Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.12.2021, Az. VII R 5/19

7. Senat | REWIS RS 2021, 115

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Gegenstand

Zeitpunkt der Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Vollmachtserteilung an den Notar, die Löschung einer Auflassungsvormerkung zu bewilligen


Leitsatz

1. Eine Auflassungsvormerkung steht der Rückgängigmachung eines Kaufvertrags i.S. des § 16 Abs. 1 GrEStG dann entgegen, wenn der Erwerber dem Notar im notariellen Kaufvertrag lediglich die --unwiderrufliche-- Vollmacht erteilt hat, die Löschung einer Auflassungsvormerkung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen selbst zu bewilligen; denn vor Erstellung der entsprechenden Urkunde durch den Notar liegt noch keine Löschungsbewilligung in grundbuchrechtlich gebotener Form vor.

2. Eine Abtretungsanzeige, die eingeht, bevor der abzutretende Anspruch auf Erstattung von Grunderwerbsteuer nach Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 16 Abs. 1 GrEStG entstanden ist, ist unwirksam.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 13.12.2018 - 12 K 12116/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) veräußerte mit notarieller Urkunde vom 06./07.08.2014 ein in [X.] gelegenes Grundstück an die [X.] (Erwerberin).

2

Nach Abschn. [X.] des Vertrags vereinbarten die Vertragsparteien zur Rückabwicklung Folgendes:

"Der Käufer verpflichtet sich, die Auflassungsvormerkung am Kaufgegenstand wieder löschen zu lassen, wenn der Verkäufer von diesem Kaufvertrag zurückgetreten ist. Zu diesem Zweck wird der Notar vom Käufer unwiderruflich bevollmächtigt, ermächtigt und beauftragt, die am Kaufgegenstand einzutragende Auflassungsvormerkung wieder löschen zu lassen und im Namen des Käufers die Löschung der Auflassungsvormerkung zu bewilligen und zu beantragen und dem Grundbuchamt zum Vollzug vorzulegen, wenn (kumulativ)
a) ...
b) der Verkäufer dem Notar schriftlich mitgeteilt hat, dass er wegen ... der nicht rechtzeitigen Zahlung des Kaufpreises ... vom Kaufvertrag zurückgetreten ist und
c) der Käufer dem Notar auf schriftliche Anforderung hin nicht innerhalb von 10 Werktagen die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung vorlegt, wonach dem Verkäufer die Mitwirkung an der Löschung der Auflassungsvormerkung untersagt und/oder ihm aufgegeben wird, den Notar anzuweisen, die Löschung der Auflassungsvormerkung des Käufers nicht zu bewilligen und zu beantragen."

3

Mit Bescheid vom 02.09.2014 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) gegenüber der Erwerberin Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.552.200 € fest, die diese am 05. und 20.02.2015 zahlte. Den Kaufpreis zahlte die Erwerberin nicht.

4

Mit einfachem Schreiben vom 23.03.2015 zeigte die [X.] an, dass die Erwerberin einen möglichen Anspruch auf Erstattung der Grunderwerbsteuer mit [X.] an sie abgetreten habe und dieser damit ihr zustehe. Das [X.] forderte daraufhin eine den Formvoraussetzungen des § 46 der Abgabenordnung [[X.].]) entsprechende Abtretungsanzeige an.

5

Die Klägerin trat am 02.04.2015 vom Kaufvertrag zurück. Der Notar zeigte dies der Erwerberin mit E-Mail vom 07.04.2015 an, in der er auf Abschn. [X.] des Kaufvertrags hinwies und avisierte, nach Ablauf der im Vertrag genannten Frist die Löschung der Auflassungsvormerkung zu veranlassen.

6

Am 16.04.2015 zeigte die Erwerberin dem [X.] per Fax den Rücktritt der Klägerin vom Kaufvertrag und die Abtretung des Erstattungsanspruchs auf dem vom [X.] geforderten und am 15.04.2015 unterschriebenen Formular an. Ferner beantragte sie die Erstattung der Grunderwerbsteuer. Das Original dieses Schreibens wurde am 21.04.2015 abgesandt und ging am 23.04.2015 beim [X.] ein.

7

Der Notar erstellte am 24.04.2015 die [X.], versendete den Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung am selben Tag an das Grundbuchamt und unterrichtete hiervon die Klägerin ebenfalls am selben Tag per E-Mail. Die Löschung der Auflassungsvormerkung erfolgte am 07.05.2015.

8

Am 18.05.2015 erließ das [X.] einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten der Klägerin zur Einziehung über einen Betrag von knapp 840.000 € gegen die Erwerberin, der dem [X.] am 20.05.2015 zugestellt wurde. Diesen leitete das [X.] zunächst an ein anderes Finanzamt weiter, so dass er dem zuständigen Bearbeiter des [X.] erst am 03.06.2015 vorlag.

9

Das [X.] hob den Grunderwerbsteuerbescheid am 22.05.2015 auf. Gegen den Erstattungsanspruch rechnete das [X.] mit Säumniszuschlägen in Höhe von etwa 67.000 € auf. Den Restbetrag in Höhe von rund 1.485.000 € erstattete das [X.] am 02.06.2015 an den [X.], die [X.]. Dies teilte das [X.] der Klägerin am 03.06.2015 mit.

In der Folgezeit reduzierte die Klägerin ihre durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändete Forderung auf 107.262,19 €.

Auf Antrag der Klägerin erließ das [X.] am 15.02.2016 einen Abrechnungsbescheid. Das [X.] führte aus, der Anspruch aus § 16 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) sei nach den Vereinbarungen im Kaufvertrag am 21.04.2015 entstanden, nämlich zehn Werktage nach der Rücktrittsmitteilung des Notars an die Erwerberin. Ab diesem Zeitpunkt habe die Klägerin eine gesicherte Rechtsposition zur Veräußerung des Grundstücks gehabt, da sie unbeeinflusst von der Erwerberin die Löschung der Auflassungsvormerkung habe herbeiführen können. Damit sei die am 16.04.2015 per Fax übermittelte Abtretungsanzeige zwar verfrüht erfolgt und damit unwirksam, die am 23.04.2015 erfolgte hingegen als bewusste Wiederholung der Anzeige nach § 46 Abs. [[X.].] wirksam. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Klägerin sei dem [X.] dagegen erst am 20.05.2015 zugestellt worden. Der Erstattungsbetrag sei mithin zu Recht an die [X.]in gezahlt worden.

Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage vor dem [X.] ([X.]), das der Klage stattgab und den Abrechnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung dahin änderte, dass ein auszuzahlender Betrag in Höhe von 107.262,19 € zugunsten der Klägerin ausgewiesen wurde. Das [X.] führte aus, der Rückforderungsanspruch hinsichtlich der Grunderwerbsteuer sei erst mit Eingang der [X.] im Grundbuchamt nach dem 24.04.2015 entstanden.

Eine Verpflichtung des Erwerbers, die Auflassungsvormerkung am Kaufgegenstand wieder löschen zu lassen, etwa weil der insoweit unwiderruflich bevollmächtigte Notar die Löschung der Auflassungsvormerkung bewirken müsse, reiche für § 16 Abs. 1 [X.] nicht aus. Dabei sei unerheblich, dass der Erwerber mit Ablauf der im Kaufvertrag festgelegten Frist von zehn Werktagen alles in seiner Macht Stehende getan habe, um die Rückabwicklung zu vollziehen. Es komme vielmehr darauf an, ob der Verkäufer aus seiner Sicht seine ursprüngliche Rechtsposition wiedererlangt habe. Dies setze zumindest voraus, dass er eine [X.] erhalten habe. Die Erstellung einer [X.] durch den Erwerber reiche nicht aus. Der Veräußerer müsse diese auch in Händen halten. Zumindest müsse sie dem Grundbuchamt vorliegen. Dies sei hier vor dem 24.04.2015 nicht der Fall gewesen. Das Urteil ist in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2019, 1160 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts. Es trägt vor, entgegen der Ansicht des [X.] könne es für die Frage nach dem Entstehungszeitpunkt des Anspruchs auf Erstattung der gezahlten Grunderwerbsteuer nicht auf formelle Abwicklungshandlungen des Notars wie die Absendung der [X.] ankommen. Denn die Erwerberin habe bereits mit Abschluss des Kaufvertrags die Bewilligung zur Löschung im Falle des (wirksamen) Rücktritts der Klägerin vom Vertrag erteilt. Sie hätte die Löschung nur durch eine gerichtliche Entscheidung oder Anweisung an den Notar verhindern können. Damit sei die Bewilligung zur Löschung der Vormerkung spätestens am 21.04.2015 erteilt gewesen.

Das [X.] verweist auf den Beschluss des [X.] ([X.]) vom 09.09.2015 - II B 28/15 ([X.]/NV 2015, 1668) sowie auf das Urteil des Sächsischen [X.] vom 17.05.2017 - 2 K 408/16 (E[X.] 2017, 1465). Insbesondere unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung zum [X.] und zur Aufrechnung im Insolvenzverfahren sei ein nach dem 21.04.2015 liegender Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs nach § 16 Abs. 1 [X.] nicht einsichtig.

Das [X.] beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Revision des [X.] ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin ein Erstattungsanspruch in Höhe von 107.262,19 € zusteht und der angefochtene [X.] insoweit rechtswidrig ist, da die [X.] vor Entstehung des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 [X.] beim [X.] eingegangen war und damit nach § 46 Abs. [X.] verfrüht erfolgte.

1. Gemäß § 218 Abs. [X.] entscheidet die Finanzbehörde über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 37 [X.] betreffen, durch [X.]. Bei einem mit der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids nach § 16 Abs. 1 [X.] entstehenden Anspruch des Steuerpflichtigen auf Rückzahlung der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen eigenständigen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis i.S. von § 37 Abs. [X.] ([X.]surteil vom 15.01.2019 - VII R 23/17, [X.], 305, BStBl II 2019, 329, Rz 15, m.w.N.).

Durch einen [X.] entscheidet die Behörde auch, wenn unentschieden und zwischen den Beteiligten streitig ist, ob und inwieweit die Pfändung eines Erstattungsanspruchs des Steuerpflichtigen zugunsten eines [X.] wegen vorgehender Rechte weiterer Dritter bzw. anderer Pfändungsgläubiger und etwaiger Aufrechnungen durch das [X.] zum Erfolg geführt hat. Bescheide nach § 218 Abs. [X.] können demnach nicht nur bei Streitigkeiten im unmittelbaren Verhältnis zwischen dem [X.] und dem Steuerpflichtigen (Erstattungsgläubiger), sondern auch bei Streitigkeiten über die Verwirklichung eines Erstattungsanspruchs im Verhältnis zwischen dem [X.] und einem [X.], wie z.B. dem Pfändungsgläubiger, ergehen ([X.]surteil vom 30.11.1999 - VII R 97/98, [X.], 412). In einem solchen Bescheid kann dann zu klären sein, ob eine vor Zugang der Pfändungs- und Überweisungsverfügung erfolgte Abtretung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis --wie vorliegend ein Anspruch aus § 16 [X.] wirksam war oder die gepfändete Geldforderung dem Pfändungsgläubiger nach § 835 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen ist.

2. Nach § 46 Abs. [X.] können Ansprüche auf Erstattung von Steuern, [X.], steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen u.a. abgetreten werden. Die Abtretung wird nach § 46 Abs. [X.] jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt. Damit ist für eine wirksame Abtretung eines Anspruchs auf Erstattung von Grunderwerbsteuer nach § 16 Abs. 1 [X.] maßgeblich, ob dieser Anspruch vor oder nach Anzeige der Abtretung entstanden ist. Im Streitfall ist die [X.] vor Entstehung des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 [X.] beim [X.] eingegangen, so dass die Abtretung nicht nach § 46 Abs. [X.] wirksam geworden ist und damit der nach Entstehung des Erstattungsanspruchs erlassene Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Klägerin vom [X.] zu beachten war.

a) Nach § 16 Abs. 1 [X.] wird eine Steuerfestsetzung auf Antrag aufgehoben, wenn ein Erwerbsvorgang unter den in Nr. 1 oder Nr. 2 aufgestellten --im vorliegenden Fall unstreitig gegebenen-- Voraussetzungen rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist.

b) Zur Erfüllung des Tatbestands des § 16 Abs. 1 [X.] reicht allein die zivilrechtliche (formale) Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts nicht aus ([X.]-Urteil vom 21.02.2006 - II R 60/04, [X.], 1700, unter [X.]). "Rückgängig gemacht" i.S. des § 16 Abs. 1 [X.] ist ein Erwerbsvorgang vielmehr erst dann, wenn sich die Vertragspartner über die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts hinaus derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit zur Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]surteil in [X.], 305, BStBl II 2019, 329, Rz 17; [X.]-Urteil vom 01.07.2008 - II R 36/07, [X.], 555, [X.], 882, unter [X.]; jeweils m.w.N.).

aa) Die tatsächliche und vollständige Rückgängigmachung i.S. des § 16 Abs. 1 [X.] setzt demnach voraus, dass die Vertragsparteien sämtliche Wirkungen aus dem Erwerbsvorgang aufheben und sich gegenseitig so stellen, als wäre dieser nicht zustande gekommen. Eine dem Erwerber verbliebene Rechtsposition kann auch unabhängig von dem zivilrechtlich beseitigten Anspruch auf Grundstücksübereignung bestehen geblieben sein, so etwa im Zusammenhang mit einer fehlenden vollständigen Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts. Diese erfordert grundsätzlich die Löschung einer zugunsten des Erwerbers eingetragenen Auflassungsvormerkung (vgl. [X.]-Urteil in [X.]/NV 2006, 1700, unter [X.]b). Denn eine Auflassungsvormerkung beeinträchtigt die Verkehrsfähigkeit eines Grundstücks unabhängig vom Fortbestand des zivilrechtlichen Übereignungsanspruchs ([X.]-Urteil in [X.], 555, [X.], 882, unter [X.], m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat das [X.] nicht in den Blick genommen.

bb) Nach der [X.]-Rechtsprechung entfällt die durch die Auflassungsvormerkung bestehende Beeinträchtigung, wenn der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer eine [X.] gemäß § 19 der Grundbuchordnung ([X.]) in grundbuchrechtlich gebotener Form erteilt hat und der Veräußerer frei und ohne Einflussnahme seitens des Erwerbers über sie verfügen kann. Der Erwerber hat dann keine Rechtsposition mehr, die es ihm ermöglichte, auf die nachfolgende Veräußerung des Grundstücks einzuwirken ([X.]-Urteil in [X.], 555, [X.], 882, unter [X.]). Denn vor Eintragung des [X.] im Grundbuch ist der Berechtigte an seine Aufgabeerklärung gemäß § 875 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nur gebunden, wenn er die Erklärung dem Grundbuchamt gegenüber abgegeben oder der Erklärende dem Begünstigten eine [X.] in einer den Vorschriften der [X.] entsprechenden Form ausgehändigt hat. Damit erlangt die [X.] Wirksamkeit, wenn die Ausfertigung der sie enthaltenden Urkunde mit dem Willen des Erklärenden dem Adressaten, also dem Grundbuchamt, oder demjenigen, zu dessen Gunsten auf ihrer Grundlage eine Eintragung vorgenommen werden soll, in der in § 29 [X.] festgelegten Form zugeht (vgl. Beschluss des [X.] vom 18.05.2018 - 18 W 18/18, Neue Juristische [X.] --NJW-RR-- 2018, 980; [X.]/[X.] in: [X.], Aufl. 2020, § 875 BGB Rz 24, m.w.N.).

cc) Eine solche Sachlage ist nicht gegeben, wenn der Erwerber dem Notar eine unwiderrufliche Vollmacht zur Bewilligung und Beantragung der Löschung einer Auflassungsvormerkung erteilt hat, gegen die innerhalb einer bestimmten Frist Einwendungen erhoben werden können.

Die zivilrechtliche Rechtsprechung und Literatur unterscheiden hierbei klar zwischen der Bewilligung, die der Erwerber bereits im Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Kaufvertrags mitbeurkunden lässt (so z.B. Beschluss des [X.] in NJW-RR 2018, 980, m.w.N.), und der --unwiderruflichen-- Vollmachtserteilung an den Notar, die Löschung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen selbst zu bewilligen (vgl. [X.], Zeitschrift für Immobilienrecht --[X.]-- 2020, 1; [X.]/[X.], [X.] 2009, 529). Lediglich im ersten Fall der Beurkundung der [X.] durch den Erwerber bereits im notariellen Kaufvertrag liegt danach eine Bewilligung entsprechend der §§ 19, 29 [X.] vor. Im zweiten Fall hingegen erklärt der Notar die [X.] im Namen des Käufers erst durch die Eigenurkunde, nachdem die vertraglich geregelten Voraussetzungen vorliegen.

dd) Die vom [X.] angeführten Entscheidungen führen zu keiner anderen Einschätzung.

Im [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2015, 1668 ging es um den [X.] von Säumniszuschlägen und die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Verwirkung von Säumniszuschlägen sachlich unbillig sein kann, wenn die Festsetzung der Grunderwerbsteuer später nach § 16 Abs. 1 [X.] aufgehoben wird. Der [X.] führte dazu aus, dass dem Steuerpflichtigen mit dem wirksam erklärten Rücktritt ein Anspruch auf Aufhebung der Grunderwerbsteuerfestsetzung zusteht; der Antrag auf Aufhebung der Steuerfestsetzung ist nicht Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs, sondern lediglich Verfahrensvoraussetzung für dessen Realisierung. Ab der wirksamen Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag war im dortigen Fall die Einziehung der [X.] Säumniszuschläge unbillig ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2015, 1668, Rz 6). In dieser Entscheidung war jedoch unstreitig, wann die Voraussetzung des § 16 Abs. 1 [X.] "Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs" vorlag und damit der Rücktritt erfolgt war. Im Tatbestand des dem [X.]-Beschluss zugrunde liegenden finanzgerichtlichen Urteils heißt es dazu dementsprechend lediglich, der Notar habe mitgeteilt, dass der Rücktritt vom Vertrag wirksam erklärt worden sei ([X.] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.01.2015 - 11 K 4059/12, juris, Rz 2). Um die Aufhebung einer Auflassungsvormerkung oder andere Modalitäten der Rückgängigmachung ging es nicht. Folglich kam es lediglich auf das zeitliche Verhältnis von wirksamem Rücktritt und Antragstellung auf Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 [X.] an, nicht aber auf die Frage, ob für eine Rückgängigmachung nach § 16 Abs. 1 [X.] die Löschung einer Auflassungsvormerkung erforderlich ist. Die Ausführungen des II. [X.]s des [X.] können daher für die im Streitfall entscheidende Frage nicht herangezogen werden.

Das Urteil des Sächsischen [X.] in E[X.] 2017, 1465 betraf die Frage, ob ein Grunderwerbsteuererstattungsanspruch, gegen den das dort beklagte Finanzamt aufgerechnet hatte, vor oder nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entstanden war. Anders als das [X.] meint, ging das Sächsische [X.] dabei von den hier dargelegten Grundsätzen aus und führte aus, für den Anspruch auf Erstattung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 [X.] sei entscheidend, ob bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift vollständig verwirklicht waren. Die Vorschrift setze sowohl die zivilrechtliche Aufhebung des den Steuertatbestand erfüllenden Rechtsgeschäfts als auch die Wiederherstellung der ursprünglichen Rechtsstellung des Veräußerers voraus (Sächsisches [X.], Urteil in E[X.] 2017, 1465, Rz 28 f.). Damit äußerte sich das Sächsische [X.] gerade nicht dahingehend --und damit anders als vom [X.] dargelegt ([X.]-Akte, Bl. 27)--, dass nur entscheidend wäre, wann der zugrunde liegende zivilrechtliche Sachverhalt, der zur Entstehung des Steueranspruchs geführt habe, verwirklicht worden sei.

3. Nach diesen Maßstäben war der Anspruch auf Erstattung der Grunderwerbsteuer am 23.04.2015, dem Tag des Eingangs der [X.] im Original, noch nicht entstanden, weil der Notar die Löschung der Auflassungsvormerkung erst am 24.04.2015 beantragt hatte. Damit war der streitgegenständliche [X.] des [X.] rechtsfehlerbehaftet. Das [X.] hätte dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Klägerin nachkommen müssen.

a) Rechtsgrund für die Auszahlung einer an sich der Erwerberin zustehenden Steuererstattung an die Klägerin ist der von dieser erwirkte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18.05.2015. Der Beschluss ist dem [X.] am 20.05.2015 zugestellt worden, so dass die Pfändung als bewirkt anzusehen ist (§ 829 Abs. 3 ZPO, vgl. auch [X.]sbeschluss vom 28.09.1999 - VII B 35/99, [X.], 305, unter 2.a). Die Klägerin ist damit u.a. berechtigt, die Überweisung der gepfändeten Forderung zur Einziehung zu verlangen (§ 835 ZPO).

b) Die Abtretung steht der Pfändung und Überweisung an die Klägerin nicht entgegen, da sie verfrüht, nämlich vor Entstehung des Erstattungsanspruchs mit vollständiger Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs erfolgt ist: Die [X.] existierte am Tag des Eingangs der [X.] beim [X.] deshalb noch nicht, weil der Notar im Kaufvertrag lediglich bevollmächtigt worden ist, die [X.] unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen, nicht hingegen enthält der [X.] als das [X.] ausführt-- selbst die [X.]. Auf die im Kaufvertrag genannte Frist von zehn Werktagen, innerhalb derer der Käufer dem Notar die Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung in Bezug auf die Löschung der Auflassungsvormerkung vorzulegen hatte, kommt es daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Übersendung der [X.] im Original eine --nach dem Zugang dieser Anzeige per Fax-- Wiederholung der [X.] darstellt.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII R 5/19

21.12.2021

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 13. Dezember 2018, Az: 12 K 12116/16, Urteil

§ 16 Abs 1 GrEStG 1997, § 37 AO, § 46 Abs 2 AO, § 218 Abs 2 AO, § 19 GBO, § 29 GBO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.12.2021, Az. VII R 5/19 (REWIS RS 2021, 115)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 115

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