Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2022, Az. VIa ZR 221/21

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 6568

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Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 5. August 2021 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger kaufte am 27. November 2010 vermittelt durch einen Händler von der [X.] selbst einen Neuwagen des Typs [X.] TEAM 2.0 TDI zum Preis von 27.400 € brutto. Die Beklagte ist Herstellerin des Fahrzeugs und des darin verbauten Dieselmotors der Baureihe [X.] Dieser verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die die Durchführung einer Emissionsmessung auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren [X.] als im Normalbetrieb bewirkte.

3

Der Kläger hat in erster Instanz, nachdem er den Rechtsstreit teilweise einseitig für erledigt erklärt hat, zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 27.400 € nebst Zinsen seit dem 7. Oktober 2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 14.796,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs (Klageantrag zu 1), hilfsweise zur Zahlung von 6.850 € ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt, und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 3) nebst Zinsen zu verurteilen und den Annahmeverzug der [X.] festzustellen (Klageantrag zu 2). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.], der im Verlaufe des zweitinstanzlichen Verfahrens den Rechtsstreit einseitig weiter teilweise für erledigt erklärt hat, hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 9.745,91 € nebst [X.] um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs verurteilt und in Höhe von 335,22 € die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte zuletzt noch die Zurückweisung der Berufung des [X.], soweit sie zur Zahlung von mehr als 5.635,91 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist, nachdem die Beklagte das Rechtsmittel durch eine Beschränkung ihres Revisionsangriffs nach Einreichung der Revisionsbegründung in der Sache teilweise zurückgenommen hat (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juli 2022 - [X.], NJW 2022, 2752 Rn. 5), auch im Umfang des reduzierten Revisionsangriffs unbegründet.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Rechtfertigung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt, der Kläger habe gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des [X.], der der Höhe nach durch den verjährten Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB begrenzt sei. Da hier der von der [X.] erlangte Betrag in Höhe von unstreitig 23.290 € ([X.] 27.400 € abzüglich einer von der [X.] vereinnahmten "[X.]" in Höhe von 15%, somit 4.110 €) den verjährten Schadensersatzanspruch in Höhe von 9.745,91 € ([X.] 27.400 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 17.654,09 €) übersteige, sei der Anspruch in Höhe von 9.745,91 € nebst [X.] gegeben. Der Kläger habe - von der [X.] nicht bestritten - vorgetragen, die Beklagte habe "infolge des streitgegenständlichen Kaufvertrages den Kaufpreis abzüglich einer 15-prozentigen [X.] erhalten, mithin 23.290,- [X.]". Dass "es sich vorliegend um einen Direktkauf von der [X.]" gehandelt habe, "bei de[m] eine [X.] nicht angefallen sein dürfte", sei "für die Entscheidung ohne Belang". Der Wert der "zwischenzeitlich gezogenen Nutzungen" übersteige "die unstreitige [X.], die damit nicht zum Tragen" komme. Aufgrund der fortgesetzten Nutzung des Fahrzeugs habe sich der Rechtsstreit in Höhe von 335,22 € erledigt.

II.

6

Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Zwar ist die Annahme des Berufungsgerichts, dem Kläger stehe ein Restschadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte zu, dem Grunde nach der revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen, weil die Beklagte die Revision nachträglich wirksam auf die Höhe des Anspruchs beschränkt hat (vgl. [X.], Urteil vom 11. März 2022 - [X.], NJW 2022, 2685 Rn. 8). Rechtsfehlerhaft und von der Revision im Ausgangspunkt zutreffend bemängelt hat das Berufungsgericht jedoch bei der Bemessung der Höhe des Anspruchs außer [X.] gelassen, dass auch der Anspruch auf Restschadensersatz einer Vorteilsausgleichung im Sinne einer Verrechnung gezogener Nutzungsvorteile zu unterziehen ist ([X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.], 742 Rn. 16).

III.

7

Gleichwohl unterliegt das Berufungsurteil nicht der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

8

Das Berufungsgericht hat den Senat bindend (§§ 559, 314 ZPO) als unstreitig festgestellt, der Kläger habe das Fahrzeug direkt bei der [X.] gekauft. Die Beklagte hat aufgrund des vom Kläger ungewollt abgeschlossenen Kaufvertrags einen Vermögensvorteil in Form eines Anspruchs gegen den Kläger auf Zahlung des Kaufpreises erlangt ([X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.]Z 233, 16 Rn. 82). Dieser Vermögensvorteil hat sich nach § 818 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB in dem Entgelt fortgesetzt, das die Beklagte vom Kläger zur Erfüllung ihres [X.] erhalten hat.

9

Eine von der [X.] aufgrund einer gesonderten vertraglichen Absprache in diesem Verhältnis an den Händler als Vertreter oder Vermittler gezahlte "[X.]" (richtig: [X.]) war dagegen auf die Höhe des aus dem Kaufvertrag erlangten Anspruchs ohne Einfluss und von dem vom Kläger in Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung [X.] nicht in Abzug zu bringen. Da die Beklagte die Forderung aus Kaufvertrag gegen den Kläger erlangt hat, ist es für die Höhe des Anspruchs des [X.] aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB gegen die Beklagte unerheblich, wenn der Händler den Kaufpreis für die Beklagte vereinnahmt, bei der Weitergabe des für die Beklagte eingezogenen Kaufpreises gegen eine Forderung der [X.] auf Herausgabe des vom Händler [X.] nach § 667 BGB mit einem eigenen Anspruch auf Gewähr einer [X.] aus dem zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsverhältnis aufgerechnet und entsprechend nur einen um die [X.] verringerten Betrag an die Beklagte weitergeleitet hat. Eine in der Aufrechnung liegende Verkürzung des [X.] beträfe auch dann lediglich den Aufwand der [X.] ([X.], Urteil vom 12. September 2022 - [X.], [X.]), der nur als Entreicherung berücksichtigt werden könnte, auf die sich die Beklagte nach § 818 Abs. 4, § 819 BGB nicht berufen kann ([X.], Urteil vom 21. Februar 2022 - [X.], [X.]Z 233, 16 Rn. 92 ff.).

Dass der Kläger einen Abzug in Höhe von 15% des [X.]es vorgetragen hat, ändert an dieser rechtlichen Bewertung nichts. Gegenstand und Höhe des von der [X.] aus dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs [X.] unterliegen einer rechtlichen Beurteilung. Das gilt auch für die Frage, wie eine dem Händler gewährte [X.] zu behandeln ist. Damit entsprach bei richtiger rechtlicher Bewertung die Höhe des Anspruchs aus § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB der des nach seiner Verjährung nicht mehr durchsetzbaren Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB und wirkt sich der Rechtsfehler des Berufungsgerichts, das zur Anspruchshöhe die Bemessung nach §§ 826, 31 BGB zugrunde gelegt hat, auf das Ergebnis nicht aus.

[X.]     

      

Möhring     

      

Götz   

      

Rensen     

      

Vogt-Beheim     

      

Meta

VIa ZR 221/21

31.10.2022

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 5. August 2021, Az: 14 U 70/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2022, Az. VIa ZR 221/21 (REWIS RS 2022, 6568)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 6568

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