Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2011, Az. 30 W (pat) 12/10

30. Senat | REWIS RS 2011, 5015

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "COLORFUL (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 882 709

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 7. Juli 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die für die Waren

2

"Integrated circuit cards; computer software (recorded); [X.]; [X.]; [X.] for computers; compact disk drives for computers; magnetic disk drives for computers; disks for computers; computers; integrated circuits"

3

international registrierte Marke 882 709

Abbildung

4

sucht um Schutz in der [X.] [X.] nach.

5

Die Markenstelle für Klasse 9 des [X.] hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, der [X.] den Schutz für die [X.] [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft verweigert (§§ 107, 113, 37 Abs. 1, 8 Abs 2 Nr. 1 [X.]; Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art. 6 quinquies Abschnitt [X.]). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, das englischsprachige Wort "colorful" sei in der Bedeutung "bunt, farbenfroh" ein werbesprachlicher Ausdruck einer Beschaffenheits- und Ausstattungsangabe; seit Jahren seien in dieser Branche farbige Designs üblich. Dieses Wort sei für inländische Verkehrskreise ohne Weiteres verständlich, zumal in den Bereichen Computer und Technik [X.] Begriffe branchenüblich seien. Die grafische Gestaltung führe als gängiges Hervorhebungsmittel nicht zum Schutz. Voreintragungen seien ebenfalls nicht geeignet, den Schutz zu begründen.

6

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der [X.]ninhaberin. Sie hält mit näheren Ausführungen die Marke nicht für beschreibend und meint weiter, dass die grafische Gestaltung den Schutz begründe. Ferner hat sie sich auf die Registrierung der Marke in [X.], in denen englisch (bzw. [X.]) Amtssprache sei, nämlich in den [X.], [X.] und [X.], sowie die Eintragung des Zeichens "[X.]" in [X.] bezogen.

7

Die [X.]ninhaberin beantragt sinngemäß,

8

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 18. September 2007 und vom 6. Oktober 2009 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der [X.]ninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats entbehrt die [X.] 882 709 der Unterscheidungskraft; die Markenstelle hat deshalb zu Recht den Schutz für die [X.] [X.] verweigert (§§ 107, 113, 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]; Art. 5 Abs. 1 [X.] i. V. m. Art 6 quinquies Abschnitt [X.]).

Unterscheidungskraft bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit dieses Produkt von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; [X.] [X.], 608 ff. - Rn. 66, 67 - [X.]; [X.], 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - [X.]; [X.], 935 - Rn. 8 - [X.]; [X.], 825, 826 - Rn. 13 - [X.]; [X.], 952 - Rn. 9 - [X.]Card; [X.], 850, 854 - Rn. 18 - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 257 - Bürogebäude; [X.] GRUR 2003, 1050 - [X.]; [X.] [X.], 1153, 1154 - anti [X.]). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der [X.] als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ([X.]/Hacker, [X.], 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 [X.]; vgl. [X.] [X.] [X.], 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

Keine Unterscheidungskraft kommt insbesondere Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als [X.] versteht ([X.] [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.], 417, 418 - [X.]). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren hergestellt wird; die Eignung, Waren ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als [X.] verstanden werden ([X.] WRP 2010, 1504, 1506 - Rn. 23 - [X.]!; [X.], 949, 951 - Rn. 20 - My World; [X.], 411 - Rn. 9 - [X.]; [X.], 850, 854 - Rn. 19 - [X.]; [X.], 952, 953, Rn. 10 - [X.]Card).

Umfasst eine Marke - wie im vorliegenden Fall - einen fremdsprachigen Begriff, ist zusätzlich darauf abzustellen, ob die maßgeblichen inländischen Verkehrskreise, nämlich die Händler und die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der angemeldeten Waren im Stande sind, deren beschreibende oder werbliche Bedeutung zu erkennen (vgl. [X.] [X.], 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).

Das angloamerikanische Adjektiv "colorful" bedeutet im [X.] "bunt, farbig" (vgl. [X.], Großwörterbuch [X.], 3. Aufl. 2005, S. 1008; [X.], [X.], [X.], [X.]-Deutsch, S. 317; [X.], [X.], Großwörterbuch [X.], Teil 1, [X.]). Das Adjektiv "colorful" ist abgeleitet von dem angloamerikanischen Substantiv "color", welches in der Bedeutung "Farbe" auch im [X.] Sprachschatz enthalten ist (vgl. [X.], [X.], 7. Aufl. 2011, [X.], zu "[X.]", [X.] "[X.]film").

Die Markenstelle ist damit zutreffend davon ausgegangen, dass das Wort "colorful" von den angesprochenen Verkehrskreisen in seiner Bedeutung "farbig, bunt" ohne weiteres verstanden wird, zumal im Bereich der Waren der Klasse 9 [X.] Fachsprache ist. In dieser Bedeutung eignet sich die Marke als unmittelbar beschreibende Angabe im Hinblick auf die registrierten Waren, sei es als Angabe über die Beschaffenheit der Produkte selbst (nämlich Ausführung in verschiedenen Farbtönen), sei es als Angabe über die Bestimmung der Produkte (so etwa im Bereich der "computer software (recorded)" bei Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen zur Erzeugung und Bearbeitung von farbigen Darstellungen).

Sowohl die von der Markenstelle als auch die vom Senat im [X.] durchgeführten Recherchen, deren Ergebnisse der [X.]ninhaberin jeweils übersandt wurden, haben zudem eine ganze Reihe von Nachweisen geliefert, dass [X.] Laptops, Disketten, VGA-Cards, [X.]´s und Computer tatsächlich auch in farbiger Gestaltung angeboten werden.

Zwar kann eine Wort-/Bildmarke, deren Wortbestandteil nicht unterscheidungskräftig ist, auf Grund der Gesamtgestaltung über Unterscheidungskraft verfügen, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache grafische Gestaltungselemente oder Verzierungen des [X.], an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen jedoch nicht aus, um in Kombination mit einem nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteil dem [X.] Unterscheidungskraft zu verschaffen ([X.], [X.], 1153 - anti [X.]; [X.], 710 - Nr. 20 - VISAGE).Angesichts des glatt beschreibenden Charakters des [X.] bedarf es erheblicher gestalterischer Elemente bei der Marke  , um sich dem Verkehr von [X.] aus als Herkunftshinweis einzuprägen (vgl. [X.] [X.], 954, 955 - Rn. 17 - kinder III). Die Gestaltung der [X.] in Großbuchstaben in etwas unscharfen Konturen der Schriftart "[X.]" bzw. "[X.] leicht" (vgl. [X.]. 8, 9 zum [X.]) genügt diesen Anforderungen nicht. Es handelt sich lediglich um einfache und übliche graphische Gestaltungselemente, die dem Verkehr als in bloß dekorativer Form auftretende Stilmittel bekannt sind (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 127; vgl. [X.] auch [X.]/01, [X.]. 2010, 527 - [X.], bestätigt durch [X.] [X.]. 2011, 255).Die Schutzfähigkeit des Zeichens ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Markeninhaberin angeführten Eintragung des Zeichens "[X.]" in [X.] oder der Registrierung der Marke in [X.], in denen [X.] ([X.]) Amtssprache ist. Abgesehen davon, dass das Zeichen "[X.]" als verkehrsdurchgesetzte Marke in [X.] registriert ist, geht die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] davon aus, dass die Schutzfähigkeit einer Marke bezogen auf den konkreten Einzelfall und ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist, die insoweit keinen Ermessensspielraum vorsehen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu ([X.] [X.], 1093, 1095 - Rn. 18 - [X.]; [X.] [X.] 2009, 478, 484 - Rn. 57 - [X.]/[X.], jeweils [X.]; [X.] GRUR 2011, 230 - Nr. 10, 12 - SUPERgirl).

Da die schutzsuchende [X.] wegen beschreibenden Produktbezugs geeignet ist, als beschreibende Sachangabe für die fraglichen Waren dienen zu können, steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen. Das - auch bei Prüfung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigende - Allgemeininteresse, den Verkehr vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 43 m. w. Nachw.), verbietet daher im vorliegenden Fall die Gewährung des nachgesuchten Schutzes zu Gunsten eines einzigen Unternehmens.

Meta

30 W (pat) 12/10

07.07.2011

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.07.2011, Az. 30 W (pat) 12/10 (REWIS RS 2011, 5015)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5015

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