Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2011, Az. VI ZR 108/10

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5986

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BUNDES[X.]ERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

VI ZR
108/10
Verkündet am:

7. Juni 2011

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der [X.]eschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
B[X.]HZ:
ja
B[X.]HR:
ja

B[X.]B § 823 Ah, [X.]; KU[X.] §§ 22, 23; [X.]V[X.] § 176; [X.][X.] Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Das Persönlichkeitsrecht ist im Rahmen einer [X.]n Verfügung nach §
176 [X.]V[X.] nicht in weiterem Umfang zu schützen, als dies nach §§
22, 23 KU[X.] der Fall ist.
B[X.]H, Urteil vom 7. Juni 2011 -
VI ZR 108/10 -
K[X.] Berlin

L[X.] Berlin

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
Juni 2011
durch den Vorsitzenden [X.],
die [X.] Zoll und Wellner, die [X.]in
Diederichsen und den [X.] Stöhr
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird
das Urteil des 9.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 6.
April 2010 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird
das Urteil der 27.
Zivil-kammer des [X.] vom 26.
Februar 2009 abgeän-dert
und die Klage
abgewiesen.
Die
Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen eines Berichts in der von ihr ver-legten "[X.] auf Unterlassung der Verbreitung eines
ihn identifizieren-den
Fotos in Anspruch.
Am 15.
Juli 2008 verurteilte
das Oberlandesgericht Stuttgart den
Kläger zusammen mit zwei Mitangeklagten wegen Mitgliedschaft in einer ausländi-schen terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit versuchter Beteiligung an einem Mord
zu einer
-
inzwischen rechtskräftigen
-
Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Das Strafverfahren hatte einen geplanten Anschlag der islamistischen Terrorgruppe [X.] auf den damaligen [X.] 1
2
-

3

-

Ministerpräsidenten zum [X.]egenstand, der
nur wenige Stunden vor dem geplan-ten [X.] durch Festnahme der Beteiligten verhindert werden
konnte.
Während der Hauptverhandlung
waren
Fernseh-
und Bildaufnahmen
nach der [X.]n Verfügung der Vorsitzenden vom 24.
Mai 2006 im Rahmen einer so genannten [X.] jeweils 20 Minuten vor Sitzungs-beginn nur am ersten Hauptverhandlungstag und am [X.] mit der Maßgabe zulässig, dass von den Mitgliedern des Strafsenats [X.]
Aufnahmen
gefertigt und sonstige Verfahrensbeteiligte nur mit ihrem
aus-drücklichen Einverständnis gefilmt oder fotografiert werden durften. In einer er-gänzenden
[X.]n Verfügung vom 8.
Juli 2008 hieß es: "[X.] haben erklärt, dass
sie mit einer Ablichtung nicht einverstanden sind. Deren [X.]esichter sind daher durch geeignete Maßnahmen (pixeln) unkenntlich zu machen".
Die "[X.] veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 16.
Juli 2008 un-ter der Überschrift "Irak-Terroristen müssen
für Attentatsplan ins [X.]efängnis!"
im Rahmen einer Berichterstattung über die Urteilsverkündung
Fotos
von
den
An-geklagten, auf denen ihre [X.]esichter nicht unkenntlich gemacht waren. Sie hatte das vor der Urteilsverkündung im Sitzungssaal aufgenommene Foto
des [X.]
von einer
Agentur erworben.
Der Kläger begehrt, die Beklagte
zu verurteilen, es zu unterlassen, sein Bildnis "ungepixelt"
oder sein Antlitz in anderer Weise unkenntlich gemacht zu verbreiten,
und ihn
von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen. Das [X.] hat der Klage in Bezug auf den Unterlassungsanspruch in vol-lem Umfang und hinsichtlich des
[X.]
weitgehend stattgege-ben. Die Berufung der Beklagten hatte bezüglich des Unterlassungsanspruchs keinen
und hinsichtlich des [X.] nur in geringem Umfang
3
4
5
-

4

-

Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Be-klagte
ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des
[X.], dessen Urteil
u.a.
in [X.], 395 veröffentlicht ist, steht
dem Kläger ein Unterlassungsanspruch entspre-chend §§
823, 1004 Abs.
2 B[X.]B, §§
22, 23 KU[X.], Art.
1
Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 [X.][X.]
und demgemäß auch ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der Rechtsan-waltsgebühren zu.

Zwar habe die gemäß §
176 [X.]V[X.] erlassene [X.] Verfü-gung
keine Bindungswirkung für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit,
weil sie sich
nur an die bei der Verhandlung anwesenden Personen
gerichtet habe
und
die Mitarbeiter der Beklagten an der Sitzung nicht teilgenommen hätten.
Nach dem für die Beurteilung des [X.] geltenden ab-gestuften Schutzkonzept der §§
22, 23 KU[X.] sei die Bildveröffentlichung aber rechtswidrig.
Im Streitfall liege
zwar ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne des §
23 Abs.
1 Nr.
1 KU[X.]
vor, so dass grundsätzlich eine Veröffentli-chung ohne Einwilligung des Betroffenen zulässig sei. Denn die
Abwägung zwi-schen dem Persönlichkeitsrecht
des [X.]
aus Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 [X.][X.] und der
Pressefreiheit
der Beklagten
gemäß Art.
5 Abs.
1 Satz
2 [X.][X.] führe
we-gen des überragenden Informationsinteresses der Öffentlichkeit
zu dem Ergeb-nis, dass das Interesse der Beklagten an einer öffentlichen Berichterstattung 6
7
8
9
-

5

-

das Recht des [X.] auf Anonymität überwiege.
Es
habe
sich um
eines der bedeutendsten Terroristenverfahren der letzten Jahre gehandelt.
Der Bildveröffentlichung stünden jedoch berechtigte Interessen des [X.] entgegen

23 Abs.
2 KU[X.]). Zwar
sei die zu dem Foto gehörende Wort-berichterstattung nicht zu beanstanden und das Foto
beinhalte keinen eigen-ständigen Verletzungseffekt. Auch der [X.]esichtspunkt der Resozialisierung be-gründe kein überwiegendes Interesse des [X.], so dass
der tagesaktuellen Berichterstattung Vorrang zukomme. Bei
der gebotenen Interessenabwägung fielen
aber das Vertrauen des [X.]
auf die [X.]ültigkeit der sitzungspolizeili-chen Verfügung
und die Entstehung des Fotos unter Missachtung des Anony-misierungsgebots
zu seinen [X.]unsten
entscheidend ins [X.]ewicht.
Die [X.]n Verfügungen seien zwar rechtswidrig gewesen, weil sie die Bedeutung der Presseberichterstattung für die öffentliche Wahr-nehmung und Kontrolle von [X.]erichtsverhandlungen
nicht ausreichend
berück-sichtigt hätten. Nach dem
erstinstanzlichen
Schuldspruch sei die identifizieren-de Abbildung des [X.] zulässig gewesen, weil der Persönlichkeitsschutz des [X.]
gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit
an dem Bericht über die Urteilsverkündung zurücktrete und
der Anspruch des [X.] auf ein faires Verfahren sowie
die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht gefährdet gewesen
seien.
Der Kläger habe aber auf die [X.]n Verfügun-gen vertrauen dürfen. Die Agentur sei nicht berechtigt gewesen, das Foto des [X.] der Beklagten zur Verbreitung zu überlassen, ohne vorher das [X.]esicht des [X.] durch geeignete Maßnahmen unkenntlich gemacht zu haben. [X.] sei die [X.] Verfügung gerade im Interesse des [X.] ergangen.

10
11
-

6

-

II.
Die Revision
der Beklagten
ist uneingeschränkt statthaft (§
543 Abs.
1 Nr.
1 ZPO)
und auch im Übrigen zulässig. Das Berufungsgericht hat die [X.] gemäß dem Tenor des angefochtenen Urteils unbeschränkt zugelassen. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision auf den Unterlassungsantrag nicht entnehmen, weil der Anspruch auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten als Annex des Unterlassungsanspruchs anzusehen ist.
Die Angriffe der uneingeschränkt eingelegten Revision betreffen auch den Anspruch auf Freistellung.

III.
Die Revision ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] steht dem Kläger kein Anspruch auf Unterlassung der ihn identifi-zierenden Bildberichterstattung
und Freistellung von den Rechtsanwaltskosten entsprechend §
1004 Abs.
1 Satz
2, §
823 Abs.
1, Abs.
2 B[X.]B in Verbindung mit §§
22, 23 KU[X.], Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1
[X.][X.] zu.
1.
a)
Das Berufungsgericht beurteilt die Zulässigkeit der Bildveröffentli-chung
im Ansatz zu Recht nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§
22, 23 KU[X.] (vgl. etwa [X.]surteile vom 6.
März 2007 -
VI
ZR 51/06, B[X.]HZ 171, 275
Rn.
5
ff.; vom 10.
März 2009 -
VI
ZR 261/07, B[X.]HZ 180, 114 Rn.
9; vom 19.
Juni 2007 -
VI
ZR 12/06, [X.], 1135
Rn.
12
ff.; vom 14.
Oktober 2008 -
VI
ZR 256/06,
[X.], 76
Rn.
6
ff.; vom 13.
April 2010 -
VI
ZR 125/08, [X.], 1090 Rn.
11
f., jeweils mwN), das sowohl mit verfassungs-rechtlichen Vorgaben (vgl. BVerf[X.]E 120, 180, 201
f., 211
ff.) als auch mit der Rechtsprechung des Europäischen [X.]erichtshofs für Menschenrechte im
Ein-12
13
14
-

7

-

klang steht (vgl. E[X.]MR, NJW 2004, 2647). Danach dürfen Bildnisse einer Per-son grundsätzlich nur mit deren
-
hier nicht vorliegenden
-
Einwilligung verbrei-tet werden (§
22 Satz
1 KU[X.]). Hiervon besteht allerdings gemäß §
23 Abs.
1 KU[X.] eine Ausnahme, wenn
es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitge-schichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§
23 Abs.
2 KU[X.]).
b) Das Berufungsgericht
hat insoweit zutreffend erkannt, dass sich eine
Unzulässigkeit der identifizierenden Bildberichterstattung
jedenfalls gegenüber der Beklagten
nicht allein aus der [X.]n Verfügung ergeben kann, sondern das Nichtbeachten des
Anonymisierungsgebots
nur im Rahmen der Abwägung nach §
23 Abs.
2 KU[X.] zu berücksichtigen
ist.
Das in der Verfü-gung enthaltene [X.]ebot, die Bildaufnahmen unkenntlich zu machen, konnte [X.] unmittelbaren Verpflichtungen für die Beklagte begründen, weil deren Mitar-beiter bei der Sitzung nicht anwesend
waren.
Die Beklagte erwarb das
Foto von einer Presseagentur. [X.] Verfügungen im Sinne von §
176 [X.]V[X.] richten sich
nur
an die im Sitzungszimmer und in den angrenzenden,
noch der [X.] unterliegenden Räumlichkeiten anwesenden Personen (vgl. B[X.]H, Beschluss vom 11.
Februar 1998 -
StB 3/98, B[X.]HSt 44, 23, 24; OL[X.] Karlsruhe, NJW 1977, 309, 310; [X.]/[X.], [X.]V[X.], 6.
Aufl., §
176 Rn.
39; [X.], [X.], 6.
Aufl., §
176
[X.]V[X.]
Rn.
3;
Wickern in Löwe/[X.], [X.], 25.
Aufl., §
176 [X.]V[X.] Rn.
6, 38; [X.]/Lückemann, ZPO, 28.
Aufl., §
176
[X.]V[X.]
Rn.
4).

2. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung hat das Berufungsge-richt zu Recht das Vorliegen eines Bildnisses aus dem Bereich der Zeitge-schichte im Sinne des §
23 Abs.
1 Nr.
1 KU[X.]
bejaht.
15
16
-

8

-

a) Schon die Beurteilung, ob Bildnisse aus dem Bereich der Zeitge-schichte vorliegen, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abge-bildeten aus Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 [X.][X.], Art.
8 Abs.
1 [X.] einerseits
und den Rechten der
Presse aus Art.
5 Abs.
1 Satz
2 [X.][X.], Art.
10 Abs.
1 [X.] an-dererseits, wobei die [X.]rundrechte der Presse-
und Rundfunkfreiheit (Art.
5 Abs.
1 Satz 2 [X.][X.]) und des Schutzes der Persönlichkeit (Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 [X.][X.]) ihrerseits nicht vorbehaltlos gewährleistet sind und von
den §§
22, 23 KU[X.] sowie Art.
8 und Art. 10 [X.] beeinflusst werden (vgl. [X.]surteile vom 10.
März 2009 -
VI
ZR 261/07, aaO, Rn.
10; vom 14.
Oktober 2008 -
VI
ZR 272/06, [X.], 78 Rn.
12; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, [X.], 673 Rn.
33). Die Vorschrift des §
23 Abs.
1 KU[X.] soll nach ihrem Sinn und Zweck und nach der Intention des [X.]esetzgebers in Ausnahme von dem [X.] des §
22 KU[X.] dem Informationsinteresse der Öffent-lichkeit und den Rechten der Presse Rechnung tragen. Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitge-schehen. Der Begriff des Zeitgeschehens ist zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen; er umfasst alle Fragen von allgemeinem ge-sellschaftlichem Interesse.
Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abge-bildeten durch den [X.]rundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt (vgl. [X.]sur-teile
vom 10.
März 2009 -
VI
ZR 261/07, aaO; vom 1.
Juli 2008 -
VI
[X.], [X.], 1411 Rn.
13
und -
VI
ZR 243/06, [X.], 1506 Rn.
13; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO).
Zum Kern der Presse-
und Meinungsbil-dungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen [X.]renzen nach ih-ren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält
und was nicht
(vgl. [X.]surteil vom 10.
März 2009 -
VI
ZR 261/07, aaO,
Rn.
11; BVerf[X.]E 101, 361, 392; E[X.]MR, NJW 2006, 591, 592
f.). Die grundrechtliche [X.]ewährleistung umfasst auch die Abbildung von 17
-

9

-

Personen ([X.]surteil vom 10.
März 2009 -
VI
ZR 261/07, aaO; BVerf[X.]E 101, 361, 389).
Die Pressefreiheit findet ihre Schranken nach Art.
5 Abs.
2 [X.][X.] in den allgemeinen [X.]esetzen. Zu diesen zählen unter anderem §§
22, 23
KU[X.], Art.
8 [X.] und §
176 [X.]V[X.] (vgl. BVerf[X.]E 50, 234, 241; 91, 125, 136
f.; 120, 180, 201
f.). Die in §§
22,
23
KU[X.] enthaltenen Regelungen sowie die von Art.
10 [X.] verbürgte Äußerungsfreiheit beschränken zugleich als Bestandteile der verfassungsgemäßen Ordnung gemäß Art.
2 Abs.
1 [X.][X.] den Persönlichkeits-schutz. Die Auslegung und Anwendung solcher Schrankenbestimmungen
und ihre abwägende Zuordnung zueinander
durch die [X.]erichte hat der interpretati-onsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung bestimmten [X.]rund-rechtspositionen zueinander Rechnung zu tragen sowie die entsprechenden [X.]ewährleistungen der [X.] zu berücksich-tigen. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Bestimmung der Reichweite des durch Art.
8 Abs.
1 [X.] dem privaten Leben des Einzelnen gewährten Schut-zes der situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartungen des Einzelnen zu berücksichtigen ist (vgl. [X.]surteil vom 1.
Juli 2008 -
VI [X.], aaO,
Rn.
16; BVerf[X.]E 120, 180, 200
f.; BVerf[X.]K 9, 54, 60
f.; BVerf[X.], [X.], 562 Rn.
43
ff.).
b) Bei der [X.]ewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem [X.]egenstand der Berichterstat-tung entscheidende Bedeutung zu. [X.]eht es um die
Berichterstattung über eine Straftat
ist [X.] zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie
mit den
Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse 18
19
-

10

-

der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der [X.] Kriminalität abhebt. Bei schweren [X.]ewaltverbrechen ist in der [X.] ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des [X.] und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. [X.]e
vom 7.
Dezember 1999 -
VI
ZR 51/99, B[X.]HZ 143, 199, 204; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO
Rn.
17;
BVerf[X.]E 35, 202, 230
f.; 119, 309, 321
f.; BVerf[X.], [X.], 350 Rn.
11; BVerf[X.] [X.], 3357 Rn.
18; [X.], [X.] 2009,
557, 561
f.; Soehring, Presserecht, 4.
Aufl., §
19 Rn.
26a, 32).
Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des [X.] verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtli-chen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. [X.]surteil vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO,
Rn.
18
mwN; BVerf[X.]E 35, 202, 231
f.; BVerf[X.], [X.], 3357 Rn.
19).
c) [X.]emäß
diesen [X.]rundsätzen handelt es sich hier
um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne
des §
23 Abs.
1 Nr.
1 KU[X.].
Nach den Feststellungen
des [X.] war das
der [X.] zugrunde liegende Strafverfahren eines der bedeutendsten Terroristenverfahren in den letzten Jahren, das erhebliches Aufsehen in der Öffentlichkeit erregte. Der Klä-ger war am Vortag der [X.] wegen eines geplanten Anschlags auf ein ausländisches Staatsoberhaupt in [X.] erstinstanzlich
zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das 20
-

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-

vor der Urteilsverkündung im Sitzungssaal aufgenommene Foto
vom Kläger und den beiden Mitangeklagten
wurde im Rahmen einer Berichterstattung über die Urteilsverkündung veröffentlicht.
Unter diesen Umständen liegt eine aktuelle Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis vor, an dem ein erhebli-ches Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden hat
und
gegenüber dem der Persönlichkeitsschutz des [X.] grundsätzlich zurücktreten musste. Ob der mit der Abbildung des [X.] verfolgte [X.] auch ohne identifizierende Bildberichterstattung
hätte erreicht werden können, hat das Be-rufungsgericht zu Recht als für die Beurteilung, ob ein zeitgeschichtliches Er-eignis im Sinne von §
23 Abs.
1 Nr.
1 KU[X.] vorliegt, unerheblich angesehen. Denn die Pressefreiheit umfasst
grundsätzlich
auch das Recht der Medien, selbst zu entscheiden, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird
(vgl. BVerf[X.]E 101, 361, 389).
3. Mit Erfolg rügt die Revision
allerdings
die im Streitfall
vorgenommene Abwägung im Rahmen des §
23 Abs.
2 KU[X.].
Entgegen der Auffassung des [X.] werden durch die Verbreitung des nicht anonymisierten [X.] keine berechtigten Interessen des [X.] im Sinne dieser Vorschrift ver-letzt und hat das Interesse des [X.] am Schutz seiner Persönlichkeit und an der
Achtung seines Privatlebens hinter dem von der Beklagten verfolgten [X.] der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäuße-rung zurückzutreten.
Angesichts des unter den konkreten Umständen deutli-chen
Überwiegens der Rechte der Beklagten und des
großen
Informationsinte-resses der Öffentlichkeit hat das Berufungsgericht
bei der
erforderlichen
Abwä-gung
zwischen dem Persönlichkeitsschutz des [X.] und den Rechten der Presse aus Art.
5 Abs.
1 [X.][X.], Art.
10 Abs.
1 [X.]
dem Vertrauen des [X.] auf die Einhaltung der [X.]n Verfügung und deren Nichtbeach-tung nach Fertigung der streitgegenständlichen Fotoaufnahme ein zu großes [X.]ewicht beigemessen.
Die erforderliche Abwägung kann der [X.] selbst vor-21
-

12

-

nehmen, weil keine weiteren Tatsachenfeststellungen erforderlich sind (vgl. [X.] vom 28.
Oktober 2008 -
VI ZR
307/07, B[X.]HZ 178, 213 Rn.
11).
a) Zugunsten des Persönlichkeitsschutzes ist zu berücksichtigen, dass die den Täter identifizierende Bildberichterstattung über eine
Straftat einen er-heblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen darstellt, weil auch hierdurch
sein Fehlverhalten öffentlich bekannt gemacht und seine Person in den Augen des Publikums
negativ qualifiziert
wird
(vgl. [X.]surteile vom 28.
Oktober 2008 -
VI
ZR 307/07, aaO,
Rn.
33; vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, B[X.]HZ 183, 353 Rn.
10; BVerf[X.]E 35, 202, 226; BVerf[X.], [X.], 3357 Rn.
15).
In [X.]erichtsverfahren gewinnt der Persönlichkeitsschutz der [X.] eine über den allgemein in der Rechtsordnung anerkannten Schutzbedarf hinausgehende Bedeutung. Dies gilt vor allem für den Schutz der Angeklagten im Strafverfahren, die sich in der Regel unfreiwillig der Verhand-lung und damit der Öffentlichkeit stellen müssen (vgl. BVerf[X.]E 103, 44, 68; BVerf[X.], [X.], 350 Rn.
14; [X.], 2117 Rn.
23).
Bei der gebotenen Abwägung
des Persönlichkeitsschutzes mit dem kolli-dierenden Informationsinteresse
kommt andererseits dem [X.]egenstand der Be-richterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Soweit
das Bild
-
wie hier
-
nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussa-ge enthält, ist der Informationsgehalt einer Bildberichterstattung im Kontext der dazu
gehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Neben
den Umständen der [X.]ewinnung der Abbildung
ist
für die [X.]ewichtung der Belange des Persön-lichkeitsschutzes bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (vgl. [X.]surteile vom 9.
März 2004 -
VI
ZR 217/03, B[X.]HZ 158, 218, 223; vom 19.
Oktober 2004 -
VI
ZR 292/03, [X.], 84, 86;
vom 9.
Februar 2010 -
VI ZR 243/08, aaO,
Rn.
34
f.; BVerf[X.]E 120, 180, 206
f.).
22
23
-

13

-

b) Nach diesen Kriterien verletzt die Verbreitung eines nicht anonymisier-ten Fotos unter den gegebenen Umständen grundsätzlich keine berechtigten Interessen des [X.]. Es bestand
ein erhebliches
Interesse
der Öffentlichkeit

auch hinsichtlich einer Abbildung des [X.], nachdem dieser
wegen einer Aufsehen erregenden schweren Straftat erstinstanzlich verurteilt worden ist, die insbesondere wegen der terroristischen Bedrohung und der damit verbundenen Ängste auch ein erhebliches Interesse an den [X.] begründet hat.
Bei [X.] besteht häufig ein legitimes Interesse an der Bildberichterstattung über einen Angeklagten, weil sie oft
durch die Persönlichkeit des [X.] geprägt sind und Bilder prägnant und unmittelbar über die Person des [X.] informieren können (vgl. Beater, Medienrecht, 2007, Rn.
1329). Dies gilt insbesondere auch bei Straftätern, die -
wie hier
-
im Zusammenhang mit einem geplanten terroris-tischen Anschlag verurteilt worden sind, weil solche Täter im Alltag oft unauffäl-lig leben und
auch deswegen
ein großes
öffentliches
Interesse
an einer
identifi-zierenden Berichterstattung besteht, welche es besser ermöglicht, sich ein Bild von den [X.]
zu machen.
Die
streitgegenständliche
Fotoaufnahme
enthält auch keine über die mit der Identifizierung eines Straftäters durch eine Abbil-dung hinausgehende Beeinträchtigung oder Stigmatisierung.
Es handelt sich um ein kontextgemäßes Porträtfoto, das den Kläger in keiner
ihn verächtlich machenden Weise zeigt
und für sich keine weitere Persönlichkeitsbeeinträchti-gung enthält. Auch die begleitende Wortberichterstattung über die Urteilsver-kündung
war nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des [X.] nicht zu beanstanden.
Zwar mag oftmals bis zu einer
erstinstanzlichen Verurteilung das Recht auf Schutz der Persönlichkeit und Achtung des Privatlebens das Interesse an einer identifizierenden Berichterstattung
überwiegen
(vgl. BVerf[X.], [X.], 350 Rn.
14
f.; [X.], 3357 Rn.
20).
Im Streitfall lag jedoch bei der Veröf-fentlichung
bereits eine
erstinstanzliche Verurteilung vor, so dass sich
der Ver-24
25
-

14

-

dachtsgrad
gegen den Kläger
so weit verdichtet
hatte,
dass dem [X.] der Vorrang gebührt. Dürfte die Presse
über eine Verurteilung wegen einer schweren Straftat erst nach der Rechtskraft des Strafurteils mit einer [X.] berichten,
könnte sie ihre durch Art.
5 Abs.
1 [X.][X.] zuge-wiesene
Informations-
und Kontrollfunktion gegenüber der
Öffentlichkeit nur eingeschränkt
erfüllen (vgl. [X.]surteil vom 7.
Dezember 1999 -
VI
ZR 51/99, aaO, 204; BVerf[X.]E 97, 125, 149; BVerf[X.], [X.] 2009, 480 Rn.
62).
Dies gilt ins-besondere nach einer erstinstanzlichen Verurteilung in einem Strafverfahren von erheblichem öffentlichem
Interesse, weil hier regelmäßig die Verurteilung durch den Tatrichter und nicht die
die Revision des verurteilten [X.] verwer-fende Entscheidung
des Revisionsgerichts im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht.
Auch das [X.] und das Recht des [X.],
"alleine gelassen zu werden",
steht der aktuellen identifizierenden Berichterstattung nicht entgegen, weil es nach Befriedigung des aktuellen Informationsbedürfnis-ses der Öffentlichkeit erst mit zeitlicher Distanz zur Straftat und zum Strafver-fahren
zunehmende Bedeutung
gewinnt
(vgl. [X.]surteile vom 28.
Oktober 2008 -
VI
ZR 307/07, aaO,
Rn.
23; vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO,
Rn.
16; vom 9.
Februar 2010 -
VI ZR 243/08, aaO,
Rn.
19; vom 20.
April 2010 -
VI
ZR 245/08, [X.], 2728 Rn.
17; BVerf[X.]E 35, 202, 233; BVerf[X.], NJW 2000, 1859, 1860; [X.], 3357 Rn.
21;
Beater, Medienrecht, 2007, Rn.
1336;
Wenzel/von Strobl-Albeg, Recht der Wort-
und Bildberichterstattung, 5.
Aufl., Kap.
8 Rn.
85).
c) Im konkreten Einzelfall ist allerdings bei der gebotenen Abwägung auch
die in der [X.]n Verfügung
nach §
176 [X.]V[X.]
begründete Verpflichtung zur Anonymisierung der die Angeklagten zeigenden Fotoaufnah-men zu berücksichtigen. Der
Nichtbeachtung dieses [X.]ebots kommt
entgegen der Auffassung des [X.]
indes
keine ausschlaggebende Bedeu-tung zu.
Im fraglichen Punkt steht die [X.]
Verfügung auf
der
26
-

15

-

[X.]rundlage der vom
Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen
unter Berücksichtigung der interpretationsleitenden Bedeutung der von der Schrankenregelung des §
176 [X.]V[X.] betroffenen [X.]rundrechtspositionen
der er-folgten Bildberichterstattung nicht entgegen.
aa)
Aus dem begrenzten Zweck der [X.] im Sinne von §
176 [X.]V[X.] erwächst dem Vorsitzenden nicht die Befugnis, die Zulässigkeit der Bild-veröffentlichung zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Verfahrensbeteilig-ten abweichend von den Vorschriften der §§
22, 23 KU[X.] und der danach gebo-tenen Abwägung zwischen dem Recht der Presse-
und Meinungsfreiheit einer-seits und dem Persönlichkeitsrecht andererseits
(abgestuftes
Schutzkonzept)
zu regeln. Die [X.] im Sinne von §
176 [X.]V[X.] umfasst alle Befugnisse und Maßnahmen, die erforderlich sind, um -
letztlich im Interesse der Wahr-heitsfindung
-
den ungestörten Verlauf der Sitzung zu sichern. Dazu gehören der störungsfreie äußere Ablauf der Verhandlung, ferner die ungehinderte Ent-scheidungsfindung samt allen darauf gerichteten Beiträgen und Interaktionen der Verfahrensbeteiligten und der Schutz des allgemeinen Persönlichkeits-rechts der Verfahrensbeteiligten, insbesondere des Angeklagten (vgl. B[X.]H, [X.] vom 11.
Februar 1998 -
StB 3/98, B[X.]HSt 44, 23
f.; BVerf[X.]E 50, 234, 241
f.; 91, 125, 137; 119, 309, 321
f.; Beater, aaO, Rn.
1313; [X.]/[X.],
aaO,
§
176
Rn.
1; [X.], aaO, §
176 [X.]V[X.] Rn.
1; Meyer-[X.]oßner, [X.], 53.
Aufl., §
176 [X.]V[X.] Rn.
4, 15; Wickern in Löwe/[X.], aaO, §
176 [X.]V[X.] Rn.
1, 10). Das Persönlichkeitsrecht ist danach im Rahmen der [X.] nicht in weiterem Umfang zu schützen als dies nach §§
22, 23 KU[X.] der Fall ist. Die [X.]n Maßnahmen müssen vielmehr ihrerseits dem zu §§
22, 23 KU[X.] entwickelten abgestuften Schutzkonzept Rechnung tragen (vgl. Meyer-[X.]oßner, aaO, §
169
[X.]V[X.] Rn.
10, §
176 [X.]V[X.] Rn.
15). Soweit trotz eines gerichtlichen Verbots Aufnahmen hergestellt oder eine angeordnete Anonymi-sierung nicht beachtet werden, kann den Betroffenen derselbe Schutz gegen 27
-

16

-

die Anfertigung und
gegebenenfalls [X.] der Bilder zustehen, der sich aus den auch außerhalb des [X.]erichtssaals geltenden allgemeinen [X.]rund-sätzen ergibt (vgl. Soehring, aaO, §
6 Rn.
13).
bb) In der Verpflichtung zur Anonymisierung liegt eine gewichtige Be-schränkung der Informationsmöglichkeiten der Öffentlichkeit, die eine [X.] aus den Umständen des Einzelfalls voraussetzt (vgl. BVerf[X.]E 119, 309, 326; BVerf[X.], [X.], 350 Rn.
12; 2009, 2117 Rn.
19).
Eine solche lässt sich den [X.]n Verfügungen nicht entnehmen, insbesondere nicht, dass das Anonymisierungsgebot zum vorsorglichen Schutz der Angeklagten erforderlich gewesen wäre
(vgl. BVerf[X.], NJW 1996, 310, 311). Nach Ziff.
IV Nr.
3 Buchst. e der [X.]n Verfügung vom 24. Mai
2006 und
der ergänzenden Anordnung vom 8. Juli 2008 beruhten
diese
offenbar ohne [X.] anhand des Schutzkonzepts der §§
22, 23 KU[X.] auf der Annahme, dass
auch noch
zum Zeitpunkt
vor der Urteilsverkündung eine nicht anonymisierte Bildberichterstattung über
die Angeklagten nur mit deren Einwilligung zulässig sei. Dies reichte jedenfalls hinsichtlich
einer Berichterstattung über die Urteils-verkündung nach den oben erfolgten
Ausführungen
nicht aus, um entgegen der gesetzlichen Wertung der §§
22, 23 KU[X.] die [X.] eines den Kläger identifizierenden Bildes zu untersagen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Anonymisierungsgebot zu diesem Zeitpunkt noch zur Sicherung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Strafverfah-rens erforderlich
war.
Im Zeitpunkt der [X.]
und auch einer mögli-chen [X.] des Fotos
war die Hauptverhandlung bereits beendet. Die streitgegenständliche Bildberichterstattung konnte mithin
keinen Einfluss mehr auf das Verhalten der Verfahrensbeteiligten haben.
Konkrete Anhalts-punkte dafür, dass die identifizierende Bildberichterstattung die Ausübung der Verfahrensrechte oder die Rechtsfindung im Revisionsrechtszug
oder im weite-28
29
-

17

-

ren Verfahren nach einer denkbaren Aufhebung des Urteils und [X.] durch das Revisionsgericht beeinträchtigen würde, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
cc) Entgegen der Auffassung des [X.] ist dem Vertrauen des [X.] in die Beachtung der erlassenen [X.]n Verfügungen bei der Abwägung
keine ausschlaggebende Bedeutung zuzumessen.
Zutreffend ist zwar der rechtliche Ausgangspunkt des [X.], wonach für die [X.]ewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes auch die Umstände in die Beurteilung einzubeziehen sind, unter denen die Aufnahme entstanden ist (vgl. [X.]surteile vom 28.
Oktober 2008 -
VI
ZR 307/07, aaO,
Rn.
24;
vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO,
Rn.
35).
Die
Beeinträchti-gung des Persönlichkeitsrechts wiegt schwerer, wenn der Betroffene die be-rechtigte Erwartung haben durfte, in der konkreten Situation nicht abgebildet zu werden (vgl. [X.]surteile
vom 1.
Juli 2008 -
VI
ZR 243/06, aaO,
Rn.
24 und -
VI
[X.], aaO, Rn.
24; vom 28.
Oktober 2008 -
VI
ZR
307/07, aaO;
BVerf[X.]E 120, 180, 207).
Mithin
erhöht die Erwartung des [X.], wegen der [X.]n Verfügung
nicht identifizierbar abgebildet zu werden, das
[X.]ewicht seiner [X.].
Dem
Umstand, dass er nur im Vertrauen auf die [X.] Anordnung die Fotoaufnahmen ermöglicht haben will, kommt aber nicht das vom Berufungsgericht angenom-mene [X.]ewicht zu. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass nach den oben er-folgten Ausführungen ungepixelte
Bildaufnahmen auch ohne Einwilligung des [X.] zulässig gewesen wären und er letztlich durch sein Verhalten allenfalls
Bildaufnahmen hätte vereiteln können, die wegen
des erheblichen
Informations-interesses
der Öffentlichkeit
grundsätzlich zulässig
waren.
30
31
-

18

-

Nach alledem sind keine überwiegenden rechtlichen Interessen des [X.] (§
23 Abs.
2 KU[X.]) erkennbar, die der Verbreitung des ihn identifizierenden Fotos im Rahmen einer Berichterstattung über die Urteilsverkündung [X.] hätten.
4. [X.] folgt aus §
91
Abs.
1
ZPO.

[X.]alke
Zoll

Wellner

Diederichsen

Stöhr
Vorinstanzen:
L[X.] Berlin, Entscheidung vom 05.02.2009 -
27 O 982/08 -

K[X.] Berlin, Entscheidung vom [X.] -
9 [X.] -

32
33

Meta

VI ZR 108/10

07.06.2011

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.06.2011, Az. VI ZR 108/10 (REWIS RS 2011, 5986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5986

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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