Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2012, Az. 3 StR 293/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 868

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 293/12
vom
29. November 2012
in der Strafsache
gegen

1.

2.
3.

wegen
versuchter Brandstiftung mit Todesfolge
u.a.
hier:
Revisionen der Angeklagten J .

und M .

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu 1. a) mit dessen Zustimmung, zu 1.
b) [X.]) und 2. auf dessen Antrag -
am 29. November 2012 gemäß §
154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, §
349 Abs.
2 und 4, §
357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten J.

und M.

gegen das Urteil des [X.] vom 1.
Februar 2012 wird

a) die Strafverfolgung im [X.] der Urteilsgründe hinsicht-lich des Angeklagten M.

gemäß §
154a Abs.
2 StPO auf den Vorwurf des Raubes beschränkt,

b) das vorgenannte Urteil

aa) soweit es den Angeklagten M.

betrifft, im Schuld-spruch zu [X.] der Urteilsgründe dahin abgeän-dert, dass dieser Angeklagte insoweit wegen Raubes verurteilt ist,

[X.]) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Ange-klagten und der nicht revidierende Mitangeklagte H.

im [X.] der Urteilsgründe verurteilt worden sind, im Ausspruch über die im [X.] der Urteilsgründe ge-gen die Angeklagten und den Mitangeklagten H.

verhängten Einzelstrafen sowie die jeweiligen Gesamt-strafen,

cc) im Ausspruch über den angeordneten [X.] von Strafe des Mitangeklagten H.

.
-
3
-
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten J.

und M.

werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten J.

und M.

sowie
den [X.] H.

wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverlet-zung ([X.] der Urteilsgründe) sowie wegen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung und mit gefährlicher Körperverletzung -
hinsichtlich der Angeklagten jeweils durch Unterlassen -
([X.] der Urteilsgründe) zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Gegen den Mitangeklagten hat es außerdem die Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt angeordnet und ausgesprochen, dass sechs Monate der Gesamt-freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit sachlichrechtlichen Beanstandungen, der Angeklagte M.

zudem mit einer nicht ausgeführten Verfahrensrüge. Die Rechtsmittel haben den aus der [X.] ersichtli-chen Teilerfolg, im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StP[X.]
1
2
-
4
-
1. Die Strafverfolgung im [X.] der Urteilsgründe wird hinsichtlich des Angeklagten M.

mit Zustimmung des [X.] gemäß §
154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des Raubes be-schränkt. Das zieht die aus der [X.] ersichtliche Änderung des Schuldspruchs gegen diesen Angeklagten im [X.] der Urteilsgründe nach sich. In dem danach verbleibenden Umfang weist der Schuldspruch keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf.

Trotz der Änderung des Schuldspruchs hat die gegen den Angeklagten M.

in diesem Fall verhängte [X.] von sieben Monaten [X.]; denn das [X.] hat die durch die nunmehr vorgenommene Be-schränkung der Strafverfolgung weggefallene tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung bei der Bemessung der [X.] nicht zu dessen Nachteil schärfend berücksichtigt.

2. Die Schuldsprüche im [X.] der Urteilsgründe wegen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung und mit gefährlicher Körperverletzung, bezüglich der Angeklagten J.

und M.

jeweils durch Unterlassen und bezüglich des Mitangeklag-ten H.

durch [X.], halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der [X.] hat dazu in seinen
Antragsschriften ausge-führt:
"a) Der Versuch einer Brandstiftung mit Todesfolge kommt in zwei [X.] in Betracht. Entweder ist das Grunddelikt (Brandstiftung) [X.] und die Erfolgsqualifikation (Tod eines Menschen) gegeben oder aber der Täter nimmt -
bei vollendetem Grunddelikt -
den Tod 3
4
5
6
-
5
-
eines Menschen zumindest in Kauf (vgl.
[X.] Beschluss vom 31.
August 2004 -
1 StR 347/04,
StV 2005, 88; [X.] in
[X.]/[X.] StGB 28. Aufl. §
306c [X.]. 9; [X.] in LK StGB 12.
Aufl., §
306c [X.]. 11 jew. m.w.[X.]). Weder das eine noch das andere ist hier der Fall.

S.

, das Tatopfer, ist nicht verstorben ([X.]), so dass erstere Variante ausscheidet. [X.] der zweiten Möglichkeit fehlt es sowohl an der Vollendung des Grunddelikts als auch am voluntativen Element: Das Feuer hat nicht auf feste Bestandteile des Gebäudes übergegriffen, dessen teilweise oder vollständige Zerstörung ist ebenfalls nicht festgestellt ([X.]), die Angeklagten rechneten gerade nicht mit dem Tode des Geschädigten, sondern gingen davon aus, dass er die Wohnung rechtzeitig würde verlassen können ([X.] 11).
Bei Verurteilung wegen mehrerer in Tateinheit stehender Delikte führt bereits die rechtsfehlerhafte Annahme eines dieser Delikte zur Aufhebung insgesamt (vgl. [X.] 55. Aufl. §
353 [X.].
7a m.w.[X.]). Unabhängig davon bestehen am Schuldspruch im [X.] der Urteilsgründe auch weitere durchgreifende rechtliche Bedenken.
b)
Eine versuchte besonders schwere Brandstiftung hat die Strafkam-

306b Abs. 2
Nr. 1 StGB ([X.] einer Todesgefahr), beim Mitangeklagten H.

nach §
306b Abs. 2 Nr. 2 StGB (Absicht, eine andere Straftat zu verde-cken), angenommen. Beides hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. §
306b Abs. 2 Nr. 1 StGB verlangt den Vorsatz zur [X.]rbeifüh-rung einer konkreten Todesgefahr (vgl. [X.] a.a.[X.] §
306b [X.]. 9 m.w.[X.]). Das liegt nach den Feststellungen, wonach die Angeklagten zwar mit einer Rauchgasvergiftung, nicht aber mit dem Tode des Geschädigten rechneten ([X.] 11), eher fern. Dass der [X.] zu einem späteren Zeitpunkt, nach seinem Gespräch mit dem Nachbarn [X.].

, wieder in seine Wohnung zurückkehrte ([X.]
11
f.), hat die Kammer den Angeklagten in nachvollziehbarer
Weise nicht zugerechnet ([X.] 15). Eine Begründung ihrer Annah-me des Vorsatzes zur [X.]rbeiführung einer Lebensgefahr hat die Kammer nicht gegeben ([X.] 16). Die Tatalternative des §
306b Abs. 2 Nr. 2 StGB wiederum scheidet aus, da die Kammer die [X.] nicht positiv festgestellt ('vielleicht'), sondern alter-nativ die Verärgerung über die geringe Tatbeute als mögliches Motiv in den Raum gestellt hat ([X.] 11). Kann die Kammer sich aber -
6
-
keine Überzeugung vom Vorliegen eines tatbestandsrelevanten Sachverhalts bilden, greift der Zweifelssatz.
c) Auf weitere rechtliche Bedenken stößt die Annahme
einer Begehung [X.] ist insoweit von einer Garantenstellung aufgrund Ingerenz wegen täterschaftlicher Beteiligung an dem vorangegange-nem Raub ausgegangen ([X.] 16). Dies versteht
sich nicht von selbst, denn nach ständiger Rechtsprechung muss das [X.] zu einer Gefahrerhöhung im Sinne einer naheliegenden Gefahr des Erfolgseintritts führen (vgl. die Nachweise bei [X.] 59. Aufl. §
13 [X.]. 27). Das ist bei der Beteiligung an Gewaltdelikten zwar im Hinblick auf weitere Gewalteinwirkungen bis hin zur Tötung durch andere Beteiligte häufig der Fall (vgl. [X.] Beschluss vom 15. April 1997 -
4 [X.], NStZ-RR 1997, 292 m.w.[X.]), bei anders gear-teten [X.] jedoch nicht. So begründet etwa die gemeinschaftli-che Planung eines Raubes keine in diesem Sinne nahe Gefahr der Vergewaltigung des Opfers durch andere Täter (vgl. [X.] a.a.[X.]). Dementsprechend unterliegt es erheblichen Zweifeln, ob hier das [X.] (der gemeinschaftliche Raub) die nahe Gefahr gerade des tatbestandlichen Erfolgs eines [X.] hat. Ausführungen hierzu enthält das Urteil nicht."

Dem schließt sich der Senat an. Dies führt zur Aufhebung der Schuldsprüche gegen die Angeklagten J.

und M.

sowie -
gemäß §
357 StPO -
auch gegen den Mitangeklagten H.

im [X.] der Urteils-gründe, zum Wegfall der entsprechenden Einzelstrafen und der jeweiligen Ge-samtstrafe. Da die Strafe gegen den Mitangeklagten H.

neu zu bestimmen

7
-
7
-
ist, muss auch neu über die Dauer des [X.]s eines Teils der Strafe vor der -
rechtsfehlerfrei angeordneten -
Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt entschieden werden (§ 67 Abs. 2 und 5 StGB).
Becker

Pfister Hubert

Mayer Spaniol

Meta

3 StR 293/12

29.11.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.11.2012, Az. 3 StR 293/12 (REWIS RS 2012, 868)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 868

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 293/12 (Bundesgerichtshof)

Versuch einer Brandstiftung mit Todesfolge: Begehung durch Unterlassen; Garantenstellung aufgrund Ingerenz


3 StR 415/20 (Bundesgerichtshof)

Brandstiftung mit Todesfolge: Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts ohne Vollendung hinsichtlich beider Tatbestände


3 StR 415/20 (Bundesgerichtshof)

Die Verurteilung wegen eines erfolgsqualifizierten Versuchs setzt weder die Vollendung des Grunddelikts, noch den Eintritt …


3 StR 13/21 (Bundesgerichtshof)

Versuchte Brandstiftung mit Todesfolge: Versuch der Inbrandsetzung eines von Menschen bewohnten Gebäudes zur Nachtzeit; Konkurrenzverhältnis …


2 StR 611/11 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

3 StR 293/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.