Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2020, Az. IV ZR 4/19

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 11446

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[X.]:[X.]:[X.]:2020:150720U[X.]4.19.0

BUN[X.]SG[X.]RICHTSHOF

IM NAM[X.]N [X.]S VOLK[X.]S

URT[X.]IL
IV ZR 4/19
Verkündet am:

15. Juli 2020

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R: ja

[X.] §§ 43 ff., §§ 176, 159 Abs. 2; [X.] a.[X.] §§ 74 ff., § 166 Abs. 2

a)
Zur Auslegung einer Berufsunfähigkeitsversicherung als Versicherung für frem-de Rechnung (hier: minderjährige Tochter als versicherte Person)

b)
Die Widerruflichkeit eines Bezugsrechts in der Berufsunfähigkeitsversicherung entfällt mit [X.]intritt des Versicherungsfalles auch hinsichtlich aller erst zukünftig fällig werdenden Rentenzahlungen.

[X.], Urteil vom 15. Juli 2020 -
IV ZR 4/19 -
OLG München

[X.]

-
2
-
Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.]
Dr.
Karczewski, [X.], die [X.] und Dr. Bußmann
im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum
18.
Juni 2020 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision des
Klägers
wird
der Beschluss des [X.] -
25.
Zivilsenat -
vom 11.
Dezember 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen
Verhandlung und [X.]ntscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der als überörtlicher Sozialhilfeträger der Tochter des [X.]n Leistungen
nach SGB XII gewährt, macht gegen den [X.] aus übergeleitetem Recht seiner
Tochter
Ansprüche geltend.

Der [X.] schloss im Jahr 2002 als Versicherungsnehmer eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Der Versicherungsschein, in dem die damals siebzehnjährige Tochter des [X.]n
als "versicherte Person"
bezeichnet ist, weist die bei Berufsunfähigkeit monatlich zu zahlende Rente unter der Überschrift "Leistungen für [die Tochter des [X.]n]"
aus. Weiter heißt es im Versicherungsschein, dass ein "Bezugsrecht"
als 1
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vereinbart gelte, nach dem die Versicherungsleistung im [X.]rlebensfall an die versicherte Person zu zahlen sei.

Im Mai 2009 stellte der Versicherer mit Wirkung zum November 2006 die Berufsunfähigkeit der Tochter des [X.]n
fest. Nachdem er die Versicherungsleistungen zunächst an diese
und später an den Kläger erbracht hatte, zahlte der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente
auf dessen Intervention
ab März 2013 an den [X.]n aus.

Mit Bescheid vom 18.
April 2016 leitete der Kläger gemäß §
93 SGB
XII

"den Herausgabeanspruch wegen ungerechtfertigter Berei-cherung bzw. den [X.] aus dem versicherungs-rechtlichen Treuhandverhältnis ab 01.03.2013 von [der [X.] des [X.]n] gegen [den [X.]n] in Höhe der Versi-cherungsleistung von mtl. [X.]UR
1.224,80 bzw. in der [X.] auf sich über".

Mit der [X.]nde 2016 eingereichten Klage verlangt der Kläger von dem [X.]n Zahlung von insgesamt 56.340,80

2013 bis Dezember 2016 (46 x 1.224,80

gen des ihm unbekannten konkreten Verlaufs einer vereinbarten Dyna-misierung der Versicherungsleistung darüber hinaus eine Stufenklage.

Der [X.] hat geltend gemacht, das Bezugsrecht seiner
Tochter zwischenzeitlich
widerrufen zu haben. Ferner hat er die [X.] erhoben.

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
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[X.]ntscheidungsgründe:

Die Revision hat
[X.]rfolg.
Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

[X.] Das Berufungsgericht
hat einen Bereicherungsanspruch der Tochter des [X.]n gegen diesen ebenso verneint wie einen Auskeh-rungsanspruch aus einem versicherungsrechtlichen Treueverhältnis oder Ansprüche aus einem [X.] gemäß §
1624 Abs. 1 BGB.

[X.]s hat den Versicherungsvertrag dahin ausgelegt, dass es sich nicht um einen [X.] handele. Für diese Annah-me reiche die Bezeichnung der Tochter als versicherte Person nicht aus. Da sich der [X.] zur Prämienzahlung verpflichtet habe, sei entspre-chend der Regel des §
80 Abs. 1 [X.] a.[X.] davon auszugehen, dass er sein eigenes Interesse versichert habe, zumal er gegenüber seiner [X.] grundsätzlich unterhaltsverpflichtet sei und die Leistung bei [X.]intritt des Versicherungsfalles verwenden könne, um entsprechende Ansprü-che zu erfüllen. Zudem habe er als Versicherungsnehmer jederzeit ohne [X.]inschränkung über die Bezugsberechtigung verfügen können.

Für die Auslegung komme es entscheidend auf den [X.]n und sein bei Vertragsschluss erkennbares Interesse an. Maßgeblicher Zeit-punkt sei der des Vertragsschlusses, zu dem die Tochter noch [X.] und in Ausbildung gewesen sei. [X.]s liege daher nicht nahe, dass er ihr ein eigenes Verfügungsrecht habe schaffen wollen; auch nach [X.]intritt der Volljährigkeit habe er ihr kein unwiderrufliches Bezugsrecht einge-8
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räumt, was er ohne weiteres hätte tun können, wenn er ihr die [X.] endgültig hätte zuwenden wollen.

Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der [X.] bis zum 60.
Lebensjahr der Tochter abgeschlossen worden sei. Schließlich habe sich der [X.] auch nicht sittenwidrig verhalten.

[X.]in etwaiger Anspruch der Tochter
aus einem Schenkungs-
oder einem -
ohnehin nicht ausreichend dargelegten
-
Ausstattungsverspre-chen sei nicht auf den Kläger übergeleitet. Auch würde sich der geltend gemachte unmittelbare Zahlungsanspruch hieraus nicht ergeben.

I[X.] Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht das Vorliegen einer Fremdversicherung und damit einen
Auskehrungsanspruch der Tochter des [X.]n gegen diesen verneint.

1. Richtig erkannt hat das Berufungsgericht, dass für die Abwick-lung des in der Person der Tochter des [X.]n
eingetretenen Versi-cherungsfalles
gemäß Art.
1 Abs.
2 [X.]G[X.] das Versicherungsvertrags-gesetz
in der bis zum 31.
Dezember 2007 gültigen Fassung (im [X.]: [X.] a.[X.]) anzuwenden ist, da der Versicherungsfall, die [X.] der Versicherten, nach den Feststellungen
der Vorinstanzen
im Jahre 2006 eingetreten ist.

2. Zu Unrecht hat es jedoch das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung und das Bestehen eines daraus folgenden Auskeh-rungsanspruchs aus einem zwischen der Versicherten und dem [X.] bestehenden Treuhandverhältnis verneint.

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Zwar ist die tatrichterliche Auslegung einer Individualabrede für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Dies gilt aber
unter anderem dann nicht, wenn wesentlicher Auslegungsstoff außer [X.] gelassen ist ([X.], Urteil vom 3.
Dezember 1992 -
III ZR 90/91, [X.]R BGB § 676 Anlagevermittler 3 unter II
1 [juris Rn.
12 m.w.N.]). Das ist hier der Fall. Die Versicherung eines fremden Interesses ergibt sich im Streitfall aus dem Inhalt des Vertrages, nach dem
als Gegenstand der Versicherung
durch die Bestimmung der versicherten Person der Schutz der
Tochter
des [X.]n
vor gesundheitsbedingten [X.]inbußen ihrer
Fähigkeit, die bisherige
[X.]rwerbstätigkeit auszuüben, und eben nicht der entsprechende Schutz des Versicherungsnehmers vereinbart ist.
Diesen Vertragsinhalt hat das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung nicht hinreichend beachtet.

a) Für die Abgrenzung zwischen einer [X.]igenversicherung des [X.], in der die versicherte Person lediglich [X.] ist, und einer Versicherung für fremde Rechnung kommt es ent-scheidend auf den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen und die nach diesen Vereinbarungen geschützten Interessen an.

aa) Dabei bleibt es den Parteien des Versicherungsvertrages zwar überlassen, die Rechtsstellung der versicherten Person näher zu be-stimmen, und es kann danach die [X.]inbeziehung eines Dritten in den Ver-sicherungsschutz auch als reine
[X.]igenversicherung des [X.] gewollt sein. Davon ist auszugehen, wenn dieser sich nur ge-gen eigene wirtschaftliche [X.]inbußen schützen will, die für ihn mit dem [X.]intritt des Versicherungsfalles
verbunden sind. In einem solchen Fall bleibt die versicherte Person nur [X.], der aus dem [X.]svertrag keine eigenen Rechte erwachsen (vgl. [X.]surteil vom 17
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8.
Februar 2006

IV ZR 205/04, [X.], 686 Rn.
23
f.). [X.]ine Versi-cherung für fremde Rechnung liegt aber vor, wenn mit dem [X.] oder jedenfalls neben dem [X.]igeninteresse des [X.]snehmers auch das eigene Interesse der versicherten Person versi-chert werden soll. Hier sollen der versicherten Person, soweit ihr Inte-resse versichert ist, direkt aus dem Versicherungsvertrag [X.]en zugewendet werden. In einem solchen Fall liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von §
328 Abs.
1 BGB vor ([X.]sur-teil vom 8.
Februar 2006 aaO Rn.
25). Soweit die Versicherung daneben möglicherweise auch im
eigenen wirtschaftlichen Interesse des [X.]snehmers, im Streitfall z.B. wegen denkbarer [X.]rsparnis von [X.], gelegen haben kann, schließt das zusätzliche [X.] eines solchen Interesses das Bestehen einer Fremdversiche-rung nicht aus ([X.], 273 unter 3.d) [juris Rn.
65]; [X.] in [X.]/[X.], [X.] 30.
Aufl. § 43 Rn.
3).

bb) In der Berufsunfähigkeitsversicherung, in der
versichertes
Inte-resse regelmäßig der Schutz des Versicherten vor gesundheitsbedingten [X.]inbußen seiner Fähigkeit, die bisherige [X.]rwerbstätigkeit auszuüben, und den damit verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Statusverlusten ist (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl. §
172 Rn.
1; HK-[X.]/[X.], 4.
Aufl. §
172 Rn.
5; [X.] in Beckmann/[X.], [X.] 3.
Aufl. §
46 Rn.
1), ist die
Frage, ob der Versicherte lediglich als [X.] oder aber als [X.] im Sinne des §
43 Abs.
1 [X.] bzw. §
74 Abs.
1 [X.] a.[X.] zu betrachten ist,
in der Vergangenheit vor allem beim
Abschluss derartiger Versicherungen
durch den Arbeitgeber
der versicherten Person diskutiert worden.
Dabei ist vornehmlich danach differenziert worden, ob die Versi-cherung vom Arbeitgeber zur Rückdeckung einer Versorgungszusage und aus diesem Grunde
ausschließlich im [X.]igeninteresse genommen war 20
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8
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(OLG [X.], Urteil vom 3.
Juni 2011

20 U 168/10, juris Rn.
21)
oder ob auch das Interesse des Versicherten an der [X.]rfüllbarkeit der [X.] seines Arbeitgebers gesichert werden sollte (OLG Saarbrü-cken [X.], 778 unter II
A [juris Rn. 26]; [X.]/[X.], [X.]sversicherung 2. Aufl. Teil
D Rn. 11
f.; [X.], [X.] 3.
Aufl. Teil [X.] Rn. 58
f.; [X.] in Beck-mann/[X.], [X.] 1.
Aufl. §
46 Rn.
255 und 3.
Aufl.
§
46 Rn.
236).

b) Nach diesen Maßstäben, die in gleicher Weise beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen zugunsten naher Familienangehö-riger
zugrunde zu legen sind, liegt

was das Berufungsgericht verkannt hat

im Streitfall eine Versicherung für fremde Rechnung vor.

Bei der Absicherung von Familienmitgliedern vor den Folgen ge-sundheitlicher Beeinträchtigungen kann nicht davon ausgegangen wer-den, dass diese nur im Interesse des Versicherungsnehmers liege, [X.] diese Beeinträchtigungen auch wegen unterhaltsrechtlicher Pflichten finanzielle Folgen für ihn
haben. Dies hat der [X.] bereits für die [X.] entschieden und insoweit ausgeführt, dass die mitversicherte [X.]hefrau nicht nur als [X.] einer allein im [X.]igen-interesse ihres [X.]hemannes abgeschlossenen Versicherung anzusehen ist. [X.]ine solche Sichtweise rückte alleine die Unterhaltsverpflichtung des Versicherungsnehmers in den Vordergrund; dessen Interesse zielt
aber

für den Versicherer erkennbar

generell nicht lediglich darauf, Vorsor-ge für einen bei Krankheit des Versicherten drohenden [X.] zu treffen ([X.]surteil vom 8.
Februar 2006

IV ZR 205/04, [X.], 686 Rn.
33-36). Das ist für eine Versicherung gegen [X.] naher Familienangehöriger, denen der Versicherungs-nehmer unterhaltspflichtig werden könnte, nicht anders zu beurteilen 21
22
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(vgl.
auch [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 4. Aufl. [X.]. 4 Rn. 69).
Nicht entscheidend ist insoweit entgegen der Auffassung der Revisi-onserwiderung, ob der Familienangehörige einen wirtschaftlichen Beitrag zu einem gemeinsamen Haushalt leistet.

-
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-

Im Streitfall gilt dies umso mehr im Hinblick auf die Laufzeit der Versicherung bis zum 60.
Lebensjahr der Tochter des [X.]n. Dass Letzterer
sich auch für diesen Zeitraum ausschließlich gegen etwaige gegen ihn gerichtete Unterhaltsansprüche absichern wollte, liegt fern.

3.
Auf die
streitgegenständliche Versicherung finden die §§
74
ff. [X.] a.[X.] entsprechende Anwendung, wodurch ein Auskehrungsan-spruch des Versicherten gegen den Versicherungsnehmer begründet wird.

a) Zwar
stehen die §§
74
ff. [X.]
a.[X.] im Abschnitt über die Scha-densversicherung, während es sich bei der [X.] nicht um eine [X.], sondern um eine hiervon zu unterscheidende Summenversicherung handelt (vgl. [X.]surteile vom 13.
Dezember 2000
IV
ZR 279/99, [X.], 601 unter
2 [juris Rn.
7]; vom 24.
September 1969
IV
ZR 776/68, [X.]Z 52, 350b unter II [juris Rn.
8 ff.]), die zudem als Lebensversicherung im Sinne des [X.] a.[X.] zu qualifizieren ist (vgl. [X.]surteile vom 5.
Dezember 1990
IV
ZR 13/90, [X.], 289 unter III [juris Rn.
19]; vom 5.
Oktober 1988

IVa
ZR 317/86, [X.], 1233 unter 3 [juris Rn.
25]); sie steht aber
inhaltlich einer [X.] so nahe, dass eine entsprechende Anwendung der §§
74
ff. [X.]
a.[X.] gerechtfertigt ist.

aa) Der [X.] hat
bereits ausdrücklich die Auffassung des [X.] gebilligt, das zur Krankentagegeldversicherung ent-schieden
hatte, bei der Versicherung der [X.]hefrau des [X.] habe es sich zwar um eine Versicherung für fremde Rechnung gehandelt
und diese sei auch Summenversicherung und keine Scha-densversicherung, habe aber wirtschaftlich den Charakter einer Scha-densversicherung und rücke insbesondere wegen der Beziehung der 23
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-
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-
Versicherungsleistung zum Nettoeinkommen derart in die Nähe der [X.], dass eine entsprechende Anwendung des §
75 Abs.
2 [X.] a.[X.] gerechtfertigt sei
([X.]surteil vom 19.
Dezember 1973

IV ZR 130/72, [X.], 184 unter I 3 [juris Rn. 22]; [X.], 968
unter I
2).

[X.]ine in gleicher Weise vorliegende Nähe zur Schadensversiche-rung ist auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung gegeben, da sie ebenso wie die Krankentagegeldversicherung einen Ausgleich für ge-sundheitsbedingte [X.]rwerbseinbußen bezweckt und sich die Höhe der vereinbarten Rente regelmäßig jedenfalls auch am [X.]inkommen des [X.] orientiert.

bb) Das Vorliegen einer die Analogie rechtfertigenden planwidrigen Lücke im [X.] a.[X.] wird dabei auch dadurch erhellt, dass der [X.] bei der [X.]-Reform
mit der Neuregelung in §§
43
ff. [X.] die [X.]r-streckung der Regelungen betreffend die Versicherung für fremde Rech-nung über die [X.] hinaus auf alle Versicherungszwei-ge vornahm (BT-Drucks. 16/3945
S. 72 re. [X.]. zu § 43), die Vorschriften dabei aber inhaltlich unverändert gelassen und sich im Wesentlichen auf Klarstellungen beschränkt hat.

b) Das Vorliegen einer Fremdversicherung zugunsten der versi-cherten Person bei gleichzeitiger Anwendbarkeit der
§§
74
ff. [X.]
a.[X.] führt
zunächst dazu, dass im Versicherungsfall materiell dem [X.] die Versicherungsleistung zusteht (§
75 Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.]; heu-te §
44 Abs.
1 Satz
1 [X.]), er dieses Recht jedoch gegenüber dem [X.] im Regelfall
nicht durchzusetzen vermag, weil die [X.] beim Versicherungsnehmer liegt (§
75 Abs.
2 [X.] a.[X.]; heute §
44 Abs.
2 [X.]). Dieses
Verfügungsrecht über die Rechte des Versi-27
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12
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cherten aus dem Versicherungsvertrag steht dem Versicherungsnehmer aber nur zu treuen Händen zu; es handelt sich um ein gesetzliches Treu-handverhältnis ([X.]surteile vom 12.
Dezember 1990

IV ZR 213/89, [X.]Z 113, 151, 154
f. [juris Rn.
15
f.]; vom 7.
Mai 1975

[X.], [X.]Z 64, 260, 264 [juris Rn.
12]).

Diese Treuhänderstellung verbietet es dem Versicherungsnehmer, die ihm nicht zustehende Versicherungsleistung für sich zu behalten, und verpflichtet ihn, diese an den sachlich berechtigten Versicherten auszu-kehren
([X.]surteile vom 7.
Mai 1975 aaO [juris Rn.
13]; vom 4.
April 1973

IV ZR 130/71, [X.], 634 [juris Rn.
9]; vgl. auch [X.]sur-teil vom 12.
Dezember 1990 aaO [juris Rn.
17]). [X.]r muss dem [X.] die ihm gebührende Leistung
zur [X.]rfüllung des Versicherungszwecks
dabei auch dann zukommen lassen, wenn er ihm den Versicherungs-schutz durch eigenen [X.]ntschluss und auf eigene Kosten verschafft hat ([X.]surteil vom 4.
April 1973 aaO).

c)
Dem
so begründeten Auskehrungsanspruch
des Versicherten gegen den Versicherungsnehmer, der die Versicherungsleistung in [X.]mp-fang genommen hat, steht

anders als die Revisionserwiderung meint

nicht entgegen, dass sich der [X.] ein Widerrufsrecht bezüglich der Bezugsberechtigung vorbehalten
und dieses Widerrufsrecht in späteren
[X.]rklärungen
zum Bezugsrecht nach [X.]intritt des Versicherungsfalles
aus-geübt hat.

Zum einen besteht der Auskehrungsanspruch gemäß den vorste-henden Ausführungen unabhängig von einem eingeräumten Bezugs-recht.

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Zum anderen war das der Tochter des [X.]n
eingeräumte Be-zugsrecht nach [X.]intritt des Versicherungsfalles
im Jahre 2006 ohnehin nicht mehr widerruflich, weil diese den Anspruch auf die [X.] gegen den Versicherer mit dem [X.]intritt des Versicherungsfalles entsprechend §
166 Abs.
2 [X.] a.[X.] (heute §§
176, 159 Abs.
2 [X.]) bereits erworben hatte. Mit [X.]intritt des Versicherungsfalles
entfällt das bis dahin widerrufliche Bezugsrecht (vgl. [X.]surteil vom 27.
Juni 2018

IV ZR 222/16, [X.]Z 219, 142 Rn.
16). Dies gilt auch im Hinblick auf die erst nach [X.]intritt des Versicherungsfalles
fällig werdenden Renten-zahlungen, weil die Ansprüche auf die wiederkehrenden [X.]inzelleistungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung aus einem eigenständigen Stamm-recht folgen (vgl. [X.]surteil vom 3. April 2019

IV ZR 90/18, [X.], 669 Rn.
14
f. und 18
f.). Diese bereits im Leistungsversprechen auf Dauer angelegte Rechtsposition kann dem Berechtigten nach [X.]intritt des Versicherungsfalles
nicht mehr durch Widerruf entzogen werden (im [X.]rgebnis ebenso LG [X.] ZInsO 2013, 1428 unter 1 b [juris Rn.
21]; [X.], Berufsunfähigkeitsversicherung 4.
Aufl. [X.].
4 Rn.
90 und 106; [X.]/[X.], Lebens-
und Berufsunfähigkeitsversicherung 2.
Aufl. §
13 ALB 2008 Rn.
45; [X.] in [X.]rnst/Rogler, Berufsunfähigkeitsversi-cherung § 12 BUV Rn.
57, 59; [X.] in Looschelders/Pohlmann,
[X.] 3.
Aufl. §
176 Rn.
3; [X.] in [X.],
VersR 4.
Aufl. §
26 Rn.
314; [X.] in Beckmann/[X.], [X.] 3.
Aufl.
§
46
Rn.
238). Die Gegenauffassung (Gramse in [X.]/[X.], Versicherungsrecht 2.
Aufl. §
16 BUV 2008 Rn.
4; Dör-ner in MünchKomm-[X.],
2.
Aufl. §
176 Rn.
22; unklar Lücke in [X.]/[X.], [X.] 30.
Aufl. §
176 [X.] Rn.
6 a.[X.]. einerseits und §
12 BU Rn.
3 andererseits) berücksichtigt nicht ausreichend die Bedeutung des Stammrechts und auch
den Umstand, dass ein bloßes Bezugsrecht als bloße Anwartschaft auf die Versicherungsansprüche nach [X.]intritt des -
14
-
Versicherungsfalles
schon begrifflich nicht mehr eingeräumt werden kann (zutreffend LG [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO Rn.
90).

4. Auf Weiteres kommt es für den Grund des Auskehrungsan-spruchs der Tochter des [X.]n
gegen diesen
nicht mehr an. Diesen Anspruch hat der Kläger in Höhe seiner Aufwendungen gemäß §
93 SGB XII
auf sich übergeleitet.

II[X.] [X.] ist nicht zur
[X.]ntscheidung reif, weil das [X.] bislang Feststellungen weder zur Höhe der Sozialhilfeauf-wendungen
des Klägers und damit zum Umfang des übergeleiteten An-spruchs
noch zur Verjährungseinrede des [X.]n getroffen hat. Dies wird es nach der Zurückverweisung der Sache nachzuholen haben.

[X.]
Prof. Dr. Karczewski
[X.]

Dr. Brockmöller
Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], [X.]ntscheidung vom 22.03.2018 -
7 O 4370/16 -

OLG München, [X.]ntscheidung vom 11.12.2018 -
25 U 1410/18 -

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Meta

IV ZR 4/19

15.07.2020

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.07.2020, Az. IV ZR 4/19 (REWIS RS 2020, 11446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 11446

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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7 O 4370/16

25 U 1410/18

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