Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2003, Az. GSSt 2/02

Großer Senat für Strafsachen | REWIS RS 2003, 4581

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[X.]02vom4. Februar 2003in der Strafsachegegenwegen schwerer räuberischer [X.] [X.] hat durch denPräsidenten des [X.] Prof. Dr. [X.], die Vorsitzende [X.] [X.] [X.], [X.] am[X.] Prof. Dr. Tolksdorf, die Vorsitzende Richterin am[X.] [X.], [X.] am[X.] Nack sowie [X.] am [X.] Dr. h.c.Detter, [X.], [X.], [X.], [X.] und Dr. Wahl am 4. Februar 2003beschlossen:Wer bei einer Raubtat das Opfer mit einer geladenenSchreckschußwaffe, bei der der [X.] nach vornaustritt, bedroht, verwendet eine Waffe und erfüllt damit [X.] des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB.Gründe:A.I. Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischerErpressung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Maßregelverhängt.Nach den Feststellungen betrat der Angeklagte mit einer geladenen[X.] eine Bankfiliale, lud die Pistole durch und forderte von denbeiden anwesenden Bankmitarbeiterinnen mit den Worten "Geld her, das ist [X.], sofort Geld her, sonst schieße ich" die Herausgabe von Bargeld. Eineder Mitarbeiterinnen befand sich in der gesicherten Kassenbox, die zweite- 3 -zunächst im Schalterraum; sie flüchtete später ebenfalls in den [X.]. [X.] führte der Filialleiter ein Kundengespräch.Der Angeklagte drohte, als ihm nicht sogleich Bargeld ausgehändigt wurde,mehrfach damit, "alle zu erschießen"; hierbei deutete er auf die [X.]. Die Mitarbeiterinnen, die die Drohung ernst nahmen,übergaben ihm daraufhin einen Bargeldbetrag in Höhe von 34.840 DM, mitwelchem der Angeklagte flüchtete. Da sich nicht feststellen ließ, ob die von [X.] verwendete Pistole mit Gas- oder [X.], ist das [X.] zu seinen Gunsten davon ausgegangen, daß [X.] verwendet wurde.Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischerErpressung unter Verwendung einer Waffe gemäß §§ 253, 255, 250 Abs. 2Nr. 1 StGB verurteilt. Zwar hat es die Bedrohung einer Person mit der[X.] aus kürzester Entfernung durch den Angeklagten [X.]. Gleichwohl hat es gemeint, der Angeklagte habe "mit dergeladenen [X.] auch eine Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2Nr. 1 StGB verwendet, da er gedroht hat, mit dieser Waffe andere zuerschießen.fi [X.] hat das [X.] dem nach §§ 21, 49 Abs. 1 [X.] Strafrahmen entnommen; das Vorliegen eines minder schwerenFalles im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB hat es verneint.II. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seinerRevision. Der für die Entscheidung über das Rechtsmittel zuständige2. Strafsenat will die Revision des Angeklagten verwerfen. Nach seinerAuffassung ist eine zur Bedrohung des [X.] eingesetzte geladene[X.] zwar keine Waffe, sie sei aber als gefährliches Werkzeugim Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB anzusehen, wenn "sie vom Täter- 4 -innerhalb kürzester Zeit ohne weitere Zwischenschritte unmittelbar am Körperder bedrohten Person zum Einsatz gebracht" werden bzw. "sich die [X.] im unmittelbaren Fortgang des [X.] in kürzester Zeit realisieren" könne. Seine entgegenstehendeeigene Rechtsprechung (etwa NStZ 2002, 31, 33), wonach es sich bei einer beieinem Raub oder einer räuberischen Erpressung zur Bedrohung verwendetengeladenen [X.] nicht um ein gefährliches Werkzeug im [X.] § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB handele, wenn der drohende Einsatz nichtunmittelbar am Körper des [X.] erfolge, will der Senat aufgeben.III. Auf Anfrage des [X.], der sich an der beabsichtigtenEntscheidung durch die Rechtsprechung anderer Senate (vgl. Nachw. [X.] NStZ 2002, 596) gehindert sieht, haben der 1. Strafsenat mit [X.] 3. April 2002 - 1 ARs 5/02 -, der 3. Strafsenat mit Beschluß vom [X.] - 3 ARs 5/02 - und der 4. Strafsenat mit Beschluß vom 21. Februar 2002- 4 [X.] - mitgeteilt, es werde an der der beabsichtigten [X.] Rechtsprechung festgehalten. Der 5. Strafsenat hat [X.] vom 19. Februar 2002 - 5 [X.] - mitgeteilt, [X.] Senats stehe der beabsichtigten Entscheidung nicht entgegen, eineÄnderung der bisherigen Rechtsprechung des [X.] erscheinejedoch wenig sinnvoll.Daraufhin hat der 2. Strafsenat dem [X.] für Strafsachengemäß § 132 Abs. 2 [X.] mit Beschluß vom 15. Mai 2002 (= NJW 2002, 2889)folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:Ist § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB anwendbar in Fällen, in denen [X.] einer räuberischen Erpressung das Tatopfer mit [X.] 5 -mit Platzpatronen geladenen [X.] bedroht,bei welcher der [X.] nach vorne austritt, [X.] innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper [X.] zum Einsatz gebracht werden kann?[X.] Der [X.] möchte an der bisherigen Rechtsprechungdes [X.] festhalten und hat beantragt zu beschließen:Eine zur Bedrohung des [X.] eingesetzte, [X.] geladene Schreckschußwaffe, bei welcher der[X.] nach vorn austritt, ist nur dann alsgefährliches Werkzeug im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGBanzusehen, wenn sie unmittelbar am Körper des Opfers [X.] gebracht wird.[X.] Die Voraussetzungen für die Vorlegung an den [X.] [X.] nach § 132 Abs. 2 [X.] liegen vor.Die Beantwortung der vorgelegten Rechtsfrage istentscheidungserheblich. Der 2. Strafsenat kann nur bei Bejahung derVoraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB die Revision des [X.]. Damit würde er sich jedoch in Wi[X.]pruch zur Rechtsprechunganderer [X.]. Der [X.] beantwortet die vorgelegteRechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich. Er hält sich damit [X.] der [X.]. Eine sinnvolle Entscheidung der[X.] ist nicht möglich, wenn nicht zugleich die Frage [X.] der geladenen Schreckschußwaffe als einer Waffe im Sinne des§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in die Prüfung einbezogen wird.1. Die Rechtsprechung hat bisher [X.] nicht als"Waffen" im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 1 [X.] (vgl. z.B. [X.]R StGB § 244 Abs. 1 Nr. 1 Schußwaffe 1; [X.] [X.], 486 f.; 2001, 274 f.). Dem lag ein strafrechtlicher Waffenbegriff zugrunde,nach dem "Waffe" im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 1StGB, ebenso wie etwa in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, derjenige körperlicheGegenstand ist, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und seinem Zustandzur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erheblicheVerletzungen zuzufügen (vgl. [X.]St 44, 103, 105; 45, 92, 93; [X.] 1999,301, 302). Obwohl die Schreckschußwaffe auch schon im geltendenWaffenrecht in gewissem Umfang einer Schußwaffe im Sinne von § 1 Abs. 1[X.] gleichgestellt ist (§ 1 Abs. 2 [X.]; [X.]St 37, 330; [X.],Waffenrecht 7. Aufl. [X.] § 1 Rdn. 10), hat die Rechtsprechung bei ihr eine"artbestimmte generelle Bestimmung, erhebliche Körperverletzungenherbeizuführen", verneint. Davon ist auch noch der Gesetzgeber beim 6. StrRGvom 26. Januar 1998 ([X.] I 164) ausgegangen, durch das § 250 StGB seinejetzige Fassung erhielt. Danach sollten "Überfälle mit einer Spielzeugpistole, miteiner mit vier Platzpatronen geladenen Schreckschußwaffe oder unter [X.] ungeladenen Gaspistole" von § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB nichterfaßt sein (vgl. [X.]. 13/8587, S. 44).- 7 -2. Daran hält der [X.] jedenfalls in Bezug auf die geladeneSchreckschußwaffe nicht mehr fest.a) Die geladene Schreckschußwaffe ist generell als "Waffe" im Sinne [X.]trafrechtlichen Bestimmungen einzuordnen. Sie wird damit der geladenenGaswaffe gleichgestellt, die in der Rechtsprechung des [X.]schon bisher allgemein als Schußwaffe und damit als Waffe im technischenSinne angesehen wird ([X.]St 45, 92, 93 m.w.N.). Maßgebend dafür ist, daßdie Gefährlichkeit der geladenen Schreckschußwaffe nicht derart hinter dereiner geladenen Gaswaffe zurücksteht, daß dies eine unterschiedlicherechtliche Einstufung länger rechtfertigt. Mit Gaskartuschen geladene [X.] die körperliche Unversehrtheit eines anderen Menschen beeinträchtigen,indem das durch den Schuß freigesetzte Gas - auch über eine gewisse Distanzhinweg - auf das Nervensystem des Gegners einwirkt, während [X.] geladene Waffen in erster Linie zur Erzeugung einesSchußknalls dienen. Das allein steht der Qualifizierung der geladenenSchreckschußwaffe als "Waffe" im strafrechtlichen Sinne jedoch nichtentgegen.b) Auch die geladene Schreckschußwaffe, bei der beim Abfeuern der[X.] nach vorn aus dem Lauf austritt, ist nach ihrer Beschaffenheitgeeignet, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Die Waffenmechanik beidieser Waffe ist identisch mit der bei scharfen Waffen, sie unterscheidet [X.] dadurch, daß Sperrungen vorhanden sind, die das Abschießen festerGeschosse verhindern sollen. In der kriminaltechnischen undrechtsmedizinischen Literatur war früher schon wiederholt auf ihreGefährlichkeit hingewiesen worden (vgl. u.a. [X.] Kriminalistik 1990, 540 ff.;Sattler/Wagner Kriminalistik 1986, 485; [X.]/[X.] [X.] 197- 8 -[1996], 65; [X.], Freiverkäufliche [X.], 1999; [X.]. [X.], 406 ff.; [X.]/[X.] Rechtsmedizin 9 [1999], 210 ff.;Perdekamp/Peuten/Sequenc/[X.]/[X.] [X.] 208 [2001], 88 ff.;Püschel/[X.]/Koops [X.] 207 [2001], 26 ff.). Diese Einschätzung hat [X.] neuerer Zeit, zuletzt im Gesetzgebungsverfahren bei der Neugestaltung [X.] (dazu weiter unter 3. b), bestätigt und erhärtet. Art und Umfangmöglicher Verletzungen hängen dabei von äußeren Bedingungen und [X.] ab, diese sind um so erheblicher, je näher sich die Waffe am [X.] befindet. Ein aufgesetzter Schuß auch mit einer Knallkartusche führtregelmäßig zu Aufplatzungen der Haut, je nach Waffenart auch zu schwerenVerwundungen tieferliegenden Gewebes. Beim Ansetzen der Waffe an Kopf,Schläfe, Augen oder Hals kann ein Schuß auch tödliche Wirkung haben. [X.] Sicht müssen "[X.] eigentlich genausobehandelt werden wie scharfe Waffen" (Äußerung des vom [X.] [X.] Bundestages angehörten Sachverständigen Prof. Dr. [X.],Protokoll des [X.] Nr. 92 S. 16).c) Für das nunmehr vom [X.] gefundene Ergebnis spricht auchdie Entscheidung [X.]St 45, 92, auf die der vorlegende Strafsenat zu Rechtverweist. Der [X.] hat danach den Begriff des Verwendens einer"Waffe" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht (mehr) davon abhängiggemacht, daß der Einsatz des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkreteGefahr erheblicher Verletzungen anderer begründet. Diese Entscheidung stelltklar, daß der Begriff der "Waffe" keine Einschränkung dadurch erfährt, daß "dienach Beschaffenheit und Zustand des Tatmittels bei bestimmungsgemäßerVerwendung gegebene Gefährlichkeit aufgrund anderer Umstände [X.] für den konkreten Einzelfall ausnahmsweise ausgeschlossenwerden kannfi ([X.]St aaO S. 93: Bedrohung der in schußsicher verglastem- 9 -Kassenschalter befindlichen Bankangestellten). Zwar bezieht sich dieseEntscheidung auf den Fall einer funktionsfähigen und einsatzbereiten(geladenen) Gaswaffe. Doch treffen die Erwägungen auf die geladeneSchreckschußwaffe in gleicher Weise zu. Deren Eigenschaft als "Waffe" [X.] nicht länger mit der Begründung verneint werden, dem Opfer [X.] drohe keine gesteigerte Leibesgefahr, solange der Täter [X.] zunächst aus "sicherer Distanzfi auf das Opfer richtet, umdadurch eine "echte" Schußwaffe vorzutäuschen. Für die strafrechtlicheEinordnung des Gegenstandes als "Waffe" kommt es nicht maßgeblich daraufan, ob sich der Täter in einer Entfernung zum Opfer befindet, welche dieZufügung einer erheblichen Körperverletzung (gerade) noch nicht gestattet,wenn sich andererseits die von dem Gegenstand nach seiner Bauart und seinerbestimmungsgemäßen Verwendung als Schießwerkzeug ausgehende Gefahrgrundsätzlich realisieren [X.]) Den verbleibenden Unterschied bei der Drohung mit einer geladenenSchreckschußwaffe, mit der in aller Regel nicht deren [X.], sondern - täuschend - der Einsatz einer scharfen Waffe in [X.] werden soll, erachtet der [X.] nicht als derart gravierend, daßallein im Blick darauf die bisherige Rechtsprechung aufrechterhalten werdensollte. Dies gilt namentlich wegen des Vergleichs zum Fall der Drohung miteiner geladenen Gaswaffe, mit der typischerweise auch ein derartigesTäuschungselement einhergeht.3. In seiner Entscheidung zur vorgelegten Rechtsfrage sieht sich der[X.] auch durch die gesetzgeberischen Überlegungen [X.] des Waffenrechts bestätigt:- 10 -a) Was als "Waffe" im Sinne § 250 StGB zu gelten hat, wird [X.] nicht geregelt. Der Inhalt dieses Rechtsbegriffs ist zubestimmen im Einklang mit dem allgemeinen Sprachgebrauch auch unterBerücksichtigung seiner Wandelbarkeit je nach dem Fortschritt [X.] in Anlehnung an die in den Waffengesetzen enthaltenenGrundvorstellungen über eine Schußwaffe, wenn auch nicht in [X.] davon. Die Begriffsbestimmungen des Waffengesetzes, das [X.] mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange deröffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt, bieten dabei aber eine "gewisseOrientierung" (vgl. [X.], 2115; [X.]St 24, 136, 138; [X.]1989, 476; vgl. auch [X.]St 4, 125, 127).b) Durch das bereits verabschiedete Gesetz zur Neuregelung [X.] ([X.] - vom 11. Oktober 2002 - [X.] -[Inkrafttreten: 1. April 2003]) wird aus Gesichtspunkten der öffentlichenSicherheit und Ordnung die Rechtslage (auch) hinsichtlich der[X.] grundlegend geändert (vgl. zu dem Gesetz [X.] NJW 2002, 2690 ff.; [X.] Kriminalistik 2003, 39 ff.). [X.] hat, sachverständig beraten (vgl. öffentliche Anhörung vonSachverständigen zum Thema "Waffenrecht" durch den [X.] [X.] Bundestages am 20. März 2002 - Protokoll 14. WP Nr. 92,insbesondere die Äußerungen des Sachverständigen Prof. Dr. [X.],Protokoll aaO S. 14 ff.), [X.] wegen ihrer allgemeinen, nichtnur im einzelnen Anwendungsfall gegebenen Gefährlichkeit als "Feuerwaffen"eingestuft. Sie seien zwar nicht ursprünglich für Angriffs- oderVerteidigungszwecke gegen Menschen bestimmt, wiesen aber eineGefährlichkeit auf, die derjenigen vergleichbar sei, die von echten Waffenausgeht ([X.]. 596/01 [X.] = [X.]. 14/7758 [X.]). Die- 11 -[X.] werden deshalb nunmehr im Sinne des Waffengesetzesgemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nF Waffen im technischen Sinne("Schußwaffen", vgl. Anlage 1, Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1 sowie Nr. 2und Nr. 2.7), für deren Führen es nach § 10 Abs. 4 Satz 4 [X.] nF auch einesWaffenscheins bedarf (Kleiner Waffenschein; Anlage 2 Abschnitt [X.] 3 Nr. 2 und 2.1; für den bisherigen Rechtszustand vgl. § 2 Abs. 4Nr. 2 der [X.]). Die Schreckschußwaffe wird dabei in derGesetzessystematik des Waffenrechts der von der Rechtsprechung im [X.] Strafrechts bisher schon als "Waffe" im Sinne der §§ 244, 250 Abs. 1 Nr. [X.] a) und Abs. 2 Nr. 1 StGB eingestuften Gaspistole (vgl. u.a. [X.]St 24,136 ff.; 45, 92; [X.] 1981, 301; 1989, 476; [X.]R StGB § 250 Abs. 1Nr. 1 Schußwaffe 1) gleichgestellt (vgl. Anlage 1, Abschnitt 1 Unterabschnitt 1Nr. 2.8). Hintergrund der Neuregelung ist die im Gesetzgebungsverfahrenimmer wieder betonte Gefährlichkeit dieser "Waffe", deren mißbräuchlicherUmgang eingedämmt werden soll. Waffen im Sinne des Waffenrechts sollenauch Gegenstände sein, die zwar nicht ursprünglich für Angriffs- oderVerteidigungszwecke gegen Menschen bestimmt sind, wegen ihrer [X.], Handhabung oder Wirkungsweise aber in großem Umfangtatsächlich für Angriffs- oder Verteidigungszwecke verwendet werden und damiteine Gefährlichkeit aufweisen, die derjenigen vergleichbar ist, die von echtenWaffen ausgeht ([X.]. 596/01 [X.]).c) Zwar bedeutet die "[X.]" nicht ohne weiteres, daß [X.] auch nach den strafrechtlichen Regelungen als "Waffe"anzusehen wäre ([X.], 2115). Maßgebend bleibt allein [X.], die unabhängig von waffenrechtlichen Verboten zu bestimmenist. Diese ist aber, wie die Gesetzesmaterialien belegen ([X.]. 14/7758S. 1, 49 f., vgl. auch [X.] zu Anlage 2, Unterabschnitt 3 Nr. 2; 14/8886 S. 1- 12 -und 2), neben der - eher für die ordnungs- oder polizeirechtliche Sichtbedeutsamen - Tatsache, daß bei einem erheblichen Anteil von Straftatensolche Gegenstände verwendet werden, auch bei [X.]gegeben. Daß deren Benutzung im Einzelfall eine Gefährlichkeit ausschließt, istohne Bedeutung für die Einstufung als Waffe im strafrechtlichen Sinne, dennauch sonst können Schußwaffen in bestimmten Anwendungssituationenungefährlich sein, ohne daß damit ihre rechtliche Einstufung in Frage gestelltwird.d) Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen,Erwägungen, die dem im wesentlichen am 1. April 2003 in [X.] zugrundeliegen, bereits zur Entscheidungüber die Vorlage heranzuziehen. Das [X.] hatte im Ausgangsfall dievom Angeklagten verwendete Schreckschußwaffe entgegen [X.] des [X.] als "Waffe" eingestuft. [X.] ändert der [X.] auf Grund neuer tatsächlicherErkenntnisse, die unter anderem auch dem [X.] gelegen haben. Die Einstufung der vom Angeklagten verwendetenSchreckschußwaffe als Waffe im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB bedeutetaber nur eine - geänderte - Auslegung eines Tatbestandsmerkmals; siekorrigiert nicht etwa die bisherige Auslegung im Vorgriff auf eine erst nach [X.] verabschiedete und später in [X.] tretende Gesetzesänderung zu [X.] (vgl. dazu [X.] - Kammer -, Beschluß vom 19. Dezember 2002- 2 [X.]) und beinhaltet keine - rückwirkende - Anwendung einer neuengesetzlichen Regelung (vgl. u.a. [X.] - Kammer - NJW 1990, 3140; 1995,125 f.). Daß der [X.] neue Erkenntnisse der Wissenschaft im Bereichder Rechtsmedizin und der Kriminalistik zur Gefährlichkeit der[X.] zur Auslegung einer Vorschrift des [X.] -heranzieht, berührt auch nicht deshalb das verfassungsrechtlicheRückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, weil diese Auslegung zu einerÄnderung der bisherigen Rechtsprechung führt und auch auf zurückliegendeSachverhalte Anwendung findet. Denn die Grundsätze [X.] und des Vertrauensschutzes hindern die Gerichte nicht,bestimmte Sachverhalte aufgrund neuer Erkenntnisse abweichend von derbisherigen Rechtsprechung zu bewerten (vgl. [X.]E 18, 224, 240 f.; [X.]- Kammer - NJW 1990, 3140; [X.] 1990, 16, 19).4. Die Bewertung der geladenen Schreckschußwaffe als Waffe imstrafrechtlichen Sinne führt zu einer Harmonisierung desselben in § 250 Abs. 1Nr. 1 Buchst. a) StGB und in Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift verwendeten Begriffs.Zudem werden auch weitere Ungereimtheiten vermieden:a) Der Täter, der täuschend androht, das Opfer mit [X.] aus einer Entfernung, die nicht mehr zu [X.] führen kann, zu erschießen, erfüllte nach der bisherigenRechtsprechung "nur" § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB. Hingegen [X.] derjenige Täter nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbar, der androhte, mitseiner als solche erkennbaren Schreckschußwaffe näher zu kommen, und zwarauch dann, wenn er sich innerlich vorbehielt, von der Waffe keinen gefährlichenGebrauch zu machen. Die daraus bislang erwachsene Notwendigkeit,Feststellungen zur Vorstellung des [X.] über die beabsichtigte Verwendungder Schreckschußwaffe - Drohung nur aus der Distanz oder gegebenenfallsEinsatz auch aus der Nähe - zu treffen, entfällt nunmehr. Solche innerenTatsachen sind für den Tatrichter ohnehin schwer aufzuklären.- 14 -b) Die Bewertung der geladenen Schreckschußwaffe als Waffe im Sinnedes § 250 StGB beseitigt zugleich einen gewissen Wertungswi[X.]pruch, der ineinem Vergleich mit der Bewertung des Einsatzes eines Messers gefundenwerden kann. Dieses wurde von der Rechtsprechung stets als "anderesgefährliches Werkzeug" im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB eingestuft,unabhängig von der festgestellten Entfernung zwischen Täter und Opfer (vgl.z.B. [X.]R StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1).[X.] Tepperwien Tolksdorf [X.]Detter [X.] [X.] [X.] [X.] Wahl[X.]St: ja[X.]R: jaVeröffentlichung: jaStGB § 250 Abs. 2 Nr. 1Wer bei einer Raubtat das Opfer mit einer geladenen Schreckschußwaffe, beider der [X.] nach vorn austritt, bedroht, verwendet eine Waffe underfüllt damit den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB.[X.], Beschluß vom 4. Februar 2003 - Großer Senat für Strafsachen - GSSt 2/02 - [X.]

Meta

GSSt 2/02

04.02.2003

Bundesgerichtshof Großer Senat für Strafsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.02.2003, Az. GSSt 2/02 (REWIS RS 2003, 4581)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4581

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