Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.09.2019, Az. 8 B 30/19, 8 B 30/19 (8 B 23/18)

8. Senat | REWIS RS 2019, 3974

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Gründe

1

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Senats vom 19. Dezember 2018 verletzt nicht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2

Im gerichtlichen Verfahren gewährleisten Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO den Beteiligten das Recht, sich vor einer Entscheidung zu allen erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zu äußern. Das Gericht muss nach seiner Rechtsauffassung rechtlich erhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. Eine Verletzung dieser Pflicht ist nicht schon anzunehmen, wenn eine Entscheidung, namentlich eine letztinstanzliche, nicht auf jedes Element eines sehr umfangreichen Vortrags eingeht, sondern erst, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass nach der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen wurde. Davon ist auszugehen, wenn das Gericht auf [X.] des [X.] zu einer Frage, die nach seiner eigenen Rechtsauffassung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - [X.]E 96, 205 <216 f.>; BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2002 - 8 C 37.01 - [X.] 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35 S. 109 je m.w.N.). Dies ist der Begründung der Anhörungsrüge nicht zu entnehmen.

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1. Der Kläger meint, die angegriffene Entscheidung verletze sein Recht auf rechtliches Gehör, weil sie die verwaltungsgerichtliche Würdigung des [X.] vom 20. Oktober 1943 pauschal gebilligt und seine dagegen erhobenen, zum [X.] seines [X.] gehörenden Einwände nicht hinreichend differenziert abgearbeitet habe. Damit und mit der Gegenüberstellung zahlreicher Passagen des verwaltungsgerichtlichen Urteils und des Vortrags im Beschwerdeverfahren legt der Kläger keinen Gehörsverstoß dar.

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a) Mit der Rüge des [X.], das Verwaltungsgericht habe sein Vorbringen zur dauerhaften Beschlagnahme und Entziehung des Vermögens des Fürsten nach dem Muster des [X.] vom 20. Oktober 1943 nicht ausreichend in Erwägung gezogen und bei seiner Bewertung den Überzeugungsgrundsatz verletzt, hat sich der Senat in den Randnummern 17 f. und 26 des Beschlusses auseinandergesetzt und einen Gehörsverstoß sowie eine denkgesetzwidrige oder sonst willkürliche Bewertung des [X.] geprüft. Daraus, dass er der Sichtweise des [X.] nicht gefolgt ist, lässt sich nicht auf eine mangelnde Berücksichtigung von dessen Vorbringen schließen. Anspruch auf eine noch differenziertere Begründung vermitteln Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht.

5

b) Mit dem Vortrag des [X.] zu den tatsächlichen Umständen, die aus seiner Sicht für die Entfernung des Fürsten von seinen Vermögenswerten nach dem Modell des [X.] und für einen völligen und dauerhaften Ausschluss des Eigentümers von der Verfügungsmacht sprechen, hat sich der Senat in den Randnummern 17 bis 20 des Beschlusses unter dem Gesichtspunkt der [X.] gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil und in den Randnummern 26 bis 30 unter dem Gesichtspunkt der Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes befasst. Dabei ist er auf den Vortrag des [X.] zu Voraussetzungen und Auswirkungen einer Beschlagnahme eingegangen und hat auch das Vorbringen zur Umsetzung des [X.] durch die tatsächliche Entfernung des Betroffenen vom Vermögenswert berücksichtigt (vgl. Rn. 17 des angegriffenen Beschlusses).

6

c) Die Einwände des [X.] gegen die verwaltungsgerichtliche Würdigung, eine Mitteilung einer Beschlagnahme der Vermögenswerte des Fürsten an das Grundbuchamt sei nicht belegt, hat der Senat ebenfalls in Randnummer 17 seines Beschlusses in Erwägung gezogen. Dort wird erläutert, dass die verwaltungsgerichtliche Bewertung nicht auf ein - vorinstanzliches - Übergehen des gegenteiligen Klägervortrags zurückzuführen ist, sondern auf eine den früheren [X.] und weitere Unterlagen einbeziehende Beweiswürdigung, die der Kopie des [X.] nicht die vom Kläger angenommene Beweiskraft zumisst.

7

d) Mit dem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe die Erklärung des Bruders des Fürsten, [X.], vom 19. Februar 1945 verfahrensfehlerhaft nicht als hinreichenden Beleg für dessen Einsetzung als Treuhänder im Sinne des [X.] gewürdigt und die Bedeutung der Einsetzung eines Betriebsführers nach dem "Gesetz zur Ordnung nationaler Arbeit" [X.] vom 20. Januar 1934 als [X.] verkannt, hat der Senat sich in den Randnummern 10, 17 f., 20 und 25 bis 29 seines Beschlusses unter dem Gesichtspunkt dreier Verfahrensrügen des [X.] auseinandergesetzt. Dass er der Rechtsauffassung des [X.] nicht gefolgt ist, begründet noch keine Gehörsverletzung.

8

e) Schließlich hat der Senat auch den Vortrag des [X.] zur Domänenregistratur zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Er hat das Beschwerdevorbringen zur Bedeutung des Vorhandenseins einer Akte der Domänenregistratur über Vermögenswerte des Fürsten in Randnummer 17 seines Beschlusses als Begründungselement der [X.] erwogen, einen Gehörsverstoß aber auch insoweit verneint. Warum dies auf eine eigene Gehörsverletzung des Senats schließen lassen sollte, legt die Anhörungsrüge nicht dar.

9

2. Auch die Kritik des [X.], der Senat habe unter Übergehung wesentlichen [X.] keine Gesamtwürdigung aller Erkenntnisse im Hinblick auf das Vorliegen eines Entzuges des Vermögens des Fürsten zu S. vorgenommen, verhilft der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg. Der Senat hatte in seinem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde nicht selbst eine derartige Gesamtwürdigung zu leisten, sondern diejenige des [X.] anhand der Einwände des [X.] im Hinblick auf geltend gemachte Revisionszulassungsgründe zu bewerten. Das ist in der gebotenen Ausführlichkeit geschehen.

3. Das Beschwerdeverfahren war nicht wegen der vom Kläger mit seinem Schriftsatz vom 2. Mai 2019 nachgereichten neuen Dokumente der von ihm so bezeichneten "[X.]-Akte" aus Dokumenten in Archiven der [X.] und des Gutachtens eines mikroanalytischen Labors vom 8. April 2019 zur Zusammensetzung von Tinten von Grundbucheintragungen fortzusetzen. Der darauf bezogene Vortrag kann der Anhörungsrüge schon deswegen nicht zum Erfolg verhelfen, weil er nach Ablauf der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO bei Gericht angebracht wurde und nicht nur eine Ergänzung des fristgerechten Rügevorbringens darstellt (vgl. [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 152a Rn. 18). Zudem lagen diese Dokumente dem Urteil der Vorinstanz vom 6. September 2017 nicht zugrunde und waren auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Der Beschluss vom 19. Dezember 2018 konnte und musste darauf deshalb nicht eingehen. Veränderungen der Beweislage nach Ergehen der Sachentscheidung sind nicht mit der Anhörungsrüge, sondern mit einem Wiederaufgreifensantrag wegen neuer Beweismittel im Sinne des § 51 VwVfG geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Meta

8 B 30/19, 8 B 30/19 (8 B 23/18)

02.09.2019

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Potsdam, 6. September 2017, Az: 2 K 363/16

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 02.09.2019, Az. 8 B 30/19, 8 B 30/19 (8 B 23/18) (REWIS RS 2019, 3974)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3974

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1 BvR 1621/94

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