30. Senat | REWIS RS 2021, 6356
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Markenbeschwerdeverfahren – "ME TIME" – fehlende Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2019 020 332.8
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2021 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzenden sowie der Richter [X.] und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
[X.].
Das Wortzeichen
[X.]
ist am 30. August 2019 für die Waren
„Klasse 03: Nicht medizinische Kosmetika; nicht medizinische Mittel für Körper- und Schönheitspflege; Pafümeriewaren; ätherische Öle;
Klasse 41: Ausbildung;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen;
Klasse 44: Schönheitspflege für Menschen“
zur Eintragung in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden.
Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. Januar 2020 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Die Zurückweisung erfolgte unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 19. September 2019, zu dem sich die Anmelderin nicht geäußert hatte.
Die Wortfolge „[X.]“, die aus dem [X.] stamme, sei mittlerweile ins [X.] übernommen worden. Sie werde vielfach umgangssprachlich verwendet als Begriff für die [X.], die man für sich selbst (z.B. zum Entspannen und für die eigenen [X.]nteressen) zur Verfügung habe. Die Wortfolge werde deshalb in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in ihrer Bedeutung „meine [X.] zur Verfügung stehende [X.]“ vom überwiegenden Teil der angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres als werbeschlagwortartiger Sachhinweis, nicht aber als betriebliche Herkunftsangabe verstanden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sie nicht begründet hat. Auch im Amtsverfahren hat sie sich nicht geäußert.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 vom 2. Januar 2020 aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin ist im Rahmen der Terminsladung vom 22. März 2021 unter Beifügung von [X.] ([X.] 11 - 49 GA) darauf hingewiesen worden, dass der Senat das angemeldete Wortzeichen für nicht schutzfähig erachtet.
Die Beschwerdeführerin hat sich dazu nicht geäußert - auch nicht in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2021, zu der sie nicht erschienen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
[X.][X.].
A. Die Beschwerde ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 [X.] zulässig. Für die Zulässigkeit der Beschwerde ist keine Begründung erforderlich (vgl. [X.] in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 66 Rn. 41).
B. [X.]n der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da es der angemeldeten Wortmarke „[X.]“ in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).
1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas? [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 608 Rn. [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]/[X.] [Bio[X.]D]; BGH [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.], 301 Rn. 15 – [X.]; [X.], 934 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH [X.],1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – [X.] [#darferdas?]; [X.], 608 Rn. 67 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 411 Rn. 24 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.], 932 Rn. 8 – #darferdas? [X.]). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.], 301 Rn. 15 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).
2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen fehlt dem zur Eintragung in das Markenregister angemeldeten Zeichen „[X.]“ bezüglich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Da sich die Beschwerdeführerin weder im Verfahren vor dem [X.] noch im Beschwerdeverfahren zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens geäußert hat, wird auf die Ausführungen des [X.] im Beanstandungsbescheid vom 19. September und im mit der Terminsladung vom 22. März 2021 geschickten Hinweis des Senats Bezug genommen.
a. Das aus [X.] Begriffen bestehende angemeldete Zeichen hat mittlerweile Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden. „[X.]“ bedeutet „[X.]ch-[X.]“ bzw. „Auszeit“, also sich bewusst und regelmäßig [X.] für sich selbst zu nehmen und sich etwas zu gönnen.
b. Aus den von der Markenstelle im Beanstandungsbescheid und vom Senat mit der Terminsladung versandten Rechercheergebnissen geht hervor, dass die Wortfolge „[X.]“ auch schon vor dem hier maßgeblichen Anmeldetag vielfach wurde, um das eigene Produktangebot aus der Beautybranche und damit verbundene Dienstleistungen werblich anzupreisen, beispielsweise:
- [X.] – „[X.] zu heilen“, „[X.] ist eine [X.] mit Dir alleine, [X.], die du frei gestalten kannst. [X.] zu heilen indem Du Dir selbst wichtig bist“ (https://www.taste-of-power.de/SP[X.]R[X.]T, Beleg des [X.])
- 05.11.2018 – „[X.] und Digital Detox/[X.], [X.] bedeutet, bewusst und regelmäßig [X.] für sich selbst zu nehmen und sich etwas zu gönnen“ (https://www.kneipp.com.de/de_de/entspannung und schlaf, s. gerichtlicher Hinweis);
- 16.08.2017 – „Und weil ich [X.] immer noch in Achtsamkeit übe, 2017 eigentlich voller Zen und [X.] sein sollte…“ (https://www.bareminds.de/berlin-beauty-guide-time-out-bei-nadine-andres-kosmetik/, s. gerichtlicher Hinweis);
- 26.10.2015 - „Mutter sein, Me-time oder das Nein aus Liebe (zu [X.])“, „Es ging um Auszeiten für Mütter, um „[X.]“, um erholsame Augenblicke im Alltag und um Beauty“ ([X.]/[X.] das nein aus Liebe zu [X.]/, s. gerichtlicher Hinweis);
- „meT[X.]ME [X.]n 10 Tagen zurück zu dir“, „Dieser 10tägige Online-Kurs lässt sich unkompliziert in deinen Alltag integrieren“ (https://ompure.de/metime/, s. gerichtlicher Hinweis).
c. Das Anmeldezeichen wird daher vom angesprochenen Publikum im Zusammenhang mit den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen des Körper- und Schönheitspflegebereichs sowie im Hinblick auf Ausbildungs- und Verpflegungsdienstleistungen lediglich als ein werblich-anpreisender, schlagwortartiger Hinweis auf die Bestimmung des Waren- und Dienstleistungsangebots verstanden. [X.]nsbesondere für die beanspruchten Waren der Klasse 03 erschließt sich ein werbeschlagwortartiger Gehalt, da diese in der Anwendung das Gefühl des sich für sich [X.]nehmens vermitteln sollen. Dass sich Verbraucher für sich [X.] nehmen und sich dabei etwas gönnen, kann auch Ziel von Verpflegungsdienstleistungen sein, was auch ohne analysierende Betrachtungsweise erkennbar ist. [X.]m Hinblick auf [X.] kann „[X.]“ die ohne weiteres verständliche Sachaussage beinhalten, dass die Ausbildung als solche eine sinnvoll eingesetzte [X.] für sich selbst darstellt bzw. sich thematisch mit Auszeiten oder privater [X.]nutzung befasst.
3. Die angemeldete Marke ist damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.
Meta
29.04.2021
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.04.2021, Az. 30 W (pat) 528/20 (REWIS RS 2021, 6356)
Papierfundstellen: REWIS RS 2021, 6356
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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