Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZR 174/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 3526

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[X.] DES VOLKES URTEIL I ZR 174/01 Verkündet am: 22. April 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] [X.] § 31 Abs. 5

[X.], dem Vertragspartner umfassende, über den unmittelba-ren Vertragszweck hinausgehende Nutzungsrechte einzuräumen, kann sich aus einer Branchenübung nur dann ergeben, wenn sie Rückschlüsse auf einen ent-sprechenden objektivierten rechtsgeschäftlichen [X.] der Vertragspar-teien erlaubt (im Anschluß an [X.] 137, 387, 394; [X.], 144, 146 [X.]).

[X.], [X.]. v. 22. April 2004 [X.]/01 [X.]
[X.]
- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und [X.] für Recht erkannt: Auf die [X.]ision der Klägerin wird das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 24. April 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.]ision, an das Berufungsgericht zurückverwie-sen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin ist Übersetzerin u.a. für die [X.]. Im Auftrag des beklagten Verlages übersetzte sie in der [X.] von 1976 bis 1994 jeweils aufgrund konkludenter Vereinbarung siebzig Bände der Comic-Reihe —[X.] ([X.]) aus dem [X.] ins [X.]. Das [X.] belief sich für den ersten von ihr übersetzten Band auf 3.750 DM; die letzte Übersetzung im Jahr 1994 wurde mit 9.000 DM honoriert. Der Beklagte druckte die von der Klägerin übersetzten Bände der [X.] bei Bedarf bis zu - 3 - zwölfmal nach. Teilweise wurden die übersetzten Geschichten auch in anderen [X.] abgedruckt. Die Klägerin sieht in der Verwendung ihrer Übersetzungen für die [X.] und -Geschichten eine Verletzung des ihr zustehenden Ur-heberrechts und hat vorgetragen: Sie habe erstmals im [X.] 1993 davon erfah-ren, daß die von ihr übersetzten Bände in beträchtlicher Zahl und Höhe in [X.] erschienen seien. [X.] hätten sich über viele Jahre mit Einmalhonoraren zufriedengegeben, weil mit [X.] nicht zu rechnen ge-wesen sei. Eine auch von den Übersetzern als verbindlich anerkannte Bran-chenübung, [X.] nicht zu vergüten, habe es nicht gegeben. Die Klägerin hat im Wege der Stufenklage Auskunft darüber begehrt, in wel-chem Umfang [X.] der von ihr übersetzten siebzig Bände der [X.] erschienen und in welchen anderen Reihen von der Klägerin für die [X.] übersetzte Geschichten veröffentlicht worden sind. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Ansicht vertreten, daß den Übersetzungen der Klägerin kein urheberrechtlicher Schutz zukomme, und vorgetragen, daß die —[X.] der Branchenübung entspreche. Der Klägerin sei der Umfang der Nutzung ihrer Übersetzungen bekannt gewesen. Es sei auch im Falle von [X.] üblich gewesen, [X.] zu drucken. Jeder, der über Erfahrungen in dieser Branche verfügt habe, habe mit dieser Möglichkeit gerechnet. Das [X.] hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. - 4 - Auf die [X.]ision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen ([X.]. v. 15.9.1999 [X.] I ZR 57/97, [X.], 144 [X.] [X.] II). Das Berufungsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme erneut [X.]. Hiergegen richtet sich die [X.]ision der Klägerin, mit der sie die Wiederher-stellung des landgerichtlichen [X.]eils begehrt. Der Beklagte beantragt, die [X.] zurückzuweisen. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat auch im zweiten Berufungsurteil Ansprüche der Klägerin wegen der Verwendung ihrer Übersetzungen für die [X.] verneint. Die Klägerin habe entsprechend einer damals bestehenden Branchen-übung pauschale Nutzungsrechte an ihren Leistungen für alle [X.] und -verwertungen eingeräumt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß es Mitte der siebziger Jahre einer Übung in der Branche entsprochen habe, daß die Übersetzer von Comic-Heften der in Rede stehenden Art mit Einmalhono-raren für ihre Leistung abgefunden worden seien und im Falle des Nachdrucks oder weiterer Auflagen kein zusätzliches Entgelt erhalten hätten. Diese Übung sei zur Auslegung der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge heranzuzie-hen. Auch auf seiten der Klägerin sei der entsprechende [X.] unzweideutig zum Ausdruck gekommen. - 5 - I[X.] Diese Beurteilung hält den Angriffen der [X.]ision nicht stand. 1. Der Senat hat bereits in seinem in dieser Sache ergangenen [X.]eil vom 15. September 1999 der Auffassung des Berufungsgerichts zugestimmt, daß es sich bei den Übersetzungen der Klägerin um persönliche geistige Schöpfungen handelt, die nach § 2 Abs. 2, § 3 [X.] Urheberrechtsschutz genießen (vgl. [X.], 144 f. [X.] [X.] II). 2. Mit Erfolg wendet sich die [X.]ision gegen die Annahme des [X.], die Klägerin habe entsprechend einer damals bestehenden Bran-chenübung Nutzungsrechte auch für alle [X.] und -verwertungen einge-räumt. Die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen diese An-nahme nicht. a) Wie der Senat bereits in der ersten [X.]isionsentscheidung vom 15. Sep-tember 1999 ausgeführt hat, richtet sich der Umfang, in dem ein Urheber [X.] eingeräumt hat, nach dem Vertragsinhalt. Fehlt [X.] wie im Streitfall [X.] eine ausdrückliche Regelung, so ist von dem nach dem gesamten Vertragsinhalt von den Parteien übereinstimmend verfolgten Vertragszweck und den danach vorausgesetzten Bedürfnissen der Vertragspartner auszugehen und zu fragen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Denn nach dem Zweckübertra-gungsgedanken des § 31 Abs. 5 [X.] räumt der Urheber Nutzungsrechte im Zweifel nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. In die-ser [X.] kommt zum Ausdruck, daß die urheberrechtlichen [X.] die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit die-ser an den Erträgnissen seines Werkes in angemessener Weise beteiligt wird. Dies bedeutet, daß im allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerläßlich sind. [X.] 6 - gegen kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden [X.]n nur angenommen werden, wenn ein entsprechender [X.] [X.] und sei es nur aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten [X.] unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist ([X.], 144, 145 [X.] [X.] II, m.w.N.). b) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht angenommen werden, die Klägerin habe dem Beklagten auch für [X.] und -verwertungen Nutzungsrechte eingeräumt. Die vom Berufungsgericht angeführten Umstände reichen nicht aus, um von einem übereinstimmenden unzweideutigen Willen der Vertragsparteien zu einer entsprechenden [X.] über den Vertragszweck hinausgehenden [X.] Rechtsein-räumung auszugehen. [X.]) Ohne Erfolg greift die [X.]ision allerdings die Annahme des Berufungsge-richts an, zum [X.]punkt des Vertragsabschlusses habe die Branchenübung [X.], die Übersetzer von Comic-Heften der in Rede stehenden Art mit einem Einmalhonorar für ihre Leistung abzufinden und im Falle des Nachdrucks oder weiterer Auflagen kein zusätzliches Entgelt zu zahlen. Gegen diese auf [X.] liegende Würdigung der vom Berufungsgericht erhobenen Beweise ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern. [X.]) Das Berufungsgericht hat aber [X.] worauf die [X.]ision mit Recht hinweist [X.] nicht hinreichend beachtet, daß die Branchenübung in dem vorliegenden Zu-sammenhang nur von Bedeutung ist, wenn sie Rückschlüsse auf einen objektivier-ten rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsrechte (vgl. [X.], [X.]. v. 20.3.1986 [X.] I ZR 179/83, [X.] 1986, 885, 886 [X.] METAXA) erlaubt. Auch wenn sich ein Urheber auf eine Branchenübung einläßt, die auf eine umfassende Nutzungsrechtseinräumung hinausläuft, muß darin nicht - 7 - notwendig der objektiv erkennbare [X.] zum Ausdruck kommen, [X.] über den für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlichen Um-fang hinaus einzuräumen. Geht ein Urheber, der sich auf eine pauschale Abgel-tung einläßt, davon aus, daß er ohnehin schon mit der Zustimmung zur Nutzung seines Werks sämtliche zur vertragsgerechten Nutzung erforderlichen Rechte ein-räumt, kann einer solchen Zustimmung nicht der unzweideutige rechtsgeschäftli-che Wille entnommen werden, Nutzungsrechte über den konkreten Vertragszweck hinaus einzuräumen (vgl. [X.], [X.]. v. 25.4.2001 [X.] 4 U 122/98, Umdruck S. 55; [X.]. nicht angenommen: [X.], [X.]. v. 13.6.2002 [X.] I ZR 146/01). Dem steht [X.] anders als die [X.]isionserwiderung meint [X.] nicht entgegen, daß die Bedeutung einer Branchenübung an sich von der Kenntnis der Beteiligten [X.] ist. Denn im Streitfall geht es nicht darum, ob einer bestimmten Bran-chenübung Regeln für den Rechtsverkehr entnommen werden können. [X.] ist vielmehr, ob aus dem Vorhandensein einer Branchenübung der Schluß auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen eines Vertragspartners gezogen werden kann. Dies knüpft an die Erwägung an, daß eine Branchenübung einen unzweideutig vorliegenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zur pauschalen Abgeltung aller [X.] dann nicht belegen kann, wenn auf der Seite der die Nutzungsrechte einräumenden Vertragspartei Unkenntnis hinsichtlich der eigenen Befugnisse besteht. Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, das aufgestellte subjektive Erfordernis führe zu einer bedenklichen Unsicherheit im Rechtsverkehr, weil auf eine im Rechtsverkehr nicht ohne weiteres erkennbare Kenntnis oder Unkenntnis einer Vertragspartei abgestellt werde. Ein solcher Einwand verkennt den Aus-gangspunkt des Zweckübertragungsgedankens, wonach der Wille, über den [X.] hinausreichende Nutzungsrechte einzuräumen, unzweideutig zum Ausdruck kommen muß. Dies setzt in der Regel eine ausdrückliche Erklärung [X.] 8 - aus. Nur ausnahmsweise kann ein solcher Wille auch dem Eingehen auf eine Branchenübung entnommen werden, wenn gewährleistet ist, daß die in Rede ste-hende Vertragspartei die Notwendigkeit einer entsprechenden Erklärung ihres rechtsgeschäftlichen Willens kennt. [X.]) Zu der im Streitfall nicht fernliegenden Frage, ob sich die Klägerin über die rechtliche Tragweite ihrer Zustimmung zu einer pauschalen Abgeltung ihrer Rechte für sämtliche [X.] im klaren war, fehlt es bislang an tatrichterli-chen Feststellungen. Im wiedereröffneten [X.] werden die [X.] Gelegenheit haben, zu diesem Gesichtspunkt ergänzend vorzutragen. II[X.] Danach ist das angefochtene [X.]eil auf die [X.]ision der Klägerin aufzu-heben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. [X.] Herr Ri[X.] [X.]

befindet sich im Urlaub.

Er ist an der Unter-

schrift verhindert.

Ullmann

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 174/01

22.04.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.04.2004, Az. I ZR 174/01 (REWIS RS 2004, 3526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3526

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Wird zitiert von

I ZR 47/08

Zitiert

4 U 122/98

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