Bundessozialgericht, Urteil vom 22.03.2012, Az. B 4 AS 102/11 R

4. Senat | REWIS RS 2012, 7847

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Leistungsausschluss für Studenten während eines Urlaubssemesters - abstrakte Förderungsfähigkeit nach BAföG - organisatorische Zugehörigkeit zur Hochschule und tatsächliches Betreiben des Studiums


Leitsatz

Ein Student ist während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB 2 ausgeschlossen, wenn er in dieser Zeit entweder aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt.

Tenor

Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 21. April 2011 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im [X.]raum vom 1.4. bis 30.9.2010.

2

Die Klägerin war seit dem Wintersemester 2004/2005 als Studierende an der [X.] im Hauptfach "Volkswirtschaftslehre" immatrikuliert. Die Regelstudienzeit hierfür beträgt nach dem [X.] Hochschulgesetz (SächsH[X.]) acht Fachsemester. Die Klägerin wurde von der [X.] im neunten Fachsemester (Sommersemester 2010) vom Studium beurlaubt. In dem darauf folgenden Semester legte sie die erforderlichen Prüfungen ab und beendete das Studium.

3

Am [X.] stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf [X.] ab dem 1.4.2010. Zur Begründung für das Urlaubssemester gab sie an, sie wolle sich auf die Abschlussprüfung vorbereiten. Der Beklagte beschied den Antrag der Klägerin abschlägig, weil sie eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung nach dem [X.] absolviere. Die Prüfungsvorbereitung sei kein wichtiger Grund für das Urlaubssemester (Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010).

4

Mit ihrer Klage vor dem [X.] ist die Klägerin ebenfalls erfolglos geblieben (Urteil vom 21.4.2011). Das [X.] hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass dem Leistungsanspruch der Ausschluss nach § 7 Abs 5 [X.] entgegenstehe. Das Studium der Volkswirtschaft sei hier eine nach dem [X.] dem Grunde nach förderfähige Ausbildung. Der Ausschluss von Förderleistungen nach diesem Gesetz sei aus in der Person der Klägerin liegenden Gründen erfolgt. Solche Gründe führten jedoch nach der Rechtsprechung des B[X.] nicht zu einer Ausnahme vom Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 S 1 [X.]. Soweit das BVerwG für die Vorschrift des § 26 S 1 [X.] einen Sozialhilfeanspruch während eines [X.] bejaht habe, sei diese Rechtsprechung nicht auf das [X.] übertragbar, das sich von seiner Grundkonzeption grundlegend von der Sozialhilfe unterscheide. Es solle kein weiteres rechtliches "Standbein" für die Ausbildungsförderung geschaffen werden. Lediglich nicht ausbildungsbedingte Bedarfslagen oder wenn Leistungen nach dem 2. Abschnitt des 3. Kapitels des [X.] begehrt würden, könnten einen Leistungsanspruch nach dem Grundsicherungsrecht auslösen. Förderungslücken dürften auch nicht durch landesrechtliche Regelungen, wie etwa § 20 Abs 3 SächsH[X.], der vorsehe, dass ein beurlaubter Studierender an der Hochschule, die die Beurlaubung ausgesprochen habe, Studien- und Prüfungsleistungen erbringen könne, zu Lasten der Grundsicherungsträger geschlossen werden. Zudem sei der Zweck der "Auszeit" in der Gestalt der Prüfungsvorbereitung im konkreten Fall ein ausbildungsbedingter. Dies gelte auch, soweit die Klägerin in einem Erörterungstermin ihre Motivation für das Urlaubssemester um das Warten auf eine Bestätigung eines Praktikums und den ansonsten drohenden Verlust des [X.] erweitert habe. Besondere Umstände des Einzelfalls, die die Annahme einer besonderen Härte des [X.] nahelegen könnten und zu einer darlehensweisen Gewährung von [X.] führen könnten, seien nicht ersichtlich.

5

Die Klägerin hat mit Zustimmung des Beklagten die vom [X.] zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 7 Abs 5 [X.]. In Ermangelung der organisatorischen Zugehörigkeit zur Hochschule während des [X.] sei die dem Grunde nach förderfähige Ausbildung unterbrochen. [X.] stehe der Studierende dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 21. April 2011 und den Bescheid des Beklagten vom 17. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2010 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für die [X.] vom 1. April bis 30. September 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Sprungrevision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision der Klägerin ist - im Sinne der Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] nach § 170 Abs 4 [X.]G - begründet.

Der Senat vermochte nicht abschließend zu beurteilen, ob die Klägerin einen Anspruch auf [X.] im hier streitigen [X.]raum hat. Es mangelt an Feststellungen des Tatsachengerichts sowohl zu den Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 [X.] als auch dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 [X.].

1. Streitgegenstand ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.], den der Beklagte durch Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] abgelehnt hat. Die Klägerin hat ihr Begehren durch die Antragstellung zudem auf den [X.]raum vom 1.4. bis [X.] und die Leistungsgewährung in Form eines Zuschusses begrenzt. Auf [X.] als Darlehen nach § 7 Abs 5 S 2 [X.] hat sie zudem schriftsätzlich gegenüber dem Senat ausdrücklich verzichtet.

2. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung hat es das [X.] unterlassen, Feststellungen zu den Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 [X.] zu treffen. Diese wären jedoch erforderlich, wenn das [X.] im wiedereröffneten Klageverfahren erkennen sollte, dass die Klägerin die [X.] während ihres [X.] nicht iS des § 2 [X.] besucht haben sollte. Dann fände die Regelung des § 7 Abs 5 S 1 [X.] keine Anwendung auf sie und sie wäre nicht von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ausgeschlossen.

3. Nach § 7 Abs 5 S 1 [X.] (idF des [X.] am Arbeitsmarkt vom [X.], [X.], 2999) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des [X.] oder nach den §§ 60 bis 62 [X.]I dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Das von der Klägerin absolvierte [X.] ist bis zum Beginn des [X.] unstreitig nach dem [X.] dem Grunde nach förderungsfähig gewesen. Die Klägerin war daher bis zu diesem [X.]punkt von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ausgeschlossen. Der Ausschlussregelung des § 7 Abs 5 S 1 [X.] liegt die Erwägung zugrunde, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem [X.] oder eine Förderung gemäß §§ 60 bis 62 [X.]I auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und die Grundsicherung nach dem [X.] nicht dazu dienen soll, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Die Ausschlussregelung im [X.] soll die nachrangige Grundsicherung (vgl § 3 Abs 3 [X.]) mithin davon befreien, eine - versteckte - Ausbildungsförderung auf [X.] zu ermöglichen. Wie beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] in ständiger Rechtsprechung entschieden haben, zieht allein die [X.] der Ausbildung dem Grunde nach die Rechtsfolge des § 7 Abs 5 S 1 [X.], also den Ausschluss von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, nach sich. Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Ausbildungsförderleistung eingetreten sind, bleiben demgegenüber außer Betracht (B[X.] Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R, zur [X.] vorgesehen; B[X.]E 99, 67 = [X.]-4200 § 7 [X.], RdNr 16 mwN; B[X.] Urteil vom 30.9.2008 - [X.] AS 28/07 R - [X.]-4200 § 7 [X.]; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/08 R; B[X.] Urteil vom [X.] AS 24/09 R - [X.]-4200 § 7 [X.]).

Ob die Klägerin, die während des [X.] keinen Anspruch auf [X.]-Leistungen hatte, in diesem [X.]raum weiterhin eine nach dem [X.] dem Grunde nach förderfähige Ausbildung durchlaufen hat, konnte der Senat aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen. Die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem [X.] ist, richtet sich abschließend nach § 2 [X.] (mit Ausnahme von § 2 Abs 6 [X.] - s Urteil vom [X.] AS 24/09 R - [X.]-4200 § 7 [X.]). Von dieser Grundregel finden sich nach der Rechtsprechung des 14. Senats des B[X.] (Urteil vom [X.] AS 24/09 R - [X.]-4200 § 7 [X.], unter Berufung auf [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2005, § 2 RdNr 1), der sich der erkennende Senat angeschlossen hat (Urteil vom 27.9.2011 - [X.] [X.]/10 R, zur [X.] vorgesehen), Ausnahmen nur in den Besonderheiten des Fernunterrichts (vgl § 3 [X.]) und der Ausbildungen im Ausland (§§ 5, 6 [X.]). Es ist mithin allein aufgrund abstrakter Kriterien, losgelöst von der Person des Auszubildenden, über die Förderfähigkeit der Ausbildung nach dem [X.] zu befinden (vgl auch B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]/08 R - juris RdNr 14 zum Fall, dass ein Zweitstudium als Vollstudium absolviert wird, welches für sich betrachtet dem Grunde nach förderungsfähig wäre). Demgegenüber umschreibt § 15a [X.] [X.] den Leistungsanspruch auf Ausbildungsförderung und individualisiert (insbesondere durch die grundsätzliche Beschränkung der Förderung auf eine bestimmte Anzahl an Semestern) in dem durch § 2 [X.] abstrakt gezogenen Rahmen den Begriff der "förderfähigen Ausbildung". Der Begriff der "förderfähigen Ausbildung" dem Grunde nach ist für den gesamten Bereich des [X.] einheitlich auszulegen - unter Heranziehung der Rechtsprechung des [X.] (B[X.] Urteil vom [X.] AS 24/09 R - [X.]-4200 § 7 [X.]). War die Ausbildung der Klägerin während ihres [X.] mithin dem Grunde nach förderfähig, ist sie von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ausgeschlossen, selbst wenn sie wegen des [X.] in dieser [X.] oder bereits wegen der Überschreitung der Regelstudienzeit keinen Anspruch auf [X.]-Leistungen gehabt haben sollte.

Gemäß § 2 Abs 1 [X.] (idF des [X.], [X.] 1062) wird Ausbildungsförderung geleistet für den Besuch von [X.]n, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt (§ 2 Abs 5 [X.]). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des [X.] hat die Klägerin im hier streitigen [X.]raum ein von der [X.] genehmigtes Urlaubssemester eingelegt. Dies muss nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch nicht zwangsläufig dazu führen, dass nicht mehr von der [X.] der Ausbildung dem Grunde nach gemäß § 2 [X.] ausgegangen werden kann.

Voraussetzung für die [X.] einer Ausbildung dem Grunde nach ist zunächst der "Besuch" einer Ausbildungsstätte (im Sinne der organisatorischen Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte, vgl dazu im Einzelnen [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl 2005, § 2 Rd[X.]8 f), die sich den in § 2 Abs 1 [X.] genannten Ausbildungsgattungen zuordnen lässt. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] besucht ein Auszubildender eine Ausbildungsstätte, solange er dieser organisationsrechtlich angehört und die Ausbildung an der Ausbildungsstätte tatsächlich betreibt (vgl [X.]E 49, 275; 55, 288; 57, 21). Bei einer Hochschulausbildung begründet der Auszubildende seine Zugehörigkeit zu der [X.] durch die Immatrikulation, die ihrerseits die Einschreibung in eine bestimmte Fachrichtung notwendig macht ([X.] Urteil vom 28.11.1985 - [X.] 5 [X.], [X.], 397). Es kommt mithin bei einem Urlaubssemester für die Förderfähigkeit dem Grunde nach sowohl auf die organisationsrechtliche Zugehörigkeit des Studierenden zu der Ausbildungsstätte an, die mit einer bestimmten Fachrichtung verknüpft sein muss, als auch auf ein tatsächliches Betreiben des Studiums.

Hieraus folgt: Gehört der Studierende der [X.] organisationsrechtlich auch im Urlaubssemester an, greift der Ausschluss von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs 5 S 1 [X.] immer dann, wenn er die Ausbildung auch tatsächlich betreibt. Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ist hingegen gegeben, wenn der Studierende während des [X.] entweder aus organisationsrechtlichen Gründen der [X.] nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt.

Vorliegend vermochte der Senat nach den Feststellungen des [X.] weder abschließend zu beurteilen, ob die Klägerin während des [X.] organisationsrechtlich weiterhin der Technischen [X.] angehörte, noch ob sie im Falle der fortbestehenden organisationsrechtlichen Zugehörigkeit die Ausbildung während des [X.] tatsächlich betrieben hat.

Rechtsgrundlagen im Hinblick auf die organisationsrechtliche Zugehörigkeit sind das SächsH[X.] iVm universitären Regelungen (s Entscheidungen des [X.] Urteil vom 25.11.1982 - 5 C 102/80, [X.]E 66, 261; Urteil vom 13.9.1984 - 5 C 56/81, [X.] 436.36 § 20 [X.] Nr 19, in denen es sich mit der Frage der Ausbildungsförderung während einer Beurlaubung befasst). Das [X.] hat in seiner Entscheidung - allerdings in anderem Zusammenhang - auf § 20 Abs 3 SächsH[X.] Bezug genommen, wonach beurlaubten Studenten ermöglicht werden soll, an der [X.], von der die Beurlaubung ausgesprochen worden ist, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Danach liegt es nahe, dass die organisationsrechtliche Bindung in [X.] auch noch im Urlaubssemester angenommen werden kann. Fraglich für die Beurteilung der Förderfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach ist nach der Rechtsprechung des [X.] jedoch zudem, ob der betreffende Studierende, der beurlaubt ist, aufgrund der landesrechtlichen/universitären Regelungen berechtigt ist, an den angebotenen Lehrveranstaltungen teilzunehmen und während der Beurlaubung Prüfungen abzulegen, die Teil der Lehrveranstaltungen sind (vgl [X.] vom 25.11.1982 - 5 C 102/80, [X.]E 66, 261, RdNr 11 zum Fachhochschulgesetz [X.]). Hierzu wird das [X.] im wieder eröffneten Klageverfahren Feststellungen nachzuholen haben. Daher kam es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob der Senat, weil das [X.] hier die landesrechtlichen Regelungen mit Ausnahme der zuvor benannten Vorschrift außer [X.] gelassen hat, dieses an sich nicht revisible Recht selbst hätte anwenden und auslegen dürfen (vgl zur Fallgestaltung, dass das Vordergericht landesrechtliche Vorschriften vollständig außer Betracht gelassen hat: B[X.] Urteil vom 22.11.2011 - [X.] AS 138/10 R, zur [X.] vorgesehen).

Sollte die Klägerin organisationsrechtlich im Urlaubssemester weiterhin der [X.] angehört haben und auch berechtigt gewesen sein, an Veranstaltungen teilzunehmen sowie Prüfungen abzulegen, ist zur Feststellung der Förderfähigkeit der Ausbildung dem Grunde nach ferner zu prüfen, ob sich die Klägerin auch tatsächlich derart betätigt hat. Auch hierzu wird das [X.] Feststellungen nachzuholen haben. Dabei ist zu beachten, dass das Nichtbetreiben des Studiums in Form des Fernbleibens von Veranstaltungen aus ausbildungsförderungsrechtlicher Sicht nicht unbedingt dazu führt, dass das Tatbestandsmerkmal des "Besuchs einer Ausbildungsstätte" zu verneinen ist. Wenn es beispielsweise der gewachsenen Übung in dem betreffenden Fach entspricht, dass - wie hier kurz vor dem Abschluss des Studiums - die häusliche Vorbereitung auf die Prüfungen im Vordergrund steht ([X.] Beschluss vom 17.9.1982 - 5 B 24/82, [X.] 436.36 § 20 [X.] Nr 17; s auch [X.] Beschluss vom 15.4.1987 - 5 [X.]/86, [X.] 436.36 § 20 [X.] Nr 25) kann angenommen werden, dass die Arbeitskraft des Auszubildenden durch die Ausbildung iS des § 2 Abs 5 [X.] voll in Anspruch genommen wird. Ist das nicht der Fall und betreibt der Studierende sein Studium nicht, besucht er keine Ausbildungsstätte iS des § 2 [X.] und absolviert auch keine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung gemäß § 7 Abs 5 S 1 [X.]. Hier findet sich auch der rechtliche Anknüpfungspunkt für die Argumentation des [X.], dass einerseits ausbildungsbedingter Bedarf - etwa durch die häusliche Prüfungsvorbereitung - nicht durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] gedeckt werden soll und löst sich andererseits der Widerspruch zu der Entscheidung des [X.] vom [X.] (5 [X.]/99, 5 PKH 53/99, [X.], 151). Die Klägerin des dortigen Verfahrens war wegen der kurz vorher stattgehabten Geburt und der Pflege sowie Erziehung ihrer Tochter vom Studium beurlaubt worden und betrieb ihr Studium folglich nicht. Aus diesem Grunde hat das [X.] ihren Sozialhilfeanspruch bejaht.

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 4 AS 102/11 R

22.03.2012

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Dresden, 21. April 2011, Az: S 10 AS 3123/10, Urteil

§ 7 Abs 5 S 1 SGB 2, § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 BAföG, § 2 Abs 5 S 1 BAföG, § 20 Abs 3 HSchulG SN 2008, § 26 Abs 1 S 1 BSHG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 22.03.2012, Az. B 4 AS 102/11 R (REWIS RS 2012, 7847)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7847

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