Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2011, Az. 5 StR 434/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 466

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5 [X.]/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

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2
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Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 14. Dezember 2011
beschlossen:

Die Revision des
Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19. April 2011 wird nach § 349 Abs. 2 [X.] als unbegründet verworfen; es wird klargestellt, dass der Angeklagte der besonders schweren räuberischen [X.] mit unerlaubtem Führen einer halbau-tomatischen Kurzladewaffe schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

G r ü n d e

e-rer räuberischer Erpressung und Verstoßes gegen [X.] Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Seine gegen die Verurteilung gerichtete, auf die näher ausgeführte Sachbeschwerde und eine Verfahrensrüge gestützte Re-vision ist im Ergebnis unbegründet im Sinne des § 349 Abs.
2 [X.]. Sowohl Schuld-
als auch Rechtsfolgenausspruch halten revisionsgerichtlicher Über-prüfung aus den zutreffenden Gründen der Antragsschrift des Generalbun-desanwalts stand.

1. Der erhobenen Verfahrensrüge, das Gericht habe zwei Zeugen, deren Aussagen es zum Nachteil des Angeklagten verwertet habe, nicht nach §
52
Abs.
3 [X.] belehrt, bleibt der Erfolg versagt.

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3
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a) Nach bislang verbindlicher Rechtsprechung wäre es geboten gewe-sen, die [X.]
und J.

W.
vor ihrer Zeugenverneh-mung gemäß §
52 Abs. 3 [X.] zu belehren. Ein Zeuge ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] hinsichtlich aller Beschuldigter zur Verweigerung des Zeugnisses gemäß § 52 Abs. 1 [X.] berechtigt und hier-über auch zu belehren, wenn sich ein einheitliches Verfahren gegen mehrere Beschuldigte richtet oder gerichtet hat und der Zeuge jedenfalls zu einem von ihnen in einem von § 52 Abs. 1 [X.] erfassten Angehörigenverhältnis steht, sofern der Sachverhalt, zu dem er aussagen soll, auch seinen Angehö-rigen betrifft (vgl. nur [X.], Urteil vom 13. Mai 1998

3
StR 566/97, [X.]R [X.] §
52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 12 mwN; [X.], Beschluss vom 30.
April 2009

1
[X.], [X.]St 54, 1, 4). Unterbleibt die Belehrung gleichwohl, soll dies der nicht-angehörige Angeklagte grundsätzlich auch rü-gen können (vgl. [X.], Urteil vom 3. Februar 1955

4 StR 582/54, [X.]St 7, 194, 196).

Die Polizei hatte hier beide Zeugen der Beteiligung an der Tat des [X.]s
verdächtigt und das Ermittlungsverfahren zugleich gegen sie und den Angeklagten geführt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen sie Durchsuchungsbeschlüsse (§
102 [X.]) erwirkt und beide wie den [X.] wegen derselben prozessualen Tat als Beschuldigte einge-tragen. Damit war die notwendige, zumindest historische prozessuale Ge-meinsamkeit gegeben, die das Zeugnisverweigerungsrecht gemäß §
52 Abs.
1 Nr. 3 [X.] der beiden früheren mitbeschuldigten Brüder auch in dem gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahren begründete. Durch die spätere staatsanwaltschaftliche Einstellung des gegen die Zeugen gerichte-ten Verfahrens nach §
170 Abs. 2 [X.] wurde es nicht beseitigt:

Zwar ist anerkannt, dass eine zwischen dem angehörigen Zeugen und dem Angeklagten über einen vormals mitbeschuldigten Angehörigen beste-hende Verbindung durch prozessuale Entwicklungen gelockert sein kann und deshalb eine Zubilligung des [X.] nicht mehr recht-3
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fertigt; dies gilt namentlich nach Ableben des früheren Mitbeschuldigten ([X.], Urteil vom 13. Februar 1992

4 [X.], [X.]R [X.] § 52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 7), nach dessen rechtskräftiger Verurteilung ([X.], Urteil vom 29. Oktober 1991

1 [X.], [X.]St 38, 96, 100 ff.) oder rechtskräftigem Freispruch
([X.], Urteil vom 4. Mai 1993

1 StR 921/92, [X.]R [X.] § 52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 9) und nach erfolgter Verfah-renseinstellung gemäß § 154 [X.] mit Blick auf eine rechtskräftige Verurtei-lung im Bezugsverfahren ([X.], Beschluss vom 30. April 2009

1 [X.], [X.]St 54, 1, 5 ff.). Dem steht die vorliegende [X.] angesichts der uneingeschränkten Möglichkeit für die Staatsanwalt-schaft, ein nach § 170 Abs. 2 [X.] eingestelltes Verfahren wegen eines nicht verjährten [X.] wiederaufzugreifen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 26. Aufl., § 170 Rn. 50 mwN), jedoch nicht gleich (vgl. [X.], Beschluss vom 26. August 1997

1 [X.], [X.]R [X.] §
52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldigter 10; vgl. auch [X.], Urteil vom 27.
Mai
1998

3
StR 31/98, [X.]R [X.] § 52 Abs. 1 Nr. 3 Mitbeschuldig-ter
11; [X.], Beschluss vom 30. April 2009

1 [X.], [X.]St 54, 1, 6).

b) Das Urteil würde indes auf einem hieraus abzuleitenden Verfahrens-fehler nicht beruhen (§
337 [X.]). Dies gilt für die Angaben des Zeugen P.

W.
bereits deshalb, weil er vor seiner Aussage über ein ihm zuge-billigtes Auskunftsverweigerungsrecht (§ 55 [X.]) belehrt worden war und dennoch ausgesagt hatte. Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, inwiefern eine weitere Belehrung über ein darüber hinaus gegebenes Zeugnisverwei-gerungsrecht hier zu einem anderen [X.] oder einem anderen Beweisergebnis hätte führen können (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 30.
Mai
1984

2 StR 233/84, [X.], 464).

Abgesehen davon ist hinsichtlich beider Zeugen

worauf auch der Ge-neralbundesanwalt zu Recht abhebt

auszuschließen, dass ihr denkbares Schweigen für den Fall umfassender Belehrung nach §
52 Abs. 3 [X.] mit der Folge eines Verwertungsverbots nach § 252 [X.] die Beweislage zu 6
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Gunsten des Beschwerdeführers hätte verändern können. Zwar hat die [X.] im Rahmen ihrer Würdigung der Angaben des [X.]
ausdrücklich auf eine Gesamtschau der sie bestätigen-den [X.] abgestellt ([X.]). Im Rahmen dessen hat sie na-mentlich die Angaben beider Zeugen für die Frage berücksichtigt, ob der [X.] Nutzer des am [X.] startbereit aufgefundenen und durch das Tatgericht nachvollziehbar als Fluchtfahrzeug bewerteten Pkw war (UA
S. 42/43). Allerdings stützt sie Ihre Überzeugung betreffend die Nutzung des [X.] durch den Beschwerdeführer nicht allein und auch nicht etwa maßgeblich auf die Angaben beider Zeugen. Vielmehr hat der Be-
e-nutzt zu haben (UA S.
35, 42).

Ferner hat sich das Tatgericht mit beiden Zeugen als möglichen Alterna-tivtätern auseinandergesetzt ([X.]). Als solche hat sie beide nicht etwa maßgeblich auf Grund ihrer Aussagen, sondern mit Blick auf die übrigen, gewichtigen [X.] rechtsfehlerfrei ausgeschlossen. Dass ein (denkbares) Schweigen beider Zeugen neben den sie entlastenden, den [X.] hingegen nachhaltig belastenden Erkenntnissen

etwa aus der daktyloskopischen Spurenauswertung, der DNA-Analyse ([X.] ff.) und dem Tatzeitalibi des P.
W.
([X.])

die Beweislage für den Angeklagten günstiger gestaltet hätte, lässt sich sicher ausschließen.

c) Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob in den genannten Fällen

entgegen der dargestellten überkommenen Rechtsprechung

das [X.] nur so lange Bestand haben kann, wie sich das Ver-fahren im Zeitpunkt der Entscheidung über das Verweigerungsrecht noch gegen einen angehörigen Angeklagten richtet und nicht

davon gelöst

le-diglich als Rechtsreflex auch Nichtangehörige begünstigt (vgl. dazu bereits [X.], Urteil vom 29. Oktober 1991

1 [X.], [X.]St 38, 96, 99 sowie Beschluss vom 30. April 2009

1 [X.], [X.]St 54, 1, 4). Dafür spricht, dass das bislang der Rechtsprechung zugrunde liegende Verständnis vom 8
9
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6
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Beschuldigtenbegriff im Sinne des § 52 Abs. 1 [X.] zu vom [X.] nicht erzwungenen ([X.] in SK-[X.], [X.]., § 52 Rn. 52; [X.], NStZ
1991, 220, 221), als Ursache von Zufälligkeiten im Verfahrensablauf aber unbefriedigenden und die Wahrheitsermittlung erheblich erschwerenden Konsequenzen führt (vgl. [X.] in [X.], 2010, [X.], 6
f.; [X.], [X.], 570, 573). Eine mit dem allgemeinen Mitbeschul-digtenbegriff harmonierende Auslegung des § 52 Abs. 1 [X.] dürfte diese unsachgemäßen Ergebnisse bei gleich hohem Schutzniveau sowohl für den nicht angeklagten Angehörigen als auch den mit ihm verwandten Zeugen über §
55 [X.] vermeiden.

2. Der Senat hat die Urteilsformel im Sinne von [X.], [X.], 54.
Aufl., §
260 Rn.
23 (keine Kennzeichnung der Mittäterschaft), 24 (genaue Bezeichnung des Waffendelikts), 25a (präzise Kennzeichnung der [X.] nach §
250 Abs.
2 StGB) klargestellt.

[X.] Raum Schaal

König Bellay

10

Meta

5 StR 434/11

14.12.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2011, Az. 5 StR 434/11 (REWIS RS 2011, 466)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 466

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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