Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2014, Az. 1 StR 630/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2014, 6795

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BUNDESGERICHTSHOF

IM N[X.]MEN DES VOLKES

URTEIL
1
StR
630/13

vom
25. März
2014
in der Strafsache
gegen

wegen Totschlags

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Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
25. März 2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Raum

und [X.] am [X.]
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. [X.],
Prof. Dr. Mosbacher,

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,
Rechtsanwalt

als [X.],

Justizangestellte

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in der Verhandlung -,
Justizangestellte

-
bei der Verkündung -

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

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Die Revision des [X.]ngeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5. Juli 2013 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den [X.] im Revisionsverfahren entstan-denen notwendigen [X.]uslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.]
hat den [X.]ngeklagten wegen Totschlags zu einer [X.] verurteilt. Die Revision des [X.]ngeklagten, die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründet wird, hat keinen Erfolg.

I.
1. Das [X.] hat Folgendes festgestellt:
Der zum Tatzeitpunkt 20 Jahre und einen Monat alte und bislang unbe-strafte [X.]ngeklagte lebte mit seinem 10-jährigen Bruder bei seinen Eltern. Nach anfänglichen Schwierigkeiten erlangte er den [X.] [X.] und absolvierte zuletzt ein Einstiegsqualifizierungsjahr im Bereich Elektroniker für Betriebstechnik in der Firma, in der auch sein Vater arbeitete.
Sein späteres Tatopfer, [X.]

, kannte er von klein auf; dessen Mutter ist die Patentante des [X.]ngeklag-1
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ten. Nachdem es zwischen dem [X.]ngeklagten und [X.] anlässlich einer gemeinsamen Fahrt nach [X.] zu Konflikten gekommen war, hatten beide ca. drei Jahre keinen Kontakt mehr. Zum 20. Geburtstag des [X.]ngeklag-ten am 16. November 2012 besuchte ihn [X.] [X.]

und war [X.] fast jedes Wochenende beim [X.]ngeklagten zu Besuch. Das [X.] der beiden war im Wesentlichen gut, aber nicht konfliktfrei. Der [X.]ngeklagte war bei einer Körpergröße von 175 cm und einem Körpergewicht von ca. 92 kg kleiner als sein sehr sportlicher und allseits beliebter Cousin [X.]

, der bei einer Körpergröße von 189 cm etwa 90 kg wog.
[X.]

war ab dem 22. Dezember 2012 bei dem [X.]ngeklagten zu Be-such und übernachtete mit in dessen Zimmer. [X.]ls seine Eltern [X.]

am Heiligabend abholen wollten, kamen beide Familien überein, den Heiligabend gemeinsam zu feiern. [X.]ls Weihnachtsgeschenk erhielt der [X.]ngeklagte von sei-nem Vater ein einschneidiges, insgesamt 22 cm langes scharfes Klappmesser mit 10
cm langer spitzer schmaler Klinge; die Schärfe testete der [X.]ngeklagte noch am selben [X.]bend, indem er sich mit dem Messer in den Unterarm ritzte. [X.]uf Wunsch der beiden Cousins blieb [X.]

noch weiter bei der Familie
des [X.]ngeklagten.
[X.]m ersten Weihnachtsfeiertag schliefen beide auf der ausgezogenen Couch des [X.]ngeklagten bis in die Mittagsstunden. Nachdem nachmittags zwei Freunde des [X.]ngeklagten zu Besuch gewesen und wieder gegangen waren, kam gegen 18.00
Uhr ein weiterer guter Freund des [X.]ngeklagten, der spätere Tatzeuge M.

, der auch [X.]

kannte. Diesem zeigte der [X.]ngeklagte auch sein neues Messer. [X.]ls M.

die Klinge testete, indem er das Messer in die Couch stach, nahm ihm der [X.]ngeklagte das Messer weg und legte es aufgeklappt auf das Sofa.
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Schließlich lagen alle drei auf dem aufgeklappten Sofa des [X.]ngeklagten. Dieser spielte auf dem an den Fernseher angeschlossenen Computer alleine eiden schauten zu. Die Stimmung war ruhig, man machte Späße über das Spiel. [X.]ls sich der [X.]ngeklagte und [X.]

über [X.]rbeit unterhielten, kam es zwischen den beiden zu einer verbalen [X.]usei-nandersetzung mit gegenseitigen Beleidigungen, in deren Verlauf
[X.]

e-klagte [X.]

mit der rechten Faust mehrmals auf die rechte Schulter.
[X.]

forderte den [X.]ngeklagten auf, damit aufzuhören und bezeichnete ihn . Der [X.]ngeklagte beschimpfte [X.]

erneut auf die Schulter schlagen wollte, dreht dieser sich weg, wodurch der [X.]ngeklagte ihn unabsichtlich ins Gesicht traf. [X.]

stand auf, stellte sich hinter den im Schneidersitz auf dem Sofa sitzenden [X.]ngeklagten, packte ihn mit der linken Hand an den langen Haaren und schlug ihn nun mehrfach mit der rechten Faust ins Gesicht und auf den [X.], mindestens einmal davon auch auf die rechte Schläfe. [X.]uch als der [X.]ngeklagte zu [X.]

sagte, dass dieser aufhören solle, schlug [X.]

weiterhin zu. Dabei befand er sich direkt hinter dem [X.]ngeklagten, seine Brust direkt hinter der Schulter des [X.]ngeklagten.
Um sich [X.]

vom Leib zu halten, wofür ihm jedes Mittel recht war, nahm der [X.]ngeklagte das vor ihm liegende aufgeklappte Messer so in die Hand, dass die Klinge auf der [X.] aus der Hand herausschaute und chnellen und ausholenden Bewegung über seine rechte Schulter einmal gezielt in Richtung des Oberkör-pers von [X.]

. Hierbei rechnete er mit der Möglichkeit, [X.]

im Oberkörperbereich zu treffen und erkannte, dass eine solche Verletzung tödlich sein könnte, was er billigend in Kauf nahm. Der Stich führte zu einer Verletzung von Lunge und Herz und zu massiven Blutungen. [X.]

fragte noch, ob der 7
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[X.]ngeklagte ihn jetzt abgestochen habe, brach dann bald bewusstlos zusam-men und starb schließlich infolge massiven Blutverlustes.
Die Mutter von [X.]

gab nach dem Tod ihres einzigen Kindes wegen psychischer Belastungen infolge des Tatgeschehens ihre selbständige Tätigkeit auf. Nach zunächst stationärer psychologischer Behandlung wird
sie nun [X.] behandelt. Die Eltern des [X.]ngeklagten bezahlten die Beerdigung von [X.]

, der [X.]ngeklagte will ihnen diese Kosten erstatten; zudem hat er sich bei den [X.] entschuldigt.
2. Das [X.] hat aufgrund des zielgerichteten Stichs mit einem spitzen und scharfen Messer gegen den Oberkörper von [X.]

in Zusam-dr-satz des [X.]ngeklagten geschlossen. Eine Rechtfertigung wegen Notwehr nach §
32 StGB
hat die [X.] verneint, weil es jedenfalls an der [X.] fehle. [X.]usgeschlossen hat das [X.] auch, dass der [X.]ngeklagte die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht
oder Schrecken überschritten hat (§ 33 StGB).
3. Das [X.] hat bei dem zum Tatzeitpunkt über 20 Jahre alten [X.]ngeklagten wegen Reifeverzögerungen Jugendstrafrecht angewendet. Ju-gendstrafe hat die Kammer wegen der Schwere der Schuld verhängt, während sie keine schädlichen Neigungen feststellen konnte; zudem sei die Verhängung der Jugendstrafe auch zur erzieherischen Einwirkung auf den [X.]ngeklagten ge-boten.
Einen minder schweren Fall nach § 213 [X.]lt. 1 StGB hat die Jugendkam-mer mit der Erwägung abgelehnt, es liege schon keine schwere Beleidigung in diesem Sinne vor. Zudem sei der [X.]ngeklagte nicht schuldlos gewesen, weil er selbst mit den körperlichen [X.]ngriffen begonnen und deshalb zur Verschärfung 9
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der Situation beigetragen habe. Nach einer Gesamtwürdigung des [X.], aller objektiven und subjektiven Umstände und der Täterpersönlichkeit hat die [X.] auch die [X.]nnahme eines unbenannten minder
schweren Falls nach § 213 [X.]lt. 2 StGB abgelehnt, wobei sie insbesondere berücksichtigt hat, dass der [X.]ngeklagte zwar in affektiver Erregung handelte, diese jedoch noch nicht den Grad einer affektiven [X.]usnahmesituation erreichte und in ihrem Maß nicht ungewöhnlich für einen Totschlag sei, sowie, dass der [X.]ngeklagte zwar unmittelbar vor der Tat von [X.]

geschlagen wurde, der [X.]ngeklagte das Tatopfer jedoch zuerst geschlagen hatte.
Bei der konkreten Bemessung der Jugendstrafe hat das [X.] ei-ne Vielzahl von zugunsten des [X.]ngeklagten sprechenden Gesichtspunkten [X.], zu seinen Lasten jedoch die massiven psychischen Belastungen der Mutter von [X.]

, die nunmehr ihren Beruf nicht mehr ausüben kann. Die Jugendstrafe von sechs Jahren hat die [X.] auch zur erzieheri-schen Einwirkung auf den [X.]ngeklagten für erforderlich gehalten.

II.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des [X.]ngeklagten.
1. Die Beweiswürdigung des [X.]s, mit der es sich vom Tötungs-vorsatz des insoweit bestreitenden [X.]ngeklagten überzeugt hat, ist nicht zu [X.].
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, der sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder 13
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Unschuld des [X.]ngeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich und nachvollziehbar sind und das Tatgericht von ihrer Richtig-keit überzeugt ist (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 2013

1 [X.] [X.]). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprü-che aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich soweit von einer
Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (st. Rspr.; vgl. [X.] aaO [X.]; vgl. zur Beweiswürdigung hinsichtlich des [X.] speziell [X.], Urteil vom 22. März 2012

4 [X.], [X.]St 57, 183).
b) Diesen [X.]nforderungen wird die
Beweiswürdigung des [X.]s gerecht. Der Schluss des [X.]s, der [X.]ngeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt, weil er einen

wie er erkannte

objektiv besonders gefährlichen [X.]ngriff mit einem spitzen, scharfen Messer mit dünner Klinge ge-gen den Oberkörper eines Menschen mit den Worted.

mit dem Messer im Oberkörperbereich treffen wollte, hat die [X.] entgegen der [X.]uffassung der Revision rechtsfehlerfrei aus der Position der bei-den in der konkreten Kampfsituation ([X.]

stand unmittelbar hinter dem [X.]ngeklagten, sein Oberkörper befand sich auf der Höhe der Schulter des [X.]) und der Stichführung gefolgert ([X.]). [X.]ls weitere Indizien hier-Stichs durch den Zeugen R.

r-tet. [X.]uch dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
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2. Zutreffend hat das [X.] eine Rechtfertigung des tödlichen Stichs durch Notwehr mangels Erforderlichkeit der [X.].
a) Eine in einer objektiven Notwehrlage verübte Tat ist nach § 32 [X.]bs. 2 StGB gerechtfertigt, wenn sie zu einer
sofortigen und endgültigen [X.]bwehr des [X.]ngriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste [X.]bwehrmittel handelt, das dem [X.]n in der konkreten Situation zur Verfügung stand. Ob dies der Fall ist, muss auf der Grundlage einer objektiven ex-ante-Betrachtung der tat-sächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung beurteilt wer-den. [X.]uf weniger gefährliche Verteidigungsmittel muss der [X.] nur dann zurückgreifen, wenn deren [X.]bwehrwirkung unter den gegebenen Um-ständen unzweifelhaft ist und genügend Zeit zur [X.]bschätzung der Lage zur Verfügung steht. Gegenüber einem unbewaffneten [X.]ngreifer ist der Gebrauch eines bis dahin noch nicht in Erscheinung getretenen Messers in der Regel an-zudrohen ([X.],
Urteil vom 19. Dezember 2013

4 StR 347/13 [X.]).
b) Das [X.] hat zutreffend darauf abgestellt, dass der [X.]ngeklagte den [X.] zunächst hätte androhen oder zumindest mit dem Messer auf einen weniger gefährlichen Körperteil des Opfers stechen müssen wie ins-besondere auf das Bein von [X.]

. Damit standen ihm erfolgversprechen-de mildere Mittel zur [X.]ngriffsabwehr zur Verfügung.
c) Hinzu kommt Folgendes: Wer durch ein sozialethisch zu [X.] einen [X.]ngriff auf sich schuldhaft provoziert hat, auch wenn er ihn nicht in Rechnung gestellt haben sollte oder gar beabsichtigt hat, darf nicht bedenkenlos von seinem Notwehrrecht Gebrauch machen und sofort ein lebensgefährliches Mittel einsetzen. Er muss vielmehr dem [X.]ngriff nach Möglichkeit ausweichen und darf zur Trutzwehr mit einer lebensgefährdenden 18
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Waffe erst übergehen, nachdem er alle Möglichkeiten der Schutzwehr ausge-nutzt hat; nur wenn sich ihm diese Möglichkeit verschließt, ist er zu entspre-chend weitreichender Verteidigung befugt. Steht fremde Hilfe

auch privater [X.]rt

zur Verfügung, so hat er auf sie zurückzugreifen. Gegen einen unbewaff-neten Gegner kommt der Gebrauch einer lebensgefährlichen Waffe nur in [X.]us-nahmefällen in Betracht; er darf nur das letzte Mittel zur Verteidigung sein
([X.],
Urteil vom 30. Mai 1996

4 [X.], [X.], 65 [X.]; zur Notwehreinschränkung bei [X.]ngriffsprovokation umfassend Fasten, [X.] der Notwehr im Wandel der Zeit, 2011, [X.] ff. [X.]).
Vorliegend hat der [X.]ngeklagte als erster die körperliche [X.]useinanderset-zung mit [X.] begonnen, nachdem sich beide zuvor lediglich gegenseitig verbal beleidigt hatten. Die Schläge gegen sich hat der [X.]ngeklagte durch seinen vorherigen körperlichen [X.]ngriff auf [X.]

schuldhaft provoziert. Richtig ist deshalb die Erwägung der Kammer in diesem Zusammenhang, der [X.]ngeklagte habe vor Setzen des tödlichen Stichs [X.] den unmittelbar neben dem Geschehen befindlichen Zeugen M.

oder die in der Wohnung anwesenden Erwachsenen um Hilfe anrufen müssen.
d) Zur gleichen Einschränkung des [X.] könnte die Erwägung führen, dass bei einem derartigen persönlichen Näheverhältnis wie dem des [X.]ngeklagten zu seinem

zumal jugendlichen

Opfer
lebensgefährliche Vertei-digungsmittel nicht ohne weiteres angewendet werden dürfen, wenn nur leichte Körperverletzungen drohen (vgl. [X.], Urteil vom 25. September
1974

3 StR 159/74, NJW 1975, 62
f.; vgl. demgegenüber auch [X.], Urteil vom 11. Januar 1984

2 StR 541/83, NJW
1984, 986 f.; Urteil vom 18. [X.]pril 2002

3 [X.], [X.], 203, 204; hierzu umfassend auch Fasten aaO S. 199 ff.).
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e) Weil angesichts dieser Umstände eine Rechtfertigung durch Notwehr im Ergebnis ersichtlich ausscheidet, ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass das [X.]

wie die Revision rügt

unter Hinweis auf die Gesamtumstände und die vorherige körperliche Gewalt
des [X.]ngeklagten gegen [X.]

an die-ser Stelle letztlich offen gelassen hat, ob überhaupt eine Notwehrlage vorlag.
3. Die [X.]blehnung eines Notwehrexzesses nach § 33 StGB hat die Ju-gendkammer ebenfalls rechtsfehlerfrei begründet. Die Überschreitung der Grenzen der Notwehr aus Furcht ist entschuldigt, wenn bei dem Täter ein durch das Gefühl des Bedrohtseins verursachter psychischer [X.]usnahmezustand mit einem solchen Störungsgrad vorliegt, dass er das Geschehen nur noch in er-heblich reduziertem Maße verarbeiten kann ([X.],
Urteil vom 30. Mai 1996

4 [X.], [X.], 65 f. [X.]). Dies war nach den Feststellungen bei dem [X.]ngeklagten nicht der Fall. Danach war er trotz der affektiven [X.]ufla-dung der Situation noch in der Lage, das Geschehen richtig zu verarbeiten (U[X.] S. 36). Einen erheblichen asthenischen [X.]ffekt als Ursache für das Überschrei-ten der Notwehrgrenze (vgl. [X.] aaO) hat die [X.]
damit rechtsfeh-lerfrei ausgeschlossen.
4. [X.]uch der Rechtsfolgenausspruch hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
a) Die [X.] hat die Voraussetzungen des § 213 StGB rechts-fehlerfrei verneint. Der [X.] kann daher offen
lassen, ob auch nach der Her-aufsetzung des Strafrahmens von § 213 StGB durch das 6. Strafrechtsreform-gesetz an der bisher zur Berücksichtigung von § 213 StGB bei der Bemessung von Jugendstrafe ergangenen Rechtsprechung festzuhalten wäre (vgl. insoweit nur [X.], Urteil vom 15. November 1988

1 StR 545/88, [X.], 119
f.; [X.], Beschluss vom 30. Juni 1987

4 StR 266/87; Beschluss vom 8. Oktober 24
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1986

2 [X.]; Beschluss vom 1. Juli 1982

3 [X.], [X.], 466).
b) Nach § 213 [X.]lt. 1 StGB liegt ein minder schwerer Fall des Totschlags nur dann vor, wenn der [X.] ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem [X.]ngehörigen zugefügte Misshandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und auf der Stelle zur [X.] wurde. Dem steht vorliegend

wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat

ersichtlich entgegen, dass der [X.]ngeklagte die körperlichen Übergriffe auf ihn durch die vorherigen Faustschläge auf die Schulter und ins Gesicht seines 15 Jahre alten Cousins selbst schuldhaft provoziert hat, ohne dass dies nach den vorherigen gegenseitigen Beleidigungen gerechtfertigt oder entschuldigt gewesen wäre.
c) Rechtsfehlerfrei sind auch die [X.]usführungen des [X.]s zur [X.]b-lehnung eines sonst minder schweren Falls des Totschlags nach § 213 [X.]lt. 2 StGB. Das [X.] hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung neben ande-ren Gesichtspunkten ausdrücklich berücksichtigt, dass der [X.]ngeklagte [X.] vor der Tat vom Tatopfer geschlagen wurde und dass er in affektiver Er-regung handelte. Damit ist den [X.]nforderungen der Rechtsprechung insoweit (vgl. [X.],
Beschluss vom 27. Februar 2007

4 [X.], [X.], 194, 195; Beschluss vom 4. Juli 2013

4 [X.], [X.], 580 m. [X.]nm. [X.]) Genüge getan.
d) [X.]uch die Bemessung der Jugendstrafe ist nicht zu beanstanden. [X.] der [X.]uffassung der Revision hat die [X.] hinreichend berück-sichtigt, dass der [X.]ngeklagte unmittelbar vor der Tat vom Tatopfer geschlagen und verletzt wurde und die Tat in einer affektiv aufgeladenen Situation beging.
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Die [X.] hat die aus ihrer Sicht schuldangemessene Jugend-strafe auch zur erzieherischen Einwirkung auf den [X.]ngeklagten für erforderlich und ausreichend angesehen. Dass sie die Gründe hierfür an dieser Stelle nicht ausführlicher dargelegt hat, begründet keinen Rechtsfehler, zumal ohnehin fraglich ist, ob sich eine Jugendstrafe zwischen fünf und zehn Jahren erziehe-risch begründen lässt (vgl. [X.], Beschluss vom 27. November 1995

1 [X.], [X.], 232, 233; [X.],
Beschluss vom 15. Mai 1996

2 StR 119/96, [X.], 29; vgl. demgegenüber [X.],
Beschluss vom 7. Mai 1996

4 StR 182/96, [X.], 496).
Raum Rothfuß Graf

[X.] Mosbacher
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Meta

1 StR 630/13

25.03.2014

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2014, Az. 1 StR 630/13 (REWIS RS 2014, 6795)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6795

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Zitiert

1 StR 403/13

4 StR 558/11

4 StR 347/13

4 StR 213/13

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