FG München, Urteil vom 23.02.2015, Az. 7 K 3229/14

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Gegenstand

(Erneute Klageerhebung nach Erledigung der Hauptsache)


Tatbestand

I. Streitig ist, ob das Finanzamt die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2009 vom 24. September 2014 zu Recht abgelehnt hat.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Dem gegen den Einkommensteuerbescheid vom 25. August 2011 eingelegten Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2013 insoweit abgeholfen, als die Einkommensteuer 2009 auf 34.819 € herabgesetzt wurde, im Übrigen wurde er als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen beim Finanzgericht (FG) München erhobenen Klage (Aktenzeichen 7 K 782/13) wandten sich die Kläger unter anderem gegen die Versagung von Werbungskosten im Zusammenhang mit den nichtselbständigen Einkünften des Klägers. Bei der Erörterung des Sach- und Rechtsstandes gemäß § 79 Finanzgerichtsordnung (FGO) am 1. September 2014 verständigten sich die Beteiligten dahingehend, dass der Einkommensteuerbescheid 2009 mit der Maßgabe geändert wird, dass Telefonkosten von 150 €, Umzugskosten von 200 € und Bewirtungskosten von 150 € als Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit vom Finanzamt anerkannt werden. Im Übrigen wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt (vgl. Niederschrift vom 1. September 2014). Mit Änderungsbescheid zur Einkommensteuer vom 24. September 2014 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer entsprechend der getroffenen Vereinbarung fest.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 2014 legten die Kläger Einspruch gegen diesen Bescheid ein, da in der Einkommensteuererklärung 2009 vergessen worden sei, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Aufwendungen von 528,85 € für das anteilig genutzte Arbeitszimmer geltend zu machen. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. November 2014 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgen die Kläger die Anerkennung der Kosten für das Arbeitszimmer weiter. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei ein Einspruch gegen einen in Teilen erörterten oder entschiedenen Steuerbescheid zulässig, sofern er die nicht streitgegenständlichen Teile des Steuerbescheides betrifft (BFH-Urteil vom 19. September 2012 VI R 92/10). So verhalte es sich im Streitfall, weil die Aufwendungen für das Arbeitszimmer auch noch in anderen Steuerbescheiden strittig seien.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Entscheidung über die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Einkommensteuerfestsetzung vom 24. September 2014 bis zu einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ruhen zu lassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 1. September 2014 sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe

II. Die Klage ist unzulässig, da ihr die vor dem FG München im Erörterungstermin vom 1. September 2014 abgegebene beiderseitige Erledigungserklärung zu demselben Streitgegenstand, der Einkommensteuerfestsetzung 2009, entgegensteht. Ein Ruhen des Verfahrens nach Maßgabe des § 155 FGO i.V.m. § 251 Zivilprozessordnung (ZPO) kommt nicht in Betracht.

Durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen wurde die Steuerfestsetzung unanfechtbar (vgl. Urteil des FG München vom 20. Mai 2010 11 K 2508/07, juris-web rechtskräftig, vgl. BFH-Beschluss vom 9. Juni 2011 VIII B 111/10, BFH/NV 2011, 1712). Die Erledigungserklärung ist eine prozessuale Bewirkungshandlung, die den Rechtsstreit in gleicher Weise wie ein Urteil beendet (§ 110 FGO), das eine Steuerfestsetzung abändert, wenn sie in Übereinstimmung mit dem Gegner abgegeben wird. Die Prozesslage wird durch diese übereinstimmenden Erklärungen abschließend gestaltet (BFH-Urteile vom 22. Mai 1984 VIII R 60/79, BStBl II 1984, 697 und vom 14. Mai 2003 XI R 21/02, BStBl II 2003, 888).

Erklärt sich das Finanzamt wie im Streitfall im Klageverfahren zu einer Änderung des angefochtenen Bescheids bereit und erklären daraufhin die Beteiligten die Hauptsache für erledigt, ist ein erneuter Rechtsbehelf gegen den danach ergangenen Abhilfebescheid unzulässig. Soweit dieser gemäß der gegebenen Zusage ergeht, ist er nach § 351 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), § 42 FGO unanfechtbar (BFH vom 14. Mai 2003 XI R 21/02, Der Betrieb - DB - 2003, 2049 m.w.N).

Eine Anfechtung des aufgrund der Vorprozess-Einigung ergangenen neuen Steuerbescheides käme nur dann in Betracht, wenn mit der Klage eine unvollständige oder sonst rechtsfehlerhafte Umsetzung einer Änderungszusage geltend gemacht wird, die bei der Erledigungserklärung des Vorprozesses abgegeben wurde. Vorliegend hat das Finanzamt die in der Erörterung vom 1. September 2014 getroffenen Vereinbarungen für die Streitjahre durch den Erlass des Änderungsbescheids zur Einkommensteuer vom 24. September 2014 unstreitig zutreffend umgesetzt.

Der Bescheid ist somit bestandskräftig geworden. Eine Änderung nach den Änderungsvorschriften der §§ 172 ff Abgabenordnung (AO) im Zusammenhang mit Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach Abgabe der Erledigungserklärungen nicht mehr möglich.

Der Kläger kann sich auch nicht auf das BFH-Urteil vom 19. September 2012 berufen. Denn der BFH hat auch insoweit entschieden, dass der Sinn und Zweck der Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 4 AO einer erneuten Änderung eines zuvor bereits durch Gerichtsentscheidung geänderten Steuerbescheids entgegen steht, wenn es sich um denselben Streitgegenstand handelt. Lediglich in dem Fall, in dem sich zwei oder mehrere verschiedene Besteuerungsverfahren gegenüberstehen, in denen ein bestimmter Sachverhalt jeweils widersprüchlich geregelt ist, soll die Finanzbehörde die Möglichkeit zur Berichtigung erhalten. Verhält es sich jedoch wie im Streitfall, dass über den Streitgegenstand „Einkommensteuer 2009“ rechtskräftig entschieden worden ist, erstreckt sich die materielle Rechtskraftwirkung der getroffenen Einigung entsprechend der Vorschrift des § 110 Abs. 1 FGO auch auf die Frage der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, so dass eine nachträgliche Berücksichtigung ausscheidet.

Im Übrigen muss das Finanzamt nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung in jedem Veranlagungszeitraum den steuerrechtlich relevanten Sachverhalt erneut prüfen und rechtlich würdigen. Es bleibt den Klägern daher unbenommen, die Aufwendungen für das Arbeitszimmer – soweit sie auch in späteren Besteuerungszeiträumen angefallen sind - bei den Werbungskosten dieser Besteuerungszeiträume geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Datenquelle d. amtl. Textes: Bayern.Recht

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7 K 3229/14

23.02.2015

FG München

Urteil

Zitier­vorschlag: FG München, Urteil vom 23.02.2015, Az. 7 K 3229/14 (REWIS RS 2015, 15135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15135

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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