Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2017, Az. XII ZB 185/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5438

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[X.]:[X.]:BGH:2017:130917BXIIZB185.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/17

vom

13. September 2017

in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1906 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4
Die Zulässigkeit einer ärztlichen Zwangsmaßnahme setzt gemäß §
1906
a Abs.
1 Satz
1
Nr.
4 BGB voraus, dass zuvor ernsthaft, mit dem nötigen [X.] und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht wurde, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen.
Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen (im [X.] an Se-natsbeschluss vom 2.
September 2015

XII
ZB
226/15

FamRZ 2015, 2050 mwN).
BGH, Beschluss vom 13. September 2017 -
XII [X.]/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 13.
September 2017
durch
den Vorsitzenden Richter Dose
und
die Richter Prof.
Dr.
[X.], Dr.
Günter,
Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 17.
Februar 2017 und
der Beschluss der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 15.
März 2017, soweit es jeweils die Genehmigung der [X.] der Betreuerin in eine ärztliche Zwangsmaßnahme [X.], ihn
in seinen Rechten verletzt haben.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Die in der [X.] entstandenen außergerichtli-chen Kosten des Betroffenen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:
I.
Der Betroffene begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer durch Zeitablauf erledigten
Genehmigung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme.
Er
war seit dem 3.
Dezember 2016 öffentlich-rechtlich untergebracht, nachdem er sich der Räumung seines in einer Gartenlaube befindlichen [X.] widersetzt hatte, indem er mit Fäkalien um sich warf. Nach fach-psychiatrischem
Gutachten leidet er unter einer paranoid wahnhaften Störung mit florider psychotischer Symptomatik und Handlungsrelevanz.
1
2
-
3
-
Am 17.
Februar 2017 hat
das Amtsgericht auf Antrag der zwischenzeit-lich bestellten Betreuerin ihre Einwilligung in die weitere zivilrechtliche Unter-bringung für zwölf Wochen sowie die Zwangsbehandlung
unter Verantwortung und Dokumentation eines Arztes mit einem näher bezeichneten Medikament für annähernd sechs Wochen
genehmigt. Das [X.] hat den Betroffenen im Beisein der Verfahrenspflegerin erneut angehört und seine Beschwerde gegen die Genehmigungen
der Unterbringung und Zwangsbehandlung zurückgewie-sen. Mit seiner Rechtsbeschwerde
begehrt er die Feststellung der Rechtswid-rigkeit der Genehmigung der ärztlichen Zwangsmaßnahme.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2 FamFG statt-haft und auch ansonsten zulässig. Sie ist auch begründet, weil die Entschei-dungen von Amts-
und [X.] den
Betroffenen
in seinen
Rechten verletzt haben. Dies ist nach der in der [X.] entsprechend an-wendbaren Vorschrift des §
62 Abs.
1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29.
Janu-ar 2014

XII
ZB
330/13

FamRZ
2014, 649 Rn.
8 mwN) festzustellen.
1. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die Instanzgerichte die Genehmigung zur Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme ausge-sprochen haben, ohne einen vorherigen Überzeugungsversuch
ausreichend darzulegen.
Eine Zwangsmaßnahme ist nur dann gemäß §
1906
a Abs.
1 Satz
1 Nr.
4 BGB zulässig, wenn zuvor ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks versucht worden ist, den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen. Das Vorliegen 3
4
5
6
-
4
-
dieser Voraussetzung hat
das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 2.
September 2015

XII
ZB
226/15

FamRZ 2015, 2050 Rn.
26 mwN).
Dieser
Anforderung
werden die angefochtenen Entscheidungen nicht ge-recht. Die Beschwerdeentscheidung des [X.]s
verhält sich überhaupt nicht zur Frage eines Überzeugungsversuchs, während der
erstinstanzliche Beschluss lediglich den nicht näher konkretisierten
Hinweis
enthält, dass [X.] worden sei, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maß-nahme zu überzeugen. Diese pauschale Angabe genügt als nachvollziehbare
Darlegung nicht.
2.
Das nach §
62 Abs.
1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse des Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der

hier durch Zeitablauf

erledigten Maßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Die gerichtliche Anordnung oder Genehmigung
einer freiheitsentziehenden Maßnahme bedeutet stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinne
des §
62 Abs.
2 Nr.
1 FamFG.
Gleiches gilt für die Genehmigung der ärztlichen Zwangsbehandlung des Be-troffenen gegen seinen natürlichen Willen (st. Rspr. des Senats, vgl.
Senatsbe-schluss vom 8.
Juli 2015

XII
ZB
600/14

FamRZ 2015, 1706 Rn.
14
f.
mwN).

7
8
-
5
-
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

[X.]

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.02.2017 -
404 [X.] 2125/16 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.03.2017 -
2 [X.]/17 -

9

Meta

XII ZB 185/17

13.09.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.09.2017, Az. XII ZB 185/17 (REWIS RS 2017, 5438)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5438

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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