Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.09.2010, Az. VI R 54/09

6. Senat | REWIS RS 2010, 3120

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Gegenstand

(Arbeitgeberseitige Fahrergestellung nicht stets Lohn - Zweck des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG - Abgrenzung zwischen Betriebsstätte am Wohnsitz und Wohnung - Beruflich veranlasste Umwegfahrten - Keine Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch steuerliche Erfassung von Einnahmen kirchlich Angestellter)


Leitsatz

Der Senat lässt offen, ob an der Rechtsprechung weiterhin festzuhalten ist, dass die arbeitgeberseitige Fahrergestellung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in der bis einschließlich 2000 geltenden Fassung erhöht eine solche Fahrergestellung jedenfalls nicht die anzusetzenden Lohneinkünfte des betreffenden Arbeitnehmers, weil selbst bei Ansatz eines lohnsteuerrechtlichen Vorteils ein entsprechender Aufwand in gleicher Höhe entgegenstünde .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorliegen sowie ob und in welcher Höhe die unentgeltliche Überlassung eines [X.]ienstwagens samt Fahrer einen geldwerten lohnsteuerrechtlich zu erfassenden Vorteil begründet.

2

[X.]ie Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind [X.]heleute. [X.]er Kläger war als Leitender Angestellter bei der [X.] tätig und erzielte hieraus in den Streitjahren (1998 bis 2000) [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. [X.]ie Klägerin war freiberuflich tätig. [X.]er Kläger bewohnte in [X.] eine ihm vom Arbeitgeber zugewiesene, über drei [X.]tagen reichende [X.]ienstwohnung. [X.]eren einzelne Räume waren ohne besondere bauliche Trennung über ein zentrales Treppenhaus mit angrenzendem Flur zu erreichen. Im 1. Obergeschoss befanden sich zwei vom Arbeitgeber ausgestattete Räume, die dem Kläger zur [X.]rledigung dienstlicher Aufgaben zur Verfügung standen. [X.]ie Klägerin wohnte zudem in [X.], dort betrieb sie eine Praxis. [X.]aneben nutzten die Kläger noch eine gemeinsame Wohnung in [X.], wenn sie gemeinsam mehrere Tage arbeitsfrei hatten.

3

In den [X.]inkommensteuererklärungen der Streitjahre hatte der Kläger angegeben, 1998 und 1999 an je 60 Tagen und im Jahr 2000 an 63 Tagen Fahrten mit dem eigenen Kraftfahrzeug zwischen der Wohnung in [X.] und der Arbeitsstätte --dem Sitz des Arbeitgebers (Verwaltung) im 49 km entfernten [X.]-- durchgeführt zu haben.

4

[X.]er [X.]eklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) veranlagte die Kläger für die Streitjahre zusammen zur [X.]inkommensteuer und berücksichtigte dabei erklärungsgemäß die Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des [X.]inkommensteuergesetzes ([X.]StG) als Werbungskosten. [X.]ie [X.]inkommensteuerbescheide wurden bestandskräftig.

5

[X.]ine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der Arbeitgeberin des [X.] ergab, dass dem Kläger ein [X.]ienstwagen samt Fahrer zwar nicht für die sonstige private Nutzung, aber für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt worden war. Angesichts dessen änderte das [X.] nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung die bestandskräftigen [X.]inkommensteuerbescheide der Streitjahre. [X.]s setzte in den [X.] diese bisher einkommensteuerrechtlich nicht erfasste Nutzungsmöglichkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 [X.]StG unter [X.]erücksichtigung einer einfachen [X.]ntfernung von 49 km mit monatlich 0,03 % des inländischen Listenpreises der jeweils überlassenen Fahrzeuge an. [X.]ie sich so ergebenden Werte erhöhte es jeweils um 50 %, weil dem Kläger mit dem [X.]ienstwagen auch ein Fahrer gestellt worden war. [X.]ementsprechend erhöhte das [X.] in den Streitjahren jeweils die [X.]inkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des [X.] um 16.087 [X.]M (1998), um 17.476 [X.]M (1999) und um 17.754 [X.]M (2000).

6

[X.]er dagegen erhobene [X.]inspruch war insoweit erfolgreich, als das [X.] Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeweils 225 Tage im Jahr berücksichtigte. Im Übrigen wies es den [X.]inspruch zurück.

7

Mit dagegen erhobener Klage wandten sich die Kläger gegen den Ansatz eines geldwerten Vorteils im Wesentlichen mit der [X.]egründung, dass der Kläger sowohl in [X.] als auch in [X.] einen [X.]ienstsitz gehabt habe und die Fahrten von [X.] nach [X.] daher keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien.

8

[X.]as Finanzgericht ([X.]) entsprach aus den in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1187 veröffentlichten Gründen der dagegen erhobenen Klage nur teilweise. [X.]s berücksichtigte die streitigen Fahrten zwischen [X.] und [X.] als solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, setzte diese als geldwerten Vorteil aber nur an, soweit das Fahrzeug für solche Fahrten tatsächlich genutzt worden war. [X.]ie so ermittelten Werte erhöhte es mit Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 27. September 1996 [X.], [X.]FH[X.] 181, 181, [X.]St[X.]l II 1997, 147), wonach die unentgeltliche Überlassung eines Fahrers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen geldwerten Vorteil begründet, entsprechend den [X.] --LStR-- (Abschn. 31 Abs. 7a LStR 1996, 1999 bzw. [X.]) um 50 %.

9

Sowohl die Kläger als auch das [X.] wenden sich gegen die Vorentscheidung jeweils mit der Revision.

[X.]ie Kläger wenden sich mit der Revision gegen den Ansatz eines geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Wesentlichen mit der [X.]egründung, dass die Fahrten zwischen der Pfarrdienstwohnung in [X.] und der Kirchenverwaltung in [X.] Fahrten zwischen zwei [X.]etriebsstätten des Arbeitgebers seien.

Sie beantragen,

die Revision des [X.] zurückzuweisen und das Urteil des [X.] vom 16. März 2009 dahingehend abzuändern, dass die [X.]inkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 vom 24. Juni 2002 in Gestalt der [X.]inspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2005 dahingehend abgeändert werden, dass die [X.]inkommensteuer 1998 auf 53.163 [X.]M, die [X.]inkommensteuer 1999 auf 57.429 [X.]M und die [X.]inkommensteuer 2000 auf 62.424 [X.]M festgesetzt wird.

[X.]as [X.] beantragt,

die Revision der Kläger abzuweisen und

das Urteil des [X.] vom 16. März 2009  11 K 3700/05 insoweit abzuändern, als darin der geldwerte Vorteil für die Gestellung des [X.]ienstwagens samt Fahrers für die Jahre 1998 bis 2000 nach § 8 Abs. 2 Satz 5 [X.]StG ermittelt wurde und diesen Vorteil entsprechend der [X.]inspruchsentscheidung des [X.] vom 31. Oktober 2005 nach den Grundsätzen des § 8 Abs. 2 Satz 3 [X.]StG zu berechnen und bei der [X.]rmittlung der [X.]inkommensteuer 1998 bis 2000 zu berücksichtigen,

im Übrigen, die Klage abzuweisen.

[X.]as [X.] habe zu Unrecht --unter [X.]erufung auf die Rechtsprechung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH)-- den pauschalen geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht nach der Pauschale des § 8 Abs. 2 Satz 3 [X.]StG (0,03 % des Listenpreises für jeden Kalendermonat) angesetzt und die [X.]hauffeurkosten auf Grundlage der [X.] bewertet; die [X.] seien hierfür keine Rechtsgrundlage. [X.]er Vorteil aus der Überlassung eines Fahrers sei auf Grundlage der gesetzlichen Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 [X.]StG mit dem üblichen [X.]ndpreis am [X.] anzusetzen.

[X.]as [X.]undesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Kläger ist nur teilweise begründet. Soweit das [X.] die Fahrten zwischen [X.] und [X.] als solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beurteilt hatte, ist die Revision unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat allerdings zu Unrecht die Lohneinkünfte des [X.] deshalb höher angesetzt, weil der Arbeitgeber dem Kläger für diese Fahrten einen Fahrer zur Verfügung gestellt hatte; insoweit ist die Revision begründet und der Klage zu entsprechen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O).

Die Revision des [X.] ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen. Das [X.] hat zutreffend auf Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden [X.]s, an der der [X.] auch nach erneuter Prüfung festhält (vgl. Urteil vom heutigen Tage in der Sache [X.]/09, [X.]FHE 231, 139), die Nutzung des Dienstwagens nur für die tatsächlich zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführten Fahrten angesetzt.

1. Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Danach ist die Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs für private Fahrten für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Zulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen (1 %-Regelung). Kann das Kraftfahrzeug auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich dieser Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nach Maßgabe der tatsächlichen [X.]enutzung des Dienstwagens für solche Fahrten; der [X.] hält insoweit an seiner Rechtsprechung fest, dass der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Regelung) nur zur Anwendung kommt, wenn und soweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt; auf das unter dem [X.]. [X.]/09, [X.]FHE 231, 139 am heutigen Tage ergangene Urteil wird zur weiteren [X.]egründung zwecks Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Kraftfahrzeug ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte überlassen wird, nicht aber für eine sonstige private Nutzung. Dieser Auslegung steht insbesondere nicht die Formulierung in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG entgegen, wonach das Fahrzeug "auch" für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden kann, also § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG etwa eine Fahrzeugüberlassung für eine private Nutzung jeder Art voraussetzte. Denn nach der Rechtsprechung des [X.]s erfasst die 0,03 %-Regelung keinen privaten Nutzungsvorteil, der nicht schon durch die 1 %-Regelung erfasst wäre, sondern bezweckt lediglich als [X.] den Ausgleich des pauschalen Werbungskostenabzugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Sätze 1, 4 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung --a.[X.]). § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gewährt den Werbungskostenabzug unabhängig davon, ob dem Arbeitnehmer tatsächlich Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entstehen. Diesem Zweck als [X.] entspricht es, wenn die 0,03 %-Zuschlagsregelung unabhängig von der 1 %-Regelung zur Anwendung kommt und ausgleicht, dass der Arbeitnehmer durch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG a.F. in gleicher Weise wie durch die Entfernungspauschale einen Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hat, obwohl ihm angesichts der Dienstwagenüberlassung dafür kein Aufwand entstanden war.

a) Ob eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG vorliegt, beurteilt sich nach den Grundsätzen, die für den Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gelten ([X.]surteil vom 4. April 2008 [X.]/04, [X.]FHE 221, 11, [X.]St[X.]l II 2008, 887). Eine regelmäßige Arbeitsstätte in diesem Sinne ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht.

b) Räume, die sich in unmittelbarer Nähe zur Wohnung des Steuerpflichtigen befinden, von den übrigen Räumen der Wohnung nicht getrennt sind und keine in sich geschlossene Einheit bilden, gelten nicht als [X.]etriebsstätte des Arbeitgebers, auch wenn der Arbeitgeber diese Räume dem Arbeitnehmer überlässt und der Arbeitnehmer sie beruflich nutzt. Denn die berufliche Nutzung der Räume löst nicht deren Einbindung in die private Sphäre und lässt den privaten [X.]harakter der Wohnung insgesamt unberührt. Insoweit gelten die Grundsätze, welche die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen [X.]etriebsstätte am Wohnsitz und Wohnung heranzieht ([X.]FH-Urteile vom 16. Februar 1994 [X.], [X.]FHE 174, 65, [X.]St[X.]l II 1994, 468; vom 31. Juli 1996 [X.], [X.]FH/NV 1997, 279; vom 6. Juli 2005 [X.], [X.]FH/NV 2006, 43; [X.]FH-[X.]eschluss vom 12. Januar 2006 VI [X.] 61/05, [X.]FH/NV 2006, 739). Diese Grundsätze hat das [X.] zutreffend seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angewandt.

aa) Das [X.] hat seiner Entscheidung die von ihm getroffenen und nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen und daher nach § 118 Abs. 2 [X.]O für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen zu Grunde gelegt, dass die dem Kläger in [X.] zur Verfügung stehenden beruflich genutzten Räume vom übrigen Wohnbereich in keiner Weise räumlich getrennt, sondern --dem Typus eines häuslichen Arbeitszimmers entsprechend-- in die privaten Räume eingebunden sind. Auf dieser Grundlage konnte das [X.] zu der revisionsrechtlich nicht angreifbaren Würdigung gelangen, dass die Wohnung insgesamt der Privatsphäre zuzuordnen ist, auch wenn sie einzelne beruflich genutzte Räume umfasst.

bb) Die Revision beruft sich insoweit zu Unrecht darauf, dass der Kläger kirchenrechtlich gehalten sei, im Pfarrhaus zu wohnen. Denn aus welchen Gründen und Motiven eine Wohnung benutzt wird und in dieser Wohnung beruflich genutzte Räume liegen, ist grundsätzlich unerheblich. Entscheidend ist allein, dass der Kläger die vom Arbeitgeber überlassene Wohnung zu Wohnzwecken nutzt.

Wenn die Revision einwendet, dass zur betrieblichen Sphäre nicht nur die beiden [X.]üroräume, sondern die gesamte Wohnung gehöre, weil in einem Pfarrhaus eine Trennung von Wohnung und Dienstzimmer nicht möglich sei, ist dies eine subjektive Einschätzung der Kläger, die aber den objektiven Gegebenheiten, wie vom [X.] festgestellt, nicht entspricht. Denn danach erstreckte sich die dem Kläger zugewiesene Dienstwohnung über drei durch ein zentrales Treppenhaus verbundene Etagen. Im ersten Obergeschoss befanden sich die beiden Räume, die vom Arbeitgeber ausgestattet waren und zur Erledigung dienstlicher Aufgaben zur Verfügung standen. Angesichts dessen ist die Würdigung des [X.], dass die beiden [X.]üroräume der Wohnung insgesamt nicht das Gepräge geben, revisionsrechtlich nicht nur nicht zu beanstanden; sie erscheint auch näherliegender als die Einschätzung der Kläger. Nichts anderes ergibt sich aus den insoweit von der Revision herangezogenen Urteilen des [X.]FH (in [X.]FHE 174, 65, [X.]St[X.]l II 1994, 468; vom 21. März 1995 [X.], [X.]FH/NV 1995, 875). Denn auch dort wurde entscheidend darauf abgestellt, dass allein eine betriebliche [X.]enutzung der Räume deren Einbindung in die private Sphäre nicht löse und eine andere [X.]eurteilung nur gerechtfertigt sei, wenn durch nach außen erkennbare Umstände die häusliche Privatsphäre zugunsten eines eindeutig betrieblichen [X.]ereichs zurücktrete. Und vergleichbar mit dem hier vorliegenden Streitfall der Kläger hatte der [X.]FH dort (Urteil in [X.]FHE 174, 65, [X.]St[X.]l II 1994, 468) trotz zweier beruflich genutzter Räume kein Zurücktreten des privaten [X.]ereichs hinter den betrieblichen [X.]ereich angenommen. Und die vom Kläger genutzte Wohnung wird auch nicht insgesamt dadurch zur [X.]etriebsstätte, dass in einem Teil der übrigen Räume mitunter [X.]erufskollegen empfangen oder berufliche [X.]esprechungen durchgeführt werden. Auch solche Nutzungen lassen den [X.] der Wohnung insgesamt unberührt.

Die einkommensteuerrechtliche Erfassung der streitigen Fahrten zwischen [X.] und [X.] beeinträchtigt den Kläger auch nicht in seiner Religionsausübungsfreiheit. Insoweit berufen sich die Kläger zu Unrecht auf Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sowie auf Art. 4 Abs. 1, 2 GG i.V.m. Art. 140 GG und Art. 137 Abs. 3 der [X.]. Denn die Religionsausübungsfreiheit wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass Gehälter und sonstige Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis auch bei den Arbeitnehmern steuerlich erfasst werden, die auf dem Gebiet der Religionsausübung beruflich gegen Entgelt tätig sind. Daher beeinträchtigt die steuerliche Erfassung einer kostenlosen Dienstwagennutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht die diesbezüglichen Freiheitsrechte des [X.].

cc) Soweit schließlich die Revision vorbringt, dass der Dienstwagen nur dann benutzt worden sei, wenn zugleich auch Termine außerhalb der Kirchenverwaltung in [X.] wahrgenommen worden seien, schließt dieses Vorbringen allein die Anwendung der 0,03 %-Regelung als Korrekturvorschrift für den Werbungskostenabzug nicht aus.

Die 0,03 %-Regelung als Korrekturvorschrift ist für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte, im Streitfall also für die Fahrten zwischen [X.] und [X.], anzuwenden. Soweit der Kläger Dienstreisen von der Wohnung aus angetreten hatte, kann für diese Fahrten die 0,03 %-Regelung nicht zur Anwendung kommen. Solches machte indessen der Kläger nicht geltend und ist vom [X.] auch nicht festgestellt. Danach ist vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger auf den Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an den Tagen zurückgegriffen hatte, an denen möglicherweise auch im [X.] an die betreffenden Fahrten Dienstreisen durchzuführen waren. In diesem Fall bleibt es allerdings bei der Anwendung der 0,03 %-Regelung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Davon zu unterscheiden sind die von der Arbeitsstätte aus angetretenen Dienstfahrten; solche stehen hier allerdings nicht im Streit. Insoweit hat sich das [X.] zutreffend auf die Rechtsprechung des [X.]s berufen, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG zur Anwendung kommt und für davon abgrenzbare beruflich veranlasste [X.] die tatsächlichen PKW-Fahrtkosten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten anzusetzen sind (vgl. Urteil vom 12. Oktober 1990 [X.]/87, [X.]FHE 162, 420, [X.]St[X.]l II 1991, 134).

2. Die Revision der Kläger ist insoweit begründet, als das [X.] die beim Kläger anzusetzenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit deshalb höher ansetzte, weil dem Kläger durch dessen Arbeitgeber für die hier noch streitigen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auch ein Fahrer gestellt worden war. Dabei kann der [X.] hier offenlassen, ob er an seiner Rechtsprechung weiterhin festhält, dass die arbeitgeberseitige [X.] für solche Fahrten überhaupt einen lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil begründet (a). Denn nach der für die Streitjahre 1998 bis 2000 geltenden Rechtslage erhöht eine solche [X.] jedenfalls nicht die bei dem betreffenden Arbeitnehmer anzusetzenden Lohneinkünfte, weil selbst bei Ansatz eines lohnsteuerrechtlichen Vorteils jedenfalls ein entsprechender Aufwand in gleicher Höhe entgegenstünde (b).

a) Mit Urteil in [X.]FHE 181, 181, [X.]St[X.]l II 1997, 147 hatte der [X.] entschieden, dass die Grundsätze, die für die Gestellung eines Kraftfahrzeugs gelten und zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil führen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kostenlos ein Fahrzeug zur Verfügung stellt, in gleicher Weise für die Gestellung eines Fahrers gelten. Der [X.] bezweifelt, ob an dieser Auffassung weiter festzuhalten ist. Gegen diese Auffassung könnte sprechen, dass die Überlassung eines Fahrers letztlich eine Arbeitsbedingung darstellt, die im Grundsatz nicht anders zu behandeln ist wie andere [X.]en durch den Arbeitgeber für die Zwecke der [X.]erufsausübung des betreffenden Arbeitnehmers. Und diese [X.] dient auch nicht privaten Zwecken des Arbeitnehmers. Denn nach der in den Streitjahren (1998 bis 2000) geltenden und bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt insoweit unveränderten Rechtslage zählen die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu den beruflich veranlassten Fahrten. Deshalb sind solche Fahrten, soweit keine gesetzlichen Sonderregelungen getroffen sind, im Grundsatz nicht anders zu behandeln als andere beruflich veranlasste Fahrten, die ebenfalls zu keinem weiteren Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils führen, wenn der Arbeitgeber dafür einen [X.]hauffeur zur Verfügung stellt. Zutreffend wird daher im Schrifttum teilweise eingewandt, dass die arbeitgeberseitige unentgeltliche Überlassung eines Fahrers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte keinen geldwerten Vorteil i.S. der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG begründe, jedenfalls aber dem Ansatz eines Vorteils ein Werbungskostenabzug in gleicher Höhe gegenüberstehe (vgl. [X.] in [X.], EStG, 29. Aufl., § 19 Rz 50 "Kraftfahrzeuggestellung"; [X.], [X.]etriebs-[X.]erater 1984, 1549; [X.], in: [X.], Steuergesetz, Steuerreform, Festschrift für [X.] 1999, [X.], 444).

b) Ein als Arbeitslohn zu erfassender Vorteil aus der arbeitgeberseitigen Gestellung eines [X.]hauffeurs führt im Streitfall nicht zu einem höheren Ansatz der Einkünfte des [X.] aus nichtselbständiger Arbeit. Denn der Kläger könnte die dem Arbeitgeber dafür entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten abziehen, wenn er diese Aufwendungen dem Arbeitgeber erstatten würde. Insoweit saldierten sich Einnahmen und Erwerbsaufwendungen des [X.]. In diesem Fall sind Einkünfte daher ebenso wenig anzusetzen wie in dem Fall, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Schadensersatzforderung erlässt, die bei ihrer [X.]egleichung zum Werbungskostenabzug berechtigt hätte (vgl. [X.]surteil vom 24. Mai 2007 [X.], [X.]FHE 218, 180, [X.]St[X.]l II 2007, 766).

aa) Der Kläger könnte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG a.F. die [X.]hauffeurkosten als Werbungskosten abziehen. Danach sind Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 EStG a.F. sind für Fahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug die Aufwendungen mit Pauschbeträgen von 0,70 DM für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Mit diesen Kilometer-Pauschbeträgen sind nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s dazu die normalen, voraussehbaren Kosten, die dem Arbeitnehmer bei [X.]enutzung des eigenen privaten PKW für berufliche Zwecke entstehen, abgegolten. Deshalb können insbesondere [X.], Haftpflichtversicherungsprämien, übliche Reparaturkosten, Parkgebühren und Absetzung für Abnutzung nicht neben den Kilometer-Pauschbeträgen als Werbungskosten abgezogen werden. In den Pauschbeträgen sind indessen nicht berücksichtigt Unfallkosten und sonstige Kosten, die ihrer Natur nach außergewöhnlich sind und sich einer Pauschalierung entziehen (vgl. [X.]surteil vom 29. Januar 1982 VI R 133/79, [X.]FHE 135, 200, [X.]St[X.]l II 1982, 325, m.w.N.). Zu den durch diese Norm nicht abgegoltenen Aufwendungen gehören auch die Personalkosten für einen [X.]hauffeur. [X.]hauffeurkosten sind auch nicht durch anderweitige steuerliche in den Streitjahren 1998 bis 2000 geltende Regelungen als nichtabziehbare Aufwendungen qualifiziert. In den Streitjahren gab es auch keine mit § 9 Abs. 2 EStG in der gegenwärtigen Fassung vergleichbare Regelung, wonach durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten sind, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte und durch die Familienheimfahrten veranlasst sind.

bb) Nach diesem Maßstab hatte das [X.] zu Unrecht die nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG i.V.m. Satz 5 EStG a.F. dem Grunde nach zutreffend berücksichtigten [X.] der Veranlagungszeiträume 1998 bis 2000 in Höhe von 2.204,61 DM, 1.317,12 DM und 1.663,16 DM um jeweils 50 % erhöht. Im Umfang dieser Erhöhungen ist die Revision begründet und der Klage insoweit zu entsprechen.

3. Die Revision des [X.] ist unbegründet.

Der [X.] hält auch nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Rechtsprechung fest (Urteile vom 4. April 2008 [X.], [X.]FHE 221, 17, [X.]St[X.]l II 2008, 890; in [X.]FHE 221, 11, [X.]St[X.]l II 2008, 887, sowie vom 28. August 2008 VI R 52/07, [X.]FHE 223, 12, [X.]St[X.]l II 2009, 280), dass die 0,03 %-Regelung lediglich eine Korrekturvorschrift für den Werbungskostenabzug ist; er verweist insoweit auf seine Entscheidung vom heutigen Tage ([X.]/09, [X.]FHE 231, 139).

Meta

VI R 54/09

22.09.2010

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 16. März 2009, Az: 11 K 3700/05, Urteil

§ 6 Abs 1 Nr 4 EStG 1997, § 8 Abs 2 S 3 EStG 1997, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 1997, Art 4 Abs 1 GG, Art 2 GG, Art 140 GG, Art 137 Abs 3 WRV, § 9 Abs 1 S 1 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 22.09.2010, Az. VI R 54/09 (REWIS RS 2010, 3120)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3120

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