Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2004, Az. 1 StR 76/04

1. Strafsenat | REWIS RS 2004, 1318

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 76/04
vom 6. Oktober 2004 in der Strafsache gegen

wegen Vergehens gegen das [X.]
- 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 6. Oktober 2004, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.] [X.]

und [X.] am [X.] [X.], [X.], [X.], Dr. Graf,

Oberstaatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
- 3 - Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 28. August 2003 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

Das [X.] hat den Angeklagten aus rechtlichen Gründen von dem Vorwurf freigesprochen, sich ohne Aufenthaltsgenehmigung und Duldung im [X.] aufgehalten zu haben. Dagegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom [X.] vertreten wird. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
[X.] 1. Nach den Feststellungen des [X.] reiste der Angeklagte, ein [X.] Staatsangehöriger, am 4. Juli 1997 in die [X.] ein und stellte beim [X.] ausländi-- 4 - scher Flüchtlinge einen Asylantrag. Dieser wurde am 13. August 1997 [X.]. In der Folgezeit hielt sich der Angeklagte geduldet im [X.] auf. Zuletzt stellte die Ausländerbehörde in [X.]([X.]. ) dem [X.] eine bis zum 29. Oktober 2002 befristete Duldung aus. Der Ange-klagte tauchte nach dem 29. Oktober 2002 unter und hielt sich bis zu seiner Festnahme am 13. Juni 2003 ohne festen Wohnsitz in [X.] auf. Er verfüg-te nicht über einen Paß oder ein anderes Heimreisedokument seines Heimat-staates. Die Ausländerbehörde in [X.]teilte unter dem 23. Juni 2003 den Rechtsanwälten des Angeklagten mit, die Abschiebung des Angeklagten sei wegen Paßlosigkeit derzeit nicht möglich; bei Vorsprache werde ihm eine [X.] gemäß § 55 Abs. 2 [X.] erteilt.

2. Das [X.] hat den Angeklagten aus rechtlichen Gründen frei-gesprochen. Nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 [X.] werde nur bestraft, wer sich im [X.] aufhalte, ohne über eine Duldung nach § 55 Abs. 1 [X.] zu verfü-gen. Hier hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer aus-länderrechtlichen Duldung im Tatzeitraum vorgelegen; der Angeklagte habe einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung gehabt. Da er weder einen Paß noch ein anderes Heimreisedokument seines Heimatstaates besessen habe, habe er aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können. Eine andere Sicht sei nicht dadurch gerechtfertigt, daß der Angeklagte unterge-taucht und für die Behörden nicht erreichbar gewesen sei, sich damit also der behördlichen Prüfung der [X.] entzogen habe. Aus dem Beschluß des [X.] vom 6. März 2003 - 2 BvR 397/02 - ([X.], [X.], 488 f.) ergebe sich, daß es lediglich auf den Anspruch auf Duldung ankomme. Bestehe ein solcher, sei der Ausländer [X.] auch dann zu dulden, wenn er die Entstehung des [X.] 5 - nisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung zu vertreten habe. Das [X.] habe mithin keine Konstellation als vorstellbar erachtet, bei welcher der Ausländer in solchen Fällen keinen Anspruch auf Erteilung der Duldung habe.
I[X.] Das freisprechende Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer ausländerrechtlichen [X.] lagen im Tatzeitraum nicht vor.
Nach der Konzeption des [X.]es wird ein ausreisepflichtiger Ausländer entweder abgeschoben oder er erhält eine Duldung im Sinne des § 55 Abs. 1 [X.]. Die Systematik des Gesetzes läßt grundsätzlich keinen Raum für einen ungeregelten Aufenthalt des Auslän[X.] ([X.], Kammer, [X.], 488, 489; BVerwGE 105, 232, 236; 111, 62, 65). Dies gilt jedoch nur in denjenigen Fällen, in denen die Ausländerbehörde Kenntnis vom Auf-enthalt des Auslän[X.] hat.
1. Die Duldung (§ 55 Abs. 1 [X.]) ist eine unabhängig von einem [X.] des Auslän[X.] gesetzlich vorgeschriebene förmliche Reaktion auf ein Vollstreckungshindernis, wenn sich herausstellt, daß die Abschiebung nicht ohne Verzögerung durchgeführt werden kann oder der Zeitpunkt der [X.] ungewiß bleibt ([X.], Kammer, [X.], 488, 489; BVerwGE 105, 232, 236; 111, 62, 66). Der Ausländer hat unter anderem dann einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung, wenn und solange seine Abschiebung aus [X.] oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist (§ 55 Abs. 2 [X.]). Er wird - 6 - geduldet, indem die Behörde die Abschiebung zeitweise aussetzt (§ 55 Abs. 1 [X.]). Dabei handelt es sich um einen rechtsverbindlichen zeitlich befristeten Verzicht auf die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht (vgl. Nr. 55.1.4 [X.]-VwV vom 28. Juni 2000; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch [X.]. 413; vgl. auch Nr. 55.1.3 [X.]-VwV: "bewußt und ausdrück-lich" verzichtet).

2. Ist der Aufenthalt des Auslän[X.] unbekannt, weil er von vornherein nicht offenbart hat, daß er in die [X.] eingereist ist oder weil er später untergetaucht ist, kommt ein Verzicht der Ausländerbehörde auf die Durchsetzung der Ausreisepflicht und eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung schon aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Die [X.] könnte eine etwaige Abschiebung nicht vollziehen (vgl. [X.] [X.]-RR 2001, 57 f.). Sie wäre auch nicht in der Lage, eine tragfähi-ge Entscheidung über die Abschiebung oder die Erteilung einer Duldung zu treffen. Letztere könnte sie dem Ausländer zumeist nicht bekannt geben und ihm die Duldungsbescheinigung nicht erteilen.
a) Die zeitweise Aussetzung der Abschiebung (Duldung, § 55 Abs. 1 [X.]) setzt voraus, daß diese im Falle der Verneinung von Abschiebungshin-dernissen oder anderen [X.] tatsächlich auch vollzogen werden könnte. Dies ist nur möglich, wenn der Ausländer für die Ausländerbehörde erreichbar ist. Ausdrücklich von der zwangsweisen Durchsetzung der Ausrei-sepflicht absehen kann die Behörde nur bei jemandem, um dessen Aufenthalt sie weiß und dessen Aufenthaltsort sie kennt. Folgerichtig ist in Nr. 55.1.5 der [X.] zum [X.] bestimmt, daß dem Ausländer eine Duldung nicht erteilt wird, wenn sein Aufenthalt im [X.] unbekannt ist. Die Frage eines sogenannten hypothetischen - 7 - unbekannt ist. Die Frage eines sogenannten hypothetischen [X.] im Sinne der Entscheidung des [X.] stellt sich dann nicht. Er kommt nur in Betracht, wenn die Behörde keine Duldung erteilt hat, obwohl nach der [X.] sämtliche Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 [X.] vorlagen. Dazu gehört, daß die Behörde Kenntnis vom Aufenthalt und vom Aufenthaltsort des Auslän[X.] hatte.
b) Der Ausländerbehörde stehen zudem in diesen Fällen oft nicht sämt-liche erforderlichen Entscheidungsgrundlagen für die Erteilung einer Duldung oder deren Versagung zur Verfügung. Der Ausländer, der unbekannten [X.] ist, kann bereits freiwillig ausgereist sein. In diesem Fall wäre eine gegebenenfalls zuvor erteilte Duldung mit der Ausreise erloschen (§ 56 Abs. 4 [X.]). Erteilte die Ausländerbehörde dennoch von Amts wegen erneut eine Duldung, liefe diese ins Leere. Dementsprechend sieht Nr. 55.1.6 Satz 4 der [X.] zum [X.] vor, daß für eine [X.] nach freiwilliger Ausreise kein Raum ist. Eine erneute Duldung darf dann grundsätzlich nicht erteilt werden. Der Ausländerbehörde bleibt es verwehrt, diese Möglichkeit in ihre Erwägungen mit einzubeziehen und zu prüfen, wenn sie keine Kenntnis davon hat, ob sich der Ausländer überhaupt noch im [X.] aufhält oder zwischenzeitlich ausgereist ist.
c) Darüber hinaus kann die Duldung eines Auslän[X.], dessen Aufent-halt im [X.] unbekannt ist, zumeist nicht wirksam ausgesprochen werden. Die Duldung ist ein Verwaltungsakt und bedarf der Schriftform (§ 66 Abs. 1 [X.]). Sie ist dem Adressaten bekannt zu geben (vgl. § 41 Abs. 1 VwVfG) und wird erst mit dieser Bekanntgabe wirksam (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Ist der Aufenthaltsort des Auslän[X.] unbekannt und hat er auch [X.] Bevollmächtigten bestellt, kann ihm die Ausländerbehörde den Verwal-tungsakt nicht bekannt geben. Eine öffentliche Bekanntmachung ist nicht vor-gesehen (vgl. § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). In jedem Falle ist die Behörde [X.], ihm die gebotene Bescheinigung über die Duldung zu erteilen (§ 56a [X.]; vgl. auch Nr. 56.7.1 [X.]-VwV vom 28. Juni 2000).

4. Der Beschluß des [X.] vom 6. März 2003
([X.], 488 f.) sowie die Rechtsprechung des [X.] (BVerwGE 105, 232 ff.; 111, 62 ff.) stehen dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Dort ging es um Sachverhalte, in denen die Ausländerbehörde den Aufenthaltsort des Auslän[X.] kannte, so daß sie bei Vorliegen der gesetzli-chen Voraussetzungen ohne weiteres die Duldung hätte erteilen können, und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer die Entstehung des Abschiebungs-hindernisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung durch Vernachlässi-gung der Mitwirkungspflicht (§ 70 [X.]) zu vertreten hatte oder nicht. Wenn die Ausländerbehörde gleichwohl keine Duldung erteilte, aber auch nicht ab-schob, dann lag es praktisch und letztlich in ihrem freien Ermessen, ob sich der Ausländer strafbar machte. Daran hat das [X.] in jener Sache seine Bewertung geknüpft, die strafrechtliche Ahndung sei [X.] unvertretbar und deshalb von [X.] wegen aufzuheben. Vor [X.] Hintergrund ist die Formulierung in der genannten Entscheidung des [X.]s zu verstehen, es sei keine Konstellation vorstellbar, in der der Ausländer nicht einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung habe, weil der Ausländer auch zu dulden sei, wenn er die Entstehung des Abschiebungs-hindernisses oder dessen nicht rechtzeitige Beseitigung zu vertreten habe ([X.], Kammer, [X.], 488, 489). Der rechtlich unerhebliche Umstand, daß der Ausländer das im Gesetz geregelte tatsächliche [X.] 9 - nis zu vertreten hat, ist nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, daß der [X.] die Erteilung einer Duldung durch sein Untertauchen bewußt verhindert. An[X.] als in denjenigen Fällen, in denen der Abschiebung ein - unabhängig vom Vertretenmüssen - tatsächliches, gesetzlich geregeltes Hindernis entge-gensteht, ist hier die wirksame Erteilung einer Duldung schon von vornherein ebensowenig möglich wie eine Abschiebung.

Dementsprechend wird in denjenigen Teilen der Rechtsprechung und Literatur, die schon vor dem in Rede stehenden Beschluß des [X.] die Auffassung vertreten haben, daß es für die Frage der Straf-barkeit allein auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ertei-lung einer Duldung, nicht aber auf die tatsächliche Erteilung der Duldung [X.], stets betont, daß eine Straftat nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 [X.] weiterhin in Betracht komme, wenn der Ausländer untergetaucht oder geflohen sei ([X.] 1999, 260, 261; vgl. auch [X.] [X.]-RR 2001, 57 m. w. N. zur Rechtsprechung; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch [X.]. 417; [X.] [X.], 489, 490).

5. Schließlich wi[X.]präche die Annahme eines Anspruchs auf Duldung in den Fällen, in denen der Ausländerbehörde der Aufenthalt des Auslän[X.] unbekannt ist, dem Sinn und Zweck des [X.]es. Dieses ist auch darauf gerichtet, die Zuwanderung zu kontrollieren und den Prozeß der Verän-derung der Bevölkerungsstruktur und der Integration der ausländischen Bevöl-kerung in geordnete Bahnen zu lenken ([X.]/[X.]/Häußer, [X.] Ausländerrecht 4. Aufl. [X.], § 1 [X.]. 2). Ist der Ausländer unbekannten [X.], kann diese Steuerungs- und Kontrollfunktion nicht wahrgenommen - 10 - werden. Sie wird von vornherein und schon im Ansatz unterlaufen. Die [X.] soll gerade auch diese Fälle erfassen.
6. Das [X.] hat nach allem die gesetzlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 [X.] in rechtlicher Hinsicht nicht zutreffend konkretisiert und zu Unrecht einen Duldungsanspruch des Angeklagten für den Tatzeitraum be-jaht. Darauf kann der Freispruch beruhen. Es ist nicht auszuschließen, daß das [X.] ohne diesen Rechtsfehler den Angeklagten wegen eines Verge-hens nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 [X.] schuldig gesprochen hätte. II[X.] Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:

Bei [X.] wird regelmäßig der Gesichtspunkt der Un-möglichkeit oder Unzumutbarkeit des gebotenen Handelns geprüft (vgl. Tröndle/[X.], StGB 52. Aufl. § 13 [X.]. 14 ff.). Die Strafbarkeit wegen illega-len Aufenthalts tritt nur ein, wenn der Ausländer pflichtwidrig den rechtswidri-gen Zustand seines illegalen Aufenthalts nicht beseitigt, obwohl ihm dies mög-lich und zumutbar ist ([X.] in [X.]/[X.], Handbuch Arbeitsstrafecht [X.]. 410, 421 ff.). Der Angeklagte allerdings hätte ohne weiteres seinen Auf-enthalt offenbaren können. Zudem kommt auch die Möglichkeit einer freiwilli-gen Ausreise in Betracht.

1. Bei dem Vergehen nach § 92 Abs. 1 Nr. 1 [X.] handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt ([X.] Die Justiz 1986, 469; [X.] StV 1988, 301, 302; [X.], 95, 96; KG [X.]-RR 2002, 220, - 11 - 221; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch Arbeitsstrafrecht [X.]. 409; Mosba-cher [X.], 489, 490; a. A. [X.] [X.]-RR 2001, 57, 58 f.). Der Schwerpunkt der [X.] liegt nicht in dem Verweilen in der [X.], sondern in dem Unterlassen der rechtlich gebotenen Ausreise oder der Bemühung um eine Legalisierung des Aufenthalts ([X.] StV 1988, 301, 302; [X.], 95, 96; [X.]-RR 2002, 220, 221; [X.] in [X.]/[X.], Handbuch Arbeitsstrafrecht [X.]. 409; [X.]. [X.], 489, 490). 2. Der Gesichtspunkt der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit normge-mäßen Verhaltens vermag nicht die Straflosigkeit in denjenigen Fällen zu be-gründen, in denen wegen unbekannten Aufenthaltsorts ein Duldungsanspruch des untergetauchten Auslän[X.] nicht besteht (an[X.] [X.] [X.], 489, 490; vgl. [X.]. in [X.]/[X.], Handbuch Arbeitsstrafrecht [X.]. 421 ff.). Einem untergetauchten Ausländer, dessen Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist, ist es in der Regel ohne weiteres [X.], seinen Aufenthaltsort zu offenbaren, damit die Behörde die Duldung erteilen kann. In diesen Fällen muß der Ausländer eine Abschiebung zunächst nicht fürchten. Selbst wenn die Abschiebung konkret bevorstünde, wäre ihm die Preisgabe seines Aufenthaltsorts (das "Auftauchen") grundsätzlich abzu-verlangen. Denn die Grenzen der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens wer-den in solchen Fällen durch die gesetzlichen Regelungen zur Erteilung einer Duldung und zu den [X.] mit geprägt (§ 55 Abs. 2 [X.]; siehe aber auch §§ 54, 55 Abs. 3 [X.]; vgl. Nr. 55.2 [X.]-VwV vom 28. Juni 2000). [X.] Abschiebung keine gesetzlich geregelten Hindernisse entgegenstehen und der nicht zu dulden ist, dem wird darüber hinaus neben dem "Auftauchen" zumeist auch die Ausreise zuzumuten sein. Daß der [X.] sich in solchen Fällen mit einer freiwilligen Ausreise schon aus diesem pro-zeduralen Grund der Möglichkeit einer aussichtsreichen Berufung auf ein - 12 - Recht auf Duldung begeben würde (vgl. [X.], 95, 96; KG [X.]-RR 2002, 220, 221), steht dem nicht entgegen. Denn die Ausländerbehörde erteilt einem untergetauchten Ausländer - wie ausgeführt - grundsätzlich ohnehin [X.] Duldung. Das Tatgericht hätte zudem bei der Prüfung der Zumutbarkeit [X.] freiwilligen Ausreise das Protokoll zur Durchführung des Abkommens vom 21. Juli 1995 zwischen der Regierung der [X.] und der Regierung der [X.] über die Rücknahme von viet-namesischen Staatsangehörigen ([X.] 1995, [X.], Seite 746 ff.) zu [X.]. Dieses erfaßt gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 auch die Fälle der freiwil-ligen Rückkehr, die über das dort geregelte Listenverfahren abgewickelt wer-den (vgl. [X.], 95, 96; KG [X.]-RR 2002, 220, 221). Auf die Frage der Zumutbarkeit einer freiwilligen Ausreise wird es indessen im vorliegenden Fall naheliegenderweise nicht ankommen.
3. Der neue Tatrichter wird schließlich im Blick auf die umfassende Kog-nitionspflicht auch die Frage einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen Aufent-haltes ohne Paß und [X.] zu prüfen und dazu die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben (§ 92 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). - 13 - 4. Sollte die neue Hauptverhandlung nach dem 1. Januar 2005 stattfin-den, hat das Tatgericht zu prüfen, ob der im nunmehrigen Gesetz zur [X.] und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern ([X.]) [X.] entsprechende Straftatbestand das mildere Recht ist (§ 2 Abs. 3 StGB; vgl. § 95 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vom 30. Juli 2004, [X.] I 1950, 1982 f.).

[X.] am [X.] [X.] ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben.

[X.] [X.] Kolz

[X.]

Graf

Meta

1 StR 76/04

06.10.2004

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2004, Az. 1 StR 76/04 (REWIS RS 2004, 1318)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1318

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