Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.05.2020, Az. VIII ZR 73/19

8. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1936

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Gegenstand

Mietpreisbremse in Berlin: Anforderungen an eine umfassende Modernisierung


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung mehr, nachdem der Senat mit Urteil vom 27. November 2019 ([X.], NJW 2020, 208, zur [X.] in [X.] bestimmt; bestätigt durch Senatsurteile vom 8. April 2020 - [X.], [X.], 991 Rn. 30 ff.; vom 6. Mai 2020 - [X.], unter [X.], zur [X.] bestimmt; vom 27. Mai 2020 - [X.] unter [X.], zur [X.] in [X.] bestimmt, sowie [X.], unter [X.], und [X.], [X.] und [X.], jeweils unter [X.] und zur [X.] bestimmt) die für die Zulassung der Revision maßgeblichen grundsätzlichen Rechtsfragen entschieden hat, die sich auch hier im Zusammenhang damit stellen, dass die Klägerin aufgrund einer ihr erteilten Inkassobefugnis (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 [X.]) abgetretene [X.] aus der "Mietpreisbremse" gegen die beklagte Vermieterin verfolgt.

2

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

3

a) Die Revision ist allerdings uneingeschränkt zulässig. Das Berufungsurteil unterliegt - wie die Revision zu Recht geltend macht - in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar beschränkt auf die Frage zugelassen, "ob die hier verfahrensgegenständliche Tätigkeit der Klägerin keinen Verstoß gegen die Vorschriften des [X.] beinhaltet, der zur Nichtigkeit von ihr geschlossener Rechtsgeschäfte nach § 134 [X.] führt". Diese Beschränkung ist jedoch unwirksam.

4

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann die Zulassung der Revision zwar auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen und abtrennbaren Teil des [X.] beschränkt werden, auf den auch die [X.] selbst ihre Revision beschränken könnte, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente (vgl. etwa Senatsurteil vom 24. Oktober 2018 - [X.], NJW 2019, 292 Rn. 22 mwN, insoweit in [X.] 220, 134 nicht abgedruckt). Bei der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage handelt es sich lediglich um eine einzelne Rechtsfrage, die zudem ein bloßes Element der geltend gemachten Ansprüche bildet. Vorliegend ist daher mangels wirksamer Beschränkung von einer unbeschränkten Zulassung der Revision auszugehen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 20. Mai 2003 - [X.], NJW 2003, 2529 unter [X.]; vom 5. Dezember 2018 - [X.], [X.], 429 Rn. 10; vom 29. April 2020 - [X.] 355/18, unter [X.] 2 mwN, zur [X.] bestimmt).

5

b) Das Berufungsgericht hat die Beklagte rechtsfehlerfrei zur Rückzahlung des über die gemäß § 556d [X.] zulässige Miete hinausgehenden Betrags von 322,98 € für den Monat August sowie zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 834,43 €, jeweils nebst Zinsen, verurteilt.

6

aa) Das Berufungsgericht hat zunächst rechtsfehlerfrei angenommen, dass die für die Mieterin erbrachte Tätigkeit der Klägerin von ihrer Inkassobefugnis gedeckt war und ihr deshalb aufgrund einer wirksamen Abtretung die Aktivlegitimation für die geltend gemachten Ansprüche zustand. Die hiergegen von der Revision erhobenen Einwände hat der Senat bereits in seiner ebenfalls die hiesige Klägerin betreffenden Grundsatzentscheidung vom 27. November 2019 ([X.], aaO) geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf dieses Urteil Bezug und verweist dabei insbesondere auf die dortigen Randnummern 160 ff., 176 ff., 184, 207, 209 f., 214 ff. und 225 ff. (siehe ferner Senatsurteile vom 8. April 2020 - [X.], aaO Rn. 80 ff.; vom 6. Mai 2020 - [X.], aaO unter [X.] b und c; vom 27. Mai 2020 - [X.], aaO unter [X.] c aa und [X.] [zu dem - ebenfalls nicht durchgreifenden - Einwand, die Abtretung der [X.] aus der "Mietpreisbremse" an die Klägerin sei wegen Unbestimmtheit sowie wegen mangelnder Transparenz oder einer sonstigen unangemessenen Benachteiligung des Mieters unwirksam]).

7

[X.]) Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf anteilige Rückzahlung der Miete für August 2017 in Höhe von 322,98 € nebst Zinsen bejaht, weil die zwischen den Mietvertragsparteien vereinbarte Miete die nach § 556d [X.] zulässige Miete um diesen Betrag überstieg und die Zahlung der Mieterin deshalb in dieser Höhe herauszugeben war (§ 556g Abs. 1 Satz 3 [X.], § 556g Abs. 2 [X.] aF, § 398 [X.]).

8

(1) Dabei ist das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revision - zutreffend davon ausgegangen, dass die durch das Gesetz zur Dämpfung des [X.] auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - [X.]) vom 21. April 2015 ([X.]) eingeführten Bestimmungen der §§ 556d ff. [X.] keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen ([X.], NJW 2019, 3054 Rn. 54 ff.; Senatsurteil vom 27. Mai 2020 - [X.], aaO unter II 4 a).

9

(2) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete als Bemessungsgrundlage der höchstzulässigen Miete (§ 556d Abs. 1 [X.]) lässt ebenfalls einen Rechtsfehler nicht erkennen; Einwendungen macht die Revision auch nicht geltend.

(3) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch einen Anwendungsfall der Ausnahmeregelung des § 556f [X.] mangels einer umfassenden Modernisierung rechtsfehlerfrei verneint.

Nach § 556f Satz 2 [X.] sind § 556d und § 556e [X.] auf die erste Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung nicht anzuwenden. Umfassend ist eine Modernisierung dann, wenn sie einen wesentlichen Bauaufwand erfordert und zudem einen solchen Umfang aufweist, der eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheinen lässt, für die Satz 1 des § 556f [X.] ebenfalls anordnet, dass § 556d [X.] (auf die erstmalige Vermietung nach dem 1. Oktober 2014) keine Anwendung findet (vgl. BT-Drucks. 18/3121, [X.]). Die Bezeichnung "umfassend" betrifft somit - anders als die Revision offenbar meint - nicht nur den Investitionsaufwand, sondern auch die qualitativen Auswirkungen auf die [X.]; deshalb ist auch zu berücksichtigen, ob die Wohnung in mehreren wesentlichen Bereichen (insbesondere Sanitär, Heizung, Fenster, Fußboden, Elektroinstallation bzw. energetische Eigenschaften) verbessert wurde (vgl. BT-Drucks. 18/3121, aaO; siehe auch BeckOGK-[X.]/[X.], Stand 1. April 2020, § 556f Rn. 25; [X.]/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl., § 556f [X.] Rn. 20; jeweils mwN).

Die von der Beklagten geltend gemachten baulichen Maßnahmen beschränkten sich aber auf die Erneuerung der Fußböden sowie eine Verlegung von Küche und Bad inklusive der Verlegung und Erneuerung der Anschlüsse und der Elektroinstallation, während Arbeiten an wesentlichen Bereichen wie an Heizung und Fenstern sowie energetische Maßnahmen (Dämmung) nicht vorgenommen wurden. Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die vorgenommenen Verbesserungsmaßnahmen noch nicht einen solchen Umfang aufgewiesen haben, dass eine Gleichstellung mit einem Neubau gerechtfertigt erscheint, ist daher aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, ohne dass es hierzu einer Klärung bedürfte, ob es sich bei sämtlichen von der Beklagten angeführten baulichen Maßnahmen um eine Modernisierung handelte (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/3121, aaO).

cc) Ebenfalls rechtsfehlerfrei und von der Revision auch nicht angegriffen hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 834,43 € nebst Zinsen zuerkannt (§ 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, §§ 257, 398 [X.], § 4 Abs. 5 [X.]EG).

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Milger     

        

Dr. Schneider     

        

Dr. Bünger

        

Dr. Schmidt     

        

Wiegand     

        

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

Meta

VIII ZR 73/19

27.05.2020

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 20. März 2019, Az: 66 S 95/18

§ 556d Abs 1 BGB, § 556e BGB, § 556f S 1 BGB, § 556f S 2 BGB, § 556g Abs 1 S 3 BGB vom 21.04.2015, § 556g Abs 2 BGB vom 21.04.2015

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.05.2020, Az. VIII ZR 73/19 (REWIS RS 2020, 1936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1936

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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