Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.02.2010, Az. 24 W (pat) 9/09

24. Senat | REWIS RS 2010, 9550

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PURE" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 028 607.5

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie [X.] und Eisenrauch in der Sitzung vom 9. Februar 2010

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 2. April 2008 angemeldete Wortmarke

2

PURE

3

ist für folgende Waren in Klasse 3 bestimmt:

4

"Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer".

5

Seitens der Markenstelle für Klasse 3 des [X.] ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 [X.]. 1 und 2 [X.]) in einem ersten Beschluss vom 2. September 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Das Markenwort " PURE ", welches eine hohe Ähnlichkeit zum [X.] Wort "pur" aufweise, werde vom inländischen Verkehr ohne weiteres im Sinne von "rein, unverfälscht, unvermischt" verstanden. Mithin liege im Blick auf die beanspruchten Waren eine Beschaffenheits- und Qualitätsangabe bzw. ein Eigenschaftsversprechen vor.

6

[X.] ist durch Beschluss derselben Markenstelle vom 28. Oktober 2008 zurückgewiesen worden. Auch bei Anlegung eines großzügigen [X.] weise das englischsprachige Wort " PURE " (= rein) keine Unterscheidungskraft auf. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit sei nicht erkennbar. Auf dem hier maßgeblichen Warengebiet lege der Verkehr Wert auf die Reinheit der Inhaltsstoffe. Zudem könne die Wirkung (im Sinne eines Versprechens reiner Haut) angezeigt werden. Dem Beschluss waren einige [X.] (13 Bl.) zu den [X.] Wörtern "rein" und "pur" beigefügt.

7

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem (sinngemäßen) Antrag,

8

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 vom 2. September 2008 sowie vom 28. Oktober 2008 aufzuheben.

9

Sie ist der Ansicht, die angemeldete Bezeichnung weise zumindest eine geringe Unterscheidungskraft auf. Das Wort " PURE " sei mehrdeutig, weil es neben "rein" auch "echt" und "wahr" bedeuten könne. Ihm komme die Eignung zu, beim Konsumenten ein Gefühl des Wohlbefindens zu evozieren. Eine Beschaffenheitsangabe liege in Alleinstellung nicht vor, sondern allenfalls bei einer Verwendung mit Zusätzen. Die von der Markenstelle übermittelten Belege seien nicht aussagekräftig. Ergänzend weist die Anmelderin auf Voreintragungen ihrer Ansicht nach vergleichbarer Marken hin, u. a. auf die zu ihren Gunsten registrierten [X.] " [X.]", " [X.]" und " PURE SINCERITY ".

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung " PURE " für die beanspruchten Erzeugnisse zumindest jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren (oder Dienstleistungen) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] GRUR Int. 2005, 135, Nr. 29 - [X.]; [X.], 411, Nr. 8 [X.] ; [X.], 952, Nr. 9 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren (oder Dienstleistungen) zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jede der beanspruchten Waren zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.).

Im Ansatz zutreffend weist die Anmelderin darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.] [X.], 411, Nr. 8 - [X.] ) bereits eine geringe Unterscheidungskraft für die Schutzgewährung ausreicht. Allerdings muss die (verfahrensmäßige) Prüfung selbst streng und vollständig sein (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, Nr. 59 - [X.]; [X.], 674, Nr. 123 - Postkantoor; [X.], 1027, Nr. 45 - DAS [X.] DER BEQUEMLICHKEIT ). Im vorliegenden Fall fehlt jedoch in Anbetracht der produktbezogenen Bedeutung des englischsprachigen Wortes " PURE " auch bei einem noch so "großzügigen" oder "anmelderfreundlichen" Prüfungsmaßstab jegliche betriebskennzeichnende Hinweiskraft.

Das zum Grundwortschatz der [X.] zählende und deshalb auch von breiten [X.] Publikumskreisen, an die sich die beanspruchten Waren des alltäglichen Gebrauchs richten, ohne Schwierigkeiten verstandene Wort " PURE " weist die Hauptbedeutung "rein" auf (vgl. [X.], Wörterbuch für Schule und Studium, Teil 1, [X.], S. 1030). Bei fremdsprachigen [X.] ist, stets im Blick auf die im konkreten Fall betroffenen Erzeugnisse, auf die nächstliegende Übersetzung abzustellen (vgl. [X.] die Beschlüsse des [X.] (pat) 352/03 - [X.]; 32 W (pat) 13/07 - TrueNatureGuide ). Es kann keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass der Begriff "rein" zu Körper- und Schönheitspflegeprodukten in Klasse 3, um die es im vorliegenden Fall geht, zumindest einen engen beschreibenden Bezug im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. [X.] in: [X.]/[X.], a. a. O., § 8 Rdn. 48 m. w. Nachw.) aufweist. Die Verbraucher legen meist großen Wert auf die Reinheit der betreffenden Erzeugnisse, insbesondere der bei der Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen der Markenstelle (die zudem durch Belege aus dem [X.] gestützt sind) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Von einer Mehrdeutigkeit des Begriffs " PURE " kann - im Blick auf die beanspruchten Waren - keine Rede sein. Eine etwaige Eignung des Markenworts, im angesprochenen Verkehr positive Empfindungen ("Gefühle des Wohlbefindens") hervorzurufen, besagt für sich gesehen nichts für das Vorhandensein eines Mindestmaßes an Unterscheidungskraft. Denn die etwaige Werbewirksamkeit einer Bezeichnung kann nicht mit der im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] erforderlichen - hier fehlenden - Eignung, einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft so gekennzeichneter Produkte zu vermitteln, gleichgesetzt werden.

Die Anmelderin vermag aus der Registrierung anderer - ihrer Ansicht nach ähnlicher - Marken keinen Anspruch auf Eintragung im vorliegenden Fall herzuleiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. [X.] [X.], 428, Nr. 63 - [X.]; [X.], 674, [X.]. 43, 44 - Postkantoor; [X.], 667, Nr. 19 - [X.]u. a.; [X.] [X.] 1998, 248 - Today; [X.], 1428, Nr. 18 - [X.]; [X.], 333 - Papaya).

Ob einer Eintragung der Bezeichnung " PURE " auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Auf den rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrsdurchsetzung infolge Benutzung (§ 8 Abs. 3 [X.]) hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren nicht gestützt.

Nach allem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 9/09

09.02.2010

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 09.02.2010, Az. 24 W (pat) 9/09 (REWIS RS 2010, 9550)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9550

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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30 W (pat) 519/10

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