Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.03.2019, Az. 4 BN 35/18

4. Senat | REWIS RS 2019, 9049

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Gründe

1

1. Der von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18. September 2018 hilfsweise für den Fall, dass Einvernehmen zum Ruhen des Verfahrens nicht herzustellen ist, gestellte Antrag auf Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO war abzulehnen.

2

Die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 214 Abs. 4 BauGB ist nicht vorgreiflich im Sinne von § 94 VwGO für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Mai 2018, mit welchem die streitgegenständliche [X.] für unwirksam erklärt worden ist. Denn das ergänzende Verfahren zielt auf einen neuen Satzungsbeschluss, dessen Rechtsgültigkeit der [X.] im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht prüfen kann.

3

2. Die auf sämtliche Zulassungsgründe gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit sie den [X.] entspricht (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), ist sie jedenfalls unbegründet.

4

a) Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

5

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

6

aa) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob die Feststellung von offenkundigen [X.] in Form von [X.] möglich ist, obwohl der Erlass einer [X.] weder förmlich begründungsbedürftig ist noch ein Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen förmlich vorgesehen ist, und somit, wäre die Frage mit nein zu beantworten, die [X.] durch § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf solche [X.]smängel beschränkt ist, die von der [X.] explizit formuliert worden sind,

ob und warum es einer [X.] trotz fehlender förmlicher [X.]sbegründungspflicht obliegt, ihre Abwägungserwägungen gemäß § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB ([X.] wie [X.]) schriftlich zu dokumentieren, um dem Verdikt, ihre Abwägung sei (offensichtlich) mit [X.] behaftet, die auf das [X.] konkret von Einfluss gewesen sein können, zu entgehen,

ob im Wege ergänzender Auslegung oder im Wege des [X.] zu § 165 Abs. 7 BauGB oder in Anwendung allgemeiner Rechtsstaatsgrundsätze oder aus weiteren Gründen sowohl in Verbindung mit dem [X.] gemäß § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB als auch mit dem Institut der vorbereitenden Untersuchungen gemäß § 141 BauGB folgt, dass eine [X.] (über eine Obliegenheit im eigenen Interesse hinaus) verpflichtet ist, ihre Abwägungsgründe nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB vollständig oder teilweise nach Maßgabe der Tatbestandsmerkmale des § 141 Abs. 1 und 2 BauGB zu verschriftlichen sowie durch das zuständige [X.] (in [X.]: Rat) billigen zu lassen, um so eine gerichtliche Kontrolle der Abwägung zu gestatten,

und

ob es unabhängig von einer förmlichen Verpflichtung den [X.]n obliegt oder diese verpflichtet sind, die Erkenntnisse oder Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen nur gemäß der Tatbestände des § 141 BauGB zu verschriftlichen, zu dokumentieren und durch das für den Satzungsbeschluss zuständige Organ billigen oder zur Kenntnis nehmen zu lassen oder ob darüber hinaus der schriftliche Bericht über die vorbereitenden Untersuchungen auch die Abwägung der [X.], weshalb sie im Ergebnis nach Abwägung aller Belange die [X.] erlässt, dokumentieren muss.

7

Die Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Im [X.] geht es der Beschwerde um die Klärung, ob und gegebenenfalls in welcher Form eine [X.] dokumentieren muss, dass sie eine den Anforderungen des § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB genügende [X.] getroffen hat. Die Frage ist, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig. Auf sie lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (stRspr, vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 28. Mai 1997 - 4 [X.] - [X.] 407.4 § 5 [X.] Nr. 10 = NVwZ 1998, 172, vom 24. August 1999 - [X.] 4 B 72.99 - [X.]E 109, 268 <270> und vom 23. Januar 2003 - 4 B 79.02 - [X.] 406.11 § 1 BauGB Nr. 114).

8

Wie der [X.] bereits entschieden hat, bedarf eine [X.] keiner förmlich zu beschließenden Begründung oder einer anderweitigen Angabe der Ziele ([X.], Beschluss vom 23. Juli 1993 - 4 NB 26.93 - juris Rn. 7, insoweit nicht in [X.] 406.15 § 5 StBauFG Nr. 4), sodass eine Dokumentation der Vorstellungen des Rates keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Satzung darstellt ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - 4 [X.] 8.98 - [X.] 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 = juris Rn. 14). Der Gesetzgeber hat insoweit die [X.] anders ausgestaltet als den verbindlichen Bauleitplan (vgl. § 5 Abs. 5, § 9 Abs. 8 BauGB). Das Fehlen einer förmlich zu beschließenden Begründung oder deren Unvollständigkeit führt daher auf keinen Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB.

9

§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB bestimmt, dass bei den städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Gegenstand des sanierungsrechtlichen [X.]s ist die Sanierungsplanung ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], BauGB, Stand Oktober 2018, § 136 Rn. 140), die auch die förmliche Festlegung eines Gebiets als Sanierungsgebiet durch Satzung (§ 142 Abs. 3 Satz 1 BauGB) umfasst ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - 4 [X.] 8.98 - [X.] 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 = juris Rn. 19). Auch wenn die Sanierungsplanung im Zeitpunkt des [X.] im Regelfall noch wenig konkret sein wird ([X.], Urteil vom 10. April 2018 - 4 [X.]N 2.17 u.a. - [X.] 2018, 678 Rn. 11 ), entbindet dieser Umstand die [X.] nicht vom Erfordernis, eine [X.] zu treffen. Denn das [X.] ist zentraler Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Planung ([X.], Beschluss vom 10. November 1998 - 4 [X.] 38.98 - [X.] 406.11 § 136 BauGB Nr. 4).

Der [X.] hat in seiner bisherigen Rechtsprechung ([X.], Urteil vom 4. März 1999 - 4 [X.] 8.98 - [X.] 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 = juris Rn. 20 § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 1998>) angenommen, dass sich der Abwägungsbegriff des § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB nicht von demjenigen unterscheidet, der den [X.] zugrunde liegt. Auch für das sanierungsrechtliche [X.] gilt deshalb die vom [X.] entwickelte [X.]lehre (grundlegend [X.], Urteile vom 12. Dezember 1969 - 4 [X.] 105.66 - [X.]E 34, 301 und vom 5. Juli 1974 - 4 [X.] 50.72 - [X.]E 45, 309). Aus dem sanierungsrechtlichen [X.] ergeben sich folglich auch Anforderungen an den [X.]. Den nach § 141 Abs. 1 BauGB vor der förmlichen Festlegung des [X.] durchzuführenden oder zu veranlassenden vorbereitenden Untersuchungen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2018 - 4 [X.]N 2.17 u.a. - [X.] 2018, 678 Rn. 11). Die [X.] soll durch die vorbereitenden Untersuchungen Beurteilungsgrundlagen über die Notwendigkeit der Sanierung, die [X.], strukturellen und städtebaulichen Verhältnisse und Zusammenhänge sowie die anzustrebenden allgemeinen Ziele und die Durchführbarkeit der Sanierung im Allgemeinen gewinnen (§ 141 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Untersuchungen sollen sich dabei auch auf nachteilige Auswirkungen erstrecken, die sich für die von der beabsichtigten Sanierung unmittelbar Betroffenen in ihren persönlichen Lebensumständen im wirtschaftlichen oder [X.] Bereich voraussichtlich ergeben werden (§ 141 Abs. 1 Satz 2 BauGB). Von vorbereitenden Untersuchungen kann nach § 141 Abs. 2 BauGB (nur) abgesehen werden, wenn hinreichende Beurteilungsgrundlagen bereits vorliegen. Damit ist insgesamt sichergestellt, dass der [X.] in dem für die Abwägung maßgeblichen Zeitpunkt des [X.] (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) ausreichende Beurteilungsgrundlagen zur Verfügung stehen.

Ob die Anforderungen des sanierungsrechtlichen [X.]s eingehalten sind, lässt sich nur überprüfen, wenn die aus der Sicht des [X.] maßgeblichen Gesichtspunkte erkennbar sind. Das setzt im Fall einer [X.] zwar - wie dargelegt - keine am Maßstab von § 5 Abs. 5, § 9 Abs. 8 BauGB orientierte Begründung voraus. Die [X.] muss im Streitfall aber - insbesondere auf der Grundlage der Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen - darlegen können, von welchen Überlegungen sie sich bei der Festlegung der [X.] und der Abgrenzung des [X.] hat leiten lassen. In welcher Weise die Ergebnisse der vorbereitenden Untersuchungen festzuhalten sind, ist im Gesetz zwar nicht (mehr) besonders geregelt; der noch nach § 143 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BauGB 1987 anzufertigende Bericht über die Gründe, die die förmliche Festlegung des sanierungsbedürftigen Gebiets rechtfertigen, ist mit dem Wegfall der Anzeigepflicht einer [X.] durch das Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998) vom 18. August 1997 ([X.] I S. 2081) mit Wirkung ab 1. Januar 1998 entfallen. Das Fehlen entsprechender Unterlagen wird aber regelmäßig als Indiz dafür zu bewerten sein, dass den Anforderungen an den [X.] nicht hinreichend Rechnung getragen wurde. Denn ohne solche Unterlagen wird die [X.] die in der [X.] getroffenen Entscheidungen nicht belastbar begründen und die von der förmlichen Festlegung des [X.] ausgehenden grundrechtsbeschränkenden Wirkungen nicht im Einklang mit dem [X.] rechtfertigen können (vgl. noch einmal [X.], Urteil vom 10. April 2018 - 4 [X.]N 2.17 u.a. - [X.] 2018, 678 Rn. 11 ).

Von diesen rechtlichen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht leiten lassen. Es hat anerkannt, dass eine förmliche Begründungspflicht für die streitgegenständliche [X.] nicht besteht. Ausgehend vom sanierungsrechtlichen [X.] nach § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB hat es aber festgestellt, dass sich den in die Entscheidung einbezogenen Dokumenten keine Abwägung in dem Sinne entnehmen lasse, dass die aus dem Erlass der Satzung den Eigentümern im Sanierungsgebiet entstehenden Nachteile ermittelt, gewichtet und den [X.] ergebnisoffen gegenübergestellt worden wären. Die von den Antragstellern sowie der Antragstellerin im Parallelverfahren (1 KN 53/17) substantiiert dargestellten Sanierungsmaßnahmen und Vermietungserfolge in den betroffenen Eigentümergemeinschaften kämen im integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) nicht zum Ausdruck, das im April 2015, also zu einem Zeitpunkt entstanden sei, zu dem noch nicht habe feststehen können, wie sich die Verhältnisse nach dem Wegzug der [X.] Militärangehörigen entwickeln würden. Die Antragsgegnerin hätten deshalb weitere Ermittlungspflichten getroffen. Die Unzulänglichkeiten des ISEK gleiche der [X.] nicht aus. Dieser habe zum Stand Dezember 2015 für das Sanierungsgebiet "[X.]" einen nahezu 100-prozentigen Leerstand angenommen. Demgegenüber sei von der Antragstellerin im Verfahren 1 KN 53/17 substantiiert und unbestritten vortragen worden, dass in bestimmten Wohnungseigentumsgemeinschaften zwischen dem 1. Juni und dem 1. Dezember 2015 nahezu alle ([X.]) oder - in der [X.] der 129 von ihrer Hausverwaltung betreuten Wohnungen vermietet worden seien. Auch die subjektive Interessenlage der Eigentümer habe der Rat nur unzulänglich ermittelt. Aus diesen Mängeln hat das Normenkontrollgericht auf einen beachtlichen [X.] geschlossen.

b) Die geltend gemachte Abweichung von dem Beschluss des [X.]s vom 10. November 1998 - 4 [X.] 38.98 - ([X.] 406.11 § 136 BauGB Nr. 4) führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

Eine die Revision eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des [X.] ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. [X.], Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier. Die Beschwerde formuliert schon keinen Rechtssatz, mit welchem das Oberverwaltungsgericht dem [X.] die Gefolgschaft verweigert haben könnte, sondern spekuliert lediglich darüber, was dem angefochtenen Urteil "zwischen den Zeilen" entnommen werden könnte (Beschwerdebegründung S. 18).

c) Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Dem Oberverwaltungsgericht ist keiner der behaupteten Verfahrensfehler unterlaufen.

aa) Das angefochtene Urteil verstößt weder gegen § 138 Nr. 6 VwGO noch gegen § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Die Beschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht sei in Bezug auf die Belange der von der [X.] betroffenen Eigentümer von einer Abwägungslücke ausgegangen und habe angenommen, dass dieser [X.] im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlich sei. Für die Feststellung einer Abwägungslücke hätte es aber zum einen der Darlegung bedurft, aus welcher Norm sich eine Pflicht zur Abwägungsdokumentation ergibt, denn eine [X.] bedürfe keiner förmlichen Begründung. Eine Rechtsnorm oder einen Rechtssatz, aus dem sich eine Dokumentationspflicht oder -obliegenheit für die Antragsgegnerin ergibt, habe das Oberverwaltungsgericht aber nicht benannt. Ohne Darlegung einer entsprechenden Verpflichtung könne nicht auf eine lückenhafte Abwägung geschlossen werden. Zum anderen hätte das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf die Offensichtlichkeit und die Ergebnisrelevanz des [X.]s darlegen müssen, welche konkreten Indizien zu den Lücken in der Abwägungsdokumentation hinzugetreten seien, die positiv und klar die Schlussfolgerung zuließen, dass für die [X.] relevante Umstände tatsächlich keinen Eingang in die Abwägung gefunden haben und auf das [X.] von Einfluss gewesen sind. Dies gelte umso mehr, als die [X.] einstimmig beschlossen und aufgrund städtebaulicher Missstände erforderlich sei, die Antragsgegnerin ein erhebliches Interesse am Erlass der Satzung gehabt habe, weil sie hierfür staatliche Fördermittelgelder erhalten könne, nur durch den [X.] der Zuzug von (weiteren) [X.] verhindert werden könne und im Übrigen unklar sei, ob die Belange der betroffenen Eigentümer überhaupt schutzwürdig seien.

(1) Ein Verstoß gegen § 138 Nr. 6 VwGO ist hiermit nicht dargetan.

Der grobe Verfahrensmangel fehlender Entscheidungsgründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO liegt nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt den [X.] tragen (stRspr, vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 5. Juni 1998 - 9 [X.] - [X.] 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 m.w.N. und vom 22. Juli 1999 - 9 B 429.99 - [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 214). Ein solcher Sachverhalt liegt nach den Ausführungen der Beschwerde offenkundig nicht vor.

(2) Das angefochtene Urteil steht auch mit § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO im Einklang.

Den Entscheidungsgründen ist ohne Weiteres zu entnehmen, auf welche Gesichtspunkte das Normenkontrollgericht die Unwirksamkeit der [X.] der Antragsgegnerin gestützt hat. Wie dargestellt, ist das Oberverwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.]s davon ausgegangen, dass für eine [X.] keine förmliche Begründungspflicht besteht. Den in die Beschlussfassung einbezogenen Dokumenten konnte es jedoch keine Abwägung in dem Sinne entnehmen, dass die aus dem Erlass der Satzung den Eigentümern im Sanierungsgebiet entstehenden Nachteile ermittelt, gewichtet und den [X.] ergebnisoffen gegenüber gestellt worden wären. Auch die subjektive Interessenlage der Eigentümer sei nur unzulänglich ermittelt worden. Hieraus hat es gefolgert, dass die [X.] an einem [X.] leidet (vgl. oben). Den Anforderungen des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist damit genügt.

Zuzugeben ist allerdings, dass das Oberverwaltungsgericht seine Annahme, der markierte [X.] sei beachtlich, allein mit dem Hinweis auf § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB begründet hat. Im Hinblick auf die umfangreichen Ausführungen des [X.] zum [X.] war das dennoch ausreichend. Darauf, ob die Annahme des [X.] inhaltlich zutreffend ist, was die Beschwerde in Zweifel zieht, kommt es im Rahmen von § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht an (Dawin, in: [X.]/[X.]/Bier, VwGO, § 108 Rn. 119, § 117 Rn. 22; [X.], in: [X.]/[X.], [X.] VwGO, § 108 Rn. 27.1).

bb) Die vorsorglich erhobene Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt, greift ebenfalls nicht durch. Der (vermeintliche) Hinweis des Vorsitzenden des 1. [X.]s, es komme auf den Zeitpunkt des [X.] und deshalb nur auf die bis dahin erfolgte und auch vom Rat gebilligte Verschriftlichung an (Beschwerdebegründung S. 8), war - wie bereits dargelegt - zutreffend.

cc) Das Oberverwaltungsgericht hat den Sachverhalt auch nicht aktenwidrig festgestellt.

(1) Das gilt zunächst für die Behauptung, die Annahme des [X.], die Antragsgegnerin habe falsche Fakten über den [X.] in die Abwägung eingestellt, sei mit Blick auf das Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsausschusses vom 18. April 2016 aktenwidrig. Ausweislich des Protokolls ging der Verwaltungsausschuss von einer Vermietung von rund 40 Wohnungen im Bereich [X.] aus; das sind bei 450 Wohnungen in diesem Bereich (vgl. [X.] S. 7) etwa 9 %. Nach den Feststellungen des [X.], die auf den unbestrittenen Angaben der Antragstellerin im Verfahren 1 KN 53/17 beruhen, waren allerdings im Bereich [X.] am Tag des [X.] nahezu alle ([X.]) oder - in der [X.] der 129 von ihrer Hausverwaltung betreuten Wohnungen vermietet ([X.]). Das ist quantitativ etwas ganz anderes als der von der Antragsgegnerin ermittelte und ihrer [X.] zugrunde gelegte [X.].

(2) Die weitere Rüge, die Feststellung des [X.], dass das Protokoll über die öffentliche Informationsveranstaltung vom 15. März 2016 nicht zu den Anlagen zur Beschlussvorlage über die [X.] gehört habe, sei aktenwidrig, greift ebenfalls nicht durch. Insofern fehlt es bereits an der Angabe einer genauen Textstelle, aus der sich ergibt, dass besagtes Protokoll Gegenstand der Beschlussvorlage gewesen ist; aus Blatt 167 ff. des [X.] folgt dies jedenfalls nicht. Es ist nicht Sache des [X.]s, die Akten zur Aufstellung der [X.] daraufhin durchzusehen, ob sich die Kritik der Antragsgegnerin an der vorinstanzlichen Auswertung der Akten [X.] lässt ([X.], Beschlüsse vom 6. März 2013 - 4 [X.] 39.12 - juris Rn. 22 und vom 21. März 2018 - 4 [X.] 2.18 - [X.] 2018, 469 Rn. 9).

(3) Soweit die Beschwerde weiter beanstandet, das Oberverwaltungsgericht sei aktenwidrig davon ausgegangen, Informationen über die öffentliche Informationsveranstaltung seien nicht zur Kenntnis der Ratsmitglieder gelangt bzw. die kontroverse Einstellung der Eigentümer zur [X.] sei nicht zur Kenntnis des Rates gelangt, führt auch dies auf keinen Verfahrensfehler. Das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Feststellung nicht getroffen.

(4) Mit der Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe in [X.] übersehen, dass der [X.] zutreffende Beurteilungsgrundlagen über die Eigentümerstruktur enthalte und vorsehe, dass "in enger Abstimmung mit den Eigentümern" die [X.] mit detaillierten Rückbauvorschlägen im städtebaulichen Rahmenplan weiter zu entwickeln seien, zeigt die Beschwerde keinen Widerspruch zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt auf. Soweit die Beschwerde die Rüge der Aktenwidrigkeit schließlich auch für den Fall erhebt, dass das angegriffene Urteil so verstanden werden sollte, dass die [X.] der Antragsgegnerin unmittelbar eine Handhabe im Sinne einer Ermächtigung böte, die Beseitigung vorhandenen Baubestandes zu verlangen, geht die Rüge schon deshalb ins Leere, weil dem angefochtenen Urteil eine solche Aussage nicht entnommen werden kann.

3. Von einer weiteren Begründung sieht der [X.] nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 35/18

21.03.2019

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend OVG Lüneburg, 29. Mai 2018, Az: 1 KN 61/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.03.2019, Az. 4 BN 35/18 (REWIS RS 2019, 9049)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9049

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