Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.09.2017, Az. 7 AZR 629/15

7. Senat | REWIS RS 2017, 4662

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Gegenstand

WissZeitVG - Höchstbefristungsdauer - Anrechnung


Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 3. Juni 2015 - 5 [X.] 1119/14 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. Juni 2014 geendet hat.

2

Der Kläger war bei der beklagten [X.] in der [X.] vom 1. März 2008 bis zum 30. Juni 2014 aufgrund aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Noch während seines Studiums wurde er für die [X.] vom 1. März 2008 bis zum 30. April 2008 und vom 1. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2008 als studentische Hilfskraft mit einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden befristet eingestellt. Im befristeten Arbeitsvertrag, den die Parteien für den [X.]raum vom 1. Mai 2008 bis 30. Juni 2008 vereinbarten, heißt es auszugsweise:

        

„§ 1   

        

(1)     

Die Daten des umseitigen Antrags sind Bestandteil dieses Dienstvertrages. ...

        

…       

        
        

§ 6     

        

(1)     

Das Dienstverhältnis endet mit Ablauf der angegebenen Beschäftigungszeit, ohne dass es einer besonderen Kündigung bedarf. ...

        

(2)     

Das Dienstverhältnis ist befristet gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (Wiss[X.]VG).“

3

Bei dem in § 1 Abs. 1 dieses Vertrags in Bezug genommenen „umseitigen“ Antrag handelt es sich um den von beiden Parteien unterzeichneten „Antrag auf Weiterbeschäftigung einer studentischen Hilfskraft“ vom 14. April 2008, in dem [X.]. die persönlichen Daten des [X.] sowie die beabsichtigte Beschäftigungsdauer aufgeführt sind. Weiter heißt es in dem Weiterbeschäftigungsantrag vom 14. April 2008 auszugsweise:

        

„…    

        

4.    

Die Tätigkeiten der v.g. Hilfskraft dienen

                 

☒       

der Weiterbildung als wissenschaftlicher oder künstlerischer Nachwuchs oder der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung.

        

5.    

Kurzbeschreibung der zu verrichtenden Tätigkeit (wissenschaftliche Dienstleistung):

                 

Mitarbeit bei der Leistungsmessung am [X.]“

4

Während der [X.] seiner befristeten Beschäftigung als studentische Hilfskraft legte der Kläger am 3. Juni 2008 die Diplomprüfung im Studiengang Informatik und Mathematik ab. Vom 1. Juli bis zum 31. August 2008 war er als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und seit dem 1. September 2008 bis zum 30. Juni 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit bei der [X.] beschäftigt. Der letzte befristete Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 lautet auszugsweise:

        

§ 1   

        

Herr S

        

wird ab dem 01.01.2013

                 

☒       

als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.

                 

…       

        
        

Das Arbeitsverhältnis ist befristet

        

☒       

gemäß § 2 (1) S. 1 Wiss[X.]VG

                 

☒       

bis zum 30.06.2014.

                 

…“    

        

5

Mit seiner am 22. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der [X.] am 28. April 2014 zugestellten Klage hat der Kläger geltend gemacht, die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 vereinbarte Befristung sei unwirksam. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristung könne nicht auf § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG in der bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung (im Folgenden Wiss[X.]VG) gestützt werden. Das folge schon daraus, dass mit der letzten Befristung die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG vor der Promotion zulässige [X.] von sechs Jahren überschritten worden sei. Die [X.] seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft sei nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG jedenfalls ab Studienabschluss am 3. Juni 2008 auf die [X.] anzurechnen. Zudem habe er im Rahmen der letzten Befristung nicht dem wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 Wiss[X.]VG angehört, da er nicht überwiegend wissenschaftlich tätig gewesen sei.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 23. November 2012 vereinbarten Befristung am 30. Juni 2014 beendet worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, für den letzten Vertrag vom 23. November 2012 sei der personelle Geltungsbereich des Wiss[X.]VG eröffnet. Die sechsjährige [X.] in der Promotionsphase nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG sei nicht überschritten, da die [X.] der Beschäftigung des [X.] als studentische Hilfskraft bis zum 30. Juni 2008 nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG nicht auf diese anzurechnen sei. Während der Beschäftigung als studentische Hilfskraft werde der vom Gesetz für die Anrechnung vorausgesetzten wissenschaftlichen Q[X.]lifizierung noch nicht nachgegangen. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit als studentische Hilfskraft ausschließlich unselbständige Hilfstätigkeiten erbringen können. Zudem habe die Arbeitszeit des [X.] im Rahmen der Beschäftigung als studentische Hilfskraft nicht mehr als ein Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit iSv. § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG betragen. Als regelmäßige Arbeitszeit sei nicht die Wochenarbeitszeit nach [X.], sondern die nach Beamtenrecht regelmäßige Arbeitszeit von 41 Wochenstunden zu Grunde zu legen.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der [X.] ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Befristungskontrollklage zu Recht stattgegeben. [X.] fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

I. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der [X.] im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 mit Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit am 30. Juni 2014 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist unwirksam.

1. Die Befristung zum 30. Juni 2014 gilt nicht nach § 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit dem am 22. April 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag zu 1. hat der Kläger rechtzeitig eine zulässige Befristungskontrollklage iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 Wiss[X.]VG in der bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung (Wiss[X.]VG) iVm. § 17 Satz 1 [X.] erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 [X.] ([X.] 18. Mai 2016 - 7 [X.] - Rn. 10 mwN, [X.]E 155, 101; 2. Juni 2010 - 7 [X.] - Rn. 13 mwN, [X.]E 134, 339).

2.  Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass die Befristung des Arbeitsvertrags nicht nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässig ist.

a) Der zeitliche Geltungsbereich des Wiss[X.]VG in der hier maßgeblichen, bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung ist eröffnet. Für die Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrags ist die im [X.]punkt ihrer Vereinbarung geltende Rechtslage maßgeblich (vgl. [X.] 9. Dezember 2015 - 7 [X.] - Rn. 27, [X.]E 153, 365; 29. April 2015 - 7 [X.] - Rn. 15; 2. September 2009 - 7 [X.] - Rn. 10, [X.]E 132, 54). Das Wiss[X.]VG ist mit dem „Gesetz zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft“ vom 12. April 2007 ([X.]I S. 506) beschlossen worden und am 18. April 2007 in [X.] getreten. Die am 23. November 2012 vereinbarte Befristung unterfällt nicht einer der auf andere Rechtsgrundlagen verweisenden Übergangsregelungen nach § 6 Wiss[X.]VG (vgl. hierzu [X.] 24. August 2011 - 7 [X.] - Rn. 19, [X.]E 139, 109; 1. Juni 2011 - 7 [X.] 827/09 - Rn. 16 f., [X.]E 138, 91).

b) Auch der betriebliche Geltungsbereich von § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG eröffnet. Es handelt sich um den Abschluss eines Arbeitsvertrags für eine bestimmte [X.] an einer Einrichtung des Bildungswesens, die nach Landesrecht eine staatliche Hochschule ist. Gemäß § 2 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.] (idF vom 31. Oktober 2006, gültig bis 30. September 2014) ist die Beklagte eine Hochschule des Landes [X.].

c) Die vereinbarte Befristung genügt auch dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 Wiss[X.]VG. Danach ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des Wiss[X.]VG beruht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 nimmt in § 1 auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG Bezug.

d) Es kann zu Gunsten der [X.] unterstellt werden, dass der Kläger im Rahmen des letzten befristeten Arbeitsvertrags zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG zählte und die Befristung grundsätzlich auf § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG gestützt werden kann. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 für die [X.] vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2014 vereinbarte Befristung jedenfalls deshalb unwirksam ist, weil mit dieser die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG zulässige [X.] in der Promotionsphase überschritten wurde. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit nicht promoviertem wissenschaftlichen und künstlerischen Personal bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Diese Voraussetzung erfüllt die im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 zum 30. Juni 2014 vereinbarte Befristung nicht. Der Kläger stand bis zum 30. Juni 2014 insgesamt sechs Jahre und 27 Tage in auf die [X.] anzurechnenden Arbeitsverhältnissen.

aa) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG sind auf die in § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG geregelte zulässige [X.] alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer [X.] Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSd. § 5 Wiss[X.]VG abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf [X.] und [X.] nach § 3 Wiss[X.]VG anzurechnen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 Wiss[X.]VG werden auch befristete Arbeitsverhältnisse angerechnet, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen werden. [X.]en eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, sind jedoch nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG auf die nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässige [X.] nicht anzurechnen.

bb) Danach stand der Kläger in der [X.] vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2014 und damit sechs Jahre und 27 Tage in Arbeitsverhältnissen, die auf die [X.] anzurechnen sind. Der Kläger war in der [X.] vom 1. Juli 2008 bis zum 31. August 2008 als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 17 Stunden und in der [X.] vom 1. September 2008 bis zum 30. Juni 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit bei der [X.] beschäftigt. Dieser [X.]raum von sechs Jahren der Beschäftigung mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit ist unstreitig auf die [X.] anzurechnen. Entgegen der Ansicht der [X.] ist auch der vorherige [X.]raum vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2008, in dem der Kläger nach Abschluss seines Studiums bereits in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit der [X.] als studentische Hilfskraft stand, nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG auf die [X.] anzurechnen. Das hat das [X.] ohne Rechtsfehler erkannt.

(1) Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass der Kläger in der [X.] vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 mit „mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit“ (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG) in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit der [X.] stand. Die Frage, ob die Anrechnungsbestimmung in § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG unwirksam ist, soweit diese befristete Arbeitsverträge mit einer Arbeitszeitverpflichtung von bis zu einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit von der Anrechnung ausnimmt (vgl. dazu nur [X.]/[X.] 17. Aufl. § 2 Wiss[X.]VG Rn. 14; Preis/[X.] Wiss[X.]VG 2. Aufl. § 2 Rn. 139), bedarf deshalb keiner Entscheidung (offengelassen bereits von [X.] 8. Juni 2016 - 7 [X.] 568/14 - Rn. 23).

(a) Die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG maßgebliche regelmäßige Arbeitszeit bestimmt sich nach den zur [X.] des zu beurteilenden Arbeitsverhältnisses für Arbeitnehmer bzw. bei Anrechnung der [X.] eines Beamtenverhältnisses nach den für Beamte geltenden Regelungen zur Vollzeit (vgl. [X.]/[X.] 17. Aufl. § 2 Wiss[X.]VG Rn. 14; APS/[X.] 5. Aufl. [X.] § 2 Rn. 48). Da die Beschäftigung des [X.] in der [X.] vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erfolgte, ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte auf die bei der [X.] im Juni 2008 für Angestellte des öffentlichen Dienstes anwendbaren Regelungen des [X.] abzustellen. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Angestellten des öffentlichen Dienstes betrug nach den Regelungen des [X.] im Juni 2008 für das [X.]esland [X.] 39 Stunden und 50 Minuten. Die mit dem Kläger in diesem [X.]raum vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden beläuft sich auf mehr als ein Viertel hiervon.

(b) Entgegen der Auffassung der [X.] ist im vorliegenden Fall für die Bestimmung der regelmäßigen Arbeitszeit nicht auf die für Beamte geltenden Regelungen abzuheben. Der Kläger stand nicht in einem Beamtenverhältnis. Die Zugrundelegung der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamten käme allenfalls in Betracht, wenn für die Beschäftigtengruppe der studentischen Hilfskräfte eine Anwendung der entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen vorgegeben wäre. Das ist nicht zu erkennen und wird von der [X.] auch nicht behauptet. Das [X.] war mithin - anders als die Revision meint - auch nicht gehalten, eine anderweitige „[X.]“ Arbeitszeit unter Einbeziehung der Arbeitszeit der Beamten zu ermitteln.

(2) Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die [X.] nach Abschluss des Studiums des [X.] auf die nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässige [X.] anzurechnen ist. Einer Anrechnung dieser [X.] ab dem 4. Juni 2008 steht § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG nicht entgegen.

(a) Das [X.] hat festgestellt, dass der Kläger mit dem Erreichen des [X.] am 3. Juni 2008 sein Studium abgeschlossen hat. Die Diplomprüfung stellt nach der einschlägigen Diplomprüfungsordnung der [X.] den berufsqualifizierenden Abschluss des Diplomstudiums dar.

(b) Nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG sind nur [X.]en eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nicht auf die nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässige [X.] anzurechnen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung können auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht werden, ab dem [X.]punkt des Studienabschlusses der Anrechnung auf die [X.] unterliegen. Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte der Nichtanrechnungsbestimmung in § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG. Mit dem erst im Gesetzgebungsverfahren in § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG integrierten Satz 3 wurde der [X.] des § 57e [X.] idF des Fünften [X.]-Änderungsgesetzes ersetzt. Diese Bestimmung sah die Nichtanrechnung von [X.]en der Beschäftigung als studentische Hilfskraft vor und begrenzte die Befristung entsprechender Arbeitsverhältnisse zugleich auf eine Dauer von vier Jahren. Nachdem der Begriff der studentischen Hilfskraft während des Gesetzgebungsverfahrens zum Wiss[X.]VG dem einheitlichen Begriff des „wissenschaftlichen Personals“ in § 1 Abs. 1 Wiss[X.]VG zugeordnet wurde (vgl. [X.]. 16/4043 S. 9) und die eigenständige Befristungshöchstgrenze für studentische Hilfskräfte entfiel, schuf der Gesetzgeber die [X.], um die Anrechnung von während des Studiums erbrachten Beschäftigungszeiten auf die [X.] in der Promotionsphase zu verhindern (vgl. Preis Wiss[X.]VG 1. Aufl. [2008] § 2 Rn. 106; [X.] in [X.] Hochschulrecht in [X.] und [X.] Stand September 2017 Wiss[X.]VG § 2 Rn. 94). Während § 57e Satz 2 [X.] aF noch vorsah, dass die Beschäftigung als studentische Hilfskraft nicht auf die zulässige [X.] anzurechnen ist, bleiben nach § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG [X.]en eines Arbeitsverhältnisses vor Studienabschluss für die Anrechnung außer Betracht. Das macht andererseits deutlich, dass nach Studienabschluss liegende [X.]en eines Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft anzurechnen sein können.

(c) Entgegen der Auffassung der [X.] ist § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG auch nicht dahin auszulegen, dass nach Studienabschluss liegende Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines vor Studienabschluss begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses erbracht wurden, von der Anrechnung auf die [X.] des § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG auszunehmen sind.

(aa) Einem solchen Verständnis steht der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Satz 3 Wiss[X.]VG entgegen. Danach sind „[X.]en eines befristeten Arbeitsverhältnisses“, die vor dem Studienabschluss liegen, nicht auf die [X.] anzurechnen. Die Regelung unterscheidet zwischen nicht anzurechnenden [X.]en vor und anzurechnenden [X.]en nach Studienabschluss im Rahmen eines (ggf. auch bereits begründeten) befristeten Arbeitsverhältnisses.

(bb) Eine Beschränkung der Anrechnung auf Beschäftigungszeiten in Arbeitsverhältnissen, die nach Studienabschluss begründet wurden, ist auch nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht geboten. Die Nichtanrechnung von [X.]en vor Studienabschluss trägt dem Umstand Rechnung, dass [X.]en während des Studiums regelmäßig nicht in gleicher Intensität für die wissenschaftliche Qualifikation genutzt werden können wie [X.]en nach dem Ende des Studiums (vgl. [X.] in [X.] Hochschulrecht in [X.] und [X.] Stand September 2017 Wiss[X.]VG § 2 Rn. 94; APS/[X.] 4. Aufl. [2012] § 2 [X.] Rn. 41). Die Eignung von Beschäftigungszeiten für die wissenschaftliche Qualifikation ist aber vom [X.]punkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses unabhängig. Auch in einem bereits vor Studienabschluss begründeten Arbeitsverhältnis ist der [X.]raum nach erfolgreichem Studienabschluss der wissenschaftlichen Qualifizierung förderlicher als der davor liegende [X.]raum. Nach Studienabschluss kann unmittelbar mit der Promotion oder diese vorbereitenden Tätigkeiten wie etwa der Themenfindung begonnen werden.

(3) Die vom Kläger in der [X.] seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft (auch nach Studienabschluss) geschuldete Tätigkeit konnte zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden. Sie erfüllt damit die Anforderungen, die an den Tätigkeitsinhalt für die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG zu stellen sind.

(a) Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG sind zwar [X.]en der in § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG genannten befristeten Beschäftigungsverhältnisse unabhängig davon auf die [X.] anzurechnen, ob und in welchem Ausmaß sie wissenschaftlichen Zuschnitt haben oder nicht. Die Regelung erfasst nach ihrem Wortsinn alle Beschäftigungszeiten nach Studienabschluss mit mehr als einem Viertel der Arbeitszeit unabhängig von dem Gegenstand der Tätigkeit.

(b) Die Anwendung der Anrechnungsnorm in § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG ist jedoch im Wege einer teleologischen Reduktion auf [X.]en solcher befristeter Beschäftigungsverhältnisse zu beschränken, die zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden können. Andere Beschäftigungen an Hochschulen wie etwa reine Verwaltungstätigkeiten unterliegen deshalb nicht der Anrechnung (vgl. APS/[X.] 5. Aufl. [X.] § 2 Rn. 48; [X.]/[X.] 17. Aufl. § 2 Wiss[X.]VG Rn. 13b; [X.] in [X.] Hochschulrecht in [X.] und [X.] Stand September 2017 Wiss[X.]VG § 2 Rn. 88; Preis/[X.] Wiss[X.]VG 2. Aufl. § 2 Rn. 129; KR/[X.] 11. Aufl. § 2 Wiss[X.]VG Rn. 62).

(aa) Die teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die nach ihrem Wortlaut anzuwendende Vorschrift hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für gleichwohl unanwendbar hält, weil Sinn und Zweck, Entstehungsgeschichte und Zusammenhang der einschlägigen Regelung gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (vgl. [X.] 22. Oktober 2015 - 2 [X.] 381/14 - Rn. 34, [X.]E 153, 102; 19. Dezember 2013 - 6 [X.] 190/12 - Rn. 33, [X.]E 147, 60). Sie setzt voraus, dass der [X.] erfasste, das heißt der gesetzlich in bestimmter Weise geregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes nach einer anderen Entscheidung verlangt als die übrigen geregelten Fälle, um [X.] zu vermeiden (vgl. [X.] 21. Februar 2013 - 2 [X.] 433/12 - Rn. 20; 14. Februar 2007 - 7 [X.] - Rn. 55, [X.]E 121, 212).

(bb) Nur durch eine teleologische Reduktion wird die ihrem Wortlaut nach zu weitgehende Anrechnungsbestimmung des § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG ihrem Sinn und Zweck gerecht. Dieser besteht darin, eine funktionswidrige Verwendung des Sonderbefristungsrechts des Wiss[X.]VG im Interesse der Innovationsfähigkeit der Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer vor einer durch das Ziel der wissenschaftlichen Qualifizierung nicht mehr getragenen Befristung zu vermeiden ([X.] 23. März 2016 - 7 [X.] 70/14 - Rn. 32, [X.]E 154, 375). Die Anrechnungsregelung zielt einerseits darauf ab, die Qualifikationsphase zeitlich zu begrenzen, um das Ziel einer zügigen wissenschaftlichen bzw. künstlerischen Qualifizierung zu sichern (vgl. [X.]. 16/3438 S. 15). Andererseits sollen durch die Anrechnungsregelung nicht sonstige Beschäftigungen an der [X.] erfasst werden, die nicht zur wissenschaftlichen Qualifikation genutzt werden können (vgl. [X.] in [X.] Hochschulrecht in [X.] und [X.] Stand September 2017 Wiss[X.]VG § 2 Rn. 88). Diesem Gesetzeszweck entspricht es auch, dass Arbeitsverhältnisse von bis zu einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit von der Anrechnung auf die [X.] ausgenommen wurden, weil diese realistischerweise nicht zur wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung genutzt werden können ([X.]. 14/6853 S. 30). Derartige Tätigkeiten können daher nicht die Möglichkeit des Arbeitnehmers beschränken, die jeweilige Qualifikationsphase in vollem Umfang auszunutzen.

(c) Danach hat das [X.] zu Recht erkannt, dass die Tätigkeit des [X.] als studentische Hilfskraft der Anrechnung der [X.] vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 auf die [X.] nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG nicht entgegensteht, weil er seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte.

(aa) Das [X.] hat festgestellt, der Kläger habe bereits im Rahmen seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft mit dem System OPEDo gearbeitet, das Gegenstand seines Promotionsvorhabens und seiner späteren Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft gewesen sei. Das ergebe sich auch aus dem [X.] zwischen ihm und Mitarbeitern der [X.] aus Mai 2008. Bei dem OPEDo-Tool handele es sich um eine am Lehrstuhl entwickelte Software. Es sei notwendig gewesen, sich in die Software und seine Architektur zunächst einzuarbeiten, um diese später zu bearbeiten oder zu erweitern. Gegen diese für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen hat die Beklagte keinen begründeten Revisionsangriff erhoben. Soweit sie ausführt, das [X.] habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, liegt darin keine zulässige Verfahrensrüge iSv. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

(bb) [X.] nicht zu beanstanden ist die Annahme des [X.]s, die Beklagte sei dem Vortrag des [X.], er habe bereits im Rahmen seiner Beschäftigung als studentische Hilfskraft mit dem System OPEDo gearbeitet, nicht hinreichend entgegengetreten. Damit hat das [X.] die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht verkannt. Entgegen der Auffassung der [X.] oblag es nicht dem Kläger, die Voraussetzungen für eine Anrechnung der [X.] vom 4. Juni bis zum 30. Juni 2008 auf die [X.] nach § 2 Abs. 3 Wiss[X.]VG darzulegen und zu beweisen. Für die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Befristungsvereinbarung ist vielmehr der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig (vgl. [X.] 8. Juni 2016 - 7 [X.] 568/14 - Rn. 42). Zu diesen Voraussetzungen zählt auch die Einhaltung der [X.] nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG und damit die Frage, ob eine frühere Beschäftigung zur wissenschaftlichen Qualifizierung genutzt werden konnte und daher auf diese anzurechnen ist. Diesen Anforderungen genügt das pauschale Vorbringen der [X.], der Kläger habe lediglich Messungen vorgenommen, die Daten für Vorlesungen liefern sollten, nicht, weil sie auf den konkreten Vortrag des [X.] zu seinen tatsächlichen Tätigkeiten nicht ausreichend eingeht.

(cc) Es lässt keine Rechtsfehler erkennen, dass das [X.] auf der Grundlage dieser Feststellungen zu der Würdigung gelangt ist, die Tätigkeit des [X.] in der [X.] vom 4. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2008 habe zu seiner wissenschaftlichen Qualifizierung genutzt werden können. Dafür spricht bereits, dass das System OPEDo dem Promotionsvorhaben des [X.] und seiner späteren Tätigkeit zu Grunde lag. Die notwendige Einarbeitung in diese Software war somit der wissenschaftlichen Qualifizierung des [X.] dienlich. Der Kläger war nicht lediglich mit Verwaltungstätigkeiten befasst. Zudem konnte die Beklagte eine wissenschaftliche Qualifizierung des [X.] in der [X.] bis zum 30. Juni 2008 bereits aufgrund des Arbeitsvertrags von ihm erwarten. In dem beiderseits unterzeichneten Weiterbeschäftigungsantrag vom 14. April 2008 gehen beide Parteien davon aus, dass die Tätigkeiten des [X.] „der Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs dienen“ und die vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeiten eine „wissenschaftliche Dienstleistung“ darstellen. Dieser Weiterbeschäftigungsantrag ist in § 1 Abs. 1 des der Beschäftigung des [X.] als studentische Hilfskraft vom 1. Mai 2008 bis zum 30. Juni 2008 zu Grunde liegenden Arbeitsvertrags in Bezug genommen worden. Nach den vom Kläger arbeitsvertraglich zu erwartenden Aufgaben bestand mithin die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Qualifizierung.

3. Die Befristung im Arbeitsvertrag vom 23. November 2012 kann nicht mit Erfolg auf § 14 [X.] gestützt werden. Bei Abschluss dieses Vertrags war die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die sachgrundlose Befristung festgelegte zweijährige [X.] überschritten. Aufgrund des Vortrags der [X.] ist auch nicht ersichtlich, dass die Befristung durch einen Sachgrund nach § 14 Abs. 1 [X.] gerechtfertigt sein könnte.

II. [X.] fällt nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist auf vorläufige Weiterbeschäftigung „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens“ gestellt. Die Entscheidung des Senats über die Befristungskontrollklage wird mit der Verkündung rechtskräftig.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kiel    

        

    Zimmermann    

        

    Waskow     

        

        

        

    Willms    

        

    Auhuber     

                 

Meta

7 AZR 629/15

27.09.2017

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 11. Juli 2014, Az: 5 Ca 1685/14, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 WissZeitVG vom 12.04.2007, § 1 Abs 1 S 1 WissZeitVG vom 12.04.2007, § 2 Abs 3 S 3 WissZeitVG vom 12.04.2007

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.09.2017, Az. 7 AZR 629/15 (REWIS RS 2017, 4662)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4662

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Referenzen
Wird zitiert von

4 TaBVGa 16/17

4 Sa 823/17

4 TaBV 30/17

11 Sa 1775/17

4 Sa 37/22

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