Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2000, Az. 4 StR 365/99

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 3393

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[X.] DES VOLKESUrteil4 StR 365/99vom20. Januar 2000in der Strafsachegegenwegen gefährlicher Körperverletzung u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzender [X.] am [X.]. [X.],die [X.] am [X.],[X.],die [X.]in am [X.],der [X.] am [X.]Dr. [X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:1.- 3 -Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] [X.] vom 9. März 1999 mit den Fest-stellungen aufgehoben, soweit dem Angeklagten Strafaus-setzung zur Bewährung versagt worden [X.] wird die Sache zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, andas Amtsgericht [X.] - Strafrichter - zurückverwiesen.3.Die weiter gehende Revision wird verworfen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung und unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einemJahr und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der erdie Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der [X.], soweit dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung versagt [X.] ist; im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig (§ 344Abs. 2 Satz 2 StPO).2. Auf die Sachrüge hat die Überprüfung des Schuldspruchs keinen [X.] [X.] Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedarf nurdie Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung:- 4 -a) Der Strafbarkeit nach § 323 c StGB steht nicht entgegen, daß nachdem brutalen Vorgehen des früheren Mitangeklagten [X.]flfür den Geschä-digten [X.]praktisch keine Überlebenschance, auch nicht bei [X.] ([X.]) bestand. Die von [X.]erlittenen schweren Verletzun-gen stellen einen Unglücksfall dar, der den Angeklagten verpflichtete, Hilfe zuleisten. Die Hilfeleistung war hier auch erforderlich. Einem Verunglückten mußnämlich selbst dann Hilfe geleistet werden, wenn sich aus der Rückschau diebefürchtete Folge des Unglücks als von Anfang an unabwendbar erweist. [X.] vorneherein offensichtlich nutzlose Hilfe braucht nicht geleistet [X.] ist der Fall, wenn der Tod des Opfers bereits eingetreten ist (ständ.[X.].; vgl. BGHSt 14, 213, 216; 16, 200, 203; 32, 367, 381; [X.], 409; 1985, 501 = [X.], 201). Nach den getroffenen Feststellungenlebte das Tatopfer nach Beendigung der körperlichen Einwirkungen durch [X.] [X.]indes noch; zu diesem Zeitpunkt flhörte [der Angeklagte] ...den Geschädigten röcheln und war der Meinung, dieser hätte ärztlicher [X.] Er verließ jedoch gemeinsam mit [X.]die Tatwohnung, ohne etwaszu unternehmen, flobwohl er sah, daß der Geschädigte nicht in der Lage war,allein Hilfe zu holenfl ([X.]). Ungeachtet der vom [X.] nicht geprüftenFrage, ob dem Angeklagten nicht bereits während der körperlichen Übergriffedes [X.], in dessen Verlauf dieser immerhin 40 bis 50 Schläge gegen [X.] führte, ein Einschreiten möglich und zumutbar war, war eine Hilfeleistungsomit auch nach Beendigung der Verletzungshandlungen, an deren Folgen [X.] später zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt verstarb, [X.] offensichtlich nutzlos und damit erforderlich im Sinne des§ 323 c StGB.- 5 -b) Entgegen der Auffassung des [X.] wird § 323 cStGB hier nicht durch den vom Angeklagten ebenfalls verwirklichten Tatbestandder gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB) verdrängt. Zwar ist es richtig,daß der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung regelmäßig gegenüberder Beteiligung an der den Unglücksfall herbeiführenden [X.] als sub-sidiär zurücktritt (vgl. BGHSt 3, 65, 68; 39, 164, 166; [X.] in [X.]/[X.] StGB 25. Aufl. § 323 [X.]. 34). Dies gilt jedoch nicht, wenn [X.] ein über den gewollten [X.] hinausgehender, vom [X.] des [X.] nicht umfaßter weiterer Schaden, nämlich die Gefahr des Todes,erwächst (BGHSt 14, 282, 285/286; 16, 200, 203; vgl. auch [X.] in LK 11.Aufl. § 323 [X.]. 204; [X.]/[X.] StGB 49. Aufl. § 323 [X.]. 11). [X.] es sich hier: Der Angeklagte war zwar damit einverstanden, daß [X.]flumgehauen bzw. geschlagenfl wird, er wollte aber nicht dessen Tötung. Von derBrutalität des Vorgehens des Mitangeklagten [X.]wurde er überrascht; er flhatteauch nicht damit gerechnet, daß dieser bei der Tat Schlagwerkzeuge einsetzenwürdefl ([X.]). Da das [X.] bei dieser Sachlage eine Strafbarkeit [X.] nach §§ 212, 13 StGB verneint hat (vgl. hierzu BGHR StGB § 13Abs. 1 Garantenstellung 14 = NStZ 1998, 83), ist die tatmehrheitliche (vgl.BGHSt 16, 200, 203) Verurteilung wegen unterlassener Hilfeleistung nicht zubeanstanden.2. Auch die Festsetzung der verwirkten Einzelstrafen und der Gesamts-trafe hält rechtlicher Nachprüfung stand. Jedoch ist die Versagung der Straf-aussetzung zur Bewährung nicht rechtsfehlerfrei begründet.Das [X.] hat [X.] mit sehr knapper Begründung [X.] die Auffassungvertreten, daß die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 StGB nicht vorliegen. Auf- 6 -die Frage, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gestellt [X.], ist es in diesem Zusammenhang nicht eingegangen. Dies war jedoch er-forderlich. Nach ständiger [X.]echung kann nämlich die Frage einer gün-stigen Sozialprognose auch für die Beurteilung bedeutsam sein, ob [X.] besonderem Gewicht im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB gegeben sind (vgl.BGHR StGB § 56 Abs. 2 Sozialprognose 4 m.w.[X.]). Auf diesem Mangel kannhier die Entscheidung beruhen. Es ist nicht auszuschließen, daß der Tatrichterdem Angeklagten eine günstige Sozialprognose gestellt und bei [X.] im Rahmen des § 56 Abs. 2 StGB die verhängte Ge-samtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hätte, zumal der Angeklagte bisdahin erst einmal, und zwar im Jahre 1994, wegen eines Verstosses gegen [X.] bestraft worden war und sich in dieser Sache be-reits über acht Monate in Untersuchungshaft befand. Die Frage der Strafaus-setzung zur Bewährung bedarf daher der erneuten tatrichterlichen Prüfung.Der Senat verweist die Sache an den Strafrichter bei dem Amtsgericht[X.] zurück, da das weitere Verfahren sich nur noch gegen einen [X.] richtet (BGHSt 35, 267) und die Strafgewalt des Amtsgerichts ausreicht(§ 354 Abs. 3 StPO).Meyer-Goßner Maatz Kuckein [X.]

Meta

4 StR 365/99

20.01.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2000, Az. 4 StR 365/99 (REWIS RS 2000, 3393)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3393

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