Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.11.2017, Az. 10 U 12/17

10. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 2132

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.12.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

G r ü n d e

(abgekürzt gem. § 540 Abs. 1 ZPO)

Die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil ist unbegründet.

Im Ergebnis völlig zu Recht hat das Landwirtschaftsgericht die Klage auf Erteilung einer Zustimmungserklärung abgelehnt. Auch nach Auffassung des Senats kann der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen, dass die Beklagte ihm durch die begehrte Erklärung gegenüber der Landwirtschaftskammer die streitgegenständliche landwirtschaftliche Fläche als „Ersatzgrünlandfläche“ zur Verfügung stellt. Eine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist nicht ersichtlich.

Ein Anspruch auf Abgabe der Zustimmungserklärung ergibt sich nicht aus den Regelungen des zwischen den Parteien am 7.12.2006 abgeschlossenen schriftlichen Pachtvertrages. Etwaige Ansprüche des Pächters gegen den Verpächter nach Vertragsende und Rückgabe der Pachtsache sind lediglich in § 7 des Vertrages geregelt. Die dem § 591 BGB nachgebildete Vertragsklausel gibt dem Pächter unter der Voraussetzung der schriftlichen Zustimmung des Verpächters, die hier aber schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht vorlag, einen Verwendungsersatzanspruch, jedoch keinen Anspruch auf Abgabe einer Zustimmungserklärung.

Vorliegend geht es dem Kläger aber auch gar nicht um den Ersatz von Verwendungen auf die Pachtsache. Vielmehr meint er, dass die Beklagte nach Rückgabe der Pachtfläche dadurch einen Vorteil erlangt habe, dass er die als Grünland gepachtete Fläche als wertvolleres Ackerland zurückgegeben habe, so dass sie zum Ausgleich zur Abgabe der begehrten Erklärung verpflichtet sei. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Dass die Beklagte die verpachtete Fläche uneingeschränkt als Ackerland nutzen darf, während der Kläger seine eigene Fläche, die er von Ackerland zu Grünland umgewandelt hatte, nunmehr nicht mehr umbrechen darf, beruht nicht auf dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Pachtvertrag. Vielmehr folgt diese Beschränkung aus EU-rechtlichen Vorschriften, die während der Dauer der Pachtzeit erlassen worden sind und nunmehr nach Vertragsende der Umwandlung von Grünland in Ackerland entgegenstehen.

Ungeachtet dieser Überlegungen ist hier nach Auffassung des Senats selbst dann, wenn man mit dem Kläger annehmen wollte, dass der Beklagten infolge der Vertragsdurchführung ein Mehrwert entstanden sei, der ständigen Rechtsprechung des BGH zu folgen, nach der ein Anspruch auf Abschöpfung in den Fällen des Entstehens eines auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften beruhenden Mehrwertes gerade nicht besteht (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 272 ff. zum weinanbaurechtlichen Wiederbepflanzungsrecht; BGH, NJW 1991, 3279 ff. zur Milchreferenzmenge). Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung des BGH, dass das Pachtrecht Ansprüche auf Vorteile, die der Gebrauch der Pachtsache nach dem Ende der Pachtzeit gewährt, nicht dem Pächter zuordnet, sondern allein dem Verpächter (BGHZ 115, 162 Rn. 15 – juris).

Ein Anspruch auf Zustimmung zur Bereitstellung der Fläche als Ersatzgrünland ergibt sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung. Eine ergänzungsbedürftige Lücke in dem schriftlichen Pachtvertrag der Parteien ist nicht feststellbar. Richtig ist zwar, dass die behördliche Verpflichtung zur Bereitstellung von Ersatzgrünland für die Umnutzung von Grünland zu Ackerland bei Vertragsschluss im Jahr 2006 noch nicht bestand und deshalb von den Parteien bei Abfassung des Vertrages nicht berücksichtigt werden konnte. Das reicht indessen für eine Vertragsergänzung im Wege der Auslegung nicht aus. Soweit die Vertragspartner keine vom Gesetz abweichende Regelung treffen, überlassen sie in der Regel die Ausgestaltung des Vertrages den gesetzlichen Vorschriften. Diese geben dem Pächter aber im vorliegenden Fall – wie oben bereits dargelegt - gerade keinen Anspruch; der „Vorteil“ die Fläche als Ersatzgrünland Dritten zur Verfügung stellen oder sie als Ackerland nutzen zu können, ist nach Pachtvertragsende allein der Beklagten zugeordnet. Es lässt sich darüber hinaus auch nicht annehmen, dass redliche Vertragspartner eine Regelung im Sinne des Klägers getroffen hätten. Nicht einsichtig ist, dass der Kläger den der Beklagten erwachsenen Vorteil, die Fläche nunmehr als Ackerfläche nutzen zu können, durch die begehrte Erklärung „abschöpfen“ können soll. Dass der Kläger seine Ackerfläche zu Grünland gemacht hat, beruhte auf seiner eigenen betrieblichen Entscheidung, für die er als nachvollziehbaren Grund angeführt hatte, sein Vieh so besser in der Nähe der Stallungen weiden lassen zu können. Durch die beanspruchte Erklärung will der Kläger aber die nach EU-Recht eingetretenen Nachteile seiner Entscheidung auf die Beklagte abwälzen und deren Möglichkeiten, mit der Pachtfläche nach eigenen Vorstellungen zu verfahren, selber nutzen, und das sogar unentgeltlich. Aus welchem Grunde sich die Beklagte auf eine solche Rechtsfolge hätte einlassen sollen, wäre den Parteien das Problem bei Vertragsschluss bewusst gewesen, ist für den Senat nicht erkennbar.

Ein Anspruch auf Zustimmung gegen die Beklagte, ihre landwirtschaftliche Fläche dem Kläger als Ersatzgrünland zur Verfügung zu stellen, kann auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB hergeleitet werden. Eine Mitwirkungspflicht als selbständig einklagbare Leistungspflicht ist ohnehin nur in Ausnahmefällen anerkannt (Palandt-Grüneberg, BGB, § 242 Rn. 32). Grundsätzlich sind die Vertragsparteien zwar einander verpflichtet, im Zusammenwirken die Voraussetzungen für die Durchführung eines Vertrages zu schaffen und Erfolgshindernisse zu beseitigen. Damit dient die Mitwirkungspflicht der Erreichung des Vertragszweckes und des Leistungserfolges. Dieser Zweck kommt vorliegend aber schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Pachtvertrag bereits beendet ist und die Fläche zurückgegeben worden ist.

Allerdings sind auch nachvertragliche Pflichten anerkannt, die nach Vertragserfüllung gebieten können, im Rahmen des Zumutbaren alles zu unterlassen, was den Vertragszweck gefährden könnte und nichts zu unternehmen, was dem Gläubiger die durch den Vertrag gewährten Vorteile entziehen könnte (Palandt-Grüneberg, BGB, § 280‚ Rn. 7). Der „Vorteil“, die ehemals verpachtete Fläche als Ersatzgrünland bereit stellen zu können, ist der Beklagten – wie bereits ausgeführt – aber nicht durch den Vertrag mit dem Kläger erwachsen, sondern unabhängig davon eingetreten.

Schließlich kommt auch ein Anspruch auf Zustimmung gegen die Beklagte gem. § 812 BGB nicht in Betracht. Die Beklagte hat die rechtliche Möglichkeit, ihre landwirtschaftliche Fläche als wertvolleres Ackerland wieder zu verpachten oder Dritten als „Ersatzgrünland“ zur Verfügung zu stellen, nicht ohne rechtlichen Grund erhalten. Die vertragliche Regelung geht nach ständiger BGH-Rechtsprechung den insoweit subsidiären Vorschriften der §§ 812 ff. BGB vor (vgl. nur Palandt-Sprau, BGB, Einf v § 812 Rn. 6; BGH, Urteil vom 06. Juli 1990 – Lw ZR 8/89 –, juris). Der Rechtsgrund dafür, dass die Beklagte die Fläche nunmehr auch als wertvolleres Ackerland verpachten kann, beruht auf der Regelung in dem Pachtvertrag, nach der der Beklagte verpflichtet war, die Pachtsache so zurückzugeben, wie er sie erhalten hatte. Allein der Umstand, dass er nach EU-Recht nicht in der Lage war, die Fläche wieder zu Grünland umzuwandeln, verschaffte der Beklagten eine günstigere Position. Auf jeden Fall käme ein Bereicherungsanspruch ohnehin nur dann in Betracht, wenn die Beklagte etwas „auf Kosten“ des Klägers im Sinne des § 812 BGB, das heißt aus dessen Vermögen, erlangt hätte. Das ist hier aber offensichtlich nicht der Fall.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

Meta

10 U 12/17

16.11.2017

Oberlandesgericht Hamm 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: U

Zitier­vorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.11.2017, Az. 10 U 12/17 (REWIS RS 2017, 2132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2132

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

LwZR 2/16 (Bundesgerichtshof)


LwZR 4/16 (Bundesgerichtshof)

Landpachtvertrag: Schadensersatzpflicht des Pächters für die Entstehung von Dauergrünland; Mitverschulden des Verpächters


LwZR 4/16 (Bundesgerichtshof)


10 U 36/18 (Oberlandesgericht Hamm)


10 U 92/13 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.