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PDF anzeigenBUNDESGERICHTSHOFIM NAMEN DES VOLKESURTEILV ZR 427/00Verkündet am:23. November 2001Kanik,Justizamtsinspektorinals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem Rechtsstreit- 2 -Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlungvom 23. November 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger,Dr. Lemke und Dr. Gaierfür Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts München vom 18. Oktober 2000 wird auf Kosten derKläger zurückgewiesen.Von Rechts wegenTatbestand:Die Kläger sind Eigentümer von zwei landwirtschaftlich genutztenGrundstücken in F. Die Beklagte, ein Unternehmen der Energieversorgung,besitzt aufgrund einer Anfang der 70er Jahre mit den Rechtsvorgängern derKläger getroffenen und durch beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesicher-ten Vereinbarung die Befugnis, eines dieser Grundstücke zur Errichtung, zumBetrieb und zur Unterhaltung einer Erdgasleitung nebst Zubehör in einem 10 mbreiten Schutzstreifen zu nutzen. Der Schutzstreifen betrifft dieses Grundstückin einer Länge von 84 m. Die Kläger sind nach der Vereinbarung verpflichtet,alle Maßnahmen zu unterlassen, die den Bestand und den Betrieb der Leitun-gen oder deren Zubehörs beeinträchtigen könnten. Sie sind insbesondere ge-halten, den Schutzstreifen nicht zu überbauen, auf ihm nichts zu lagern, keineBäume oder tief wurzelnden Sträucher zu pflanzen und auf ihm keine Boden-- 3 -bearbeitung vorzunehmen, dir diliche landwirtschaftliche Nutzungdes Grundstcks hinausgeht. Ferner ist in Forststrecken oder bei Aufforstungrechts und links von der Rohrachse der Gasrohrleitung ein jeweils 2 m breiterGelstreifen stockfrei zu halten.Im Jahr 1997 ließ die Beklagte gegen den Willen der Klr im Bereichdes Schutzstreifens zwei Leerrohre einlegen, in die Lichtwellenleiterkabel(LWL-Kabel) eingeblasen wurden. Diese Leitungen dienen seit dem Inkrafttre-ten des Telekommunikationsgesetzes externen Zwecken. Aufgrund einer weite-ren, 1994 mit den Klrn getroffenen Vereinbarung, die ebenfalls durch be-schrkt persliche Dienstbarkeit gesichert ist, ist die Beklagte befugt, auchdas zweite Grundstck zur Errichtung, zum Betrieb und zur Unterhaltung einerFerngasleitung in einem 10 m breiten Schutzstreifen zu nutzen. Die den Kl-gern auferlegten Einschrkungen decken sich im wesentlichen mit den Ver-einbarungen, die das andere Grundstck betreffen. Der Schutzstreifen durch-schneidet das Grundstck in einer von 140,5 m. Die Beklagte ließ 1997in den Schutzstreifen ein zustzliches Leerrohr mit einem LWL-Kabel fr tele-kommunikative Zwecke einziehen. Ein bereits beim Bau der Gasleitung mitin-stalliertes Leerrohr ist ebenfalls mit einem LWL-Kabel bestckt, das zchstbetriebsinternen Zwecken diente, seit Inkrafttreten des Telekommunikationsge-setzes aber telekommunikativen Zwecken dient.Nunmehr betreibt die Beklagte auf beiden Grundstcken zu demselbenZweck den Einbau eines weiteren Schutzrohrls (acht Rohre fr je zwei120-faserige LWL-Kabel pro Rohr) in einem Abstand von 2,5 bzw. 4 m zu derGasleitung. Dem widersetzen sich die Klr. Sie verlangen von der Beklag-ten, es zu unterlassen, Telekommunikationskabel in das von ihr verlegte- 4 -Schutzrohrl einzublasen, und bereits installierte Schutzrohrl zubeseitigen. Ferner begehren sie die Feststellung, daû die Beklagte zum Ersatzdes durch die Beseitigung der Rohre entstehenden Schadens verpflichtet ist.Land- und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der- zugelassenen - Revision verfolgen die Klr ihre Antrweiter. Die Be-klagte beantragt die Zurckweisung des Rechtsmittels.Entscheidungsgr:I.Das Berufungsgericht lt die Klr fr verpflichtet, die von der Be-klagten betriebenen Rohrleitungen zur Aufnahme von LWL-Kabeln in dem be-absichtigten Umfang zu dulden. Die Duldungspflicht ergebe sich aus § 57Abs. 1 Nr. 1 TKG. Diese Vorschrift sei erweiternd dahin auszulegen, daû nichtnur bereits vorhandene Leitungen oder Einrichtungen die Mlichkeit fr denBetrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien erffneten, sonderndaû eine Duldungspflicht des Grundstckseigentmers bereits dann begrtwerde, wenn das Energieversorgungsunternehmen fr eine Neuverlegung vonKabelrohren den durch Dienstbarkeit gesctzten Bereich, in dem bisher schoneine Versorgungsleitung verlegt ist, in Anspruch nimmt. Eine die Duldungs-pflicht nach dieser Norm ausschlieûende dauerhafte zustzliche Einschrn-kung sei mit der Verlegung und Nutzung der Rohre nicht verbunden. Soweit dieKlr durch die Verlegung der Rohre eine Behinderung der Feldbestellung,beispielsweise durch Einschrkung einer Tiefenlockerung, der Anpflanzungvon Bmen oder des Einbringens von Stangen zur Halterung von Pflanzen,- 5 -geltend machen, verweist das Berufungsgericht darauf, daû sie diese Ein-schrkungen teilweise aufgrund der eingermten Dienstbarkeit hinzunehmentten. Z.T. bestr auch gar keine Einschrkungen, da die Maû-nahmen im Rahmlicher landwirtschaftlicher Nutzung lvon derBeklagten hinzunehmen seien.II.Diese Ausfrungen halten einer revisionsrechtlichen Prfung im Er-gebnis stand.Den Klrn stehen die geltend gemachten Abwehr- und Schadenser-satzansprche (§§ 1004, 823 Abs. 1 BGB) nicht zu, weil sie nach § 57 Abs. 1Nr. 1 TKG verpflichtet sind, die von der Beklagten in dem von der Dienstbarkeiterfaûten Schutzstreifen verlegten Schutzrohrl und das Einblasen vonLWL-Kabeln in die Schutzrohre zu dulden. Dazu bedarf es keiner "erweitern-den" Auslegung dieser Norm. Das folgt vielmehr unmittelbar aus der Bestim-mung, so wie sie nach ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang, in den siegestellt ist, zu verstehen ist.1. Die Vorschrift setzt voraus, daû der Eigentmer eines Grundstcksohnehin eine Leitung oder Anlage infolge eines gesicherten Rechts des Ener-gieversorgungsunternehmens zu dulden verpflichtet ist. Sie kft daran dasweitergehende Nutzungsrecht des Berechtigten fr die Errichtung, den Betriebund die Erneuerung von Telekommunikationslinien, soweit damit keine dauer-- 6 -hafte zustzliche Einschrkung der Nutzbarkeit des Grundstcks verbundenist.a) Bezogen auf den konkreten Fall liegt es zchst nahe, darauf abzu-stellen, daû die Klr kraft der durch Dienstbarkeit gesicherten Vereinbarungzur Duldung der bestehenden Gasleitung verpflichtet sind. Allerdings stellensich bei dieser Sicht Zweifel ein, ob der Wortlaut der Norm die Annahme er-laubt, daû der Betrieb der Gasleitung auch dazu berechtigen soll, davon ganzige Telekommunikationslinien zu errichten und zu betreiben. DasBerufungsgericht verkennt dies nicht und hebt im Ansatz zutreffend darauf ab,daû nicht nur bestehende Leitungsrechte die weitergehende Duldungspflichtauslsen k. § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG stigt auch denjenigen Energie-versorger, der auf dem fremden Grundstck eine durch ein Recht gesicherteAnlage unterlt. Es will aber unter dem Begriff der Anlage nicht den Schutz-streifen, die Kabeltrasse als solche, fassen, sondern bleibt in der Sache dochwieder, wenn auch jetzt unter dem Begriff der Anlage, bei den vorhandenenLeitungen stehen. Damit greift das Berufungsgericht zu kurz.b) Unter Anlage im Sinne der Norm ist im konkreten Fall der gesamtevon der Dienstbarkeit fr die unterirdische Verlegung von Erdgasleitungen undZr gesctzte Bereich, der sogenannte Schutzstreifen, einschlieûlich derverlegten Rohre und Zreinrichtungen zu verstehen (ebenso OLG Olden-burg, NJW 1999, 957, 958; Ellinghaus, CR 1999, 420, 424; Hamm, MMR 1999,165, 167; Mller, RdE 1999, 217, 220; Schuster, MMR 1999, 137, 140; Gep-pert/Ruhle/Schuster, Handbuch Recht und Praxis der Telekommunikation,1998, S. 145; Nienhaus, Wegerechte fr Telekommunikationslinien auf Privat-grundstcken, 2000, S. 118 f; Sctz, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 2. Aufl.,- 7 -§ 57 Rdn. 27; a.A. OLG Dsseldorf NJW 1999, 956). Das ergibt sich aus fol-gendem.aa) Der Begriff der Anlage lût vom Wortlaut her eine solche weiteAuslegung zu. Dem Berufungsgericht ist zwar zuzugeben, daû in § 1020 BGBder Begriff der Anlage in einem engeren Sinne verwandt wird. Man verstehtdarunter eine fr eine gewisse Dauer bestimmte, von Menschenhand zur Be-nutzung des Grundstcks geschaffene Einrichtung (vgl. Staudinger/Ring, BGB[1994], § 1020 Rdn. 10; MchKomm-BGB/Falckenberg, 3. Aufl., § 1020Rdn. 8; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 1020 Rdn. 3; wohl auch OLGDsseldorf, NJW 1999, 956). Der Gesetzgeber verbindet mit dem Anlagenbe-griff jedoch nicht generell die Vorstellung, daû es sich um ein menschlichesProdukt, eine Einrichtung, handeln muû. So geht beispielsweise § 3 Abs. 5Nr. 3 BImSchG von einem weiten Anlagenbegriff aus, wenn die Vorschrift dazuauch Grundstcke zlt, die keine besonderen Einrichtungen aufweisen, sofernvon ihnen gleichwohl Emissionen ausgehen k(vgl. BT-Drucks. 7/179, S.29). Auch in § 19 g WHG wird der - gesetzlich nicht definierte - Begriff der An-lage (zum Umgang mit wassergefrdenden Stoffen) weit ausgelegt. Auf dasVorhandensein baulicher Anlagen, technischer Gerte, maschineller oder son-stiger Teile, selbst auf einen "technischen Mindeststandard" soll es nicht an-kommen (Czychowski, WHG, 7. Aufl., § 19 g Rdn. 2 m.w.N.). St auchein Platz, der nicht nur vorrgehend zum Umgang mit wassergefrdendenStoffen genutzt wird, den Anforderungen an eine Anlage im Sinne der Norm(Czychowski aaO m.w.N.). Ankfend an den weiten Anlagenbegriff im Bun-desimmissionsschutzgesetz wird auch fr das Strafrecht, im Bereich der Straf-taten gegen die Umwelt, fr einen weiten Anlagenbegriff eingetreten, so daûein Grundstck, von dem Luftverunreinigungen ausgehen, als Anlage im Sinn- 8 -des § 325 StGB aufgefaût werden kann (vgl. Steindorf, in: Leipziger Kommen-tar zum StGB, 11. Aufl., § 325 Rdn. 21).bb) Eine weite Auslegung des Begriffs der Anlage in § 57 Abs. 1 Nr. 1TKG entspricht der Gesetzessystematik. Da die Norm gesicherte Leitungenoder Anlagen als Ankfungspunkte fr die gesteigerte Duldungspflicht nennt,muû unter einer Anlage etwas anderes zu verstehen sein als unter einer Ver-sorgungsleitung. Anderenfalls bliebe fr die Anlage kein Anwendungsbereich.Das zeigt sich deutlich im vorliegenden Fall. Obwohl das Berufungsgericht amBegriff der Anlage ansetzen will, erfaût es doch nur die bestehenden Versor-gungsleitungen als solche. Bei verstiger Wrdigung kann daher Anlage nurdie Gesamtheit der Versorgungseinrichtung meinen, und zwar gerade nichtbeschrkt auf die technischen Gegenstwie Rohre und Zreinrich-tungen, sondern einschlieûlich der fr die Versorgung zweckbestimmtenGrundstcke oder Teilflchen, soweit deren Grenzen jedenfalls aus demGrundbuch ersichtlich sind und den Schutzbereich klar erkennen lassen (vgl.Nienhaus, aaO, S. 117). Dem entspricht es, daû nach § 3 Abs. 1 der Verord-r Gashochdruckleitungen vom 17. Dezember 1974 (in der Fassungvom 12. Dezember 1996, BGBl. I, S. 1914) in Verbindung mit Nr. 2 des An-hangs zu § 3 Abs. 1 der VO (BGBl. I, S. 3595) Gashochdruckleitungen unterir-disch zur Sicherung ihres Bestandes und ihres Betriebes in einem Schutz-streifen zu verlegen sind. Das veranschaulicht, daû dieser Schutzstreifen funk-tional zu der Gesamtheit der Versorgungseinrichtrt.cc) Entgegen der Auffassung der Revision entspricht dieses Verstd-nis, zu dem im Ergebnis auch das Berufungsgericht kommt, dem Gesetzes-zweck. Der Gesetzgeber war sowohl durch EG-rechtliche Vorschriften (insbe-- 9 -sondere durch die Richtlinie 96/19 der Kommission vom 13. Mrz 1996, ABl EGNr. L 74, S. 13) als auch durch Art. 87 f GG gehalten, eine flchendeckend an-gemessene und ausreichende Versorgung der Bevlkerung im Bereich derTelekommunikation durch die Sicherstellung eines chancengleichen und funk-tionsfigen Wettbewerbs privater Anbieter zu gewrleisten (vgl. auch Be-grzum Entwurf des Telekommunikationsgesetzes, BT-Drucks. 13/3609,S. 1-2, 33-36). Zu einer raschen Herstellung eines flchendeckenden Netzesterrestrischer Telekommunikationslinien sollten sowohl aus volkswirtschaftli-chen Grls auch zur Gewrleistung eines ausgewogenen Wettbe-werbs, den der Gesetzgeber zu frdern hatte, unter Einbindung der Leitungs-infrastruktur der Energiewirtschaft auch private Grundstcke in Anspruch ge-nommen werden (Begrs Gesetzentwurfs, BT-Drucks. 13/3609, S. 36;Senat, BGHZ 145, 16, 25 f). Das Ziel des Gesetzes konnte nur erreicht werden,wenn dem jeweiligen Unternehmen nicht nur die Mlichkeit erffnet wurde,bereits verlegte Leitungen und Schutzrohre fr Zwecke der Telekommunikationzu nutzen, sondern wenn ihm auch das Recht eingermt wurde, bestehendeDienstbarkeiten fr die Neuerrichtung von Telekommunikationslinien nutzbarzu machen. Erfaûtmlich die vom Gesetz begrte Duldungspflicht derGrundstckseigentmer nur bestehende Leitungen und Schutzrohre, wre derAnwendungsbereich des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG sehr beschrkt. Denn erst seitjrer Zeit werden im Zusammenhang mit der Installation von Versorgungs-leitungen Schutzrohre zur Aufnahme weiterer Leitungen verlegt. In frrer Zeitwar dies lich (Sctz, in Beck'scher TKG-Kommentar, § 57 Rdn. 27). Insolchen Fllen bliebe das Anliegen des Gesetzgebers ohne Wirkung. Das aberist nicht Sinn und Zweck des Gesetzes.- 10 -Soweit die Revision aus den Gesetzesmaterialien zu der ursprlichenEntwurfsfassung des § 57 TKG (§ 56 des Entwurfs) ableitet, der Gesetzgeberhabe lediglich die Mlichkeit erffnen wollen, ein etwa bereits vorhandenesinternes Kommunikationsnetz auszubauen, bercksichtigt sie nicht, daû dieGesetz gewordene Fassung, die auf der Beschluûempfehlung des Ausschus-ses fr Post und Telekommunikation vom 12. Juni 1996 beruht, eine solcheeingeschrkte Befugnis nicht mehr vorsieht. Vielmehr lassen die Materialienerkennen, daû durch dir dem Entwurf rte Fassung der An-wendungsbereich und die Duldungspflicht zugunsten der Energieversorgungs-unternehmen ausgedehnt werden sollte. Insbesondere sollte klargestellt wer-den, daû etwa zur Errichtung von Telekommunikationslinien das Grundstckauch kurzfristig mit technischem Gert befahren bzw. ilicher Weise in An-spruch genommen werden kann. Fr den Fall, daû bereits dinglich gesicherteLeitungen in einem Schutzstreifen liegen, sollte die Mlichkeit der Inan-spruchnahme fremder Grundstcke erweitert werden, soweit das Grundstckdurch die Nutzung zu Telekommunikationszwecken nicht zustzlich beein-trchtigt wird (vgl. BT-Drucks. 13/4864 [neu], S. 36, 81). Danach kievon der Revision angefrten, zeitlich frr gemachten Äuûerungen im Ge-setzgebungsverfahren nicht mehr uneingeschrkt herangezogen werden. Magauch ursprlich der Gedanke vorherrschend gewesen sein, nur den Ausbaubestehender Leitungssysteme fr Telekommunikationszwecke durch Statuie-rung von Duldungspflichten zu untersttzen, so lût sich dieser Wille fr dieGesetz gewordene Fassung nicht mehr feststellen. Das gilt auch fr die vonder Revision angefrte Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drucks. 13/4438Ziff. 68, S. 17 f), die zwar zu einer Änderung des ursprlichen Gesetzent-wurfs beigetragen hat, jedoch nicht auf der letztlich Gesetz gewordenen Fas-sung beruhte. Beide Fassungen unterscheiden sich vielmehr in einem wesent-- 11 -lichen Punkt. Wrend der Bundesrat die Duldungspflicht daran kfen woll-te, daû "auf dem Grundstck eine durch ein Recht gesicherte Leitung oderAnlage auch als Telekommunikationslinie genutzt" wird, so heiût es jetzt, daûdie Leitung oder Anlage "auch fr die Errichtung ... einer Telekommunikations-linie genutzt" wird. Wortlaut, Zielrichtung und in den Materialien zum Ausdruckgekommene Beweggrlassen daher keinen Zweifel daran, daû die Dul-dungspflicht umfassender ausgestaltet werden und auch die Neuerrichtung imRahmen gesicherter Schutzstreifen erfassen sollte.c) Dieses Verstis der Norm ist verfassungsrechtlich unbedenklich.Das Bundesverfassungsgericht hat zu der r § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKGallgemeineren Regelung des § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG (vgl. Senat, BGHZ 145, 16,22) entschieden, daû ein Grundstckseigentmer bei fehlender oder unwe-sentlicher Beeintrchtigung seines Grundstcks u.a. die Errichtung von Tele-kommunikationslinien nicht verbieten kann. Die von der Norm getroffene In-haltsbestimmung des Eigentums lt sich vor dem Hintergrund der auch vonder Verfassung geforderten und vom Gesetzgeber angestrebten Versorgungder Bevlkerung mit flchendeckend angemessener Telekommunikations-dienstleistung im Rahmen des Art. 14 Abs. 2 GG. Der Gesetzgeber hat hierbeidie schutzwrdigen Interessen des Eigentmers und die Belange des Gemein-wohls zu einem gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verltnis ge-bracht, ohne dabei den Kernbereich der Eigentumsgarantie auszlen(BVerfG NJW 2000, 798, 799). Dasselbe gilt fr den spezielleren Tatbestanddes § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG, der den Eigentmer eher noch weitergehendsctzt, als dies nach § 57 Abs. 1 Nr. 2 TKG der Fall ist. Denn hier wird einemGrundstckseigentmer eine Duldungspflicht rhaupt nur dann abverlangt,wenn er sein Eigentum durch die Einrmung eines Leitungsrechts bereits be-- 12 -lastet hat und diese freiwillig eingegangene Bindung nicht durch eine zustzli-che und dauerhafte Nutzbarkeitseinschrkung verscrft wird (vgl. Senat,BGHZ 145, 16, 27; Schuster, MMR 2000, 89, 90). Deshalb ergibt sich auch,anders als die Revision meint, aus Art. 14 GG keine Verpflichtung der Versor-gungsunternehmen, vorrangiffentliche Verkehrswege fr die Verlegung vonTelekommunikationslinien zu nutzen (Sctz, in: Beck™scher TKG-Kommentar,§ 57 Rdn. 6).2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Annahme des Beru-fungsgerichts rechtsfehlerfrei, daû die Nutzbarkeit der Grundstcke der Klrdurch Neuverlegung der Telekommunikationslinien in einem Abstand von etwa1 m vom Rand des Schutzstreifens nicht dauerhaft zustzlich eingeschrktwird. Die Nutzbarkeit eines Grundstcks ist dann nicht dauerhaft zustzlicheingeschrkt im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 1 TKG, wenn die telekommunikati-ve Nutzung, von vorrgehenden Überschreitungen abgesehen, von der Artder Grundstcksnutzung her nicht r den durch die Dienstbarkeit vorgege-benen Rahmen hinausgeht (Nienhaus, Wegerechte fr Telekommunikationsli-nien auf Privatgrundstcken, 2000, S. 155; Sctz, in: Beck©scher TKG-Kommentar, § 57 Rdn. 25). So liegt der Fall hier. Die nach der Dienstbarkeit imBereich des Schutzstreifens noch zulssiliche landwirtschaftliche Nut-zung wird durch die in einem Meter Tiefe verlegten Schutzrohre nicht zustz-lich eingeschrkt. Eir diliche landwirtschaftliche Nutzung hinaus-gehende Tiefenlockerung des Bodens oder ein Einbringen tief in das Erdreichragender Pfle ist im Bereich des Schutzstreifens nach dem Inhalt der Dienst-barkeit ohnehin ausgeschlossen. Denn der Sinn des Schutzstreifens bestehtgerade darin, die in diesem Bereich verlegte Leitung - abstrakt - vor jeder Ge-frdung zu sctzen. Darrt auch nichts der Umstand, daû die Be-- 13 -klagte eine tiefergehende Bodenbearbeitung in enger Abstimmung mit ihr zugestatten bereit ist. Grundstzlich ausgeschlossen bleiben solche Maûnahmenwegen der Gefrdungsmlichkeit gleichwohl. Durch die Verlegung der zu-stzlichen Leitungen hat sich daher fr die Klr keine weitere Einschrkungergeben. Nicht zu folgen ist demr der Auffassung der Revision, derSchutzstreifen diene auch ihrer eigenen Sicherheit, da hierdurch der Gefahreiner durch die tliche Arbeit in der Landwirtschaft versehentlich hervorgeru-fenen Scigung der im Boden verlegten Leitungen begegnet werde; wrdennun am Rande des Streifens weitere Leitungen verlegt, so mûten sie, die Kl-ger, zur Vermeidung einer Haftung einen zustzlichen Schutzbereich einhalten.Die Klr waren jedoch auch bisher nicht berechtigt, den Schutzstreifen alseigene "Risikozone" zu nutzen. Daû frr eine Verletzung folgenlos gebliebenist, wrend sich jetzt die Gefahr einer Bescigung bei einer Bodenbearbei-tr die Grenze hinaus ert hat, ist daher kein Umstand, aus dem dieKlr Rechte herleiten k.Gleiches gilt im Ergebnis fr den Einbau einer Drainage, abgesehen da-von, daû die Revision nicht auf Sachvortrag verweist, wonach die Einrichtungeiner Drainage gerade im Bereich des Schutzstreifens notwendig oder zumin-dest sachgerecht ist.Soweit den Klrn auûerhalb des inneren Schutzstreifens von je 2 mlinks und rechts der Achse der Gasrohrleitung das Anpflanzen von in derLandwirtschaft lichen Bmen und sonstigen Pflanzen erlaubt ist und sie einertes (abstraktes) Haftungsrisiko fr Kabelscfrchten, wenn die Be-klagte weitere Kabel im Schutzstreifen auûerhalb dieses inneren Bereichs un-terlt, frt das ebenfalls nicht zu einer zustzlichen Nutzbarkeitsbeschrn-- 14 -kung (vgl. Senat, BGHZ 145, 16, 23 m.w.N.). Im rigen ist dem Berufungsge-richt zuzustimmen, daû es in diesem Bereich Sache der Beklagten ist, ihreLeitungen vor einer Scigung durch Wurzelwerk abzusichern, da die Klrnach der getroffenen Vereinbarung ausdrcklich befugt sind, Pflanzungen vor-zunehmen. Die Revision verweist allerdings darauf, daû an sich der Eigent-mer einer Rohrleitung, die auf fremdem Grund liegt, von dem Grundstcksei-gentmer verlangen kann, daû dieser das Eindringen von Wurzeln von auf sei-nem Grundstck gepflanzten Bmen in die Rohrleitungen verhindert (Senat,Urt. v. 26. April 1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826 ff). Dabei rsieht siejedoch, daû dies nicht gelten kann, wenn - wie hier - der Betreiber der Leitun-gen eine Bepflanzung in dem fr die Leitungen in Anspruch genommenenRaum gestattet hat. Ohne Bedeutung ist der von der Revision als nicht hinrei-chend gewrdigt gerte Vortrag der Klr, durch die zustzliche Verlegungdes Schutzrohrls tten ihre Grundstcke um 50 % an Wert verloren.Abgesehen davon, daû dazu jre Darlegung von Tatsachen fehlt, istdieser Gedanke schon im Ansatz nicht richtig. Sollte eine solche gravierendeWertminderung eingetreten sein, so wre das nicht Folge der zustzlich ver-legten Leitungen, sondern der durch Dienstbarkeit gesicherten Vereinbarung.Denn die zustzlichen Leitrden den Klrn keine - wie dargelegt -weitergehende Duldungspflicht von wirtschaftlicher Bedeutung auf als die Ver-einbarung selbst.- 15 -III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Tropf Schneider Krr Lemke Gaier
Meta
23.11.2001
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2001, Az. V ZR 427/00 (REWIS RS 2001, 478)
Papierfundstellen: REWIS RS 2001, 478
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