Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.06.2019, Az. B 4 KG 3/18 B

4. Senat | REWIS RS 2019, 6645

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Gegenstand

(Kinderzuschlag nach § 6a BKGG 1996 - Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB 2 - Einkommensberücksichtigung und -berechnung - Jahressonderzahlung - vorzeitiger Verbrauch - Anwendung der Vorschriften des SGB 2 und der Rechtsprechung des BSG zu den bereiten Mitteln)


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 17. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG).

2

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ([X.]), die Entscheidung des [X.] von einer Entscheidung des [X.], des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht ([X.]) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann ([X.] 3). Die Beklagte beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ohne die Voraussetzungen des [X.] hinreichend darzulegen (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

3

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl [X.]E 40, 158 = [X.] 1500 § 160a [X.]1). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. [X.], Rd[X.] 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8).

4

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie die Frage, "ob die Rechtsprechung des [X.]sozialgerichts zu § 11 Abs. 2 Satz 3 [X.] a. F. (Urteil vom 29. November 2012, [X.] [X.]/12 R), dass eine (vorzeitig verbrauchte) einmalige Einnahme über einen Verteilzeitraum hinweg nur bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf, soweit sie als bereites Mittel geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken, auch auf den Bereich des [X.] anwendbar ist."

5

Die Beschwerde legt eine Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage nicht hinreichend dar.

6

Aus der Darstellung des Sachverhalts ergibt sich, dass die Beteiligten sich in erster Linie darüber streiten, ob - wie es § 6a Abs 1 Satz 1 [X.] 3 und 4 [X.] (hier anwendbar idF des [X.] sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 7.12.2011, [X.] 2592) verlangt - die Klägerin über Einkommen iS des § 11 [X.] unterhalb der [X.] verfügt und durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit iS des § 9 [X.] vermieden wird. Hintergrund des Rechtsstreits ist danach, ob der zur Hilfebedürftigkeit nach dem [X.] führende "vorzeitige" Verbrauch einer einmaligen Einnahme (Jahressonderzahlung) bei dieser Prüfung unberücksichtigt zu bleiben hat. Die Beklagte hält dies unter Berufung auf ihre Verwaltungspraxis (vgl Ziffer 106a.23 Abs 4 Satz 12 und 13 der [X.] Kinderzuschlag - [X.] - zum Stichwort "Bewilligungsabschnitt", zuletzt Stand September 2016) für angebracht, weil ein solcher Verbrauch aufgrund des Fehlens einer mit § 34 [X.] vergleichbaren Vorschrift ansonsten im Kinderzuschlagsrecht folgenlos bliebe.

7

Die von der Beklagten aufgeworfene Frage ist in der Rechtsprechung des [X.] bereits entschieden. Einen gleichwohl verbliebenen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

8

§ 6a Abs 1 Satz 1 [X.] 3 und 4 [X.] knüpft bereits nach seinem Wortlaut an das Einkommen und die Hilfebedürftigkeit iS des [X.] an. Nach der Rechtsprechung des [X.] sind beide Sozialleistungen aufeinander bezogen und schließen sich wechselseitig aus (vgl zu dieser "Parallelität der Rechtsanwendung" [X.] vom 17.2.2015 - [X.] KG 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 69 Rd[X.]4; [X.] vom 25.10.2017 - [X.] [X.]/16 R - [X.]E 124, 243 = [X.] 4-4200 § 11 [X.] 82, Rd[X.]5, 28). Der Einkommensbegriff des § 11 [X.] gilt dabei im Rahmen des § 6a [X.] grundsätzlich "uneingeschränkt" (so [X.] vom 10.5.2011 - [X.] KG 1/10 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] Rd[X.]4), weshalb auch die zum [X.] ergangene Rechtsprechung des [X.] zu den "bereiten Mitteln" auf den Kinderzuschlag nach Kindergeldrecht Anwendung findet ([X.] vom 10.5.2011 - [X.] KG 1/10 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] Rd[X.]9 ff; [X.] vom 17.2.2015 - [X.] KG 1/14 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 69 Rd[X.]8).

9

Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb die gestellte Rechtsfrage weiterhin klärungsbedürftig ist. Soweit die Beklagte einen Klärungsbedarf aus dem Fehlen einer § 34 [X.] vergleichbaren Regelung im [X.] ableitet, setzt sich die Beschwerde nicht mit der Rechtsprechung des [X.] auseinander, wonach der Kinderzuschlag selbst gerade keine Leistung des [X.], sondern eine familienpolitisch eigene Leistung ist ([X.] vom 18.6.2008 - [X.]/11b [X.] - [X.] 4-5870 § 6a [X.] Rd[X.]1; [X.] vom 14.3.2012 - [X.] KG 1/11 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] 3 Rd[X.]3; [X.] vom [X.] - [X.] KG 1/15 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] 6 Rd[X.] 32) und die weitreichenden Obliegenheitspflichten im Rahmen des [X.] eine Antragstellung nach § 37 [X.] voraussetzen, während der Gesetzgeber gerade keine Obliegenheiten vor dem tatsächlichen Eintritt der Hilfebedürftigkeit geschaffen hat ([X.] vom 14.3.2012 - [X.] KG 1/11 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] 3 Rd[X.]4). Daneben fehlt auch eine Auseinandersetzung mit dem Sinn und Zweck des § 6a Abs 1 Satz 1 [X.] 4 [X.], einen [X.]-Leistungsbezug gerade zu vermeiden (vgl hierzu nur [X.] vom [X.] - [X.] KG 1/15 R - [X.] 4-5870 § 6a [X.] 6 Rd[X.]8), der aber Folge der einschränkenden Auslegung der Beklagten wäre.

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Meta

B 4 KG 3/18 B

04.06.2019

Bundessozialgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KG

vorgehend SG Detmold, 16. September 2015, Az: S 9 BK 82/12, Urteil

§ 6a Abs 1 S 1 Nr 3 BKGG 1996, § 6a Abs 1 S 1 Nr 4 BKGG 1996, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 2 S 3 SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 04.06.2019, Az. B 4 KG 3/18 B (REWIS RS 2019, 6645)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6645

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