Amtsgericht Eschweiler, Beschluss vom 26.11.2020, Az. 61 M 726/20

Abteilung 61 | REWIS RS 2020, 6398

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Tenor

1.       Die Erinnerung der Gläubigerin vom 06.04.2020 gegen den Ansatz der Gebühr nach Ziffer 208 KV zu § 9 GVKostG durch den Erinnerungsgegner in der Kostenrechnung vom 02.04.2020 wird zurückgewiesen.

2.       Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

3.       Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

Beglaubigte Abschrift

61 M 726/20

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

Amtsgericht Eschweiler

Beschluss

In der Zwangsvollstreckungssache

an der beteiligt sind:

1.

die V GmbH, M-Straße, XXXXX K-Stadt,

Gläubigerin und Erinnerungsführerin,

2.

Obergerichtsvollzieher T, B, 52249 Eschweiler,

Erinnerungsgegner,

3.

der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen,

Vertreter der Landeskasse,

4.

Frau L, I-Straße, 52249 Eschweiler,

Schuldnerin

hat das Amtsgericht Eschweileram 26.11.2020 durch den Richter am Amtsgericht A

beschlossen:

1.       Die Erinnerung der Gläubigerin vom 06.04.2020 gegen den Ansatz der Gebühr nach Ziffer 208 KV zu § 9 GVKostG durch den Erinnerungsgegner in der Kostenrechnung vom 02.04.2020 wird zurückgewiesen.

2.       Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Auslagen werden nicht erstattet.

3.       Die Beschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Mayen vom 07.03.2018 zur Geschäftsnummer #####/####. Zu diesem Zweck beauftragte sie den Erinnerungsgegner mit der Abnahme der Vermögensauskunft; bei Vorliegen eines Ratenzahlungsangebots der Schuldnerin sollte er Rücksprache mit ihr halten. Mit Schreiben vom 31.03.2020 wollte der Erinnerungsgegner die Schuldnerin unter Hinweis auf die Möglichkeit einer gütlichen Einigung zur Abgabe der Vermögensauskunft auf den 07.05.2020 laden. Die Zustellung durch den Erinnerungsgegner scheiterte, da die Schuldnerin unter der von der Gläubigerin angegeben Anschrift nicht zu ermitteln war.

Mit Kostenrechnung vom 02.04.2020 rechnete der Erinnerungsgegner auch eine Gebühr nach Ziffer 208 KV zu § 9 GvKostG in Höhe von 8,00 Euro ab.

Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung vom 06.04.2020. Sie trägt vor, dass die Gebühr mangels Kommunikation zwischen dem Erinnerungsgegner und der Schuldnerin nicht angefallen sei.

Der Erinnerungsgegner hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor beantragt, der Erinnerung abzuhelfen.

II.

Die nach § 5 Abs. 2 GvKostG statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung der Gläubigerin bleibt ohne Erfolg.

Dem Erinnerungsgegner steht für das Angebot an die Schuldnerin in der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft vom 31.03.2020 mit Zustimmung der Gläubigerin eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen, die Gebühr nach Ziffer 208 KV zu § 9 GvKostG zu (vgl. OLG Braunschweig, 2 W 85/18, juris Rn. 7). Der Erinnerungsgegner hat damit ungeachtet der Unzustellbarkeit der Ladung den Versuch einer gütlichen Erledigung der Sache unternommen.

Ein Mehraufwand des Gerichtsvollziehers, der das Entstehen der Gebühr gemäß Ziffer 208 KV zu § 9 GvKostG auslöst, ist immer dann zu bejahen, wenn er den Schuldner zur gütlichen Erledigung auffordert, gleichgültig in welcher Form dies geschieht. Der Gerichtsvollzieher kann den Schuldner hierzu aufsuchen oder diesen schriftlich zur gütlichen Erledigung auffordern. Ob dies in einem separaten Anschreiben erfolgt oder dem Schuldner wie hier die gütliche Einigung innerhalb eines ohnehin erforderlichen Schreibens angeboten wird, ist dabei unerheblich. Auch auf die tatsächliche Annahme des Schuldners oder dessen Mitwirkung kommt es nicht an. Zwar kann der Aufwand, der mit dem Einigungsversuch für den Gerichtsvollzieher verbunden ist, im Fall eines nur formelhaft an den Schuldner herangetragenen Einigungsversuchs gegebenenfalls gering sein. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass der Gerichtsvollzieher aus eigener Kompetenz keine materiell-rechtlichen Vereinbarungen mit dem Schuldner treffen kann, so dass sich der Versuch der gütlichen Erledigung regelmäßig ohnehin in den beiden Maßnahmen Zahlungsfrist oder Ratenzahlung, die § 802b Abs. 2 S. 1 ZPO vorsieht, erschöpft. Außerdem differenziert der streitgegenständliche Gebührentatbestand nicht danach, wie hoch der Aufwand des Gerichtsvollziehers tatsächlich ist. Ein formelhafter Versuch einer gütlichen Erledigung reicht aus. Die Gebühr gemäß Ziffer 208 KV zu § 9 GvKostG fällt in jedem Fall nur einmal an. Eine generalisierende Betrachtung, bei der der Aufwand des Gerichtsvollziehers, der dem Schuldner eine gütliche Erledigung anträgt, in welcher Form, Individualität und Intensität auch immer, pauschal abgegolten wird, erscheint insgesamt sachgerecht. Nur ausnahmsweise mag ein einseitiges schriftliches Angebot nicht ausreichen, wenn feststeht, dass der Schuldner darauf nicht eingehen wird. In einem solchen Fall könnte eine unrichtige Sachbehandlung gemäß § 7 Abs. 1 GvKostG vorliegen. Die Gebühr ist deshalb vorliegend angefallen. Unerheblich ist dabei, dass das Schreiben des Gerichtsvollziehers den Schuldner nicht erreicht hat, da dieser unter der vom Gläubiger angegebenen Adresse nicht zu ermitteln war. Für das Entstehen der Gebühr kommt es auf einen konkreten Erfolg der Erledigungsbemühungen nicht an. Vielmehr soll jeglicher Aufwand des Gerichtsvollziehers abgegolten werden. Auch die objektive Tauglichkeit des Versuchs ist nicht entscheidend, solange und soweit die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers aus dessen Sicht jedenfalls bei Vornahme der Amtshandlung erforderlich war. Eine solche Amtshandlung liegt hier vor. Der Erinnerungsgegner hat der Schuldnerin die Ladung zur Vermögensauskunft am 02.04.2020 persönlich zustellen wollen und dazu die von dem Gläubiger genannte Adresse des Schuldners aufgesucht. Der Aufwand des Gerichtsvollziehers ist damit bereits entstanden.

Da der Erinnerungsgegner berechtigterweise darauf vertrauen durfte, dass die von dem Gläubiger angegebene Adresse des Schuldners zutreffend ist, liegt auch keine unrichtige Sachbehandlung (§ 7 Abs. 1 GvKostG) darin, dass er den Hinweis auf die Möglichkeit der gütlichen Erledigung zusammen mit der Ladung schriftlich erteilt hat und persönlich zustellen wollte.

Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus §§ 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 8 GKG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war die Beschwerde zuzulassen gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG iVm. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 20.07.2020, 17 W 55/20, trifft ausdrücklich keine Entscheidung für den Fall, dass sich der Gerichtsvollzieher persönlich zum Schuldner begibt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist die Beschwerde nach § 66 Abs. 2 GKG statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Gericht die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Eschweiler, Kaiserstr. 6, 52249 Eschweiler, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.

ARichter am Amtsgericht

BeglaubigtUrkundsbeamter/in der GeschäftsstelleAmtsgericht EschweilerDie Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

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61 M 726/20

26.11.2020

Amtsgericht Eschweiler Abteilung 61

Beschluss

Sachgebiet: M

Zitier­vorschlag: Amtsgericht Eschweiler, Beschluss vom 26.11.2020, Az. 61 M 726/20 (REWIS RS 2020, 6398)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 6398

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Erinnerung


Referenzen
Wird zitiert von

61 M 726/20

17 W 36/21

Zitiert

61 M 726/20

17 W 55/20

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