belege lediglich das Angebot einer Abstandszahlung in Höhe einer halben Jahresmiete. Dies reiche jedoch nicht aus, weil die Schuldnerin durch die vertragswidrige Vermietung der Wand-flächen an die Streithelferin bereits mehr als zwanzig
Monatsmieten erlangt ha-be, die sie bei Beachtung des mit der Gläubigerin vereinbarten Exklusivrechts
nicht hätte erzielen können. Ihr sei deshalb das Angebot eines erheblich höhe-ren Betrages zumutbar. Die Schuldnerin habe zudem nicht vorgetragen, ob zu-sätzlich zu einer Abstandszahlung alternative Standorte angeboten werden könnten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Streithelferin, immerhin eine bekannte Wirtschaftskanzlei, sich wirtschaftlichen Überlegungen völlig verschließe. Es komme hinzu, dass die Schuldnerin nicht ausreichend dargelegt habe, dass ein rechtliches Vorgehen gegen die Streithelferin keinen Erfolg verspräche.
Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen lassen keine Rechtsfehler erkennen.
c) Die Rechtsbeschwerde
meint, das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel und das Gebot der Rücksichtnahme bei der Verhängung von [X.] gebiete es, den Schuldner nicht im Unklaren darüber zu lassen, welche Maßnahmen er zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen nach §
888 ZPO zu ergreifen habe. Das Beschwerdegericht habe deshalb
-
unter Fristsetzung für seine Unterbreitung
-
konkret ein Angebot formulieren müssen, das die Streit-helferin
nicht habe ablehnen können.
Dem kann nicht gefolgt werden.
14
15
-
7
-

aa) Ein
Titel, der auf die Vornahme einer Handlung gerichtet ist, die von der Mitwirkung oder dem Einverständnis eines [X.] abhängt, der dazu nicht bereit ist, kann in der Weise vollstreckt werden, dass der Gläubiger nach §
888 Abs.
1 ZPO die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Schuldner [X.], solange dieser nicht alle zumutbaren Maßnahmen rechtlicher oder tat-sächlicher Art ergriffen hat, um seinerseits den [X.] zur Duldung der ge-schuldeten Handlung oder Mitwirkung daran zu bewegen ([X.], NJW-RR 2009, 443 Rn.
14; [X.], Beschluss vom 18.
Dezember 2008
-
I
ZB
68/08, [X.], 2308 Rn.
21). Die Notwendigkeit, konkrete vom Schuldner innerhalb einer be-stimmten Frist gegenüber [X.] vorzunehmende Maßnahmen festzusetzen, ist §
888 ZPO nicht zu entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus §
888 Abs.
2 ZPO, wonach eine Androhung des [X.] nicht stattfindet, dass der Schuld-ner durch seine gemäß §
891 ZPO gebotene Anhörung hinreichend Gelegen-heit erhält, seine Verpflichtung rechtzeitig vor der Festsetzung eines Zwangs-mittels zu erfüllen (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
888 Rn.
16). Dies ist im Interesse einer verzögerungsfreien Zwangsvollstreckung grundsätzlich ausrei-chend (vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf der 2.
Zwangsvoll-streckungsnovelle, BT-Drucks.
13/341, S.
41). Über die Festsetzung eines [X.] hinausgehende Anordnungen des Gerichts sieht das Gesetz nicht vor.
Nichts anderes ergibt sich auch daraus, dass im Einzelfall eine gerichtli-che Fristsetzung zur Vornahme der Handlung oder die Einräumung einer Ab-wendungsbefugnis durch den Nachweis einer Klageerhebung gegen Dritte in-nerhalb einer Frist geboten sein kann, wenn damit nach den Umständen des Einzelfalls einem besonderen Bedürfnis des Schuldners Rechnung getragen wird, etwa weil dieser für eine Rechnungslegung oder die Fertigung einer [X.] eine angemessene Zeit benötigt (vgl. [X.], Beschluss vom 18.
De-zember
2008
-
I
ZB
68/08, [X.], 2308 Rn.
29 mwN; [X.].ZPO/16
17
-
8
-

Gruber, 4.
Aufl., §
888 Rn.
24; BT-Drucks.
13/341, S.
41). Die [X.] hat keine konkreten Umstände dargelegt, wonach die Schuldnerin nach den hier maßgebenden Umständen eine solche Fristsetzung benötigte, um der Streithelferin ein zumutbares Angebot für eine Gegenleistung zur [X.] der Werbetafeln zu machen.
bb) Gegen die Festsetzung konkreter Maßnahmen zum Vorgehen gegen Dritte spricht auch das
Wesen
der Zwangsvollstreckung nach §
888 ZPO als Beugezwang. Bei der Festsetzung von Zwangsmitteln im Sinne von §
888 ZPO geht es darum, dem Schuldner die im Gesetz bestimmten
Rechtsnachteile an-zudrohen und gegebenenfalls auch zuzufügen, so dass er die Vornahme der von ihm geschuldeten Handlung als das geringere Übel ansieht und sich zu ihr entschließt ([X.] in [X.]/Gaul/[X.]/[X.], [X.], 12.
Aufl., §
71 Rn.
2). Es würde das
vom Gesetz damit dem Schuldner überlassene [X.] unangemessen einengen, wenn das Vollstreckungsgericht zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Zwangsmitteln in jedem Einzelfall konkrete Maßnahmen und eine Frist zu deren Umsetzung festzusetzen hätte.
Ein solches Ermessen besteht auch im Streitfall. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, dass sich die Streithelferin jeglicher für die Schuldnerin zumutbaren wirtschaftlichen Lösung verweigert
hat. Sie hat auch die Feststel-lung des [X.] nicht angegriffen, wonach sich die Streithelferin als bekannte Wirtschaftskanzlei wirtschaftlichen Überlegungen nicht verschlie-ßen wird.

d) Da das Beschwerdegericht nach alledem rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass die Schuldnerin nicht hinreichend dargelegt hat, dass sie erfolglos alle wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen unternommen hat, um die Streithelferin 18
19
20
-
9
-

zur Duldung der Entfernung der Werbetafeln zu veranlassen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die weitere Annahme des [X.] ebenfalls rechtsfehlerfrei ist, die Schuldnerin habe zudem
nicht ausreichend dargelegt, dass ein rechtliches Vorgehen gegen die Streithelferin keinen Erfolg versprä-che.
[X.] Danach ist die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin
zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
Schaffert
Kirchhoff

Grabinski
Löffler
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 30.09.2010 -
15 O 28/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.08.2011 -
16 W 1/11 -

21

Meta

I ZB 51/11

09.10.2013

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.10.2013, Az. I ZB 51/11 (REWIS RS 2013, 2172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2172

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZB 109/17 (Bundesgerichtshof)

Verurteilung des Erben zur Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses: …


I ZB 43/08 (Bundesgerichtshof)


2 W 107/01 (Oberlandesgericht Köln)


2 W 107/01 (Oberlandesgericht Köln)


19 W 24/08 (Oberlandesgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.