Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. XII ZB 458/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 1248

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[X.]:[X.]:BGH:2016:071216BXIIZB458.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 458/15

vom

7. Dezember 2016

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1903 Abs. 1 und Abs. 3
a)
Zu einer Willenserklärung, die eine geringfügige Angelegenheit des tägli-chen Lebens

wie
etwa den Erwerb geringer Mengen Alkoholika

betrifft, bedarf der Betroffene auch bei bestehendem Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge nicht der Einwilligung seines Betreuers, es sei denn, das Betreuungsgericht hat hierfür gemäß §
1903 Abs.
3 Satz
2 BGB eine ge-sonderte Anordnung getroffen (qualifizierter Einwilligungsvorbehalt).
b)
Auch eine Anordnung nach §
1903 Abs.
3 Satz
2 BGB muss verhältnismä-ßig sein. Deshalb hat der Tatrichter vor allem zu prüfen, ob der qualifizierte Einwilligungsvorbehalt
geeignet und erforderlich ist, um den bezweckten [X.] zu erreichen (hier: den Betroffenen daran zu hindern, Alkohol zu erwer-ben).
BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2016 -
XII ZB 458/15 -
LG [X.] II

AG Fürstenfeldbruck

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
Dezember 2016 durch [X.], die Richter Schilling, Dr.
Günter und Dr.
Botur und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
II vom 28.
August 2015 unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Beschwerde der Betroffenen
gegen die An-ordnung des [X.] zurückgewiesen wurde.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Die Betroffene wendet sich gegen die Verlängerung ihrer Betreuung.
Sie leidet an einem amnestischen Syndrom (sogenanntes Korsakowsyn-drom), dessen Ursache entweder infolge eines erlittenen [X.] organisch oder alkoholbedingt ist. Sie steht seit 2002 unter Be-treuung.
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Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen hat das Amtsgericht die Betreuung verlängert. Dabei sind die [X.] unverändert
geblieben:

Vermögenssorge,

Wohnungsangelegenheiten,

Gesundheitsfürsorge,

Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten-
und Sozial-leistungsträgern,

Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung der Unterbringung,

Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-, [X.] und

Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Entscheidung über Fernmeldeverkehr.
Der bestehende Einwilligungsvorbehalt ist ebenfalls aufrecht erhalten
geblieben.
Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das [X.] nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der
Sachverständigen die [X.] Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung der Unterbringung, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-, [X.] entfallen lassen, den Aufgabenkreis [X.] hinzuge-fügt
und im Übrigen die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

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II.
Die Rechtsbeschwerde ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang [X.]. Insoweit ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuver-weisen.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Nach den Feststellungen der Sachverständigen leide die Betroffene un-ter einer psychischen
Erkrankung, nämlich einem amnestischen Syndrom.
Die Darlegungen
der Sachverständigen würden gestützt durch die Angaben des Betreuers, des Verfahrenspflegers, der Betreuungsbehörde, der von dem Be-treuungsgericht in dem Anhörungstermin festgehaltenen Angaben der [X.] und den Angaben der Betroffenen in der persönlichen Anhörung durch die beauftragte Richterin des [X.].
Die Betreuung werde nicht aufgrund der Alkoholerkrankung selbst ange-ordnet, sondern aufgrund der psychischen Erkrankung des amnestischen [X.]. Das amnestische Syndrom stelle eine der schwersten Formen der
Ge-hirnschädigungen dar, bei der Betroffenen entweder durch Alkohol oder durch das Unfallereignis oder durch beides verursacht.
Nach den Ausführungen der Sachverständigen sei die Betroffene nicht mehr fähig, einen freien Willen über die Einrichtung einer Betreuung zu bilden. Aufgrund der nach wie vor vorhandenen "amnestischen und kognitiven Defizite"
und [X.] sei sie nicht in der Lage, die erforderlichen Konse-quenzen aufgrund ihrer Uneinsichtigkeit zu erkennen und ihre Entscheidung von vernünftigen Erwägungen und Überlegungen abhängig zu machen.

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Der Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge sei erforderlich. Der Betreuer müsse in der Lage sein, die erforderliche Kommunikation mit Ärzten und Kran-kenkassen
aufrecht zu erhalten. Behandlungen
und Vorsorgeuntersuchungen müssten durchgeführt werden. Die Betroffene selbst kümmere sich etwa nicht um die erforderlichen zahnärztlichen Behandlungen.
Aufgrund des bestehenden Mietvertrags für die Wohnung im betreuten Wohnen und die derzeitigen An-strengungen
der Betroffenen, die Mietwohnung zu wechseln, sei zudem der Aufgabenkreis Wohnungsangelegenheiten erforderlich.
Die Betroffene bedürfe wegen ihrer Einkünfte und der Regelung derselben der Betreuung für Vermö-gensangelegenheiten. Die Vertretung der Betroffenen gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten-
und Sozialleistungsträgern sei erforderlich, da sie über [X.] verfüge und ihre Angelegenheiten mit der Krankenversi-cherung, insbesondere auch die Leistungen, die sie aufgrund ihres Unfalls be-ziehe,
zu regeln seien.
Der Aufgabenkreis Entgegennahme, Öffnen und Anhal-ten der Post sowie Entscheidungen über den Fernmeldeverkehr sei zur
prakti-schen Bearbeitung der Betreuung unerlässlich, da die Betroffene die Post nicht zuverlässig an den Betreuer weiterleiten würde und es durch die verspätete Weiterleitung zu Fristversäumnissen oder Gerichtsverfahren kommen könne. Die [X.] sei als Minus anstelle des [X.] Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-[X.] erforderlich, weil die Betroffene in einer eigenen Wohnung
wohne.
Für die Betroffene stünden auch keine anderen Hilfen zur Verfügung, die die oben genannten Angelegenheiten ebenso gut wie ein Betreuer besorgen könnten. Die Betroffene sei nicht mehr dazu in der Lage, ihren Betreuungsbe-darf zu erkennen, und damit auch nicht, jemanden mit der Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten zu beauftragen. Sie lehne jegliche Hilfe ab und könne diese auch nicht entsprechend organisieren.
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Es bedürfe auch eines [X.] für den Aufgabenkreis Vermögenssorge. Eine erhebliche Gefahr für die Person der Betroffenen sei vorliegend zu bejahen. Zwar komme ein Einwilligungsvorbehalt zur Verhinde-rung oder Steuerung von tatsächlichen Handlungen (Alkoholkonsum) nicht in Betracht. Sei
allerdings zuvor ein rechtsgeschäftliches Handeln erforderlich (Kauf von Alkoholika), könne diesbezüglich ein Einwilligungsvorbehalt in [X.] kommen. Bei der Anordnung eines solchen
genüge ein

hier gegebe-ner

innerer Zusammenhang zwischen der Krankheit und der durch den Einwil-ligungsvorbehalt abzuwendenden Gefahr. Aufgrund des amnestischen [X.] fehle der Betroffenen jegliche Kritik-, Urteils-
bzw. Steuerungsfähigkeit, auch bezüglich des Alkoholkonsums. Sie könne ihre Entscheidungen nicht von vernünftigen Erwägungen und Überlegungen abhängig machen. Bei Aufhebung des [X.] werde sie ihre Gesundheit wieder erheblich in Ge-fahr
bringen. Im Rahmen der Abwägungen der Selbstbestimmungsinteressen der Betroffenen, so
viel Alkohol zu erwerben und zu trinken,
wie sie wolle,
mit der Gefahr einer gravierenden Selbstschädigung überwiege Letztere.
Daneben bestehe auch eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen. Zwar reiche die Gefahr geringer Vermögensschäden nicht aus. Von einer erheblichen Gefahr für das Vermögen sei
aber
auszugehen, wenn festgestellt werde, dass der Betreute am Rechtsverkehr teilnehme und er [X.] abgebe, die ihm nachteilig seien. Ausreichend sei die drohende
größere Verschuldung. Der Betreuer habe in der persönlichen Anhö-rung im Beschwerdeverfahren ausgeführt, dass die Betroffene sehr gerne be-stelle. Trotz des [X.] werde immer wieder Post direkt an die Be-troffene gesandt
statt an ihn. So komme
es
immer wieder zu Mahnungen, um die sich die Betroffene nicht kümmere. Dies führe dazu, dass die Gläubiger [X.] beantragten; es komme zum Gerichtsverfahren. [X.] seien beim Amtsgericht zwei Verfahren anhängig. Der Einwilligungsvorbehalt 13
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sei daher nötig,
um die Betroffene vor den zahlreichen Bestellungen
und damit verbundenen Gerichtsverfahren zu bewahren. Die Betroffene vermöge aufgrund ihrer psychischen Erkrankung die finanziellen Auswirkungen ihrer Bestellung nicht zu überblicken.
2.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen
zwar die Verlängerung der Betreuung mit dem vom [X.] angeordneten Aufgabenkreis, nicht aber die Anordnung eines [X.].
Denn die erheblich in Frei-heitsrechte der Betroffenen eingreifende Verlängerung des [X.] lässt
sich nur rechtfertigen, wenn ihre Voraussetzungen auch in der zur Überprüfung gestellten Entscheidung verlässlich festgestellt sind (vgl. Senats-beschluss
vom 19.
Januar 2011

XII
ZB
256/10

FamRZ 2011, 637 Rn.
19; vgl. auch [X.]/[X.] BGB [Stand: 6.
Juni 2016]
§
1903 Rn.
39).
aa) Dass die Betroffene an einer psychischen Erkrankung leidet, nämlich an einem amnestischen Syndrom, die eine Betreuung im Sinne von §
1896 BGB dem Grunde nach erfordert, wird von der Rechtsbeschwerde nicht in [X.] gestellt. Die entsprechenden Ausführungen des [X.]s sind auch von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
bb) Entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde genügen die Fest-stellungen des [X.]s
auch,
um einen freien Willen der Betroffenen im Sinne von §
1896 Abs.
1a
BGB auszuschließen.
(1) Nach §
1896 Abs.
1a
BGB darf gegen den freien Willen
eines Volljäh-rigen ein Betreuer nicht
bestellt werden. Daher muss vor der Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des Betroffenen
festgestellt werden, dass der Be-troffene nicht in der Lage ist, seinen Willen frei zu bestimmen. Die beiden dafür 15
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entscheidenden Kriterien sind die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und des-sen Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln. Fehlt es an einem dieser beiden Elemente, liegt kein freier, sondern
nur
ein natürlicher Wille vor. [X.] setzt die Fähigkeit des Betroffenen voraus, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegen-einander abzuwägen. Dabei dürfen jedoch keine überspannten Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen gestellt werden. Auch der an einer Erkrankung im Sinne des §
1896 Abs.
1 BGB leidende Betroffene kann in der Lage sein, einen freien Willen zu bilden und ihn zu äußern. Der Betroffene muss allerdings Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können, was denknotwendig voraussetzt, dass er seine
Defizite
im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser [X.] die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte ge-geneinander abwägen kann. Ist der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, muss es ihm weiter mög-lich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen interessierter
Dritter abzugrenzen (Senatsbeschluss vom 14.
Oktober 2015

XII
ZB
177/15
-
FamRZ 2016, 117 Rn.
12 mwN). Aus der Alkoholabhängigkeit für sich genommen und dem darauf beruhenden Mangel an Steuerungsfähig-keit in Bezug auf den [X.] von Alkohol kann indes nicht auf ein Unvermö-gen zur freien Willensbildung geschlossen werden (Senatsbeschlüsse vom 13.
April 2016 -
XII
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95/16
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FamRZ 2016, 1068 Rn.
11 und vom 27.
April 2016 -
XII
ZB
7/16
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FamRZ 2016, 1070 Rn.
13 jeweils unter Hinweis auf [X.] FamRZ 2015, 565 Rn.
31).
Schließlich müssen die Feststellungen zum krankheitsbedingten Aus-schluss der freien Willensbestimmung nach ständiger Rechtsprechung des Se-nats durch ein Sachverständigengutachten belegt sein (Senatsbeschluss vom 14.
Oktober 2015 -
XII
ZB
177/15
-
FamRZ 2016, 117 Rn.
12 mwN).
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(2)
Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des [X.]s ent-gegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gerecht.
Unter Bezugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten hat das [X.] ausgeführt, dass die Betroffene nicht mehr fähig sei, einen freien Willen über die Einrichtung einer Betreuung zu bilden. Aufgrund der nach wie vor vorhandenen mnestischen und kognitiven Defizite und Konzentrations-mängel sei sie aufgrund ihrer Uneinsichtigkeit nicht in der Lage, die Konse-quenzen der Nichtbestellung eines Betreuers zu erkennen und ihre Entschei-dung von vernünftigen Erwägungen und Überlegungen abhängig zu machen. Sie könne nicht selbstkritisch handeln und entsprechende Kompensationsme-chanismen einleiten.
cc) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das [X.] die Erforderlichkeit der von ihm für notwendig erachteten [X.] hin-reichend konkret festgestellt.
b) Allerdings tragen die getroffenen Feststellungen
die Anordnung
bzw. Verlängerung des [X.]
nicht.
aa) Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsge-richt nach §
1903 Abs.
1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen. Auch bei einem umfangrei-chen Vermögen des Betreuten kann ein Einwilligungsvorbehalt
allerdings
nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermö-gensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen 21
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auf einen einzelnen Vermögengegenstand oder eine bestimmte Art von Ge-schäften beschränkt
werden kann (Senatsbeschluss vom 28.
September 2016

XII
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275/16
-
juris Rn.
6 mwN).
bb) Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht ge-recht.
(1) Soweit das [X.] die Erforderlichkeit des [X.] für den Aufgabenkreis Vermögenssorge mit der Notwendigkeit begründet
hat, die Betroffene daran zu hindern, Alkoholika
zu erwerben, geht die Ent-scheidung bereits ins Leere. Denn beim Erwerb von kleineren Mengen Alkoho-lika
handelt es sich regelmäßig um eine geringfügige Angelegenheit des tägli-chen Lebens im Sinne von §
1903 Abs.
3 Satz
2 BGB, die auch bei einem an-geordneten Einwilligungsvorbehalt nicht der Einwilligung des Betreuers bedarf, soweit das Gericht

wie hier

nichts anderes anordnet
(BT-Drucks. 11/4528 S.
139; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1903 Rn.
51; [X.]/[X.] BGB 14.
Aufl. §
1903 Rn.
18; [X.]/[X.] 3.
Aufl. §
1903 Rn.
33; [X.]/Götz 76.
Aufl. §
1903 Rn.
9; [X.]/[X.] 4.
Aufl. Teil
A Rn.
73; aA [X.]/Sonnenfeld/Harm/[X.]
Betreuungsrecht 6.
Aufl. §
1903 Rn.
66 aE).
Zwar hat das [X.] im Ergebnis zutreffend darauf verwiesen, dass nach der Gesetzesbegründung im Einzelfall ein Bedürfnis dafür bestehen kann, auch in geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens eine Einwilligung des Betreuers zu verlangen, etwa
wenn verhindert werden muss, dass sich ein Alkoholiker rechtswirksam kleinere Mengen alkoholischer Getränke verschafft.
Das Gericht kann daher anordnen, dass sich der Einwilligungsvorbehalt ganz oder teilweise auch auf geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens erstreckt
(BT-Drucks. 11/4528 S.
139).
An der Anordnung eines solchen qualifi-26
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zierten [X.]
(zum Begriff vgl. etwa Jurgeleit/[X.] 3.
Aufl. §
1906 Rn.
47) fehlt es vorliegend jedoch.
(2) Ebenso wenig lässt sich die Erforderlichkeit eines solchen Einwilli-gungsvorbehalts auf die Feststellungen des [X.]s dazu gründen, dass eine erhebliche Gefahr für das Vermögen der Betroffenen bestehe.
Die Ausführungen des [X.]s hierzu beschränken sich auf die Feststellungen, der Betreuer habe ausgeführt, dass die Betroffene sehr gerne
bestelle
und dass trotz des [X.] immer wieder Post direkt an die Betroffene gesandt
werde
statt an ihn. So komme
es immer wieder zu [X.], um die sich die Betroffene nicht kümmere, was wiederum dazu führe, dass die Gläubiger [X.] beantragten, und es zu [X.] komme.
Dass die Betroffene "sehr gerne bestellt", kann einen Einwilligungsvor-behalt, der einen gravierenden Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen dar-stellt,
ohne weitere Feststellungen nicht rechtfertigen. Der Umstand, dass na-mentlich Rechnungen bzw. Mahnungen den Betreuer nicht erreichen, obgleich ihm der Aufgabenkreis Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post übertra-gen ist, stellt ein in die Sphäre des Betreuers fallendes organisatorisches Prob-lem dar, dessen er sich anzunehmen haben wird.
3. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat
hinsichtlich der
Anord-nung des [X.] verwehrt, weil die Sache mangels hinreichen-der Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. §
74 Abs.
6 Satz
1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher insoweit aufzu-heben; die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

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4. Der Senat weist hinsichtlich der Frage, ob ein Betreuter
mittels eines [X.] an dem Erwerb von Alkoholika gehindert werden kann, auf Folgendes hin:
Zwar ermöglicht es §
1903 Abs.
3 Satz
2 BGB, den Einwilligungsvorbe-halt auf eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen des §
1903 Abs.
1 Satz
1 BGB erfüllt sind.
In den Fällen, in denen der Betreute

wie hier

an dem Erwerb von Alkoholika gehin-dert werden soll, besteht die
Gefahr dann freilich regelmäßig nicht für das Ver-mögen, sondern für die Person i.S.v. §
1903 Abs.
1 Satz
1 BGB (vgl. [X.] FamRZ
2003, 721, 728).
Auch bei der Anordnung eines qualifizierten Einwilli-gungsvorbehalts
ist zudem der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.
a) Dieser
setzt zunächst einmal die Eignung der Maßnahme voraus. Kann der Einwilligungsvorbehalt nicht verhindern, dass der Betroffene
sich ei-nen Schaden zufügt, vor dem ihn der Einwilligungsvorbehalt gerade bewahren soll, stellt er sich als untauglich dar und scheidet damit als geeignete Maßnah-me aus ([X.]/[X.] BGB [Stand: 6.
Juni 2016] §
1903 Rn.
51).
Die
Eignung könnte zweifelhaft sein, weil der Einwilligungsvorbehalt sich nur auf (rechtsgeschäftliche) Willenserklärungen bezieht;
tatsächliche Handlun-gen, wie die Inbesitznahme der Alkoholika und deren Verbrauch werden [X.] nicht erfasst
(vgl. Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 3.
Aufl. §
1906 Rn.
24).
Im Hinblick darauf
kommt eine entsprechende Anordnung etwa in Betracht, wenn der Tatrichter Feststellungen dazu trifft, dass die Maßnahme gleichwohl die er-hoffte Wirkung haben kann, wie in den Fällen, in denen die vom Betroffenen
üblicherweise aufgesuchten Verkaufsstellen vom Betreuer über den Einwilli-gungsvorbehalt in Kenntnis gesetzt werden (vgl. [X.] FamRZ 2003, 721, 728).

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b) Bei der Prüfung, ob die Maßnahme auch erforderlich ist, wird das [X.] zunächst zu prüfen haben, ob derselbe Erfolg nicht mit einem mil-deren Mittel erreicht werden könnte, nämlich durch die Zuteilung eines
entspre-chend bemessenen Taschengeldes (vgl. [X.] FamRZ 2003, 721, 727 mwN; [X.]/[X.] 3.
Aufl. §
1903 Rn.
17 Fn.
50; [X.]/[X.] BGB [Stand: 6.
Juni 2016] §
1903 Rn.
50).
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

Schilling

Günter

Botur

Krüger
Vorinstanzen:
AG Fürstenfeldbruck, Entscheidung vom 17.11.2014 -
XVII 214/13 -

LG [X.] II, Entscheidung vom 28.08.2015 -
6 T 5891/14 -

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Meta

XII ZB 458/15

07.12.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2016, Az. XII ZB 458/15 (REWIS RS 2016, 1248)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1248

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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