1. Strafsenat | REWIS RS 2022, 5275
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Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn wird verpflichtet, bezüglich der zu dem Verfahren 555 Js 427/20 P = 115 Js 1171/20 der Staatsanwaltschaft Bonn gespeicherten Daten eine Vollsperrung vorzunehmen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die notwendigen außergerichtlichen Auslagen des Betroffenen sind aus der Staatskasse zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
I.
Unter dem 31. Januar 2022 beantragte der Betroffene gegenüber der Staatsanwaltschaft Bonn - neben der Auskunftserteilung betreffend sämtlicher gewährter Akteneinsichten - die Löschung der zu seiner Person gespeicherten Daten zu dem Aktenzeichen 555 Js 427/20 P, welches dort ursprünglich zu dem Aktenzeichen 115 Js 1171/20 geführt wurde, bevor es als „politisch motiviert“ eingestuft und intern an eine andere Abteilung abgegeben worden war.
Das Ermittlungsverfahren war nach Anzeigenerstattung durch einen Kommunalpolitiker unter Vorlage von ausgedruckten Chat-Protokollen wegen des Verdachts der versuchten Nötigung gegen den Betroffenen als Beschuldigten eingeleitet worden, nachdem beide auf dem Internetportal „A“ miteinander gechattet hatten und es zwischen ihnen zu Unstimmigkeiten gekommen war, in deren Verlauf der Chatpartner den Betroffenen u.a. mehrfach mit „Alter“ bezeichnet und der Betroffene geantwortet hatte: „SO oft wie du “Alter“ schreibst sollte ich diesen Chat vielleicht meinem Bekannten beim Generalanzeiger weiterleiten :-D.“ Im Rahmen der anschließenden Kommunikation zwischen beiden, ob es sich insoweit um eine „Drohung“, „Erpressung“ oder „Warnung“ handele, hatte der Betroffene schließlich geschrieben: „Also weißt du, wo du dran bist, und kannst dein Verhalten nach meinen Vorstellungen anpassen. xD.“ Durch Verfügung vom 21. August 2020 hatte die Staatsanwaltschaft Bonn das Verfahren schließlich nach § 170 Abs. 2 StPO - „Kennzahl 4011 (kein Anfangsverdacht)“ - in Ermangelung der Erfüllung eines Straftatbestandes, insbesondere nach §§ 240, 22, 23 Abs. 1 StGB, durch die (lediglich) „moralisch verwerflich“ anmutenden Äußerungen des Betroffenen eingestellt. Eine nachfolgend erhobene Einstellungsbeschwerde nach § 172 Abs. 1 StPO hatte der Anzeigenerstatter mit am 26. Oktober 2020 bei der Staatsanwaltschaft eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz vom selben Tage zurückgenommen, nachdem sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 406e, 162 StPO gegen die Versagung von Akteneinsicht seitens der Staatsanwaltschaft Bonn durch Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 19. Oktober 2020 (51 Gs 1440/20) mit inhaltlich gleichlautender Begründung zurückgewiesen worden war.
Mit Bescheid vom 21. Februar 2022 erteilte der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn (im Weiteren: Staatsanwaltschaft Bonn) dem Betroffenen die begehrte Auskunft betreffend eine gewährte Akteneinsicht und führte im Übrigen aus, die Speicherung personenbezogener Daten richte sich nach den §§ 483 ff. StPO. Sie umfasse „jedenfalls die vollständigen Personalien, Anschriften, Verfahrensbevollmächtigte und gerichtliche Aktenzeichen etc. des Beschuldigten“, was konkret heiße, es seien „die spezifischen Daten (Tatdatum, Tatort, Beteiligte, Aktenzeichen ect.)“ gespeichert. Sodann folgten Ausführungen zu den Aufbewahrungsfristen betreffend das Schriftgut unter Hinweis auf § 120 Abs. 1 JustG NRW und die AufbewahrungsVO NRW mit dem weiteren Bemerken, die Frist beginne mit dem Ablauf des Jahres, in dem die verfahrensbeendende Entscheidung rechtskräftig bzw. getroffen worden sei. Abschließend hieß es in dem Bescheid:
„Hinsichtlich Ihres Verfahrens 555 Js 427/20 liegen die Voraussetzungen zur Löschung Ihrer personenbezogenen Daten noch nicht vor. Das Verfahren wurde mit Verfügung vom 21.08.2020 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Verjährung tritt dort frühestens am 17.06.2025 ein, sodass zuvor nicht über eine Datenlöschung entschieden werden kann“.
Nach Erhalt dieses Bescheides, der dem Betroffenen formlos übersandt wurde und dem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, beantragte dieser unter dem 18. März 2022 (nochmals und diesmal unter Fristsetzung) die Löschung seiner „Personen- und Verfahrensdaten“ in dem Verfahren 555 Js 427/20 P unter Durchführung einer Einzelfallprüfung und zudem Auskunftserteilung „über Personen- und Verfahrensdaten zu meiner Person, die in der staatsanwaltschaftlichen Kartei der Staatsanwaltschaft Bonn gespeichert sind“. Durch Bescheid vom 14. April 2022 erteilte die Staatsanwaltschaft Bonn dem Betroffenen sodann Auskunft darüber, dass dort der (vollständige) Name des Betroffenen, sein Geburtsdatum und -ort, seine Staatsangehörigkeit und seine Anschrift gespeichert seien. Das Löschungsbegehren lehnte die Staatsanwaltschaft Bonn unter Bezugnahme auf ihren Bescheid vom 21. Februar 2022 und unter nochmaligem Hinweis darauf, dass sich die Speicherung personenbezogener Daten „nach den §§ 483ff. StPO“ richte, ab und führte dazu im Wesentlichen aus:
„Es handelt sich bereits um eine Einzelfallprüfung des Verfahrens 555 Js 427/20. Weitere Verfahren sind gegen Sie bei der Staatsanwaltschaft Bonn nicht anhängig.
(...) Nach § 489 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO beträgt die Löschfrist für diese Daten im elektronischen Vorgangsverwaltungssystem der Staatsanwaltschaft Bonn zehn Jahre ab dem Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens. Erledigungszeitpunkt eingestellter Verfahren ist nach § 489 Abs. 3 S. 3.StPO regelmäßig der Zeitpunkt des Verjährungseintritts. Dieser ist in dem Sie betreffenden Verfahren 555 Js 427 /20, wie bereits in meinem Schreiben vom 21.02.2022 mitgeteilt, der 17.06.2025. Vor Ablauf dieses Datums können die Ermittlungen grundsätzlich bei gegebenem Anlass wieder aufgenommen werden, sodass zuvor auch nicht über eine Löschung der Daten entschieden werden kann“.
Gegen diesen - gleichfalls formlos - übersandten Bescheid, den der Betroffene nach eigenen Angaben am 29. April 2022 erhalten hat, richtet sich sein privatschriftlicher Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23ff. EGGVG vom 12. Mai 2022, der am 13. Mai 2022 bei dem Oberlandesgericht Hamm eingegangen ist und mit dem der Betroffene unter umfangreichen näheren Ausführungen sein Löschungsbegehren weiterverfolgt und eine Verletzung seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung geltend macht.
Die Staatsanwaltschaft Bonn hat unter dem 17. Juni 2022 eine Gegenerklärung des Inhalts abgegeben, auch die Ausführungen in dem Antrag auf gerichtliche Entscheidungen gäben zu einer Änderung ihrer Entscheidung keinen Anlass.
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat unter dem 05. Juli 2022 Stellung genommen und beantragt, „den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe als unbegründet zu verwerfen, dass die Erwägungen in den angefochtenen Bescheiden eine über die Speicherung nach § 483 StPO hinausgehende Speicherung der personenbezogenen Daten des Betroffenen derzeit nicht tragen“.
Der Betroffene hat sich dazu durch privatschriftliche Eingabe vom 20. Juli 2022 geäußert, in der er insbesondere ausdrücklich hilfsweise die (Voll-)Sperrung seiner personenbezogenen Daten zu dem Verfahren 555 Js 427/20 P der Staatsanwaltschaft Bonn beantragt.
II.
Der Antrag ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Er führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und zur Verpflichtung der Staatsanwaltschaft Bonn, eine Vollsperrung der zu dem Verfahren 555 Js 427/20 P = 115 Js 1171/20 der Staatsanwaltschaft Bonn in dem dort geführten Vorgangsverwaltungs- und Bearbeitungssystem MESTA gespeicherten Daten, das der Betroffene als „staatsanwaltschaftliche Kartei der Staatsanwaltschaft Bonn“ bezeichnet hat, vorzunehmen.
1.
Der Antrag vom 12. Mai 2022 auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff. EGGVG ist zulässig.
Der Betroffene begehrt die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft Bonn zum Erlass eines abgelehnten Verwaltungsakts auf dem Gebiet der Strafrechtspflege nach § 23 Abs. 2 EGGVG. Die Weigerung in dem mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid vom 14. April 2022, dem Antrag auf Löschung zur Person des Betroffenen gespeicherter Daten zu entsprechen, stellt eine Verfügung einer Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet der Strafrechtspflege mit Maßnahmencharakter dar (vgl. Senat, Beschlüsse vom 02. Juli 2002 zu 1 VAs 5/02, vom 15. Juni 2010 zu III-1 VAs 16/10, zitiert nach juris Rn. 16, vom 30. April 2019 zu III-1 VAs 9/18 und vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 9).
Mangels eines förmlichen Rechtsbehelfs bedurfte es keines Vorschaltverfahrens nach § 24 Abs. 2 EGGVG.
Nachdem der Betroffene den Bescheid vom 14. April 2022 nach eigenen (unwiderlegten) Angaben in der Antragsschrift am 29. April 2022 erhalten hat, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 12. Mai 2022 am 13. Mai 2022 rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 EGGVG beim Oberlandesgericht Hamm schriftlich angebracht und begründet worden.
2.
Der Antrag hat in der Sache Erfolg. Er führt zur Aufhebung des angefochtenen staatsanwaltschaftlichen Bescheides (§ 28 Abs. 1 S. 1 EGGVG) und in eigener Sachentscheidung des Senats zum Ausspruch der Verpflichtung, eine Vollsperrung der zu dem Verfahren 555 Js 427/20 P = 115 Js 1171/20 der Staatsanwaltschaft Bonn in dem Vorgangsverwaltungs- und Bearbeitungssystem MESTA gespeicherten Daten vorzunehmen (§ 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG).
a)
Die Überprüfung der Ablehnung des Löschungsbegehrens des Betroffenen durch den angefochtenen Bescheid ist unter Beachtung des seit dem 26. November 2019 in Geltung befindlichen Regelungsgefüges des Datenschutzprozessrechts und der damit einhergehenden Grundsätze, insbesondere der (weiterhin) erforderlichen Einzelfallprüfung des „Erforderlichseins“ der (fortwährenden) Datenspeicherung, vom Senat vorgenommen worden.
aa)
Der Senat hat dazu bereits unter dem 26. Februar 2021 Folgendes ausgeführt (vgl. Senatsbeschluss zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 17; vgl. auch Senatsbeschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 15):
„Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 ist am 26. November 2019 in Kraft getreten (BGBl. I 2019, S. 1724 ff.). § 500 Abs. 1 StPO erklärt hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten Teil 3 des Bundesdatenschutzgesetzes für entsprechend anwendbar. Insoweit handelt es sich um eine eigenständige Normierung ohne Verweis auf die Datenschutzgrundverordnung (Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2020 zu III-1 VAs 59/20; Bayerisches Oberstes Landgericht, Beschluss vom 27. Januar 2020 zu 303 VAs 1846/19, zitiert nach juris Rn. 17). Danach hat der Betroffene gemäß § 500 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 58 Abs. 1 BDSG einen Berichtigungsanspruch (vgl. § 489 Abs. 1 StPO in der bis zum 25. November 2019 geltenden Fassung, im Weiteren: a.F.), wenn gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig oder unvollständig sind. Gemäß § 500 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 75 Abs. 2, 58 Abs. 2 BDSG hat er einen Löschungsanspruch (vgl. § 489 Abs. 2 S. 1 StPO a.F.), wenn die Verarbeitung der personenbezogenen Daten unzulässig ist, sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung des Verantwortlichen nicht mehr erforderlich ist (BT-Drs. 19/4671, S. 69). Daneben sind über § 500 Abs. 2 Nr. 1 StPO i.V.m. § 489 Abs. 1 und Abs. 2 StPO (als ergänzende Sonderregelungen) besondere Gründe einer Pflicht zur Löschung von personenbezogenen Daten geregelt (vgl. § 489 Abs. 2 S. 2 StPO a.F.; BT-Drs. 19/4671, S. 69). Insoweit handelt es sich um zwei selbstständige Grundlagen für die Löschung von Daten (vgl. Basar, jurisPR-StrafR 22/20 Anm. 2). Der neue § 489 Abs. 3 StPO tritt an die Stelle des § 489 Abs. 4 StPO a.F. und legt in seinem Satz 2 die einzuhaltenden Fristen für die Überprüfung der Notwendigkeit der Speicherung der nach § 484 StPO zum Zwecke künftiger Strafverfahren gespeicherten Daten fest (vgl. BT-Drs. 19/4671, S. 69 - sog. Aussonderungsprüffristen)“.
bb)
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben, von denen abzuweichen der Senat keine Veranlassung hat, hält der angefochtene Bescheid der Staatsanwaltschaft Bonn der gerichtlichen Überprüfung nicht stand, wobei das Löschungsbegehren des Betroffenen nach Maßgabe der sich aus § 500 Abs. 2 Nr. 1 StPO i.V.m. § 489 Abs. 1 Nr. 2 StPO ergebenden Voraussetzungen zu beurteilten ist.
Nach Bewertung des Inhalts angefochtenen Bescheides durch den Senat hat die Staatsanwaltschaft Bonn namentlich angesichts der ausdrücklichen Benennung des § 489 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO letztlich ausschließlich auf die Vorschrift des § 484 StPO, der die Speicherung zum Zwecke zukünftiger Strafverfahren betrifft, für die (fortwährende) Datenspeicherung rekurriert. Der allgemeine und nicht weiter auf den Einzelfall bezogene Hinweis der Staatsanwaltschaft Bonn sowohl unter dem 21. Februar 2021 als auch unter dem 14. April 2021 „Die Speicherung personenbezogener Daten richtet sich nach den §§ 483 ff. StPO“, kann bereits aus Transparenz- und Verständlichkeitsgründen nicht zu dem (Auslegungs-) Ergebnis führen, dass sich die (fortwährende) Datenspeicherung darüber hinaus auf weitere Vorschriften gründet. Dies gilt auch, soweit in dem Bescheid vom 21. Februar 2021 (ohne verständlichen Kontext) Ausführungen zur Aufbewahrung von Schriftstücken enthalten sind, die - wie sich gleichfalls ausdrücklich aus dem Bescheid vom 21. Februar 2021 ergibt - die „Ermittlungsakten selbst“ in Papierform, nicht aber die elektronische/digitale Datenspeicherung betreffen.
Allerdings hat die Staatsanwaltschaft Bonn ausweislich der Gründe des angefochtenen Bescheides vom 21. Februar 2022 in Gestalt des Bescheides vom 14. April 2022 die auch nach der neuen Rechtslage umfassende individuelle Einzelfallprüfung des Löschungsbegehrens des Betroffenen nicht vorgenommen (vgl. dazu auch Stürzl/Kremer, ZWH 2021, 316, 323), wobei sich das (zwingende) Erfordernis von deren Durchführung auch daraus ergibt, dass § 500 Abs. 1 StPO den gesamten Teil 3 des BDSG für entsprechend anwendbar erklärt, wozu insbesondere auch der § 47 BDSG gehört, in dem die allgemeinen Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten verankert sind, die die Strafverfolgungsbehörden zu beachten haben. Dazu gehören insbesondere das Prinzip der Datenminimierung, die Grundsätze der Zweckbindung, das Kriterium der Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit. Zudem muss stets das verfassungsmäßig verankerte Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen Berücksichtigung finden (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 24). Das „Erforderlichsein“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff (auch weiterhin) der (vollen) gerichtlichen Überprüfung (vgl. Senat, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 25; vgl. zur alten Rechtslage: Senat, Beschluss vom 13. Februar 2020 zu III-1 VAs 64/19; Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 489 Rn. 3).
Eine solche individuelle Einzelfallprüfung ist zunächst entgegen der in dem Bescheid vom 14. April 2022 vertretenen und vom Senat mit Verwunderung zur Kenntnis genommenen Auffassung nicht bereits deshalb durchgeführt worden, weil nur zu einem Verfahren personenbezogene Daten des Betroffenen gespeichert sind, deren Speicherung es zu überprüfen galt. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft Bonn die gebotene (inhaltliche) Einzelfallprüfung auf Grundlage des § 489 Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht vorgenommen und nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 484 Abs. 2 StPO eingehalten sind. Vielmehr hat sie über die Bezugnahme auf § 489 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO, der eine Regelung zu den sog. Aussonderungsprüffristen in Bezug auf die nach § 484 StPO gespeicherten Daten regelt, letztlich nur einen der insoweit in den Blick zu nehmenden Aspekte (und zudem mit unzutreffender Begründung, ohne dass dies allerdings entscheidungserheblich wäre, wie noch ausgeführt wird) berücksichtigt (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 42 m.w.N.; vgl. auch VG Köln, Urteil vom 23. April 2015 zu 20 K 3184/14, zitiert nach juris Rn. 60), was bereits die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach sich zieht.
Allerdings ist die Speicherung der personenbezogenen Daten des Betroffenen unter Berücksichtigung des § 484 Abs. 2 StPO, der über § 489 Abs. 1 Nr. 2 StPO Anwendung findet („…soweit die dortigen Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, …“), unzulässig. Denn das Verfahren zu 555 Js 247/20 P der Staatsanwaltschaft Bonn ist nach § 170 Abs. 2 StPO und damit ungeachtet der rechtlichen Möglichkeit der Wiederaufnahme der Ermittlungen wegen der Vergleichbarkeit zu einer Wiederaufnahme nach rechtskräftigem Freispruch oder nach unanfechtbarer Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens i.S.d. S. 2 der Vorschrift „nicht nur vorläufig eingestellt“ worden (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 55), wobei die Einstellung letztlich unter ausdrücklicher Angabe „Kennzahl 4011 (kein Anfangsverdacht)“ damit begründet worden ist, dass der Betroffene die Tat in Ermangelung eines strafbaren Verhaltens nicht begangen hat (vgl. § 484 Abs. 2 S. 2 StPO). Zwar bezieht sich diese Regelung nach Wortlaut und Systematik lediglich auf § 484 Abs. 2 S. 1 StPO und nicht auf die - wie hier - nach Abs. 1 des § 484 StPO gespeicherten Daten. Allerdings setzt auch eine (fortdauernde) Datenspeicherung im Umfang des Abs. 1 des § 484 StPO unter Berücksichtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen (ungeschrieben) sachliche Gründe voraus, die indes nach der Rechtsprechung des Senats dann nicht (mehr) gegeben sind, wenn das Ermittlungsverfahren letztlich aus Gründen eingestellt worden ist, die aus ex- tunc-Sicht schon dessen Einleitung entgegengestanden hätten (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 55). Daher hat die speichernde Behörde auch in Bezug auf nach § 484 Abs. 1 StPO gespeicherte Daten z.B. im Falle einer Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO stets das Bestehen eines sog. Restverdachts i.S. eines Anfangsverdachts zu prüfen (vgl. Senat, a.a.O. - m.w.N.). Ein solcher ist indes vorliegend ausweislich der Einstellungsverfügung vom 21. August 2020 in Ermangelung strafbaren Verhaltens gerade nicht gegeben.
Vor diesem Hintergrund kommt es nicht (mehr) darauf an, dass die Ausführungen der Staatsanwaltschaft Bonn zu der noch nicht abgelaufenen Aussonderungsprüffrist inhaltlich unzutreffend sind.
Denn insoweit ist nicht - wie in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt - § 489 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StPO anzuwenden, sondern die (speziellere) Nr. 3 der Vorschrift, welche eine dreijährige Aussonderungsprüffrist im Falle der - wie bereits ausgeführt - hier vorliegenden „nicht nur vorläufigen Verfahrenseinstellung“ vorsieht. Diese Frist beginnt nach Abs. 5 des § 489 StPO mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung geführt hat, und ist vorliegend angesichts der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung vom 21. August 2020 bzw. der unter dem 26. Oktober 2020 erfolgten Rücknahme der Einstellungsbeschwerde nach § 172 Abs. 1 StPO, von der der Senat aus den mitübersandten Handakten der Staatsanwaltschaft Bonn Kenntnis erlangt hat, ersichtlich noch nicht abgelaufen.
Wie der Senat bereits mit Beschluss vom 26. Februar 2021 (zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 24) ausgeführt hat, meint der Begriff der „Vorgangsverwaltung“ die Anlegung von Dateien zur Erfassung des bestehenden Akten- und Dateienmaterials, wobei vor allem die verwaltungsmäßige Erfassung des Aktenbestandes im Vordergrund steht (vgl. auch Senat, Beschluss vom 13. Februar 2020 zu III-1 VAs 64/19). Gemäß § 500 Abs. 2 Nr. 1 StPO i.V.m. § 489 Abs. 1 Nr. 3 StPO sind die nach § 485 StPO gespeicherten Daten (zwingend) zu löschen, sobald ihre Speicherung zum Zwecke der Vorgangsverwaltung nicht mehr „erforderlich ist“. Auch in diesem Zusammenhang ist die Prüfung des „Erforderlichseins“ dabei - wie bereits nach der bis zum 25. November 2019 geltenden Rechtslage - auch nach der neuen Gesetzeslage von der datenverantwortlichen Behörde umfassend im Rahmen einer individuellen Prüfung durchzuführen und darzulegen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Februar 2021 zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 24; Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 489 Rn. 3 m.w.N.; Basar, jurisPR-StrafR 22/2020 Anm. 2) und unterliegt der (vollen) gerichtlichen Überprüfbarkeit (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 24).Dabei kann bei der Prüfung des „Erforderlichseins“ der weiteren Datenspeicherung nach § 485 StPO grundsätzlich (zunächst) auf die Aufbewahrungsfristen der Aufbewahrungsverordnung Nordrhein-Westfalen abgestellt werden (vgl. Senat, a.a.O., Köhler, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 489 Rn. 3), wobei gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 der vorgenannten Verordnung i.V.m. lfd. Nr. 622 lit. d) der Anlage zur Aufbewahrungsverordnung Nordrhein-Westfalen für (nicht wegen Schuldunfähigkeit) eingestellte Straf- bzw. Ermittlungs- und Bußgeldverfahren eine einheitliche Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren gilt, die mit Ablauf des Jahres zu laufen beginnt, in dem die verfahrensbeendende Entscheidung rechtskräftig geworden bzw. - bei nicht erforderlicher Rechtskraftbescheinigung i.S.d. § 7 Aktenordnung - getroffen worden ist.
Die vom Senat nach diesen Maßgaben vorgenommene Überprüfung des angefochtenen Bescheides ergibt, dass die Staatsanwaltschaft Bonn zwar in ihrem Bescheid vom 21. Februar 2022 (allgemeine) Ausführungen zu den Aufbewahrungsfristen nach der vorgenannten Aufbewahrungsverordnung Nordrhein-Westfalen gemacht hat, diese aber (insbesondere unter Transparenzgesichtspunkten für den Betroffenen) zum einen weder aus sich heraus noch in dem dortigen inhaltlichen Kontext verständlich sind und es zum anderen an der erforderlichen einzelfallbezogenen „Subsumtion“ mangelt, die nach den bloß allgemeinen Ausführungen nicht einmal im Ansatz vorhanden ist, so dass von der Durchführung der erforderlichen Einzelfallprüfung in Bezug auf das „Erforderlichsein“ der (fortwährenden) Datenspeicherung nicht die Rede sein kann. Dies führt indes vorliegend (ausnahmsweise) nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, da es angesichts der Einstellungsverfügung vom 21. August 2020 bzw. der Rücknahme der Einstellungsbeschwerde nach § 172 Abs. 1 StPO unter dem 26. Oktober 2020 auf der Hand liegt, dass die Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen ist.
Allerdings ist der angefochtene Bescheid (dennoch) aufzuheben, weil es darin unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Datensparsamkeit an der Einzelfallprüfung des „Erforderlichseins“ in Bezug auf den (bloß) zur Vorgangsverwaltung gemäß § 485 StPO zulässigen Datenumfang fehlt (vgl. Senat, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 26; Basar, jurisPR-StrafR 22/2020 Anm. 2), wozu nach der Senatsrechtsprechung im Hinblick auf eine eindeutige Identifizierung (jedenfalls) Vor- und Zuname/n des Betroffenen, Geburtstag und -ort sowie das jeweilige Aktenzeichen gehören (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Juni 2010 zu III-1 VAs 16/10, zitiert nach juris Rn. 25). Insoweit ist in dem angefochtenen Bescheid weder dargelegt noch sonst für den Senat ersichtlich, wieso es zur verwaltungsmäßigen Erfassung des Akten- bzw. Dateienbestandes erforderlich ist, darüber hinaus insbesondere die im Bescheid vom 21. Februar 2022 aufgeführten sog. spezifischen Daten, wie Tatdatum bzw. -zeit, Tatort und Beteiligte, aber auch Anschriften des Betroffenen, seine Staatsangehörigkeit und Verfahrensbevollmächtigte (weiterhin) zu speichern (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 74/20, ztiert nach juris Rn. 26).
Dabei weist der Senat ergänzend darauf hin, dass, worauf bereits der - auch unter Transparenzgesichtspunkten bedenkliche - Zusatz „etc.“ in dem angefochtenen Bescheid hinter der Darlegung der sog. spezifischen Daten darauf hindeutet, die über den gespeicherten Datenumfang erteilte Auskunft der Staatsanwaltschaft Bonn nicht vollständig war. Denn wie sich aus einer in den dem Senat mitübersandten Handakten der Staatsanwaltschaft Bonn ergibt, ist dort (zu dem ursprünglichen Aktenzeichen 115 Js 1171/20) ferner unter der Rubrik „Delikt“ der gesetzliche Tatbestand „§ 240 StGB“ (weiterhin) gespeichert (wobei das Verfahren wegen versuchter Nötigung nach §§ 240, 22, 23 Abs. 1 StGB geführt wurde, was wohl einen Berichtigungsanspruch aus § 500 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 75 Abs. 1, 58 Abs. 1 BDSG nahelegt, soweit nicht ohnehin ein Löschungs- bzw. Vollsperrungsanspruch besteht, wie nachfolgend unter d) ausgeführt wird). Aus welchem Grund neben der (unzulässigen) Speicherung der sog. spezifischen und weiteren Daten die Speicherung des gesetzlichen Tatbestandes zur (bloßen) Vorgangsverwaltung (weiterhin) erforderlich sein soll, erschließt sich dem Senat nicht, zumal insbesondere von der Angabe des gesetzlichen Tatbestandes nach Bewertung durch den Senat für den Betroffenen gerade in Ermangelung der Angabe „Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO“, die indes gleichfalls unter dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit bedenklich wäre, durchaus eine stigmatisierende Wirkung ausgeht (vgl. dazu auch Senat, a.a.O.).
Aus alledem folgt, dass der Bescheid der Staatsanwaltschaft Bonn vom 21. Februar 2021 in Gestalt ihres Bescheides vom 14. April 2021 aufzuheben ist.
cc)
Lediglich ergänzend im Hinblick auf die Ausführungen der Generalstaatsanwältin in ihrer dem Betroffenen bekannt gemachten Zuschrift vom 05. Juli 2022 sieht der Senat sich zu folgendem Bemerken veranlasst:
Selbst wenn man davon ausginge, dass die (fortwährende) Datenspeicherung (zumindest auch) auf § 483 StPO zum Zwecke des (eingestellten) Straf- bzw. Ermittlungsverfahrens beruhte, was nach der Bewertung durch den Senat den Ausführungen zur Verjährung bzw. der Erwägung, die Ermittlungen könnten trotz Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO grundsätzlich wieder aufgenommen werden, (insbesondere unter Transparenz- und Verständlichkeitsgesichtspunkten) weder für sich noch im inhaltlichen Kontext den Gründen des angefochtenen Bescheides entnommen werden kann, führte dies zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Zwar besteht derzeit noch kein Löschungsanspruch aus § 489 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 3 StPO, da - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt- Verjährung noch nicht eingetreten ist.
Allerdings besteht ein Löschungsanspruch aus § 500 Abs. 1 StPO i.V. m. §§ 75 Abs. 2, 58 Abs. 2 BDSG, den die Staatsanwaltschaft Bonn ausweislich der Gründe des angefochtenen Bescheides mit keinem Wort erwähnt bzw. geprüft hat.
Gemäß § 500 Abs. 1 i.V.m. §§ 75 Abs. 2, 58 Abs. 2 BDSG hat der Verantwortliche personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, wenn ihre Verarbeitung unzulässig ist, sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssen oder ihre Kenntnis für seine Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist.
Zwar ist weder die Unzulässigkeit der Datenspeicherung, insbesondere ihres Umfanges im Hinblick auf § 483 Abs. 1 S. 3 StPO, noch ersichtlich, dass sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung gelöscht werden müssten, allerdings ist ihre Kenntnis nicht (mehr) zur Aufgabenerfüllung des Verantwortlichen, d.h. der Staatsanwaltschaft Bonn, erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen aus rechtlichen Gründen mangels strafbaren Verhaltens bzw. mangels Anfangsverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Auch die (für sich genommen ohnehin sehr knappe) Erwägung in dem angefochtenen Bescheid, die Ermittlungen könnten grundsätzlich wieder aufgenommen werden, die die Generalstaatsanwältin in Hamm dahin konkretisiert hat, eine solche Wiederaufnahme sei insbesondere vor dem Hintergrund einer geänderten Sachlage infolge weiteren tatsächlichen Vorbringens des Anzeigenerstatters bzw. deshalb nicht auszuschließen, weil der Betroffene sich im Grenzbereich strafbaren Verhaltens bewegt habe, führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn nach der Bewertung durch den Senat ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die vorgenannten Erwägungen nach nunmehr fast zwei Jahren zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung führen könnten. Insbesondere ist weiteres tatsächliches Vorbringen des Anzeigenerstatters schon angesichts des Zeitablaufs auszuschließen, zumal bereits die ursprüngliche Anzeigenerstattung auf Grundlage der (vollständig ausgewerteten) Chatprotokolle erfolgte und es zudem nahegelegen hätte, etwaigen Anhaltspunkten dafür, dass der Anzeigenerstatter insbesondere das seitens des Betroffenen geforderte Verhalten konkretisieren könne, schon im Rahmen der ursprünglich geführten Ermittlungen vor Verfahrenseinstellung, z.B. durch dessen zeugenschaftliche (Nach-)Vernehmung, nachzugehen.
b)
Nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides hat der Senat die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft Bonn zur Vornahme einer Vollsperrung der (kompletten) gespeicherten Datensätze ausgesprochen (§ 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG i.V.m. §§ 75 Abs. 3 S. 1, 58 Abs. 3 Nr. 3 BDSG) und diesen Ausspruch nicht auf den über § 485 StPO hinausgehenden unzulässigen Umfang beschränkt.
Denn wie dem Senat aus früheren - gleichgelagerten - Verfahren bekannt ist, ist weder das Löschen einzelner Einträge aus dem System MESTA technisch möglich, noch ist eine Änderung der zugrundeliegenden Softwareprogrammierung in dem von verschiedenen Staatsanwaltschaften in mehreren Bundesländern genutzten System MESTA jeweils vor Ort zu realisieren. Da insoweit die Löschung systembedingt nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, ist sie durch eine Vollsperrung gemäß §§ 75 Abs. 3 S. 1, 58 Abs. 3 Nr. 3 BDSG zu ersetzen (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Februar 2021 zu III-1 VAs 74/20, zitiert nach juris Rn. 27; vgl. auch jeweils zur alten Rechtslage nach § 489 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 StPO a.F. Senat, Beschluss vom 30. April 2019 zu III-1 VAs 9/18 und Beschluss vom 15. Juni 2010 zu III-1 VAs 16/10, zitiert nach juris Rn. 27 ff.) mit der Folge, dass ausschließlich Bedienstete Zugriff auf die Datensätze haben, die mit der Aktenvernichtung betraut sind.
3.
Angesichts der aufgezeigten erheblichen (Begründungs-)Mängel des angefochtenen Bescheides, die der Senat mit Verwunderung zur Kenntnis genommen hat, sieht er sich abschließend zu dem Bemerken veranlasst, dass es nicht Aufgabe des Senats ist, eine (eigene) Einzelfallprüfung des „Erforderlichseins“ der weiteren Datenspeicherung gleichsam ungeachtet der Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und insbesondere anhand von sich ausschließlich aus den übersandten Sach- bzw. Handakten ergebenden Umständen vorzunehmen, sondern dass es vielmehr der Staatsanwaltschaft Bonn als datenverantwortlicher Behörde obliegt, die von ihr vorzunehmende umfassende Einzelfallprüfung derart sorgfältig in ihrem Bescheid darzulegen, dass sie für den Betroffenen unter Transparenzgesichtspunkten und für den Senat im Rahmen der Überprüfung des „Erforderlichseins“ der weiteren Datenspeicherung nachvollziehbar ist.
III.
Es entstehen keine Gerichtsgebühren, da kein Gebührentatbestand verwirklicht ist (vgl. Nr. 15300 bzw. Nr. 15301 des KV - Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG). Insbesondere führt der Ausspruch über die Verpflichtung zur Vollsperrung (statt der Löschung) nicht zu einer kostenrelevanten (teilweisen) Zurückweisung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung (§§ 23 ff. EGGVG).
Allerdings besteht Anlass zur Erstattung außergerichtlicher Kosten (§ 30 S. 1 EGGVG). Eine solche Anordnung kommt nur im Ausnahmefall in Betracht, wenn dies durch die Lage des Einzelfalls besonders gerechtfertigt ist, namentlich bei offensichtlicher oder grober Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Verwaltungshandelns (vgl. Senat, Beschluss vom zu III-1 VAs 77/20, zitiert nach juris Rn. 67; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06. November 2009 zu 1 VAs 2/09, zitiert nach juris Rn. 21 m.w.N.). Sie ist vorliegend angesichts der aufgezeigten Mängel des angefochtenen Bescheides angezeigt.
IV.
Die Festlegung des Geschäftswertes beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 19 GNotKG.
V.
Der Senat lässt die Rechtbeschwerde nicht zu, da keiner der in § 29 Abs. 2 S. 1 EGGVG abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt.
Meta
08.08.2022
Oberlandesgericht Hamm 1. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: VAs
Zitiervorschlag: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 08.08.2022, Az. 1 VAs 48/22 (REWIS RS 2022, 5275)
Papierfundstellen: REWIS RS 2022, 5275
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
1 VAs 74/20 (Oberlandesgericht Hamm)
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