Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2015, Az. XI ZR 116/15

11. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 5088

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Gegenstand

Rechtsfolgen des Widerrufs eines Ratenkredits mit Restschuldversicherung bei Altfällen


Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Streitwert: bis 30.000 €

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

I.

2

Soweit die Klägerin das Berufungsurteil mit der Revision angreifen will, ist ihr Prozesskostenhilfe nicht zu gewähren, weil das Berufungsgericht die Revision nur zugunsten der Beklagten, nicht auch zugunsten der Klägerin zugelassen hat. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, jedoch durch Auslegung der Urteilsgründe.

3

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Urteilsgründen ergeben (Senatsbeschluss vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.], 1211 Rn. 6). Aufgrund der gebotenen Auslegung der Urteilsgründe kommt deshalb eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf einzelne Prozessparteien in Betracht, sofern Grund der Revisionszulassung eine bestimmte Rechtsfrage war, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspartei entschieden hat. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der gegnerischen Partei, die das Urteil aus einem anderen Grund angreift (Senatsbeschlüsse vom 8. Mai 2012 aaO, vom 23. April 2013 - [X.], juris Rn. 3 und vom 25. Juni 2013 - [X.], juris Rn. 5 mwN).

4

So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil "die Frage, ob eine Verwirkung bei Verbraucherkreditverträgen mit Restschuldversicherung in Betracht" komme, in denen die Widerrufsbelehrung vor Erlass des [X.] vom 15. Dezember 2009 ([X.], [X.], 1) ohne Hinweis gemäß § 358 Abs. 5 BGB in der maßgeblichen Fassung erteilt worden sei, "bislang höchstrichterlich nicht entschieden" sei. Das Berufungsgericht konnte die Zulassung der Revision zwar nicht auf diese unselbständige Rechtsfrage zur Reichweite des [X.] beschränken. Mit seiner Begründung der Zulassungsentscheidung hat es aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es nur der Beklagten die Gelegenheit zur Überprüfung seiner Entscheidung geben wollte, ob zwischen den Parteien aufgrund des Widerrufs der Klägerin ein [X.] besteht. Die sich aus dem [X.] zulasten der Klägerin ergebenden Rechtsfolgen hat das Berufungsgericht dagegen nicht zur Überprüfung gestellt.

II.

5

Gleichfalls ohne Erfolgsaussichten ist die Rechtsverfolgung der Klägerin, soweit sie die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde bekämpft.

6

Unbeschadet der Frage, ob die Möglichkeit zu bejahen wäre, eine nach § 26 Nr. 8 EGZPO zulässige Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben (vgl. [X.], Beschluss vom 29. Januar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 315 Rn. 11 [X.]), hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und erfordern die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

7

Insbesondere sind die Rechtsfolgen höchstrichterlich geklärt, die nach Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung in [X.] eintreten, in denen § 357a BGB noch keine Anwendung findet. Der Senatsrechtsprechung (Senatsurteil vom 10. März 2009 - [X.], [X.]Z 180, 123 Rn. 19 f.) lässt sich ohne weiteres entnehmen, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine ([X.] und gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BGB Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta schuldet. Der Darlehensgeber schuldet dem Darlehensnehmer gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen und gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. Senatsurteil vom 10. März 2009 aaO Rn. 29). Soweit Darlehensgeber oder Darlehensnehmer gegenüber den gemäß § 348 Satz 1 BGB jeweils Zug um Zug zu erfüllenden Leistungen die Aufrechnung erklären, hat dies nicht zur Folge, dass der Anspruch des Darlehensnehmers gegen den Darlehensgeber gemäß § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB auf Herausgabe von Nutzungsersatz als nicht entstanden zu behandeln wäre.

8

Dass diese Grundsätze in jüngerer [X.] von einzelnen Stimmen in der Literatur mit nicht überzeugenden Argumenten in Frage gestellt werden (vgl. Edelmann/[X.], [X.] 2015, 148, 152 f.; [X.]/Suchowerskyj, [X.], 999, 1001 ff.; [X.]/[X.], [X.], 1094, 1095 f., 1098 f.; [X.], [X.], 1085, 1086 f.; Schnauder, NJW 2015, 2689, 2691 f.), verleiht der Rechtssache keine Grundsatzbedeutung (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. Februar 2010 - [X.], [X.], 936 Rn. 3 und - [X.], [X.], 1080 Rn. 3). Anlass zur Rechtsfortbildung besteht ebenfalls nicht. Schließlich verlangt die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ein Eingreifen des [X.] nicht. Das Berufungsgericht hat sich bei der Ermittlung der Rechtsfolgen des Widerrufs ersichtlich an den höchstrichterlichen Vorgaben orientieren wollen. Soweit es einen Anspruch der Beklagten nach § 346 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB verneint hat, liegt dem lediglich ein einfacher Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall zugrunde, der die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt.

9

Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung des § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen (vgl. [X.], Beschluss vom 16. September 2010 - [X.] 5/10, juris Rn. 1).

Ellenberger                             Grüneberg                            Menges

                        Derstadt                                [X.]

Meta

XI ZR 116/15

22.09.2015

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 11. Februar 2015, Az: 13 U 20/13

§ 346 Abs 1 Halbs 1 BGB, § 346 Abs 1 Halbs 2 BGB, § 346 Abs 2 S 1 Nr 1 BGB, § 346 Abs 2 S 2 BGB, § 348 S 1 BGB, § 357a BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2015, Az. XI ZR 116/15 (REWIS RS 2015, 5088)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3441 REWIS RS 2015, 5088

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