Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2015, Az. B 3 P 8/13 R

3. Senat | REWIS RS 2015, 12271

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Private Pflegeversicherung - keine Verbindlichkeit der von privaten Krankenversicherungsunternehmen eingeholten Gutachten zur Ermittlung des Pflegebedarfs für Sozialgerichte - Objektivität von Gutachtern - Beweislastentscheidung - rechtliches Gehör


Leitsatz

Gutachten von Sachverständigen, die von einem privaten Unternehmen der Krankenversicherung zur Ermittlung des Pflegebedarfs in der privaten Pflegeversicherung in Auftrag gegeben werden, sind für die Sozialgerichte nicht verbindlich. Soweit im Versicherungsvertragsgesetz Bindung an solche Gutachten immer dann vorgeschrieben wird, wenn die Feststellungen des Gutachters nicht "offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen", wird diese Regelung für die private Pflegeversicherung durch Vorschriften des SGB 11 verdrängt (Aufgabe von BSG vom 22.8.2001 - B 3 P 21/00 R = BSGE 88, 262 = SozR 3-3300 § 23 Nr 5 und B 3 P 4/01 R = BSGE 88, 268 = SozR 3-3300 § 23 Nr 6).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 20. Juni 2013 aufgehoben und der Rechtsstreit an das [X.] zurückverwiesen, soweit ein Anspruch auf Pflegegeld nach der [X.] für die [X.] vom 31. Mai 2011 bis 30. November 2011 betroffen ist. Für den [X.]raum vom 1. August 2005 bis zum 30. Mai 2011 wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Im Revisionsverfahren ist noch ein Anspruch auf Pflegegeld nach der [X.] für die [X.] bis zum 30.11.2011 streitig.

2

Die 1947 geborene Klägerin ist bei dem beklagten privaten Krankenversicherungsunternehmen pflegeversichert und beantragte im August 2005 Leistungen für die häusliche Pflege. Die Beklagte beauftragte die "[X.]" (im Folgenden: [X.]) mit der Erstellung eines Gutachtens. Die für die [X.] tätige Ärztin K.
ermittelte am [X.] einen Pflegebedarf der Klägerin im Bereich der Grundpflege von 23 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 Minuten täglich. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit ab, und die Klägerin hat am 26.6.2006 Klage beim [X.] erhoben. Im laufenden Klageverfahren holte die Beklagte ein weiteres Gutachten ein, weil die Klägerin eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes geltend gemacht hat. Der für die [X.] tätige Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. Z. stellte in einem Gutachten vom 11.7.2009 einen seit März 2009 bestehenden Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 70 Minuten und im Bereich der Hauswirtschaft von 45 Minuten täglich fest. Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin ab [X.] Pflegegeld nach der [X.].

3

Das [X.] hat neben diversen Unterlagen und ärztlichen Stellungnahmen ein Gutachten von Dr. S., Facharzt für Allgemeinmedizin und physikalische und rehabilitative Medizin vom [X.] eingeholt, nach welchem sich der Hilfebedarf der Klägerin seit dem Tag der Begutachtung am 30.5.2011 im Bereich der Grundpflege auf 123 Minuten und im Bereich der Hauswirtschaft auf 60 Minuten täglich erhöht habe. Für den Zeitraum davor sei jeweils den Gutachten der [X.] zu folgen. Das [X.] hat - nach einer Zeugenvernehmung der Pflegeperson der Klägerin - die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des für das Pflegegeld jeweils vorgesehenen Betrages unter Abzug bereits gewährter Zahlungen verurteilt, und zwar für die [X.] bis zum 15.11.2008 entsprechend der [X.] und seit dem 16.11.2008 entsprechend der [X.]I (Urteil vom 16.11.2011). Es hielt die Gutachten der [X.] für offensichtlich fehlerbehaftet und folgte weitgehend den Aussagen der Zeugin, die [X.] ausgeführt hatte, die Klägerin gehe zweimal pro Woche zur [X.] und zweimal pro Woche zur ärztlich angeordneten Physiotherapie (Massage) und müsse jede Woche einen Termin zur ärztlichen Untersuchung wahrnehmen.

4

Im Berufungsverfahren holte die Beklagte - wegen geltend gemachter weiterer Verschlechterungen - ein weiteres Gutachten der [X.] von dem Arzt H. vom 10.5.2012 ein, der einen grundpflegerischen Hilfebedarf der Klägerin von täglich 143 Minuten und einen unveränderten hauswirtschaftlichen Hilfebedarf feststellte. Die Beklagte bewilligte schließlich im Wege eines Teilanerkenntnisses Pflegegeld nach der [X.] auch für den Monat März 2009 sowie seit Dezember 2011 nach der [X.].

5

Das Hessische L[X.] hat das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen, soweit sie über das angenommene Anerkenntnis hinaus geht (Urteil vom 20.6.2013). Es hat ausgeführt, es könne offenbleiben, ob der Rechtsprechung des B[X.] zu folgen sei, dass nach dem [X.] ([X.]) die ärztlichen Feststellungen in den von privaten Pflegeversicherungsunternehmen eingeholten Gutachten grundsätzlich verbindlich und nur im Falle einer offenbar von der wirklichen Sachlage erheblichen Abweichung unverbindlich seien. Die Voraussetzungen für Pflegegeld nach höheren als den jeweils anerkannten Pflegestufen lägen auch unter Berücksichtigung des vom [X.] eingeholten Gutachtens nicht vor. Der darin für den Zeitraum nach dem 30.5.2011 angegebene Hilfebedarf von 123 Minuten täglich sei jedenfalls auf unter 120 Minuten täglich zu korrigieren, da der Gutachter einen zu hohen Zeitbedarf für regelmäßige Arztbesuche angesetzt habe.

6

Mit ihrer infolge der Zulassung auf die Gewährung von Pflegegeld nach der [X.] für die [X.] bis zum 30.11.2011 beschränkten Revision macht die Klägerin geltend, der Gesetzgeber habe die Versicherten der privaten Pflegeversicherung denen der [X.] Pflegeversicherung im Hinblick auf Leistungsumfang, Versicherungsbedingungen und Rechtsschutz im Wesentlichen gleichstellen wollen (§ 23 Abs 6 Nr 1 [X.]B XI). Deshalb seien die Feststellungen der von der Beklagten beauftragten medizinischen Sachverständigen nicht verbindlich, und das vom [X.] eingeholte Sachverständigengutachten sei verwertbar. Die Verbindlichkeit der Feststellungen der Sachverständigen sei in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung - Bedingungsteil (MB/[X.]) nicht vereinbart. Zudem beruft sich die Klägerin auf offenbare erhebliche Abweichungen der in den Gutachten der [X.] getroffenen Feststellungen von der wirklichen Sachlage. Die Häufigkeit der Arztbesuche sei nicht thematisiert worden.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 20.6.2013 zu ändern und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, soweit sie über das Anerkenntnis hinausgeht.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Nach den Regelungen des [X.] seien die Feststellungen in den von ihr eingeholten Sachverständigengutachten nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen. Die Durchführung eines [X.] sei nach den wirksamen MB/[X.] zwischen ihr und den Versicherten verbindlich vereinbart. Auch in der datenschutzrechtlichen Einwilligungs- und Schweigepflichtentbindungserklärung des Versicherten sei eine Vereinbarung über die Durchführung des [X.] zu sehen. Für die Versicherten ergebe sich daraus keine Benachteiligung, da bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und der Zuordnung zu einer Pflegestufe dieselben Maßstäbe angelegt würden, wie in der [X.] Pflegeversicherung. Sie sei auch selbst an die Feststellungen der Gutachter gebunden und habe keine Möglichkeit, sich von einer Leistungszusage zu lösen, selbst wenn die Feststellungen erheblich von der wirklichen Sachlage abwichen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin scheitert weder bereits am Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen (dazu 1.) noch an einer verspäteten gerichtlichen Geltendmachung des Leistungsanspruchs (dazu 2.). Zur Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Pflegegeld ist das vom [X.] eingeholte Gutachten voll verwertbar. Der [X.] hält nicht an der Auffassung fest, die Feststellungen in den von privaten Versicherungsunternehmen eingeholten Gutachten seien für die Sozialgerichte verbindlich, solange und soweit sie nicht "offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen" (dazu 3.). Die Gutachten der [X.] sind daneben grundsätzlich gleichwertig, jeweils entsprechend ihrer Überzeugungskraft zu werten (dazu 4.). Auf dieser Grundlage ist die Revision für den [X.]raum vom [X.] bis zum 30.5.2011 unbegründet, weil der Klägerin für diese [X.] über die bereits anerkannten Leistungen nach der [X.] kein weiteres Pflegegeld zusteht (dazu 5.). Für den [X.]raum vom 31.5.2011 bis zum 30.11.2011 ist die Revision im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das L[X.] begründet, denn der [X.] vermag auf der Grundlage der Feststellungen des L[X.] nicht abschließend über einen Leistungsanspruch nach der [X.]I für diesen [X.]raum zu entscheiden (dazu 6.).

1. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Die Klage ist als isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 [X.]G) zulässig. Als privates Versicherungsunternehmen erlässt die Beklagte keine Verwaltungsakte, sodass es weder einer zusätzlichen Anfechtungsklage bedurfte, noch der Durchführung eines Vorverfahrens oder der Einhaltung einer Klagefrist. Nach der endgültigen Leistungsablehnung durch die Beklagte konnte Rechtsschutz nur durch Beschreitung des [X.] erlangt werden (vgl B[X.] [X.]-3300 § 23 [X.] 2).

2. Der Leistungsanspruch ist nicht bereits wegen verspäteter gerichtlicher Geltendmachung ausgeschlossen. Nach § 12 Abs 3 [X.] (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung der Verordnung zur Vereinheitlichung des Rechts der Vertragsversicherung vom 19.12.1939, [X.], 2444) ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wird. Diese Frist beginnt jedoch nach § 12 Abs 3 Satz 2 [X.] (in der oben genannten Fassung) erst, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hat. Die Beklagte hat in keinem ihrer Schreiben die mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen angegeben, sodass die Frist nicht in Gang gesetzt wurde. Gleiches gilt nach § 17 Abs 2 [X.] in der zur [X.] der Klageerhebung geltenden Fassung (Stand 1.6.2005), weil auch danach die Frist erst beginnt, nachdem der Versicherer den Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen schriftlich abgelehnt hat.

3. Für die Beurteilung des Anspruchs auf Pflegegeld ist auch das vom [X.] eingeholte Gutachten uneingeschränkt zu berücksichtigen. Die Feststellungen, die die von der Beklagten beauftragten Gutachter getroffen haben, sind für die Gerichte nicht verbindlich. § 64 Abs 1 Satz 1 [X.] (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom [X.], [X.], 276 f) sowie der seit 1.1.2008 geltende, wortgleiche § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] (idF des [X.] vom 23.11.2007, [X.] 2631), der im Folgenden allein aufgeführt wird, ist auf private Pflegepflichtversicherungsverträge nicht anwendbar. Insoweit gibt der [X.] seine bisherige anderslautende Rechtsprechung (vgl B[X.] [X.]-7690 § 64 [X.] 1 = [X.]-3300 § 23 [X.] 3 = [X.]-1500 § 103 [X.] 3; B[X.]E 88, 262 = [X.]-3300 § 23 [X.] 5; B[X.]E 88, 268 = [X.]-3300 § 23 [X.] 6) ausdrücklich auf. Nach § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] ist - wenn nach dem Vertrag einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden sollen - die getroffene Feststellung nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Die Vorschrift ordnet damit grundsätzlich die Verbindlichkeit der Feststellungen eines Sachverständigen an, wenn vertraglich die Durchführung eines [X.] vereinbart wurde und die Feststellungen nicht offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen (vgl Langheid in [X.]/Langheid, [X.], 4. Aufl 2014, § 84 Rd[X.] 14; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] , Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl 2011, § 84 [X.] Rd[X.] 14; [X.] in [X.] , [X.] Kommentar zum [X.], 1999, § 64 Rd[X.] 20; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl 2004, § 64 Rd[X.] 22 ff). Die Verbindlichkeitsanordnung dieser Regelung lässt sich nicht mit den für private Pflegepflichtversicherungsverträge spezielleren Regelungen des § 23 [X.]B [X.] vereinbaren.

a) § 23 [X.]B [X.] enthält Sonderregelungen für private Pflegepflichtversicherungsverträge, die gegenüber den allgemeinen Regelungen des [X.] vorrangig zu berücksichtigen sind, und - soweit die Vorschriften nicht in Einklang zu bringen sind - die allgemeinen Normen des [X.] verdrängen. Private Versicherungsverhältnisse zur Durchführung der Pflegepflichtversicherung unterliegen zwar grundsätzlich dem zivilrechtlichen Versicherungsvertragsrecht; die private Vertragsfreiheit ist jedoch durch die Ausgestaltung als Pflichtversicherung erheblichen gesetzlichen Einschränkungen unterworfen, die sich im Wesentlichen aus § 23 [X.]B [X.] ergeben. Der Gesetzgeber hat sich zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit für eine allgemeine Versicherungspflicht entschieden. Er hat dabei die Systementscheidung getroffen, die Versicherung nur für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung in der gesetzlichen [X.] Pflegeversicherung durchzuführen (§ 20 Abs 1 Satz 1 [X.]B [X.]). Die private Pflegeversicherung ist zwar als Pflichtversicherung ausgestaltet, sie wird aber als privatrechtliches Versicherungsvertragsverhältnis durchgeführt. Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen oder im Rahmen von Versicherungsverträgen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs 3 [X.] genügen, versichert sind, sind verpflichtet, bei diesem Unternehmen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen oder aufrechtzuerhalten (§ 23 Abs 1 Satz 1 [X.]B [X.]), es sei denn, der Versicherte schließt einen entsprechenden Vertrag mit einem anderen privaten Versicherungsunternehmen (§ 23 Abs 2 Satz 1 [X.]B [X.]). Mit der Ausgestaltung als Pflichtversicherung hat der Gesetzgeber aber nicht nur die Vertragsabschlussfreiheit eingeschränkt, sondern auch weitgehende inhaltliche Vorgaben gemacht. Nach § 23 Abs 1 Satz 2 [X.]B [X.] muss der [X.] vorsehen, die nach Art und Umfang den Leistungen des 4. Kapitels des [X.]B [X.] gleichwertig sind. Dabei tritt an die Stelle der Sachleistungen eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§ 23 Abs 1 Satz 3 [X.]B [X.]). Nach § 23 Abs 6 [X.] 1 [X.]B [X.] sind das private Krankenversicherungsunternehmen oder ein anderes die Pflegeversicherung betreibendes Versicherungsunternehmen verpflichtet, für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit sowie für die Zuordnung zu einer Pflegestufe dieselben Maßstäbe wie in der [X.] Pflegeversicherung anzulegen. Diese Regelungen verdrängen die für private Versicherungsverhältnisse allgemein geltenden Vorschriften des [X.], soweit sie nicht miteinander vereinbar sind (vgl zum Ganzen bereits [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvR 2014/95 - [X.]E 103, 197, 217 f = [X.]-1100 Art 74 [X.] 4 S 22 f = Juris Rd[X.] 69 f). Seit 1.1.2008 stellt § 192 Abs 6 Satz 3 [X.] klar, dass die Regelungen des [X.] über die private Pflegeversicherung (von den Vorschriften des [X.]) unberührt bleiben. Damit hat der Gesetzgeber den Vorrang der Regelungen des [X.]B [X.] gegenüber denen des [X.] ausdrücklich normiert. Das schließt im Ergebnis die Anwendbarkeit der Verbindlichkeitsanordnung des § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] auf Gutachten im Auftrag des privaten Versicherungsunternehmens aus.

b) Wegen der weitgehenden gesetzlichen Vorgaben zur Ausgestaltung des privaten Pflegepflichtversicherungsverhältnisses kann bereits in der Sache kaum noch von einem vertraglich ausgehandelten Sachverständigenverfahren ausgegangen werden, für dessen Feststellungen § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] Verbindlichkeit anordnet (so bereits L[X.] NRW Urteil vom 11.7.2002 - L 16 P 9/01 - Juris; ebenfalls kritisch: [X.], NZS 2004, 76 <80 ff>; vgl auch [X.], Medizinische Begutachtung in der privaten und [X.] Pflegeversicherung, 2009, 53 f). § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] setzt voraus, dass "nach dem Vertrag" einzelne Voraussetzungen des Anspruchs aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festgestellt werden. Die Vorschrift findet daher nur auf vertraglich vereinbarte Sachverständigenverfahren Anwendung (vgl Langheid in [X.]/Langheid, [X.], 4. Aufl 2014, § 84 Rd[X.] 1; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] , Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Aufl 2011, § 84 Rd[X.] 4; [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl, [X.], 2009, § 84 Rd[X.] 21; [X.] in [X.] , [X.] Kommentar zum [X.], 1999, § 64 Rd[X.] 21; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl 2004, § 64 Rd[X.] 22).

Die [X.] der Beklagten sehen die Durchführung eines [X.] vor. Nach § 6 Abs 2 Satz 1 [X.] (Stand 1.6.2005 sowie die bis zu der Fassung mit Stand vom 1.1.2010 insoweit - bis auf die durch die Klammersetzung gekennzeichneten Worte - identisch gebliebenen Fassungen, die den hier streitigen [X.]raum bis zum 30.11.2011 erfassen) sind Eintritt, Stufe und Fortdauer der Pflegebedürftigkeit, die Eignung, Notwendigkeit und Zumutbarkeit von Maßnahmen zur Beseitigung, Minderung oder Verhütung einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit, die Voraussetzungen des zusätzlichen Betreuungsbedarfs und die Notwendigkeit der Versorgung mit beantragten Pflegehilfsmitteln (und technischen Hilfen) durch einen von dem Versicherer beauftragten Arzt festzustellen. Mit der Durchführung der Untersuchungen kann der Medizinische Dienst der privaten Pflegepflichtversicherung beauftragt werden (§ 6 Abs 2 Satz 3 [X.] in den og Fassungen). Die Kosten der Untersuchungen trägt der Versicherer, es sei denn, es wird innerhalb eines [X.]raums von sechs Monaten erneut der Eintritt eines Versicherungsfalles behauptet, ohne dass der Versicherer seine Leistungspflicht anerkennt (§ 6 Abs 2 Satz 8 [X.] in den og Fassungen). Auch in der Regelung des § 1 Abs 9 [X.] (in den og Fassungen) kommt zum Ausdruck, dass die Durchführung eines [X.] vorgesehen ist.

Diese Vertragsbedingungen sind jedoch nicht Ausdruck der Vertragsfreiheit, sondern zeichnen im Wesentlichen das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 [X.]B [X.] nach (vgl auch [X.], Medizinische Begutachtung in der privaten und [X.] Pflegeversicherung, 2009, 54; ähnlich [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl, [X.], 2009, § 84 Rd[X.] 10, die von einer zwingend vorgeschriebenen ärztlichen Begutachtung spricht). Das private Versicherungsunternehmen ist bei der Ausführung der privaten Pflegeversicherung nach § 23 Abs 6 [X.] 1 [X.]B [X.] verpflichtet, zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit dieselben Maßstäbe anzulegen, wie in der [X.] Pflegeversicherung. Damit ist eine möglichst enge Anlehnung an das im [X.]B [X.] für die [X.] Pflegeversicherung vorgegebene Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit bereits gesetzlich vorgegeben; wesentliche Abweichungen dürfen nicht vereinbart werden. Die grundsätzlich unterschiedlichen Rechtsschutzmöglichkeiten für vertraglich vereinbarte Versicherungsbedingungen und solche, die auf gesetzlichen Vorgaben beruhen, machen deutlich, dass die Verbindlichkeitsanordnung des § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] nur für vertraglich vereinbarte, nicht für gesetzlich vorgegebene Sachverständigenverfahren gelten kann.

c) Das grundrechtlich geschützte Recht auf effektiven Rechtsschutz gebietet gerichtliche Kontrollmöglichkeiten, die nicht auf den Zugang zu den Gerichten beschränkt sind, sondern auch eine inhaltliche gerichtliche Kontrolle gewährleisten. Dies gilt nach Art 19 Abs 4 GG zunächst für die gerichtliche Kontrolle von Akten der öffentlichen Gewalt, die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht grundsätzlich in vollem Umfang von den Gerichten zu überprüfen sind. Die Maßstäbe für die gerichtliche Beurteilung [X.]er Streitigkeiten ergeben sich demgegenüber aus dem allgemeinen Rechtsstaatsprinzip (vgl zum Ganzen zB Schulze-Fielitz in Dreier , [X.], [X.], 2013, Art 19 IV Rd[X.] 36 f, 80 f, 116 f; [X.] in [X.]/[X.], Grundgesetz für die [X.], Kommentar, 13. Aufl 2014, Art 20 Rd[X.] 91 f).

Der gerichtlichen Inhaltskontrolle von frei zwischen gleichen Partnern ausgehandelten Verträgen liegt der Gedanke zugrunde, dass bei vergleichbarer Verhandlungsstärke beider Vertragspartner die Vertragsfreiheit im allgemeinen zu ausgewogenen Vertragsinhalten führt, sodass sich die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle regelmäßig auf grobe Unbilligkeit, Sittenwidrigkeit, Treuwidrigkeit uÄ beschränken kann. Werden die Vertragsinhalte von einer Vertragspartei in allgemeinen Vertragsbedingungen vorgegeben, ist nach den §§ 305 ff [X.] eine weitergehende Inhaltskontrolle vorgesehen, zB auf überraschende Klauseln oder auf eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Der Gesetzgeber hat die Verbindlichkeit der Feststellungen in einem vertraglich vereinbarten Sachverständigenverfahren nach § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] daher vor dem Hintergrund angeordnet, dass auch die vertraglichen Regelungen zur Durchführung eines [X.] mit einer grundsätzlich hinreichenden materiellen [X.] vereinbart bzw durch die Gerichte entsprechend korrigiert werden. Regelmäßig sehen die allgemeinen Versicherungsbedingungen vor, dass jede [X.] einen Sachverständigen benennt und diese gemeinsam einen Obmann bestimmen (vgl Langheid in [X.]/Langheid, [X.], 4. Aufl 2014, § 84 Rd[X.] 4 ff, 11; [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl, [X.], 2009, § 84 Rd[X.] 28; [X.] in [X.] , [X.] Kommentar zum [X.], 1999, § 64 Rd[X.] 22). Behält sich ein Versicherungsunternehmen jedoch - wie hier - in allgemeinen Geschäftsbedingungen das Recht vor, allein den Gutachter zu bestimmen, der dann verbindliche Regelungen trifft, wird darin regelmäßig eine entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers (§ 307 [X.]) gesehen, insbesondere wenn der Gutachter dem Verwender der Klausel aufgrund einer regelmäßigen Zusammenarbeit besonders nahe steht (vgl [X.] Urteil vom [X.] - [X.] - [X.]Z 81, 229, 236 = Juris Rd[X.] 25; ähnlich [X.] NJW-RR 2007, 1466 ; L[X.] Nordrhein-Westfalen Urteil vom 11.7.2002 - L 16 P 9/01 - Juris; vgl auch [X.] in [X.], [X.], 9. Aufl, [X.], 2009, § 84 Rd[X.] 31 mwN; [X.], Medizinische Begutachtung in der privaten und [X.] Pflegeversicherung, 2009, 54; [X.], NZS 2004, 76 <81 f>; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl 2004, § 64 Rd[X.] 7; ähnlich [X.] in [X.], [X.], 72. Aufl 2013, § 307 Rd[X.] 129 f). Eine entsprechende Klausel kann daher regelmäßig nicht wirksamer Vertragsbestandteil werden. Die für die [X.] tätigen Sachverständigen werden zudem einseitig von Seiten der Versicherer geschult, was neben der regelmäßigen Zusammenarbeit ebenfalls für ein besonderes Näheverhältnis spricht.

Vorliegend muss diese zivilrechtliche Inhaltskontrolle jedoch versagen. Denn die Durchführung des nach den [X.] vorgesehenen [X.] beruht auf den gesetzlichen Vorgaben des [X.]B [X.] und zeichnet das dort vorgesehene Verfahren ganz weitgehend nach. Es ist jedenfalls sachgerecht, wenn das die private Pflegepflichtversicherung betreibende Versicherungsunternehmen in seinen allgemeinen Versicherungsbedingungen möglichst weitgehende Parallelen zu dem im [X.]B [X.] für die [X.] Pflegeversicherung vorgesehenen Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit vorsieht. Es ist dazu nach § 23 Abs 6 [X.] 1 [X.]B [X.] sogar verpflichtet. Darin kann weder eine überraschende Klausel noch eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen werden. In dieser Konstellation kann somit ersichtlich nicht die Vertragsfreiheit und die dazu vorgesehene Inhaltskontrolle als Argument für eine materielle [X.] herangezogen werden. Die Verbindlichkeitsanordnung ist aber nur vor dem Hintergrund der bestehenden zivilrechtlichen Wirksamkeitskontrolle der vertraglichen Regelungen zum Sachverständigenverfahren vom Gesetzgeber gewollt. Denn den privat Pflege(pflicht)versicherten können nicht sowohl die zivilrechtlichen als auch die sozialrechtlichen Kontrollmöglichkeiten, die [X.] eine grundsätzlich uneingeschränkte Überprüfung der von den Versicherungsträgern veranlassten Gutachten vorsehen (näher dazu unter e) aa)), versagt werden. Eine solche Auslegung könnte den Grundsätzen zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht mehr gerecht werden.

d) [X.] geht es hingegen im beamtenrechtlichen Beihilferecht, sodass die Beeinträchtigung des effektiven Rechtsschutzes durch eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten der Gutachten in diesem Bereich besonders deutlich wird. Nach § 23 Abs 3 [X.]B [X.] sind Personen, die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Pflegebedürftigkeit Anspruch auf Beihilfe haben, ebenfalls zum Abschluss einer entsprechenden anteiligen beihilfekonformen Versicherung im Sinne des § 23 Abs 1 [X.]B [X.] verpflichtet, sofern sie nicht nach § 20 Abs 3 [X.]B [X.] versicherungspflichtig sind, und diese beihilfekonforme Versicherung ist so auszugestalten, dass ihre Vertragsleistungen zusammen mit den [X.] den in § 23 Abs 1 Satz 2 [X.]B [X.] vorgeschriebenen Versicherungsschutz gewährleisten. In den Beihilfeverordnungen des [X.] und der Länder wird regelmäßig das Gutachten zugrunde gelegt, das für die private oder [X.] Pflegeversicherung zum Vorliegen von Pflegebedürftigkeit sowie zu Art und Umfang der notwendigen Pflege erstellt worden ist. Nur wenn (ausnahmsweise) kein Gutachten für die private oder [X.] Pflegeversicherung erstellt worden ist, zB weil die beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person nicht in der privaten oder [X.] Pflegeversicherung versichert ist, lässt die Festsetzungsstelle ein entsprechendes Gutachten erstellen (vgl § 51 Abs 2 [X.] vom 18.7.2014; ähnlich auch § 40 Satz 2 [X.] idF vom [X.]; § 51 Abs 2 Satz 1 [X.] für [X.] idF vom 8.5.2012; nach § 9 Abs 8 Satz 3 erster Halbsatz [X.] idF vom 20.12.2013 ist die von der privaten oder [X.] Pflegeversicherung festgestellte Pflegestufe bindend). Wird danach regelmäßig der Entscheidung der Beihilfestelle das Gutachten oder die Entscheidung der privaten Pflegeversicherung zugrunde gelegt, würde sich die Bindungswirkung des von der privaten Pflegeversicherung eingeholten Gutachtens bei Anwendung der Verbindlichkeitsanordnung nach § 84 [X.] auch auf die beamtenrechtliche Beihilfe erstrecken. Den versicherten Beamten, die einen erheblichen Teil der Versicherten der privaten Pflegeversicherung ausmachen, wäre dann die Möglichkeit verschlossen, die Einstufung in eine höhere Pflegestufe mit der Folge auch höherer Leistungen der Beihilfe zu erreichen, so lange das Gutachten der privaten Pflegeversicherung nicht "offenbar" unzutreffend ist. Hier wird deutlich, dass es um Akte öffentlicher Gewalt geht, deren gerichtliche Überprüfung durch die Anwendung des § 84 [X.] im Vergleich mit den Versicherten der [X.] Pflegeversicherung in einer nicht gerechtfertigten und dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht werdenden Weise eingeschränkt wird.

e) Es gibt vor diesem Hintergrund keinen sachlichen Grund dafür, den von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen eingeholten Gutachten einen höheren Beweiswert zukommen zu lassen als den von den Trägern der [X.] Pflegeversicherung eingeholten Gutachten.

aa) Durch die Anordnung der Verbindlichkeit der Feststellungen der von dem privaten Versicherungsunternehmen eingeholten Gutachten wird diesen bis zur Grenze offenbarer, erheblicher Abweichung von der wirklichen Sachlage der alleinige Beweiswert zugeschrieben. Das widerspricht grundsätzlichen sozialgerichtlichen Verfahrensregelungen. Denn nach § 128 [X.]G entscheidet das Gericht grundsätzlich nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Deshalb werden die von einer Pflegekasse im Rahmen der [X.] Pflegeversicherung eingeholten Gutachten im sozialgerichtlichen Prozess genauso bewertet wie die gerichtlich eingeholten Gutachten, gleichwertig und allein nach ihrer jeweiligen Überzeugungskraft (vgl hierzu [X.] in [X.][X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014 § 128 Rd[X.] 4 ff). Regelungen zur Beweiskraft enthält das Gesetz nicht. Der Versicherte hat sogar darüber hinaus nach § 109 Abs 1 Satz 1 [X.]G noch die Möglichkeit, (zusätzlich) vom Gericht ein Gutachten von einem von ihm benannten Arzt einholen zu lassen. Dieses Recht wird ihm genommen, wenn die Feststellungen des vom privaten Versicherungsunternehmen eingeholten Gutachters bereits verbindlich sind. Der Gesetzgeber hat mit der Zuordnung der Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der privaten Pflegeversicherung in die Sozialgerichtsbarkeit aber deutlich gemacht, dass sich auch das gerichtliche Verfahren nach den Vorschriften des [X.]G richten soll. Den von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen eingeholten Gutachten einen höheren Beweiswert zukommen zu lassen als den von der [X.] Pflegeversicherung eingeholten Gutachten, widerspricht dieser Intention des Gesetzgebers.

bb) Die Verbindlichkeitsanordnung wird insbesondere der Eigenart der [X.] nicht gerecht. Denn die Feststellung des Pflegebedarfs gibt nur eine Momentaufnahme innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite wieder und beruht im Wesentlichen auf [X.] im Rahmen eines bestimmten [X.]korridors. Die gerichtliche Erfahrung zeigt, dass bei mehreren Sachverständigengutachten zum Pflegebedarf einer bestimmten Person nur selten übereinstimmende Werte ermittelt werden (so auch Ladage in Festschrift 50 Jahre [X.]sozialgericht, 2004, 673, 687). Auch gut ausgebildete, unabhängige Sachverständige können daher im Einzelfall zu einem nicht dem tatsächlichen Hilfebedarf entsprechendem [X.]wert gelangen. Die Grenze offensichtlicher Abweichungen von der tatsächlichen Sachlage dürfte dennoch nur vergleichsweise selten überschritten werden. Zwar kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ein gerichtliches Gutachten den tatsächlichen Bedarf des Versicherten besser erfasst, und es macht die gerichtliche Entscheidung auch nicht einfacher, wenn Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen vorliegen. Werden aber verschiedene Gutachten einschließlich aller anderen vorliegenden Unterlagen zum Gesundheitszustand, Angaben der Pflegepersonen etc im Zusammenhang gewürdigt, wird das Gericht der tatsächlichen Sachlage besser gerecht werden können, als allein auf der Basis eines einzigen Gutachtens (aA offenbar [X.], Medizinische Begutachtung in der privaten und [X.] Pflegeversicherung, 2009, 48; Ladage in Festschrift 50 Jahre [X.]sozialgericht, 2004, 673, 687). Das gilt auch, weil die Pflegesit[X.]tion schwer zu prognostizierenden Veränderungen unterliegt. Regelmäßige Überprüfungen sind deshalb ohnehin erforderlich. Im Einzelfall lässt sich aber schwer vorhersagen, wie lange der Gesundheitszustand die Einschätzung des Gutachters noch zu rechtfertigen vermag. Auch diesem Gesichtspunkt wird die Würdigung aller vorliegenden und ggf aktuelleren Unterlagen besser gerecht, als die auf einer Momentaufnahme basierende Feststellung nur eines Gutachters. Das wird in der Praxis der privaten Pflegeversicherung wohl ebenso gesehen, denn den privat Versicherten wird regelmäßig die Möglichkeit eingeräumt, ein Zweitgutachten zu beantragen (vgl [X.], aaO, 58 ff). [X.] aber bereits die Feststellungen des [X.] verbindlich, wäre für ein Zweitgutachten rechtlich kein Raum.

cc) Anders als im Zivilgerichtsverfahren gibt es für die Anordnung der Verbindlichkeit der Feststellungen eines Gutachters im sozialgerichtlichen Verfahren keine nachvollziehbare Begründung. Im Zivilgerichtsverfahren bezweckt die gesetzliche Verbindlichkeitsanordnung des § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] den Feststellungen des Privatgutachters einen den Aufwand und die Kosten des Gutachtens rechtfertigenden Beweiswert zukommen zu lassen. Denn Privatgutachten werden im Zivilrecht regelmäßig wie substantiiertes, urkundlich belegtes [X.]vorbringen oder als [X.] gewertet (vgl Ladage in Festschrift 50 Jahre [X.]sozialgericht, 2004, 673, 685), wobei der [X.] nach § 416 ZPO lediglich den Beweis begründen kann, dass die enthaltenen Erklärungen vom Aussteller abgegeben sind. Als [X.] sind sie nur mit Zustimmung beider [X.]en verwertbar ([X.] NJW 1993, 2382; vgl auch [X.] in [X.]/[X.], ZPO, 35. Aufl 2014, [X.] § 402 Rd[X.] 5). Im sozialgerichtlichen Verfahren gibt es demgegenüber keine Regelungen zur Beweiskraft; alle Gutachten können grundsätzlich gleichwertig zur Überzeugungsbildung des Gerichts herangezogen werden (B[X.] [X.]-3300 § 15 [X.] 11 = [X.]-3300 § 18 [X.] 1; zur beweisrechtlichen Würdigung von Verwaltungsgutachten und Privatgutachten vgl auch [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 128 Rd[X.] 7d ff). Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben erst dann ein gerichtliches Gutachten einzuholen, wenn sie sich anhand der bereits vorliegenden und ggf beigezogenen Unterlagen einschließlich aller etwaiger Gutachten keine hinreichende Überzeugung bilden können. Sie können deshalb auch auf der Grundlage der von der Pflegekasse eingeholten Gutachten entscheiden, wenn sie keine Zweifel an deren Feststellungen haben. Eine Verbindlichkeitsanordnung ist daher weder erforderlich noch sachgerecht.

dd) Darüber hinaus hat der Gesetzgeber durch das Pflege-Ne[X.]usrichtungs-Gesetz vom 23.10.2012 ([X.] 2246) das Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§ 18 [X.]B [X.]) erheblich geändert, die Tätigkeit des Medizinischen Dienstes der [X.] ([X.]) um den Einsatz unabhängiger Gutachter ergänzt und dabei die Rechte der Versicherten hinsichtlich der Auswahl eines Gutachters gestärkt (§ 18 Abs 3a [X.]B [X.]). Gleichwohl hat der Gesetzgeber den Feststellungen dieser unabhängigen Gutachter keinen höheren Beweiswert zuerkannt und nicht deren Verbindlichkeit im gerichtlichen Verfahren angeordnet, und zwar auch nicht in den Fällen, in denen der Gutachter vom Versicherten ausgewählt worden ist. Wenn selbst eine Verbesserung der Q[X.]lität der Gutachten und die Einräumung von [X.] an die Betroffenen in der [X.] Pflegeversicherung nicht zu einer anderen Beurteilung des [X.] von gutachterlichen Feststellungen führen, ist nicht zu rechtfertigen, dass in der privaten Pflegeversicherung selbst Gutachten, denen kein derartiges Auswahlverfahren des Betroffenen vorangegangen ist, generell ein höherer Beweiswert zukommt und für die Gerichte verbindlich sind. Insbesondere diese Neugestaltung des Begutachtungsrechts veranlasst den [X.], an seiner abweichenden Auffassung zur Verbindlichkeit von Gutachten, die von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen zur Ermittlung des Pflegebedarfs in Auftrag gegeben wurden (vgl B[X.] [X.]-7690 § 64 [X.] 1 = [X.]-3300 § 23 [X.] 3 = [X.]-1500 § 103 [X.] 3; B[X.]E 88, 262 = [X.]-3300 § 23 [X.] 5; B[X.]E 88, 268 = [X.]-3300 § 23 [X.] 6), nicht länger festzuhalten.

ee) Der Auffassung des [X.]s, dass § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] wegen des Vorrangs der spezielleren Vorschriften des § 23 [X.]B [X.] nicht zur Anwendung kommt, steht § 194 Abs 1 Satz 1 [X.] nicht entgegen. Diese Vorschrift gehört zum 2. Teil des [X.], in dem sich die Regelungen für die einzelnen Versicherungszweige befinden, und dort zu Kapitel 8. Krankenversicherung. Danach sind die §§ 74 bis 80 und 82 bis 87 [X.] anzuwenden, soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der [X.] gewährt wird. Die Pflegekrankenversicherung wird in dieser Vorschrift, anders als in der auch zum 8. Kapitel gehörenden Regelung des § 192 Abs 6 [X.], nicht ausdrücklich erwähnt. Der Gesetzgeber hat demnach eine Anwendung des § 84 [X.] auf die Pflegekrankenversicherung nicht ausdrücklich angeordnet. Er hat vielmehr in § 192 Abs 6 Satz 3 [X.] für die Pflegekrankenversicherung ausdrücklich den Vorrang der Regelungen des [X.]B [X.] normiert. Die Vorschrift steht schon deshalb dem Auslegungsergebnis des [X.]s nicht entgegen. Es kann daher offenbleiben, ob und ggf inwieweit der Versicherungsschutz in der Pflegeversicherung nach den Grundsätzen der [X.] gewährt wird. Das Versicherungsvertragsrecht unterscheidet insoweit zwischen der auf die Deckung eines konkreten Schadens ausgerichteten Schadens- und der einen abstrakt zu berechnenden Bedarf deckenden Summenversicherung. Das Pflegegeld wurde nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s der [X.] zugerechnet, weil es sich zwar um eine pauschale Leistung handele, die Höhe aber von der Zuordnung zu einer Pflegestufe und damit vom Ausmaß der Pflegebedürftigkeit abhänge (B[X.]E 88, 262 = B[X.] [X.]-3300 § 23 [X.] 5 = [X.]-1300 § 48 [X.] 79). Der Fall bietet keinen Anlass, darüber zu entscheiden, ob und ggf inwieweit die private Pflegekrankenversicherung zu den [X.]en im Sinne des [X.] gehört.

f) Im Ergebnis gibt es deshalb im sozialgerichtlichen Verfahren keine hinreichende Rechtfertigung dafür, dass Ermittlungsmöglichkeiten der Gerichte bei einem von einem privaten Pflegeversicherungsunternehmen eingeholten Gutachten auf den Fall einer offenbaren erheblichen Abweichung von der wirklichen Sachlage begrenzt sein sollten, obwohl die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen übereinstimmen und der Gesetzgeber die Entscheidung nach übereinstimmenden Maßstäben ausdrücklich vorschreibt. Eine Verbindlichkeit der Feststellungen des Gutachters wirkt sich für die Betroffenen insbesondere nachteilig aus, wenn in Bezug auf bereits abgelaufene [X.]räume eine höhere Einstufung begehrt wird. Für vergangene [X.]räume ist der Nachweis, dass die Feststellungen eines Gutachters "offenbar" von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen, schwer zu erbringen. Dies gilt selbst dann, wenn sich bei einer erneuten Begutachtung aufgrund eines Höherstufungsantrages zeigt, dass die Voraussetzungen für eine höhere Einstufung so offensichtlich vorliegen, dass vieles dafür spricht, dass dies nicht erst seit dem Tag der Begutachtung der Fall ist. Die Anwendung gleicher Maßstäbe hat schließlich auch Bedeutung in Konstellationen, in denen sich die rechtlichen Vorgaben für Leistungen der Pflegversicherung ändern, etwa durch die Einführung zusätzlicher Leistungen für demenziell erkrankte Versicherte (durch das Erste Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 17.12.2014, [X.] 2222) oder durch die für 2016 vorgesehene Ne[X.]usrichtung der Pflegestufen oder Pflegegrade. Die dargelegten Argumente sprechen auch dagegen, zwischen den gutachterlichen Feststellungen des [X.] und der [X.] zu differenzieren, wenn es für Übergangs- oder [X.] auf die Ermittlung des tatsächlichen Zustands des Betroffenen zu einem bestimmten Stichtag ankommt. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die stärkere Bindung an gutachterliche Feststellungen, auf die § 84 Abs 1 [X.] abzielt, in solchen Übergangskonstellationen zu Gunsten oder zu Lasten der Versicherten auswirken würde. Die übergangsrechtliche Begünstigung eines pflegebedürftigen Beamten, der von einem "nur" falschen, aber nicht "offenbar" unrichtigen Gutachten der [X.] aus der Vergangenheit profitieren und damit auch höhere [X.] behalten oder erhalten könnte, als Versicherte der [X.] Pflegeversicherung mit gleichen Einschränkungen, ist nicht zu rechtfertigen. Damit werden die Unterschiede in der öffentlich-rechtlich geprägten Rechtsbeziehung in der [X.] Pflegeversicherung und dem [X.] geprägten in der privaten Pflegeversicherung nicht in Frage gestellt. Diese sollen sich nach dem [X.]gesetzgeber aber auf die verwaltungsmäßige Umsetzung der Pflegeversicherung beziehen, nicht auf den Umfang der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen der Versicherung.

4. Für die Beurteilung des Anspruchs der Klägerin auf Pflegegeld ist danach das von der Beklagten eingeholte Gutachten nicht verbindlich, es ist aber - grundsätzlich gleichwertig neben dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten - entsprechend seiner Überzeugungskraft uneingeschränkt verwertbar. Denn der [X.] hat derzeit keine grundsätzlichen Zweifel an der Objektivität und Unbefangenheit der Gutachter der [X.]. Die [X.] GmbH betreibt als Tochterunternehmen des [X.] ([X.]) den Medizinischen Dienst der privaten Pflegeversicherung und ist privatrechtlich organisiert. Sie wird - ebenso wie der [X.] - kassenübergreifend für alle privaten Krankenversicherungsunternehmen tätig und stellt so bundesweit eine einheitliche Begutachtung sicher (umfassend zur Verbindung der [X.] zum Verband der [X.] vgl [X.], Medizinische Begutachtung in der privaten und [X.] Pflegeversicherung, 2009, 103 ff; vgl auch 79 f). In Bezug auf die rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der [X.] GmbH von einem einzelnen privaten Krankenversicherungsunternehmen ergeben sich daher keine grundsätzlichen Unterschiede zur Unabhängigkeit des [X.] von einer einzelnen Kranken- oder Pflegekasse (ebenso [X.], aaO, 126 ff). Die [X.] GmbH arbeitet überwiegend mit freiberuflich tätigen Gutachtern, die in den Belangen der Pflegeversicherung regelmäßig geschult und weitergebildet werden ([X.], aaO, 81, 126 ff). Die Schulung dient der Q[X.]litätssicherung und der Umsetzung einheitlicher Begutachtungskriterien entsprechend denen der [X.] Pflegeversicherung. Deshalb kooperiert die [X.] eng mit dem medizinischen Dienst der Spitzenverbände der [X.] (vgl [X.], aaO, 80, 98 ff). Der [X.] sieht derzeit keinen Hinweis für ein zu Lasten der Versicherten etabliertes besonderes Näheverhältnis zwischen den privaten Versicherungsunternehmen und den Gutachtern. Es gibt insbesondere keine Veranlassung, an der Q[X.]lität und Objektivität der Gutachten der [X.] GmbH zu zweifeln. Denn statistisches Vergleichsmaterial der letzten Jahre zeigt eine in der privaten Pflegeversicherung deutlich großzügigere Bewilligungspraxis, als in der [X.] Pflegeversicherung. Obwohl die gesetzlich Versicherten durchschnittlich ein höheres Risiko bezüglich der Pflegebedürftigkeit aufweisen, werden sie häufiger als "nicht pflegebedürftig" eingestuft und weisen durchschnittlich niedrigere Pflegestufen auf, als die Versicherten der privaten Pflegeversicherung (vgl Schmucker, Verzerrungen im [X.]? Zum Einfluss [X.]r Parameter auf die Leistungsgewährung in der Pflegeversicherung, [X.], 54 ff; [X.], aaO, 120 ff; so auch Ladage in Festschrift 50 Jahre [X.]sozialgericht, 2004, 673, 688). Aus den tatsächlichen Verhältnissen ergibt sich daher jedenfalls keine systematische Verzerrung im [X.] zu Lasten der privat Versicherten im Vergleich zu den gesetzlich Pflegeversicherten. Das spricht aber lediglich für eine faktische Berücksichtigung der Gutachten der [X.] mit grundsätzlich gleicher Beweiskraft wie andere Gutachten. Für eine darüber hinausgehende rechtliche Bindung an die Feststellungen des Gutachters nach § 84 Abs 1 Satz 1 [X.] ist indes wegen des Vorrangs der spezielleren Vorschriften des § 23 [X.]B [X.] kein Raum.

5. Nach diesen Grundsätzen sowie auf der Basis der Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Revision unbegründet, soweit ein Anspruch der Klägerin auf Pflegegeld nach der [X.]I für den [X.]raum vom [X.] bis zum 30.5.2011 in Streit steht. Denn die Klägerin erfüllte für die [X.] von der Antragstellung im August 2005 bis einschließlich Febr[X.]r 2009 nicht die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit und ab März 2009 bis zum 30.5.2011 lediglich die Voraussetzungen der [X.]. Dies ergibt sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sowohl aus den Gutachten der [X.] als auch aus dem gerichtlichen Gutachten von [X.] hat die Feststellungen der Gutachter der [X.] bis zu dem Tag, an dem er selbst die Klägerin begutachtet hat (am 30.5.2011), voll bestätigt. Für den [X.]raum von der Antragstellung der Klägerin im August 2005 bis zum Tag der Begutachtung am 30.5.2011 ergeben sich daher keine über das Teilanerkenntnis der Beklagten hinausgehenden Leistungen.

6. Für den [X.]raum vom 31.5.2011 bis einschließlich 30.11.2011 kann der [X.] mangels ausreichender Feststellungen des L[X.] nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen der [X.]I entscheiden. Das Berufungsgericht durfte den von dem gerichtlichen Sachverständigen Dr. S. festgestellten [X.] von 123 Minuten täglich nicht in der von ihm vorgenommenen Art und Weise reduzieren. Zwar sind zur Feststellung des zeitlichen Pflegebedarfs nur solche Verrichtungen zu berücksichtigen, die mindestens einmal wöchentlich anfallen (hierzu a); das Berufungsgericht hat jedoch keine ausreichenden Ermittlungen zur Häufigkeit der Arztbesuche geführt, obwohl es gerade hierauf seine Entscheidung gestützt hat. Es hat dadurch den Amtsermittlungsgrundsatz sowie den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (hierzu b).

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nur der [X.]aufwand zu berücksichtigen ist, der mindestens einmal wöchentlich für die berücksichtigungsfähigen Verrichtungen anfällt. Der [X.] hat bereits im Urteil vom 29.4.1999 (B[X.] Urteil vom 29.4.1999 - B 3 P 12/98 R - Juris) entschieden, dass nach § 15 Abs 3 [X.]B [X.] für die Bemessung des für die Pflege erforderlichen [X.]aufwands auf die Woche abzustellen und aus dem gesamten in einer Woche anfallenden Pflegeaufwand der Tagesdurchschnitt zu ermitteln ist. Das schließt es aus, bei der Feststellung des zeitlichen Pflegebedarfs auch Verrichtungen einzubeziehen, die seltener als zumindest einmal wöchentlich anfallen. Die Regelung des § 15 Abs 3 [X.]B [X.] ist insoweit in den von der privaten Pflegepflichtversicherung verwandten [X.] wortgleich übernommen worden (§ 1 Abs 8 [X.] mit Stand 1.6.2005 sowie die bis zu der Fassung mit Stand vom 1.1.2010 insoweit identisch gebliebenen Fassungen, die den hier streitigen [X.]raum bis zum 30.11.2011 erfassen). Sie ist daher in dieser Auslegung Vertragsinhalt geworden. Geht es um die Verrichtung des Verlassens und [X.] der Wohnung (§ 14 Abs 4 [X.] 3 [X.]B [X.], der wortgetreu in § 1 Abs 5c [X.] in den genannten Fassungen wiedergegeben ist), sind nur solche Maßnahmen außerhalb der Wohnung zu berücksichtigen, die - wie das Aufsuchen von Ärzten oder die Inanspruchnahme ärztlicher verordneter Therapien - für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zuhause notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Antragsstellers erfordern (vgl Meßling in jurisPK-[X.]B [X.], 1. Aufl 2014, § 14 Rd[X.] 107 ff, 120 ff mwN; vgl auch Richtlinien des [X.] zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem [X.]. Buch Sozialgesetzbuch vom [X.] unter [X.] Mobilität [X.] 15). Für die Feststellung, ob die Verrichtung "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung" regelmäßig mindestens einmal pro Woche und dauerhaft (voraussichtlich mindestens sechs Monate) anfällt, ist nicht jede Maßnahme für sich isoliert zu betrachten. Vielmehr sind alle berücksichtigungsfähigen Maßnahmen zum Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zusammen zu betrachten. Dies gilt auch für die private Pflegeversicherung, um für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit dieselben Maßstäbe anzulegen, wie in der [X.] Pflegeversicherung.

b) Nach diesen Grundsätzen bedurfte die Klägerin in der [X.] von 31.5.2011 bis zum 30.11.2011 zumindest zweimal wöchentlich der Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Es steht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fest, dass sie dauerhaft zweimal wöchentlich aufgrund einer ärztlichen Verordnung Physiotherapeuten aufsuchte. Ob die Verrichtung [X.] pro Woche oder ggf sogar häufiger zu berücksichtigen ist, kann der [X.] aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.

Der gerichtlich bestellte Gutachter Dr. S. hat diesbezüglich ausgeführt, die Klägerin besuche zweimal pro Monat einen Arzt und achtmal pro Monat einen Therapeuten. Danach fällt die berücksichtigungsfähige Verrichtung des Verlassens und [X.] der Wohnung jede zweite Woche zweimal und jede zweite Woche dreimal an. Regelmäßig fällt die Verrichtung danach nur zweimal wöchentlich an. Das Gutachten von Dr. S. datiert vom 27.6.2011. Wenige Monate später hat die Pflegeperson der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 16.11.2011 als Zeugin demgegenüber jedoch ausgeführt, die Klägerin gehe zweimal pro Woche zur [X.] und zweimal pro Woche zur ärztlich angeordneten Physiotherapie (Massage). Darüber hinaus besuche sie in abwechselndem Turnus jede zweite Woche Dr. Ha.
und jede zweite Woche [X.] Danach fällt die Verrichtung des Verlassens und [X.] der Wohnung bei der Klägerin berücksichtigungsfähig fünfmal pro Woche an, wenn auch die [X.] ärztlich verordnet wurde.

Bei dieser Sachlage hätte sich das Berufungsgericht zu weiteren Ermittlungen bzgl der Häufigkeit der anfallenden Verrichtungen gedrängt fühlen müssen, wenn es diesem Aspekt entscheidungserhebliche Bedeutung beimisst. Denn das L[X.] hatte hierzu keine abschließende Überzeugung gewonnen (was aufgrund der gegensätzlichen Angaben auch kaum möglich war). Es hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, es sei nicht nachgewiesen, dass Arztbesuche mindestens einmal wöchentlich anfielen, denn die Klägerin habe die Aussage der als Zeugin vernommenen Pflegeperson, dass jede Woche ein Arztbesuch anfalle, nicht durch entsprechende Unterlagen untermauert. Damit hat das L[X.] zum Ausdruck gebracht, dass es die Frage der Häufigkeit der Arztbesuche der Klägerin aufgrund der Beweislastverteilung zu Lasten der Klägerin entscheide, und nicht weil es von den Angaben im Gutachten überzeugt war.

Im sozialgerichtlichen Verfahren kann eine Beweislastentscheidung jedoch erst dann ergehen, wenn die Ermittlungsmöglichkeiten erschöpft sind (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 103 Rd[X.] 8 und Rd[X.] 19 jeweils mwN). Das Gericht muss sich grundsätzlich die volle Überzeugung von den beweiserheblichen Tatsachen verschaffen ([X.], aaO, § 103 Rd[X.] 6a). Der Untersuchungsgrundsatz hat zur Folge, dass die Beteiligten grundsätzlich keine Beweisführungslast haben, sofern das Gesetz nichts Abweichendes regelt. Eine Entscheidung nach der objektiven Beweislast kann nur getroffen werden, wenn das Gericht trotz aller Bemühungen bei der Amtsermittlung den Sachverhalt nicht aufklären kann (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 118 Rd[X.] 6). Deshalb durfte das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht darauf stützen, dass die Klägerin die Aussage der Zeugin nicht durch entsprechende Unterlagen untermauert habe. Denn für die Aufklärung der Tatsache, wie häufig die Klägerin wöchentlich ihre Wohnung verlassen und wiederaufsuchen muss, bieten sich zahlreiche verschiedene Ermittlungsmöglichkeiten. [X.] liegt es nah, hierzu die genannten Ärzte zu befragen. [X.] scheint es dagegen zu sein, auf die Feststellungen zeitlich länger zurückliegender Sachverständiger zurückzugreifen, da sich die Häufigkeit von Arzt- und Therapeutenbesuchen im Laufe längerer [X.]abschnitte ändern kann.

Zudem hat das Berufungsgericht in diesem Punkt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 62 [X.]G) verletzt. Denn das Urteil darf nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen [X.] selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht ([X.] NJW 2012, 2262; B[X.] [X.]-2500 § 103 [X.] 6 Rd[X.] 17; B[X.] [X.]-1500 § 153 [X.] 15 Rd[X.] 13). Die Frage der Häufigkeit von Arzt- und Therapeutenbesuchen hat das Berufungsgericht nicht mit der Klägerin erörtert. Für die Klägerin war nicht ersichtlich, dass sich das Berufungsgericht diesen Umstand herausgreifen würde, mit der Folge, dass sich der vom Sachverständigen Dr. S. ermittelte Hilfebedarf soweit verringern würde, dass in der Folge die Voraussetzungen für Leistungen nach der [X.]I nicht festzustellen waren. Der Rechtsstreit hat dadurch für die Klägerin eine unerwartete Wendung genommen. Denn es sind zwei Aspekte zusammen gekommen: Der Sachverständige Dr. S. ist (ohne erkennbaren Grund) von Tatsachen ausgegangen, die von den Angaben der Klägerin und der kurz nach der Begutachtung als Zeugin vernommenen Pflegeperson abweichen. Dies führte aber im Ergebnis nicht zu einem Nachteil für die Klägerin, weil der Gutachter dann den rechtlichen Gesichtspunkt, dass nur Verrichtungen zu berücksichtigen sind, die mindestens einmal in der Woche anfallen, zu Gunsten der Klägerin nicht beachtet hat. Es bestand deshalb für die Klägerin insgesamt kein Anlass, das Gutachten zu kritisieren. Es ist grundsätzlich Aufgabe des Gerichts die Tatsachen aufzuklären, von denen der Sachverständige auszugehen hat (vgl [X.], aaO, § 103 Rd[X.] 11a). Jedenfalls ist es für die Klägerin bei dieser Sachlage überraschend, wenn das Berufungsgericht seiner Entscheidung im tatsächlichen Bereich die Angaben des Gutachters zur Häufigkeit der Arztbesuche zugrunde legt, ohne ihr hierzu die Möglichkeit der Stellungnahme einzuräumen. Dass das Berufungsgericht bei den zahlreichen für die Feststellung der Pflegestufe maßgeblichen Verrichtungen gerade diesem Aspekt entscheidende Bedeutung beimessen würde, war nicht erkennbar und vor dem Hintergrund der entgegenstehenden umfassenden Zeugenaussage auch nicht zu erwarten.

Das Berufungsgericht wird daher die Frage aufzuklären haben, wie häufig pro Woche die Klägerin in der [X.] vom 31.5.2011 bis 30.11.2011 regelmäßig und dauerhaft (voraussichtlich für mindestens sechs Monate) ihre Wohnung für Maßnahmen zur unmittelbaren Aufrechterhaltung der Lebensführung zuhause verlassen und wiederaufsuchen musste. Es hat aufgrund des hierzu ermittelten Sachverhaltes dann zu entscheiden, ob es auf der Grundlage der bisherigen Gutachten und unter Berücksichtigung der Angaben der Beteiligten einen [X.]wert für die Verrichtung des Verlassens und [X.] der Wohnung selbst ermitteln kann, oder ob es hierfür ggf erneut Sachverständigenhilfe (möglicherweise auch durch Rückfragen bei dem Sachverständigen Dr. S.) zu Rate zieht. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken gegen die Ermittlung angemessener [X.]werte, die auf der Basis eines Sachverständigengutachtens vom Gerichts selbst errechnet werden.

7. Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung des L[X.] vorbehalten.

Meta

B 3 P 8/13 R

22.04.2015

Bundessozialgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: P

vorgehend SG Frankfurt, 16. November 2011, Az: S 9 P 44/06

§ 23 Abs 1 SGB 11, § 23 Abs 2 SGB 11, § 23 Abs 6 Nr 1 SGB 11, § 18 SGB 11, § 64 Abs 1 S 1 VVG vom 30.05.1908, § 84 Abs 1 S 1 VVG 2008, § 192 Abs 6 S 3 VVG 2008, § 193 Abs 3 VVG 2008, § 194 Abs 1 S 1 VVG 2008, § 305 BGB, §§ 305ff BGB, § 416 ZPO, Art 19 Abs 4 GG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 109 Abs 1 SGG, § 128 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 22.04.2015, Az. B 3 P 8/13 R (REWIS RS 2015, 12271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12271

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 2014/95

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