Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. V ZB 99/12

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1386

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BUNDESGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
V [X.]
vom

15. November 2012

in der Grundbuchsache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 883
Eine Vormerkung, die einen Anspruch auf Verschaffung eines Miteigentumsanteils an einem im Alleineigentum stehenden Grundstück sichern soll, kann nur an dem Grundstück und nicht an dem erst noch zu schaffenden Miteigentumsanteil bestellt werden.

[X.], Beschluss vom 15. November 2012 -
V [X.] -
OLG [X.]

[X.]

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2
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Der
V. Zivilsenat des [X.] hat am 15. November 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] [X.] und Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. [X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Beteiligten werden die Beschlüsse des 34. Zivilsenats des [X.] vom 23.
April
2012 und der Beschluss des [X.]

Grundbuchamt -
vom 1. Februar 2012 aufgehoben.

Das [X.]

Grundbuchamt

wird angewiesen, den Vollzug der Urkunde vom 12. Dezember 2011 nicht aus den in dem Beschluss vom 1.
Februar 2012 genannten Gründen zu verweigern.

Gründe:

I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu gleichen Teilen Miteigentümer des im Rubrum genannten Grundbesitzes.
Mit notarieller Urkunde vom 12. Dezember 2011 überließen sie jeweils 4/10 der Anteile an ihre Tochter, die Beteiligte zu
3, und erklärten die Auflassung. Dabei behielt sich jeder der Veräußerer den Nießbrauch an dem von ihm überlassenen Anteil vor. Zudem vereinbarten die 1
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Beteiligten unter bestimmten Voraussetzungen Rückforderungsrechte der [X.] zu 1 und 2, die sich ebenfalls auf die jeweiligen Anteile bezogen und zu deren Sicherung die Beteiligte zu 3 jeweils die Eintragung von zwei Vormer-kungen bewilligte.
In den in der Urkunde enthaltenen Grundbuchanträgen wird die Eintragung der Vormerkungen jeweils "n-tumsanteil"
bewilligt und beantragt.
Den Antrag des Notars auf Vollzug der Urkunde, den er hilfsweise darauf gerichtet hat, zunächst die Überlassung des dem Beteiligten zu 1 zustehenden Bruchteils nebst Vormerkungen einzutragen, hat das Grundbuchamt [X.]. Auf die Beschwerde der Beteiligten hat das [X.] den Be-schluss aufgehoben, soweit der auf Vollzug der Auflassung des Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 3 und die Eintragung einer Vormerkung für diesen gerichte-te Hilfsantrag zurückgewiesen worden ist, und das Grundbuchamt angewiesen, die darauf bezogene Eintragung vorzunehmen. Im Übrigen hat es die Be-schwerde zurückgewiesen.
II.
Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in [X.] 2012, 391 ff. abgedruckt ist, sieht eine Vormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2 als nicht eintragungsfähig an, weil die Belastung eines ideellen Eigentumsanteils mit
einer Vormerkung unzulässig sei. Aus §§ 1095, 1106, 1114 [X.] folge der Wille des Gesetzgebers, die Belastung ideeller [X.] nur dann [X.], wenn diese verselbständigt seien, um auf diese Weise größtmögliche Klarheit und Übersichtlichkeit
des Grundbuchs zu erreichen. Nur wenn zu ei-nem belasteten Bruchteil ein weiterer Bruchteil hinzuerworben werde, könne die bereits vorhandene Belastung bestehen bleiben. Danach habe zwar der auf die Übertragung des Anteils des Beteiligten zu 1 bezogene Hilfsantrag Erfolg; insoweit müsse die Vormerkung eingetragen werden. Hinsichtlich des weiteren 2
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4/10-Anteils der Beteiligten zu 2 sei die Eintragung der Vormerkung an einem Bruchteil dagegen ausgeschlossen, weil mit der Eintragung des Eigentums auch hinsichtlich dieses Anteils bei der Beteiligten zu 3 ein einheitlicher Mitei-gentumsanteil von 8/10 entstehe. Eine Vormerkung könne infolgedessen nur an dem gesamten Anteil eingetragen werden.
III.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis nicht stand. Die Vorinstanzen haben zu Unrecht angenommen, die Urkunde könne nicht -
wie in erster Linie beantragt -
durch gleichzeitige Eintragung des [X.], des Nießbrauchs und der (Rück-) Auflassungsvormerkungen vollzogen werden.
1. Richtig ist allerdings, dass infolge der Eigentumsübertragungen ein einheitlicher Eigentumsanteil der Beteiligten zu 3 von 8/10 entsteht; die über-lassenen Anteile von jeweils 4/10 existieren als solche nicht mehr. Der [X.] kann den Grundbesitz nämlich nur bei gleichzeitiger Teilveräußerung in ideelle Anteile aufteilen. Eine "Vorratsteilung"
in der Hand des [X.] gibt es nicht (Senat, Urteil vom 17. Januar 1968 -
V [X.], [X.]Z 46, 250 ff.).
2. Richtig ist auch, dass die Beteiligte zu 3 keine Bruchteile ihres neu entstehenden Eigentumsanteils, sondern nur den Anteil als Ganzen mit einer Vormerkung belasten kann. Allerdings wird die Frage, an welchem Gegenstand eine Vormerkung lastet, die einen auf Übertragung eines ideellen Bruchteils gerichteten Anspruch sichert, unterschiedlich beantwortet.
a) Das Gesetz regelt die Frage nicht ausdrücklich. Es schließt die Bestel-lung dinglicher Rechte an ideellen Anteilen durch den Alleineigentümer für das 4
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Vorkaufsrecht (§
1095 [X.]), die Reallast (§ 1106 [X.]) und die Hypothek bzw. Grundschuld (§ 1114, § 1192 Abs. 1 [X.]) aus.
Als Zweck dieser Vorschriften wird angesehen, dass die Anteilsbelastung durch den Alleineigentümer verhin-dert werden solle, weil das praktische Bedürfnis gering sei, und "verwickelte Rechtsverhältnisse"
und "Schwierigkeiten bei der Grundbuchführung"
zu ver-meiden seien ([X.]. z. Entw. eines [X.], 2. Aufl., [X.] § 953 S.
454, S.
638
ff.). Weil die Bestimmungen allein auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten beruhen, sind
einige Ausnahmen anerkannt (näher BayObLG NJW-RR 1996, 1041; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., §
1095 Rn. 2; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., §
1114 Rn. 13 ff.; [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., §
1095 Rn. 1, § 1106 Rn. 1, §
1114 Rn. 4). Im Hinblick auf den Nießbrauch herrscht Einigkeit darüber, dass er auch beschränkt auf den ideellen Bruchteil eines in einheitlichem Eigentum stehenden Grundstücks bestellt werden kann, weil es an einer entgegenstehenden Bestimmung fehlt (sog. Bruchteilsnieß-brauch, [X.] 85, 6, 9; NK-[X.]/[X.], 3. Aufl., §
1030 Rn. 44; [X.]/
[X.], [X.], 71. Aufl., § 1066 Rn.
4).
b) Nach nahezu einhelliger Ansicht, die der Senat teilt, kann ein [X.] einen ideellen Bruchteil nicht mit einer Vormerkung belasten
([X.], [X.], 28. Aufl., §
7 Rn. 19; MünchKomm-[X.]/[X.], 5. Aufl., §
883 Rn. 41; PWW/Huhn, [X.], 7. Aufl., § 883 Rn. 14; [X.]/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. Rn. 1502; [X.]/[X.], [X.] [2008], § 883 Rn.
97); auch wenn der gesicherte Anspruch nur auf die Übertragung eines Bruchteils gerichtet ist, kann die Vormerkung nur an dem gesamten Grundstück lasten.
c) Uneinigkeit besteht allerdings darüber, ob dies auch dann gilt, wenn ein Miteigentümer einen weiteren Anteil hinzuerwirbt und die Vormerkung einen Anspruch auf Rückübertragung dieses Anteils sichern soll.
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aa) Nach der Rechtsauffassung, der sich das Beschwerdegericht ange-schlossen hat, muss die Vormerkung stets an dem gesamten Grundstück be-stellt werden. Denn der Alleineigentümer dürfe an einem ideellen Anteil (§
1095 [X.]) kein Vorkaufsrecht bestellen, das sich wie eine Vormerkung auswirke (§
1098 Abs. 2 [X.]). Folgeprobleme könnten zwar bei der Veräußerung des ebenfalls belasteten weiteren Bruchteils entstehen; diese ließen sich aber durch entsprechende obligatorische Vereinbarungen vermeiden ([X.], [X.] 1976, 137
f.).
bb) Nach anderer Ansicht ist die Belastung eines ideellen Anteils mit [X.] Vormerkung jedenfalls dann zulässig, wenn er zu einem ebenfalls mit einer Vormerkung belasteten Anteil hinzuerworben wird ([X.] 2004, 285
ff.; [X.]/Stöber, Grundstücksrecht, 14. Aufl., Rn. 1502; Meikel/[X.], [X.], 10. Aufl., [X.]. [X.] Rn. 23). Es sei nicht nachvollziehbar, wenn die erste Vormer-kung an dem ideellen Bruchteil bestehen bleibe, die zweite Vormerkung dage-gen an dem gesamten Grundstück eingetragen werden müsse, obwohl sie ei-nen inhaltsgleichen Anspruch sichere ([X.] 2004, 285, 287 f.).
[X.])
Richtigerweise findet der Grundsatz, dass ein nicht existierender Bruchteil nicht mit einer Vormerkung belastet werden kann, bei dem (Hinzu-) Erwerb von Bruchteilen ebenfalls Anwendung. Möglich ist nur die Bewilligung und Eintragung einer auf dem gesamten Anteil lastenden Vormerkung, die ei-nen Anspruch auf Übertragung eines Bruchteils dieses Anteils sichert. Dem steht nicht entgegen, dass
die Vormerkungen -
wie es unzweifelhaft zulässig ist -
jeweils nur einen auf Übertragung eines ideellen Bruchteils gerichteten [X.] sichern. Der Inhalt der Vormerkungen wird nicht dadurch erweitert, dass sie auf dem gesamten Anteil lasten. Insoweit gilt nichts anderes als bei einer Parzellierungsvormerkung, die einen Anspruch auf Übertragung einer bestimm-ten, künftig abzuschreibenden Teilfläche sichert; auch sie lastet nicht (nur) auf 10
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der Teilfläche, sondern auf dem gesamten Grundstück ([X.]/[X.], [X.] [2008], § 883 Rn. 98).
Für den hier zu beurteilenden Sachverhalt folgt daraus, dass die Vor-merkungen zugunsten der Beteiligten zu 1 und 2 nur gleichrangig an dem neu entstandenen Miteigentumsanteil der Beteiligten zu 3 bestellt werden können. Dass sie einen Anspruch auf Rückübertragung nur eines Bruchteils dieses [X.] sichern, muss aus der Eintragung oder der dort in Bezug genommenen Urkunde hervorgehen.
3. Dem Vollzug der notariellen Urkunde vom 12. Dezember 2011 steht indes nicht entgegen, dass die Vormerkungen nur zu Lasten des 8/10 Miteigen-tumsanteils der Beteiligten zu 3 eingetragen werden können. Anders als das Beschwerdegericht meint,
kann den in der Urkunde enthaltenen Eintragungsan-trägen entnommen
werden, dass die Vormerkungen an dem neu entstehenden Anteil bestellt werden sollen.
a) Gemäß Ziff. [X.] und [X.]. 6.3 der notariellen Urkunde vom [X.] 2011 wird hinsichtlich der auf die jeweils überlassenen Anteile bezogenen Rückforderungsansprüche die Eintragung von zwei Auflassungsvormerkungen zugunsten jedes Veräußerers in das Grundbuch bewilligt. Ziff. XII der Urkunde enthält die Grundbuchanträge; danach wird bezogen auf Ziff. [X.]. 5 und [X.]. 6.3 des [X.] jeweils "[X.] Miteigentumsanteil"
bewilligt und beantragt.
b) Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Eintragungsbewilligung und die Eintragungsanträge selbst auslegen, weil es sich um verfahrensrechtliche Erklärungen handelt ([X.], [X.], 28. Aufl., § 13 Rn. 16, § 19 Rn. 28, §
78 Rn. 41 mwN). Dabei ist auch der Grundsatz zu beachten, dass mit einer Ver-fahrenshandlung im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der 13
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Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage ent-spricht (Senat, Beschluss vom 30. April 2003 -
V [X.], NJW 2003, 2388; Urteil vom 25. Juli 2004 -
V [X.], NJW-RR 2005, 371; [X.], aaO, §
13 Rn. 16).
Daran gemessen ist nicht -
wie das
Beschwerdegericht meint -
(lediglich) die
Eintragung der Vormerkung an dem jeweils überlassenen [X.] gewollt. Die
Eintragungsbewilligung selbst ist ohne weiteres so zu [X.], dass die Eintragung der Vormerkungen an dem neu geschaffenen Anteil von 8/10 erfolgen soll. [X.] formuliert sind allerdings die Grundbu-cherklärungen, weil sie jeweils auf die Eintragung "Miteigentumsanteil"
gerichtet sind. Dass die Anträge einen nicht eintragungsfä-higen Inhalt haben sollen, ist aber nicht anzunehmen; sie sind deshalb dahin-gehend auszulegen, dass die Vormerkungen jeweils nicht "an"
dem veräuße[X.] Miteigentumsanteil eingetragen, sondern an dem neu geschaffenen Anteil bestellt werden und den auf Rückübertragung des jeweils überlassenen Anteils beschränkten Anspruch sichern sollen. Aufgrund der Bezugnahme auf die Ur-kunde ist auch in der erforderlichen Weise klargestellt, dass die Vormerkung auf den Anteil der Beteiligten zu 3 (8/10) und nicht auf die restlichen Anteile der Beteiligten zu 1 und 2 (jeweils 1/10) bezogen ist.
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IV.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. §
30 Abs. 1 Satz 1 KostO.

Stresemann

[X.]

Schmidt-Räntsch

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.] -
Grundbuchamt -
, Entscheidung vom 01.02.2012
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Moosach, Blatt 7039-28 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.04.2012 -
34 [X.] -

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Meta

V ZB 99/12

15.11.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2012, Az. V ZB 99/12 (REWIS RS 2012, 1386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1386

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 99/12

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