Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2019, Az. 27 W (pat) 519/18

27. Senat | REWIS RS 2019, 9975

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Franziska van Almsick" – zur Eintragungsfähigkeit von Namen natürlicher Personen - Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 30 2017 009 190.7

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 25. Februar 2019 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] sowie die Richterin Werner

beschlossen:

Der Beschluss des [X.] – Markenstelle für Klasse 41 – vom 12. Februar 2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das [X.] – Markenstelle für Klasse 41 – hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 12. Februar 2018 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung der Wortfolge

2

[X.]

3

zur Eintragung als Wortmarke für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 05, 09, 16, 18, 21, 25, 28, 30, 32, 35, 36, 38, 41 und 44 im Markenregister nach § 37 Abs. 1 [X.] teilweise für die folgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

4

Klasse 09: Ton-, Bild- und Datenträger, auch digitale Aufzeichnungsträger, auch für interaktive Anwendungen;

5

Klasse 16: [X.]; Bücher;

6

Klasse 41: Publikation von Zeitschriften, Newslettern und Büchern in elektronischer Form, auch im [X.]; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]n [ausgenommen für Werbezwecke].

7

Zur Begründung ist ausgeführt: Dem sehr bekannten angemeldeten Namen fehle für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Prominente seien häufig Gegenstand beschreibender Darstellungen oder träten als Werbeträger auf. Der damit verbundene unmittelbare Sachbezug oder die ausschließliche Werbewirkung eines Eigennamens könnten dann gegen eine herkunftshinweisende Bedeutung im Sinn der markenrechtlichen Unterscheidungskraft sprechen. Für die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft sei es nicht zwingend erforderlich, dass mit dem Namen der in Rede stehenden Persönlichkeit unmittelbare Sachhinweise hinsichtlich einer bestimmten Ware verbunden seien, wie es bspw. bei den Namen „Diesel“, „[X.]“, „Röntgen“ oder „[X.]“ der Fall sei. Vielmehr könnten Namen bekannter Personen auch dann die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlen, wenn sie zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen verwendet werden sollen, die, wie die im Tenor genannten, neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können. Bei solchen Waren und Dienstleistungen könne nämlich der Verkehr mit dem Namen einen thematischen oder sonstigen sachlichen Bezug zu der betreffenden Person herstellen und den Namen deshalb nur als Hinweis auf diese Person, nicht jedoch auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstehen. Sofern das Publikum mit dem Namen der bekannten Person zusätzlich den Lebenserfolg der Persönlichkeit verbinde, wie dies vorliegend bei den zahlreichen Titeln der Namensträgerin zweifelsohne der Fall sei, komme als wahrscheinlichste Verwendungsform des Namens die als Sachtitel zur Darstellung der betreffenden Person in Frage. In derartigen Konstellationen komme der Name der bekannten Person nicht als Unterscheidungsmittel in Frage. Soweit hiergegen eingewandt worden sei, diese Beurteilung entspreche einer Ungleichbehandlung gegenüber unbekannten Namensträgern, verkenne diese Einschätzung, dass Eigennamen unbekannter Personen nicht dazu geeignet seien, als Sachtitel zu fungieren, sodass vorliegend keine Ungleichbehandlung gleicher, sondern ungleicher Sachverhalte vorliege. Auch der Verweis auf die Entscheidung des [X.] in der Sache 29 W (pat) 77/13 – [X.] führe zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts, da diese Entscheidung von denselben Grundsätzen ausgehe und eine Schutzfähigkeit nur für solche Waren und Dienstleistungen bejaht habe, für die sich der Name des bekannten Künstlers [X.] nicht als Sachtitel eigne.

8

Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 15. Februar 2018 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin mit [X.] vom 15. März 2018, der am selben Tag beim [X.] eingegangen ist, Beschwerde eingelegt.

9

Ihre Beschwerde hat die Anmelderin wie folgt begründet: Die Argumentation der Markenstelle, der zu Folge der Name bekannter Personen, die einen gewissen Grad an Lebenserfolg erreicht haben, kein Unterscheidungsmittel aufweise, gehe fehl. Mit einer reinen Sachbetitelung einer der tenorierten Waren oder Dienstleistungen läge naturgemäß schon keine markenmäßige Verwendung vor, die durch die Markenanmelderin unter Zuhilfenahme des registrierten Markenrechts und der korrespondierenden Rechte aus den §§ 14 ff. [X.] untersagt werden könnte. Mit diesem bereits anlässlich der Stellungnahme vom 17. August 2017, auf die im Übrigen verwiesen werde, übermittelten Argument habe sich die Markenstelle nicht befasst. Insbesondere sei anhand vieler anderer vorhandener Markenregistrierungen für identische oder vergleichbare wie die hier in Streit stehenden Waren und Dienstleistungen, die bekannte Personennamen zum Gegenstand haben, welche aufgrund ihrer Persönlichkeit oder Leistungen Gegenstand des öffentlichen Interesses seien, erkennbar, dass es ein schützenswertes Interesse gebe. Schlussendlich könne der vorhandene Grad der tatsächlichen Bekanntheit eines Personennamens nicht den Ausschlag für oder gegen das Bestehen einer Unterscheidungskraft im Einzelfall geben. Die jeweils anzulegenden Maßstäbe könnten nur diskriminierender Natur sein.

Die Anmelderin beantragt wörtlich,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 betreffend die Teilzurückweisung des Zeichens „[X.]“ (Wort-/Bildmarke) für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41 insgesamt aufzuheben.

II.

A. Die nach § 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde ist begründet. Mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses kann der angemeldeten Bezeichnung nicht die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft versagt werden.

1. Entgegen der Auffassung des [X.]es fehlt der angemeldeten Wortfolge nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] jegliche Unterscheidungskraft.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen gewährleisten, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. [X.] GRUR 2018, 917, 921 [Rz. 34] – [X.]). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. [X.] [X.], 943, 944 [Rz. 26] – SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – [X.]; [X.], 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – [X.]/Remington; [X.] 2003, 187, 190 [Rz. 41] – Gabelstapler; [X.] 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

b) Entgegen der Ansicht des [X.]es kommt dem angemeldeten Namen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender, diese Waren und Dienstleistungen beschreibender Begriffsinhalt zu, bei dem die Unterscheidungskraft zu verneinen wäre (vgl. [X.], 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – [X.]; [X.], 162, 163 [X.] – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

aa) Die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Namen natürlicher Personen erfolgt nach den für alle Markenformen geltenden Grundsätzen ([X.] C-404/02, [X.], 946 Rn. 25 – [X.]; [X.] GRUR 2018, 301 Rn. 12 – [X.]; [X.] BeckRS 2016, 18764 – [X.]; [X.] GRUR 2014, 79, 80 – [X.]; [X.], 518, 520 – [X.]). Es sind weder strengere ([X.] C-404/02, [X.], 946 Rn. 26 – [X.]; [X.] [X.], 1148 (1149) – [X.]) noch andere Kriterien ([X.] C-404/02, [X.], 946 Rn. 26 – [X.], mit Beispielen für unzulässige zusätzliche Kriterien) anzuwenden. Dabei sind sie als geradezu klassisches Kennzeichnungsmittel ([X.] GRUR 2018, 301 Rn. 12 – [X.]; [X.], 832 Rn. 22 – [X.]; [X.], 801 Rn. 13 – [X.]) im Normalfall unterscheidungskräftig, sofern nicht besondere Umstände in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vorliegen, die ausnahmsweise dazu führen, dass die angesprochenen Verkehrskreise im beanspruchten Namen keinen Herkunftshinweis, sondern eine Sachangabe erblicken (vgl. [X.] C-404/02, [X.], 946 Rn. 30 – [X.]; [X.] GRUR-RR 2014, 286 – [X.]). Eine Sachangabe liegt dabei dann vor, wenn das Zeichen zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung ihrer Merkmale zu erkennen ([X.] [X.], 460, 462 – [X.] zu [X.] Stiftung).

Einen solchen engen Bezug hat die Rechtsprechung etwa bei der Verwendung mit Waren der Klasse 16, insbesondere bei Büchern, Zeitschriften, Filmen usw. mit der Begründung angenommen; den Namen einer (realen) bekannten Person werde der Verkehr oft nicht nur mit dieser selbst verbinden, sondern regelmäßig auch mit dem Lebenserfolg, auf dem die Bekanntheit beruht, etwa mit der schöpferischen bzw. künstlerischen Leistung bei Schriftstellern, Komponisten und Schauspielern, dem sportlichen Erfolg bei Sportlern, dem regelmäßigen medialen Auftritt eines Fernsehmoderators oder der ausgeübten Funktion bei Politikern und Würdenträgern (so [X.] [X.], 512, 513 – [X.]; [X.], 460, 462 – [X.] zu [X.] Stiftung). Daraus wurde geschlossen, dass einem solchen Namen deshalb für Druckschriften und ähnliche Medien, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, die Unterscheidungskraft fehlen könne, weil und soweit er als Inhaltsangabe erscheine ([X.] a. a. [X.] – [X.]; [X.], 518, 520 – [X.]; a. a. [X.] – [X.]). Dieser Beurteilung, von der ersichtlich auch das [X.] ausgegangen ist, kann nicht gefolgt werden (vgl. auch Götting [X.] 2014, 229, 230, der hierzu aber allein auf die „Lebenserfahrung“ abstellt; krit. auch Eichelberger in: Kur/v. [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 8 Rn. 311: Es sei „genau zu prüfen, ob der Verkehr tatsächlich von einer konkreten Inhaltsangabe“ ausgehe).

bb) Bei der Beurteilung, ob der Name einer bekannten lebenden Persönlichkeit – hier der Anmelderin [X.], bei der es sich um eine der bekanntesten und erfolgreichsten Schwimmerinnen der jüngsten Sportgeschichte handelt – für die vorliegend beanspruchten Waren der Ton-, Bild- und Datenträger sowie der [X.] in den Klassen 9 und 16 in den Augen der hiermit angesprochenen Durchschnittsverbraucher als Angabe des Themas, mit welchem sich diese Waren befassen können, oder als Herkunftsangabe ansehen, ist nämlich, wie auch bei den übrigen Markenformen, auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. hierzu auch [X.] GRUR 2018, 932 Rn. 18 – #darferdas? [X.]; [X.], 1044 Rn. 20 – [X.]; [X.], 1100 Rn. 28 – [X.]!; [X.], 825 Rn. 21 – [X.], mit [X.]; [X.] [X.], 865 Rn. 36 f.

– [X.]). Hierfür ist die Art und Weise maßgeblich, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden, wozu insbesondere die Stelle gehört, an der sie angebracht werden ([X.] [X.], 1093 Rn. 22 = [X.], 1428 – [X.]). Denn die übliche Verwendungsweise eines Zeichens prägt auch das Zeichenverständnis des Publikums (vgl. hierzu allgemein Eichelberger in: Kur/v. [X.]/[X.], a. a. [X.], Rn. 127 [X.]), sodass der Verbraucher, wenn ihm ein Zeichen an einer Stelle entgegentritt, wo sich üblicherweise Marken befinden, es eher als Herkunftshinweis ansieht, während die Verwendung an einer Stelle, an welcher der Verkehr normalerweise kein Herkunftshinweis erwartet, eher für das Gegenteil spricht ([X.] [X.] 2012, 455; vgl. auch [X.] [X.], 838 Rn. 20 – [X.] [dekoratives Element]).

Nach der Rechtsprechung des [X.] muss im Eintragungsverfahren für das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein ([X.] GRUR 2018, 932 Rn. 21 – #darferdas?; [X.], 1044 Rn. 20 – [X.]; [X.], 1100 Rn. 28 – [X.]!; [X.], 1093 Rn. 22 – [X.]; [X.], 240, 242 – [X.] ARMY; [X.] BeckRS 2012, 15672 – [X.]). Vielmehr genügt es, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gibt, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es Schutz beansprucht, so zu verwenden, dass es vom Publikum ohne Weiteres als Marke verstanden wird (vgl. [X.], 240 [242] – [X.]-ARMY; [X.], 193 Rn. 22 – [X.]; [X.]Z 185, 152 Rn. 21 = [X.], 825 – [X.]; [X.] [X.], 1100 Rn. 28 – [X.]!; [X.]Z 193, 21 Rn. 20 = [X.], 1044 – [X.]). Diese Vorgaben des [X.] für die Prüfung der Unterscheidungskraft hat der [X.] als mit der hierzu ergangenen, [X.] bindenden Rechtsprechung des [X.] (vgl. hierzu [X.] GRUR 2013, 519 Rn. 55 – [X.] [umsäumter Winkel]) vereinbar angesehen (vgl. [X.] GRUR 2018, 932, 934 [Rn. 21] – #darferdas?). Daher kann einem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen sein, wenn es vom Publikum in der wahrscheinlichsten Verwendungsform lediglich als Sach-, nicht aber als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die Unterscheidungskraft nicht verneint werden kann, wenn sie in dieser wahrscheinlichsten Verwendungsform von maßgebenden Teilen des Publikums nur als Herkunftshinweis und nicht als Sachangabe verstanden wird. Danach ist vorliegend, wie sogleich näher auszuführen sein wird, von einem Verständnis der Anmeldemarke als Herkunftshinweis auszugehen. Auf die derzeit dem [X.] vom [X.] vorgelegte Vorabentscheidungsfrage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der [X.] 2008/95/[X.], nämlich ob die Unterscheidungskraft auch dann zu bejahen ist, wenn das Zeichen bei einer zwar nicht wahrscheinlichsten, aber daneben ebenso möglichen, praktisch bedeutsamen und naheliegenden Verwendungsform vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen [X.] GRUR 2018, 932 Rn. 21 – #darferdas?), kommt es im vorliegenden Fall nicht (mehr) an.

cc) Auf dem hier in Rede stehenden Gebiet der Klasse 09: Bild-, Ton- und Datenträger (also im Wesentlichen auf [X.], DVD, [X.]-ROM, Videokassetten und Schallplatten) sowie im Bereich der Klasse 16: [X.] (im Wesentlichen mithin auf Büchern und Zeitschriften) ist das Publikum daran gewohnt, dass sowohl das Thema oder der Gegenstand dieser Produkte (also der Werktitel sowie die hierfür verantwortlichen Autoren, Darsteller, Regisseure, Drehbuchautoren, Komponisten oder Musiker) als auch die Herkunftsangabe (also bei Büchern der Verlag, bei Ton- und Bildträgern das sog. Musiklabel, also das Produktions- und Vertriebsunternehmen) nebeneinander angegeben werden, wobei bei diesen Produkten sich diese Angaben nahezu durchgängig überwiegend an bestimmten Stellen befinden. Gerade aus der Anbringung von Angaben an bestimmten Stellen schließt das Publikum bei diesen Produkten erst, ob es sich um eine Autoren-, eine Titel- oder eine Verlagsangabe handelt. So ist es etwa bei Büchern allgemein üblich, Autor und Werktitel besonders grafisch herauszustellen und in der Regel in den oberen zwei Dritteln des [X.] zu platzieren, während sich die Verlagsangabe – also der Herkunftshinweis – nahezu durchgängig immer in einer meist kleineren Schrift am unteren Rand wiederfindet (so auch [X.], Beschluss vom 14. November 2013, 27 W (pat) 6/13, Rdnr. 27 f. – [X.], Juris.de). Ähnliches gilt auch für Bild- und Tonträger, bei denen sich der Herkunftshinweis entweder wie bei Büchern deutlich kleiner als Titel und Autor auf der Vorderseite oder sogar nur auf der Rückseite des jeweiligen Trägers befindet.

Hieran ist das Publikum gewöhnt. Liest er beispielsweise nur den Namen „[X.]“ am unteren Rand eines Buches (wie es in der Tat vom [X.]-Verlag, dem zumindest im Bereich der Belletristik bekanntesten [X.] Verlag, praktiziert wird), wird er darin nur den Hinweis auf den Verlag und damit auf die Herkunft des hiermit gekennzeichneten Buches sehen, ohne dass ihm die Idee in den Sinn käme, dass hiermit auch auf den Inhalt des Buches hingewiesen werden könnte, obwohl dies angesichts des Umstandes, dass es sich beim Verlagsgründer Peter [X.] um einen berühmten Nachkriegsverleger handelt, der breitesten Verkehrskreisen, die sich für Literatur interessieren, von allen [X.] Verlegern sicherlich am ehesten bekannt ist und über dessen Wirken bereits zahlreiche Bücher veröffentlicht wurden, durchaus denkbar wäre. Aufgrund dieser durchgängigen, nahezu ausnahmslos praktizierten [X.] wird das Publikum bei einer Namensangabe, die es beispielsweise bei Büchern am unteren Rand des [X.] liest, daher selbst dann, wenn es sich bei dem dort abgebildeten Namen (wie vorliegend) um denjenigen einer bekannten Persönlichkeit handelt, stets nur davon ausgehen, dass damit die für die Herausgabe verantwortliche Person oder das hierfür verantwortliche Unternehmen angegeben wird, nicht aber, dass damit auf den Gegenstand oder das Thema des jeweiligen Produkts hingewiesen werden soll. Befindet sich dagegen der Name beispielsweise in der Mitte des [X.], wird es darin lediglich entweder den Autor oder den Gegenstand bzw. bei Personennamen die Person, mit dem oder der sich das Buch befasst, erblicken. Da Werktitel (vgl. §§ 1, 5 Abs. 3 [X.]) von der Marke (§§ 1, 3 und 4 [X.]) zu unterscheiden sind und in der Regel gerade nicht als Herkunftshinweis angesehen werden (vgl. [X.] GRUR 2005, 264 f. – [X.]), stellt eine mögliche Verwendung des zur Markeneintragung angemeldeten Namens als Werktitel keine Verwendungsform dar, welche vom Publikum als Herkunftshinweis aufgefasst wird. Eine solche Verwendungsform hat bei der Prüfung der Frage, ob dem angemeldeten Namen die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, außer Betracht zu bleiben. Dementsprechend unterliegt – worauf die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend hingewiesen hat – die Verwendung des Namens einer prominenten Persönlichkeit als Werktitel in der Regel nicht dem Verbietungsrecht des Inhabers einer Marke, welche diesen Namen u. a. auch für [X.] schützt (vgl. hierzu allg. [X.] in: Kur/v. [X.]/[X.], [X.] Markenrecht, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 90 ff.).

Findet der Verbraucher daher den angemeldeten Namen bei den streitgegenständlichen Waren der Klassen 9 und 16 an der für die Bezeichnung der Herkunft dieser Waren üblichen [X.], also an den Stellen, an denen ganz überwiegend der Verlag oder der Produzent des jeweiligen Produkts genannt zu werden pflegt, hat er keine Veranlassung mehr, darin nur eine Inhaltsangabe zu erblicken; vielmehr drängt sich ihm dann wegen der üblichen Kennzeichnungsart gerade zwangsläufig der Gedanke auf, dass es sich bei dem dort befindlichen Namen nur um die [X.] oder den [X.]n handeln kann. Dies reicht aber aus, um das geforderte Mindestmaß an Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke für diese Waren zu bejahen.

dd) Nichts anderes gilt schließlich auch für die ebenfalls zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 41. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich beim möglichen Gegenstand der Publikationen, auf welche sich diese Dienstleistungen beziehen, nur um eine mittelbare Angabe handelt, bei der im Allgemeinen die Voraussetzung eines

2. Da somit die Zurückweisung der Anmeldung durch das [X.] nicht mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses auf eine fehlende Unterscheidungskraft gestützt werden kann, war dieser Beschluss auf die Beschwerde aufzuheben.

B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 [X.] besteht ebenso wenig Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 [X.].

Meta

27 W (pat) 519/18

25.02.2019

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2019, Az. 27 W (pat) 519/18 (REWIS RS 2019, 9975)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9975

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

27 W (pat) 526/17 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Hugo Strasser" – zur Eintragungsfähigkeit des Namens einer realen bekannten Person - Unterscheidungskraft …


27 W (pat) 6/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Ferdinand-Tönnies" – zur Zulässigkeit der Beschwerde bei nicht unterschriebenem Beschwerdeschriftsatz – zur markenmäßigen …


29 W (pat) 38/15 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Pigage (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


27 W (pat) 554/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren - "Leibniz School of Business" - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine bösgläubige Markenanmeldung


27 W (pat) 551/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "#darferdas?" – keine Unterscheidungskraft – Zulassung der Rechtsbeschwerde


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.