Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. I ZR 100/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 12571

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Gegenstand

(Notarielle Unterlassungserklärung in Wettbewerbssachen: Beseitigung des Rechtsschutzbedürfnisses und Wegfall der Wiederholungsgefahr ohne Androhungsbeschluss gemäß § 890 ZPO - Notarielle Unterlassungserklärung)


Leitsatz

Notarielle Unterlassungserklärung

1. Der Zugang einer vom Schuldner abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung beseitigt nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs.

2. Lässt sich der Gläubiger auf die Streitbeilegung mittels notarieller Unterlassungserklärung ein, so ist für den Wegfall der Wiederholungsgefahr die Zustellung des Beschlusses über die Androhung von Ordnungsmitteln gem. § 890 Abs. 2 ZPO beim Schuldner erforderlich.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 10. April 2015 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien handeln über das [X.] mit Fahrradzubehör. Die Klägerin mahnte den Beklagten im Dezember 2013 wegen einer irreführenden Produktbeschreibung ab. Dieser verpflichtete sich mit notarieller Urkunde vom 9. Dezember 2013, das beanstandete Verhalten zu unterlassen, und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Die Klägerin erwirkte in Kenntnis der notariellen Urkunde eine auf Unterlassung des beanstandeten Verhaltens gerichtete einstweilige Verfügung des [X.] vom 18. Dezember 2013.

2

Im Januar 2014 beantragte die Klägerin bei dem [X.] zu der notariellen Urkunde die Androhung von [X.]. Der Beklagte rügte die örtliche Unzuständigkeit des [X.] für das Androhungsverfahren. Im Verfügungsverfahren beantragte er die Fristsetzung zur Hauptsacheklage nach § 926 ZPO, die das [X.] am 30. Januar 2014 anordnete. Den Antrag auf Ordnungsmittelandrohung wies das [X.] mit Beschluss vom 11. März 2014 zurück, weil es seine Zuständigkeit verneinte. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin war erfolglos ([X.], Beschluss vom 26. März 2014 - 6 W 43/14, [X.], 277 = [X.], 746). Am 10. April 2014 beantragte die Klägerin bei dem [X.], in dessen Bezirk der die Unterlassungserklärung beurkundende Notar seinen Sitz hatte, die Androhung von [X.]. Das Amtsgericht erließ den Androhungsbeschluss am 16. Mai 2014, der dem Beklagten am 21. Mai 2014 zugestellt wurde.

3

Nach Anordnung der Klageerhebung hat die Klägerin die vorliegende Klage zur Hauptsache anhängig gemacht, mit der sie zunächst Unterlassung und Freistellung von den vorgerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 413,90 € verlangt hat. Nach Zustellung des [X.] des Amtsgerichts an den Beklagten hat die Klägerin den Unterlassungsantrag für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

4

Das [X.] hat den Freistellungsanspruch zuerkannt und den auf Feststellung der Erledigung des [X.] gerichteten Klageantrag abgewiesen ([X.], Urteil vom 23. September 2014 - 33 O 29/14, juris). Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Feststellung ausgesprochen, dass der ursprüngliche Unterlassungsantrag erledigt ist ([X.], Urteil vom 10. April 2015 - 6 U 149/14, [X.], 405 = [X.], 623). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen auf Abweisung des [X.] gerichteten Antrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

I. Das [X.]erufungsgericht hat den Klageantrag auf Feststellung der Erledigung des [X.] für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:

6

Die Unterlassungsklage sei ursprünglich zulässig und begründet gewesen. Erst durch Zustellung des [X.]eschlusses über die Androhung von [X.] des [X.] sei die Wiederholungsgefahr entfallen und der Unterlassungsanspruch unbegründet geworden.

7

Das Rechtsschutzbedürfnis für die Unterlassungsklage habe nicht gefehlt. Nach der Zustellung einer notariellen Unterlassungserklärung bestehe zwar für eine [X.] - an[X.] als für ein Eilverfahren - grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Gläubiger durch die notarielle Urkunde ebenso gesichert sei wie durch einen gerichtlichen Titel in der Hauptsache. Der Gläubiger könne einen auf die Androhung von [X.] gerichteten [X.]eschluss schneller erlangen als ein Urteil im Hauptsacheverfahren. Der vorliegend bis zum Erlass des [X.] verstrichene [X.]raum falle in den Verantwortungsbereich der Klägerin, die ihren Antrag zunächst bei einem unzuständigen Gericht gestellt habe. Das Rechtsschutzbedürfnis bestehe vorliegend jedoch ausnahmsweise, weil der Klägerin auf Antrag des [X.]eklagten eine Frist zur Erhebung der [X.] nach § 926 Abs. 1 ZPO gesetzt worden sei. Zwar sei fraglich, ob dem Antrag des [X.]eklagten auf Anordnung der [X.] ein Rechtsschutzbedürfnis zugrunde gelegen habe, weil er seine [X.] nicht in Abrede gestellt und mit seinem Antrag nur das Ziel verfolgt habe, sich der Kosten des [X.] zu entledigen. Der Klägerin könne es jedoch nicht zugemutet werden, zunächst abzuwarten, ob der Antrag des [X.]eklagten nach § 926 Abs. 2 ZPO als unzulässig zurückgewiesen werde. Der [X.]eklagte habe mit seinem Antrag das prozessuale Vorgehen der Klägerin vorgegeben.

8

Die Unterlassungsklage sei anfänglich begründet gewesen. Die angegriffene Handlung sei wettbewerbswidrig gewesen. Die Wiederholungsgefahr sei erst durch die Zustellung des [X.]eschlusses über die Androhung von [X.] zu der notariell beurkundeten Unterlassungserklärung entfallen. An[X.] als im Falle einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gehe von der notariellen Unterwerfung unmittelbar nach ihrer Abgabe noch keine Abschreckungswirkung aus, weil sie noch dem Schuldner zugestellt, durch den Gläubiger ein Androhungsbeschluss beantragt, der Schuldner hierzu angehört und ihm der Androhungsbeschluss zugestellt werden müsse. So werde dem Schuldner ein erheblicher [X.]raum eröffnet, währenddessen er mit einer Ahndung von Verstößen nicht rechnen müsse. Von der Möglichkeit, die notarielle Unterlassungserklärung mit weiteren [X.] - etwa einer strafbewehrten Unterwerfung, die mit der auflösenden [X.]edingung der Zustellung des [X.] versehen sei - zu verbinden, habe der [X.]eklagte keinen Gebrauch gemacht.

9

II. Die gegen diese [X.]eurteilung gerichtete Revision der [X.]eklagten hat keinen Erfolg.

1. Hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, ist zu prüfen, ob der Unterlassungsantrag bis zum geltend gemachten erledigenden Ereignis zulässig und begründet war und - wenn dies der Fall ist - durch dieses Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die Erledigung der Hauptsache festzustellen; anderenfalls ist die Klage abzuweisen oder - wenn die Klage in der Vorinstanz erfolglos war - das Rechtsmittel zurückzuweisen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 2011 - I ZR 131/10, [X.], 651 Rn. 17 = [X.], 1118 - [X.]; Urteil vom 30. Januar 2014 - [X.], [X.], 385 Rn. 13 = [X.], 443 - H 15).

2. Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, der Unterlassungsantrag sei im [X.]punkt der Klageerhebung zulässig gewesen, insbesondere habe ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die Klage bestanden, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

a) Entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts folgt ein Rechtsschutzinteresse im Streitfall noch nicht allein aus dem Umstand, dass die Klägerin mit der Klageerhebung der auf Antrag des [X.]eklagten ergangenen Anordnung nach § 926 Abs. 1 ZPO Folge geleistet hat. Zwar wäre die einstweilige Verfügung vom 18. Dezember 2013 nach § 926 Abs. 2 ZPO möglicherweise aufgehoben worden, wenn die Klägerin die Klage nicht erhoben hätte. Jedoch vermag die Fristsetzung nach § 926 Abs. 1 ZPO ein fehlendes Rechtsschutzinteresse ebenso wenig wie eine fehlende materielle Voraussetzung der Klage zu ersetzen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Dezember 1986 - [X.], NJW-RR 1987, 683, 685; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 926 Rn. 8). Entscheidend ist vielmehr, ob der Klägerin angesichts der ihr zugegangenen notariellen Unterlassungserklärung im [X.]punkt der Klageerhebung ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren zuzubilligen war.

b) Leistungsklagen, mit denen fällige Ansprüche verfolgt werden, sind grundsätzlich ohne Darlegung eines besonderen Interesses an einem Urteil zulässig. Nur wenn das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise aus besonderen Gründen fehlt, ist eine solche Klage als unzulässig abzuweisen ([X.]/[X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § [X.] Rn. 30 f.). Dies kann der Fall sein, wenn der Kläger bereits einen vollstreckbaren Titel über den geltend gemachten Anspruch besitzt und daraus unschwer die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Allerdings ist dem Gläubiger trotz eines Vollstreckungstitels die Erhebung der Klage nicht verwehrt, wenn er hierfür einen verständigen Grund hat ([X.], Urteil vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.], 588 Rn. 10).

aa) Der Erlass einer einstweiligen Verfügung steht der Verfolgung des im Eilverfahren nur vorläufig titulierten Anspruchs im Hauptsacheverfahren nicht entgegen, solange nicht der Schuldner eine Abschlusserklärung abgegeben hat (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 2. Juli 2009 - [X.], [X.]Z 181, 373 Rn. 14 - [X.] weis; Urteil vom 19. Mai 2010 - [X.], [X.], 855 Rn. 16 = [X.], 1035 - Folienrollos, mwN). Im Ausnahmefall kann sich die parallele Vorgehensweise als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG erweisen, wenn der Gläubiger ohne Not das Hauptsacheverfahren einleitet und nicht abwartet, ob die beantragte Verfügung erlassen und vom Gegner als endgültige Regelung akzeptiert wird (vgl. [X.], Urteil vom 20. Dezember 2001 - [X.], [X.], 715, 716 = [X.], 977 - Scanner-Werbung).

Unter diesem Aspekt ist die Klägerin im Streitfall an der Einleitung des Hauptsacheverfahrens nicht gehindert gewesen. Der [X.]eklagte hat durch seinen Antrag auf Fristsetzung zur [X.] nach § 926 Abs. 1 ZPO zu erkennen gegeben, dass er nicht bereit ist, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung zu akzeptieren.

bb) Das Rechtsschutzbedürfnis ist durch den Zugang der notariellen Unterwerfung nicht beseitigt worden, weil die Klägerin vernünftige Gründe hatte, ihren Unterlassungsanspruch gleichwohl gerichtlich geltend zu machen.

(1) Die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO setzt zunächst voraus, dass sich der Schuldner wegen eines Anspruchs, der einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und konkret und inhaltlich bestimmt bezeichnet ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 5. September 2012 - [X.]/11, [X.], 1371 Rn. 14 ff.), der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Die Zwangsvollstreckung findet aus der mit der Vollstreckungsklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung (§§ 795, 724 ZPO) statt, die der die Urkunde verwahrende Notar erteilt (§ 797 Abs. 2 ZPO). Im Falle einer in der Urkunde titulierten Unterlassungsverpflichtung bedarf es für die Vollstreckung einer Androhung von [X.] nach § 890 Abs. 2 ZPO (vgl. [X.], [X.], 6, 8; [X.], [X.], 532, 534; [X.], [X.], 527, 528). Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist (§ 798 ZPO).

(2) Ob die Errichtung einer notariellen Unterlassungserklärung und ihr Zugang beim Gläubiger bereits das Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Rechtsverfolgung beseitigen, wird kontrovers beurteilt. Teilweise wird vertreten, bereits die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Unterwerfungserklärung lasse das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, sofern der Schuldner den Gläubiger auf das Erfordernis einer [X.] nach § 890 Abs. 2 ZPO hinweise ([X.].UWG/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 62; [X.], [X.], 6, 8 f.). Nach anderer Auffassung lässt die notarielle Unterlassungserklärung bis zur Zustellung eines solchen [X.] das Rechtsschutzbedürfnis unberührt, da der Schuldner in der Zwischenzeit gegen die [X.] verstoßen kann, ohne mit der Verhängung eines Ordnungsmittels rechnen zu müssen ([X.] in [X.]/[X.], UWG, 34. Aufl., § 12 Rn. 1.112d; [für das Eilverfahren] [X.]/[X.], Die einstweilige Verfügung in [X.], 3. Aufl., [X.] Rn. 100; [X.]/[X.] 2/2015 [X.]. 2; [X.], [X.], 527, 531; Tavanti, [X.], 1411, 1412). Ferner wird die Gleichwertigkeit der notariellen Unterwerfung für den Fall bezweifelt, dass das Ordnungsmittelverfahren nicht beim [X.], sondern bei analoger Anwendung des § 797 Abs. 3 ZPO beim Amtsgericht am Ort des beurkundenden Notars durchzuführen ist ([X.]/[X.] 2/2015 [X.]. 2; vgl. auch [X.], [X.], 532, 536).

(3) Die Klägerin hatte auch nach Zugang der notariellen Unterlassungserklärung vernünftige Gründe, am gerichtlichen Vorgehen gegen den [X.]eklagten festzuhalten.

Solange aus einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung mangels Zustellung eines [X.] nach § 890 Abs. 2 ZPO oder Ablaufs der Wartefrist des § 798 ZPO nicht vollstreckt werden kann, verfügt der Gläubiger nicht über eine dem gerichtlichen Titel in der Hauptsache gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit, weil zwischenzeitliche Verstöße des Schuldners gegen seine [X.] nicht geahndet werden können und es somit an der effektiven Sicherung der [X.] fehlt (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 12 Rn. 1.112d).

Der Gläubiger muss sich auf die notarielle Unterwerfung aber auch wegen der mit ihrer Durchsetzung verbundenen Unsicherheiten und Erschwernisse nicht einlassen. [X.]esondere [X.]edeutung erlangt hier die in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortete Frage, welches Gericht als Prozessgericht erster Instanz für den Erlass der [X.] (§ 890 Abs. 2 ZPO) sowie die Durchführung des [X.] (§ 890 Abs. 1 ZPO) zuständig ist (für das Amtsgericht am Sitz des Notars: [X.], [X.], 746; [X.], [X.], 646; [X.], [X.]eschluss vom 21. Juni 1999 - 7 W 28/99, juris; [X.], [X.], 71; [X.]/[X.], ZPO, 31. Aufl., § 890 Rn. 14 iVm § 887 Rn. 6; [X.].ZPO/[X.], 4. Aufl., § 890 Rn. 25 u. 16 iVm § 887 Rn. 25; für das Gericht, das für den [X.] zuständig wäre: [X.], [X.], 117; [X.], [X.], 532, 534; [X.], [X.], 527, 528; Tavanti, [X.], 1411, 1412).

Dass schon die Klärung der [X.] für das Androhungsverfahren zu erheblichen zeitlichen Schutzlücken führen kann, veranschaulicht der vorliegende Fall. Die Klägerin hat, nachdem sie im Dezember 2013 die notarielle Unterlassungserklärung erhalten hatte, im Januar 2014 den Erlass des [X.] bei dem [X.] Köln beantragt, das diesen Antrag - nach entsprechender Rüge des [X.]eklagten - mit [X.]eschluss vom 11. März 2014 wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückwies. Nach erfolglos durchgeführtem [X.]eschwerdeverfahren und erneuter Antragstellung vor dem [X.] ist der Anordnungsbeschluss am 16. Mai 2014 ergangen und dem [X.]eklagten am 21. Mai 2014 zugestellt worden.

Soweit die Revision darauf verweist, dass bis zum Zugang einer strafbewehrten Unterlassungserklärung oder - sofern der Schuldner sich nicht unterwirft - bis zum Erlass eines Titels im Verfügungsverfahren gleichermaßen zeitliche Schutzlücken bestünden, so ist dies im vorliegenden Zusammenhang ohne [X.]edeutung. Im Rahmen der [X.]eurteilung des [X.] ist allein maßgeblich, ob der bereits bestehende Titel eine dem angestrebten Titel gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit bietet. Dies ist nicht der Fall, solange der [X.]eschluss über die Androhung von [X.] wegen Verstoßes gegen die notarielle Unterlassungserklärung nicht dem Schuldner zugestellt ist.

Aus der Sicht des Gläubigers besteht ein weiterer Nachteil der notariellen Unterlassungserklärung darin, dass er mit der Möglichkeit rechnen muss, das Ordnungsmittelverfahren vor dem Amtsgericht am Sitz des Notars durchführen und bei der [X.]eurteilung der Reichweite einer Unterlassungsverpflichtung und der Kerngleichheit von Handlungen auf die besondere Erfahrung der nach § 13 UWG ständig mit [X.] befassten [X.]e verzichten zu müssen. Zugleich ist dem Gläubiger die Möglichkeit der nach Maßgabe des § 14 UWG eröffneten [X.] genommen, wohingegen der Schuldner die Zuständigkeit des Gerichts das Ordnungsmittelverfahren durch die Wahl des Notars beeinflussen kann (vgl. [X.]/[X.] 2/2015 [X.]. 2), wenn tatsächlich eine amtsgerichtliche Zuständigkeit für das Ordnungsmittelverfahren bejaht werden sollte.

Mithin bestehen vernünftige Gründe für den Gläubiger, auch nach Zugang einer notariellen Unterlassungserklärung am gerichtlichen Vorgehen gegen den Schuldner festzuhalten. Lässt sich der Gläubiger nicht auf die Streiterledigung mittels notarieller Unterwerfung ein, indem er etwa davon absieht, die [X.] gemäß § 890 Abs. 2 ZPO herbeizuführen, so bleibt das Rechtsschutzbedürfnis für das gerichtliche Vorgehen unberührt. Der Gläubiger hat es deshalb in der Hand, ob er sich auf die notariell beurkundete Unterwerfung einlässt und die Androhung von [X.] beantragt oder davon absieht und einen [X.] im Hauptsacheverfahren erwirkt.

c) Im Streitfall hat der Zugang der notariellen Unterlassungserklärung das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung der [X.] mithin nicht beseitigt.

3. Der Unterlassungsantrag war, wie das [X.]erufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, im [X.]punkt der Klageerhebung auch begründet.

a) Die [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts, die angegriffene werbliche Angabe sei wegen ihres irreführenden Inhalts wettbewerbswidrig gewesen, greift die Revision nicht an. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

b) Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist durch den Zugang der notariellen Unterlassungserklärung vom 9. Dezember 2013 bei der Klägerin nicht beseitigt worden.

aa) Dass die notarielle Unterlassungserklärung - wie andere Vollstreckungstitel auch - im Grundsatz geeignet ist, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, steht nicht in Zweifel (vgl. [X.], [X.], 6, 9; [X.], [X.], 527, 531). [X.]esonderheiten ergeben sich allerdings im Hinblick auf die aus der Gleichstellung mit gerichtlichen Titeln folgenden sowie in § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO genannten Erfordernisse an den Inhalt der Urkunde. Danach muss sich der Schuldner wegen eines Anspruchs, der einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und konkret und inhaltlich bestimmt bezeichnet ist, der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen (vgl. [X.]/[X.] aaO § 794 Rn. 27 ff.). Aus dem Charakter der notariellen Unterlassungserklärung als Willenserklärung des Schuldners folgt zudem - wie im Falle der strafbewehrten Unterwerfung - das Erfordernis der Ernsthaftigkeit der Erklärung (vgl. [X.], Urteil vom 10. Juli 1997 - [X.], [X.], 483, 485 = [X.], 1296 - Der M.-Markt packt aus). Zudem muss die Erklärung den gesetzlichen Unterlassungsanspruch im vollen Umfang erfassen, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen (vgl. [X.], Urteil vom 17. September 2015 - [X.], [X.], 395 Rn. 34 = [X.], 454 - [X.], mwN). Die Frage, ob für die [X.]eseitigung der Wiederholungsgefahr durch die notarielle Unterlassungserklärung die Zustellung des [X.] nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderlich ist, wird mit den bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage (dazu Rn. 18) dargestellten Gründen unterschiedlich beurteilt. Schließlich ist auch in diesem Zusammenhang die zweiwöchige Wartefrist nach Zustellung des Schuldtitels zu beachten (§ 798 ZPO).

bb) Das [X.]erufungsgericht hat implizit angenommen, dass die notarielle Unterlassungserklärung des [X.]eklagten den Unterlassungsanspruch bestimmt und in der nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erforderlichen Weise inhaltlich konkret bezeichnet und sich der [X.]eklagte der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Das [X.]erufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, dass der [X.]eklagte der Klägerin eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde hat zukommen lassen. Diese Annahmen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision nicht angegriffen. Sie sind der rechtlichen [X.]eurteilung im Revisionsverfahren zugrunde zu legen. Zugunsten der Revision ist ferner davon auszugehen, dass auch die Wartefrist des § 798 ZPO abgelaufen ist.

cc) Das [X.]erufungsgericht hat weiter angenommen, dass die notarielle Unterlassungserklärung die erforderliche Ernsthaftigkeit aufweise. Aus der Wahl dieser Erklärungsform anstelle einer strafbewehrten Unterwerfung könne nicht gefolgert werden, dass der [X.]eklagte künftige Verstöße einkalkuliert habe. Der [X.]eklagte habe für die Errichtung der notariellen Urkunde erhebliche Kosten auf sich genommen und zugleich erklärt, die Kosten des noch erforderlichen [X.] tragen zu wollen. Das [X.]erufungsgericht hat ferner implizit angenommen, dass die notarielle Erklärung den gesetzlichen Unterlassungsanspruch vollen Umfangs erfasst. Diese Annahmen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

dd) Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist im Falle der notariellen Unterlassungserklärung jedoch die Zustellung eines [X.]eschlusses über die Androhung von [X.] nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderlich, die im Streitfall erst nach Klageerhebung erfolgt ist.

(1) Hierfür spricht der Umstand, dass andernfalls in der [X.] zwischen Zugang der Erklärung und der Zustellung des [X.] Rechtsschutzlücken eintreten, die mit dem Gebot des effizienten Rechtsschutzes nicht vereinbar sind (dazu Rn. 20 ff.).

(2) Die Zustellung des [X.] erlangt mit [X.]lick auf den Wegfall der Wiederholungsgefahr auch deshalb [X.]edeutung, weil sich hieraus die [X.] des Gläubigers ergibt. Hat der Gläubiger einen gerichtlichen [X.] erstritten, ist in der Regel davon auszugehen, dass er diesen auch durchsetzen wird, so dass die Annahme des Wegfalls der Wiederholungsgefahr auch gegenüber [X.] gerechtfertigt ist (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 2002 - I ZR 160/00, [X.], 450, 452 = [X.], 511 - [X.]egrenzte Preissenkung; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 1.49; [X.], [X.], 527, 528). Gleiches gilt wegen des Anreizes zur Durchsetzung einer verwirkten Vertragsstrafe bei einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung (vgl. [X.], [X.], 527, 528). [X.]ei der notariellen Unterlassungserklärung fehlt es an entsprechenden Indizien für die [X.] des Gläubigers. Erst wenn er den von ihm erwirkten Androhungsbeschluss hat zustellen lassen, kann angenommen werden, dass er das Unterlassungsgebot auch durchsetzen wird.

(3) Eine andere [X.]eurteilung ist nicht deshalb angezeigt, weil der Schuldner keinen Einfluss darauf hat, dass der Gläubiger die [X.] auch wirklich herbeiführt (so aber [X.].UWG/[X.] aaO § 8 Rn. 62).

Es ist vielmehr Sache des Gläubigers, sich für die aus seiner Sicht angemessene Form der Rechtsdurchsetzung zu entscheiden, sofern nicht der Schuldner - dem gesetzlichen Leitbild der außergerichtlichen Streitbeilegung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UWG) entsprechend (vgl. [X.]/[X.] 2/2015 [X.]. 2 unter [X.]) - eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. Das Interesse des Schuldners, im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegung für den Fall des Verstoßes eine [X.] (§ 278 [X.]G[X.]) auszuschließen, mag zwar für die Abgabe einer notariellen Unterlassungserklärung sprechen, weil umstritten ist, ob der Ausschluss der [X.] in einer strafbewehrten Unterwerfung ihre Eignung zur [X.]eseitigung der Wiederholungsgefahr berührt (vgl. [dafür, dass ein Ausschluss die Wiederholungsgefahr bestehen lässt] Fezer/[X.]üscher, UWG, 2. Aufl., § 8 Rn. 71; [X.] in [X.]üscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., Vor § 12 Rn. 86; [X.].UWG/[X.] aaO § 8 Rn. 55; [X.], UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 189; aA [für Entfallen der Wiederholungsgefahr] [X.] in [X.]/[X.] aaO § 12 Rn. 1.156; [X.]. in Festschrift [X.] [2003], S. 769, 776; GK-UWG/Fed[X.]en, 2. Aufl., § 12 [X.] Rn. 134; [X.]/Kessen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., [X.]. 8 Rn. 29a; [X.], [X.], 83, 87; [X.] in Festschrift [X.] [1992], S. 563, 573 f.). Die [X.] kann der Schuldner, der sich nicht strafbewehrt unterwerfen möchte, jedenfalls dadurch vermeiden, dass er sich anstelle einer außergerichtlichen Erledigung im Wege des gerichtlichen Verfahrens - gegebenenfalls aufgrund Anerkenntnisses - zur Unterlassung verurteilen lässt, wenn er diesem Punkt so große [X.]edeutung beimisst.

Das Interesse des Schuldners, der eine notarielle Unterlassungserklärung gegenüber der strafbewehrten Unterwerfung bevorzugt, weil er im Falle des Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung lieber der Staatskasse ein Ordnungsgeld als seinem Wettbewerber eine Vertragsstrafe zahlen will, hat ebenfalls hinter dem Interesse des Gläubigers zurückzustehen, die Einhaltung des Unterlassungsanspruchs effektiv zu sichern. Dass das System der wettbewerbsrechtlichen Anspruchsdurchsetzung im Wege der Vertragsstrafe zu relevanten Wettbewerbsverzerrungen führt, weil die Zahlung dem Gläubiger zugute kommt (vgl. [X.], [X.], 6, 8), ist nicht zu erkennen. Vielmehr wohnt der Aussicht, dem Wettbewerber im Falle des Verstoßes eine Vertragsstrafe zahlen zu müssen, für den [X.] gerade eine besondere Abschreckungswirkung inne. Auch wenn - wie die Revision vorbringt - die Vertragsstrafe zu einer [X.]ereicherung des Gläubigers führen sollte, der durch die Rechtsverletzung keinen Schaden erlitten hat, liegt die durch die strafbewehrte Unterwerfung erzielte wirkungsvolle Durchsetzung des [X.] im Interesse nicht nur des Gläubigers, sondern auch der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (§ 1 Satz 2 UWG).

(4) Die Revision verweist auch in diesem Zusammenhang ohne Erfolg darauf, dass eine zeitliche Rechtsschutzlücke gleichermaßen bestehe, wenn der Gläubiger mangels Unterwerfung des Schuldners eine einstweilige Verfügung beantragt. Ist der Gläubiger gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, so hat die hiermit verbundene Verfahrensdauer keinerlei [X.]ezug zu den Vor- und Nachteilen verschiedener außergerichtlicher Streitbeilegungsmechanismen.

(5) Im Streitfall hat mithin der Zugang der notariellen Unterlassungserklärung vor Klageerhebung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.

4. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die [X.]eurteilung des [X.]erufungsgerichts, dass sich der Unterlassungsantrag in der Hauptsache durch Zustellung des [X.]eschlusses über die Androhung von [X.] am 21. Mai 2014 erledigt hat, weil der Klageantrag infolge Wegfalls der Wiederholungsgefahr unbegründet geworden ist.

Mit der Zustellung des [X.] hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, die notariell beurkundete [X.] durchsetzen zu wollen. Damit besteht die für den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu verlangende [X.] des Anspruchsgläubigers, der sich auf das Verfahren einer notariell beurkundeten Unterlassungsverpflichtung eingelassen hat (dazu Rn. 35). Auch die weiteren für den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu verlangenden Voraussetzungen sind gegeben (dazu Rn. 31 f.).

III. Mithin ist die Revision des [X.]eklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]üscher                         Koch                         Löffler

                Schwonke                   Fed[X.]en

Meta

I ZR 100/15

21.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 10. April 2015, Az: I-6 U 149/14, Urteil

§ 8 Abs 1 S 1 UWG, § 724 ZPO, § 794 Abs 1 Nr 5 ZPO, § 795 ZPO, § 797 Abs 2 ZPO, § 798 ZPO, § 890 Abs 2 ZPO, § 926 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.04.2016, Az. I ZR 100/15 (REWIS RS 2016, 12571)

Papier­fundstellen: WM 2016, 2043 REWIS RS 2016, 12571


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 100/15

Bundesgerichtshof, I ZR 100/15, 21.04.2016.


Az. 6 U 149/14

Oberlandesgericht Köln, 6 U 149/14, 10.04.2015.


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