Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2006, Az. XII ZR 214/04

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2103

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[X.]BESCHLUSS [X.] ZR 214/04 vom 23. August 2006 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 23. August 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revi-sion gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 2. September 2004 zugelassen, soweit die Beklagte zur Zahlung von 26.549,52 • nebst Zinsen an die Klägerin verur-teilt worden ist. Insoweit und im Kostenpunkt wird auf die Revision der Beklagten das Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 2. September 2004 aufgehoben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision sowie der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Im Übrigen (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 6.912,24 • [Mehrwertsteuer] nebst Zinsen) wird die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision zurückge-wiesen. Gegenstandswert: 26. 549,52 • (Revision) 6.912,24 • (Nichtzulassungsbeschwerde)
- 3 - Gründe: [X.] 1 Die Klägerin verlangt als Zwangsverwalterin eines Grundstücks von der Beklagten Pachtzins und Nutzungsentschädigung in Höhe von insgesamt 50.133,76 •. 2 Die Beklagte pachtete mit Vertrag vom 22. Februar 2001 von den [X.] ein Grundstück in [X.]. Der monatliche Pachtzins betrug 29.500 DM (15.083,11 •) zuzüglich [X.]. In § 6 des Pachtvertrages heißt es: "§ 6 Abtretung 1. Der Pachtzins wird abgetreten an die D.bank

AG in Höhe von zurzeit monatlich 29.500 DM – Der monatliche Pachtzins wird von der Pächterin unmittelbar an die D.bank AG als Zessionarin auf das Darlehenskonto – überwiesen, bis zum 30. Juni 2001 jedoch nur ein Betrag von 25.000 DM. Nach dem 30. Juni 2001 erfolgt die Überweisung in Höhe von monatlich 29.500 DM. –" Die D.bank

AG betreibt die Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. Dezember 2001 wurde die Klägerin als Zwangsverwalterin bestellt. Die Zwangsverwalterin hat den Pachtvertrag mit Schreiben vom 13. Juni 2002 wegen Zahlungsverzugs der [X.] unter Gewährung einer Räumungsfrist bis zum 10. Juli 2002 gekündigt. Die Beklagte hat das Grundstück am 6. August 2002 an die Klägerin herausge-geben. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Pachtzins bzw. Nutzungsent-schädigung für Mai in Höhe eines Restbetrages von 11.734,54 •, für Juni und 3 - 4 - Juli jeweils den vollen Pachtzins in Höhe von 17.496,41 • und für die [X.] vom 1. August bis 6. August 2002 einen Betrag von 3.386,40 •, insgesamt also 50.113,76 •. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Klageforderung sei an die Bank abgetreten. Die Abtretung sei nicht nach § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam geworden, da die Bank die Zwangsvollstreckung selbst betreibe. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin in vollem Umfang Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 33.461,76 • nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Ab-tretung an die Bank sei wirksam. Sie umfasse aber nur den Nettopachtzins, nicht aber die Nutzungsentschädigung und die vereinbarte [X.]. Diese beiden Posten stünden daher der Klägerin zu. Nutzungsentschädigung schulde die Beklagte ab 14. Juni 2002 (ein Tag nach Zugang der Kündigungserklärung) bis zum 6. August 2002 ([X.]). Dies ergebe einen Betrag von insge-samt 30.797,44 • einschließlich [X.] (entsprechend 26.549,52 • netto zuzüg-lich 4.247,92 • [X.]). Außerdem stehe der Klägerin für die Monate Mai 2002 restliche [X.] in Höhe von 1.618,56 • und für die [X.] vom 1. Juni bis 13. Juni 2002 in Höhe von 1.045,76 •, insgesamt somit 2.664,32 • zu. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulas-sungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Zulassung der Revision und die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils zu erreichen sucht.
I[X.] Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Zahlung der [X.] in Höhe von 26.549,52 • verurteilt worden ist. 4 - 5 - Die statthafte und auch im Übrigen zulässige [X.] ist in diesem Umfang begründet. Das Berufungsgericht hat, ohne vorher ei-nen Hinweis zu geben, seine Entscheidung insoweit auf einen Gesichtspunkt gestützt, den beide Parteien und das Erstgericht anders beurteilt haben. Damit hat es nicht nur § 139 Abs. 2 ZPO, sondern auch den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör gemäß § 103 Abs. 1 GG verletzt. Ein Gericht verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es [X.] vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen [X.] nicht zu rechnen brauchte (vgl. [X.] NJW 2003, 2524). Das ist hier, wie die Beklagte zu Recht rügt, der Fall. 5 1. Das Berufungsgericht geht allerdings zu Recht davon aus, dass die außerordentliche Kündigung im Schreiben der Klägerin vom 13. Juni 2002 das Pachtverhältnis sofort und nicht erst mit Ablauf der Räumungsfrist am 10. Juli 2002 beendet hat. Denn die Klägerin hat, wie sich aus der Klageschrift - entge-gen der Behauptung der Nichtzulassungsbeschwerde - ergibt, das Pachtverhältnis gemäß § 581 Abs. 2, § 543 Abs. 3 BGB wegen [X.] der Beklagten außerordentlich fristlos gekündigt. Damit war mit Zugang der Kündigung das Pachtverhältnis sofort beendet. Die Einräumung einer [X.] ändert daran nichts. 6 Weiter hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die [X.] für die Räumungsfrist vom 14. Juni bis 10. Juli 2002 Nutzungsentschädi-gung schuldet. Dies scheitert entgegen der Meinung der Nichtzulassungsbe-schwerde nicht daran, dass die Beklagte der Klägerin in diesem [X.]raum die [X.] nicht vorenthalten habe. Im Rahmen des Mietrechts ist bereits ent-schieden, dass zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Vorenthaltung nach § 546 a BGB der grundsätzliche Rückerlangungswille des Vermieters ausreicht. 7 - 6 - Davon ist bei Einräumung einer Räumungsfrist auszugehen. Die Entschädi-gungsforderung steht dem Vermieter daher auch für den [X.]raum zu, für den er eine Räumungsfrist gewährt hat ([X.] Urteil vom 13. Oktober 1982 - [X.] - NJW 1983, 112). Für ein Pachtverhältnis gilt nichts anderes. Dies ist umso mehr der Fall, als § 546 a und § 584 b BGB im Hinblick auf die genannte Tatbestandsvoraussetzung denselben Wortlaut haben. 2. Die Beklagte rügt jedoch, dass das Berufungsgericht entgegen der übereinstimmenden Bewertung der Parteien und der Sichtweise des Landge-richts angenommen habe, dass die Ansprüche auf Nutzungsentschädigung nicht von der Abtretung umfasst seien, und insoweit auch keinen Hinweis erteilt habe. Hätte das Berufungsgericht einen Hinweis erteilt, hätte sie dargelegt, dass eine Vertragsauslegung, die sich am mutmaßlichen Willen der Parteien und an der Interessenlage orientiere, zwingend dazu führe, dass die Abtretung des [X.] auch die an seine Stelle tretende Nutzungsentschädigung [X.]. Diese Rüge greift durch. Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich als Überraschungsentscheidung dar, was nicht nur gegen § 139 Abs. 2 ZPO, son-dern zugleich gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt. 8 Der Verstoß ist auch entscheidungserheblich. Hiervon ist bereits dann auszugehen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht bei Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien anders entschieden hätte (vgl. [X.] Urteil vom 18. Juli 2003 - [X.] - NJW 2003, 3205 unter [X.] auf die Rechtsprechung des [X.]). Dies ist hier der Fall. 9 - 7 - II[X.] 10 Im Übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen. 11 Soweit die Beklagte zur Zahlung der [X.]-Anteile in Höhe von 6.912,24 • verurteilt worden ist, liegt ein Zulassungsgrund nicht vor. Ein [X.] gegen Verfahrensgrundrechte ist nicht gerügt. Die Rechtssache hat inso-weit auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entschei-dung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Be-gründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen. IV. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das [X.] unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien insbe-sondere zu prüfen haben wird, ob unter dem Begriff Pachtzins in § 6 des [X.] im Hinblick auf den Zweck der Abtretung und die Interessenlage nicht 12 - 8 - auch ein Entschädigungsanspruch nach § 584 b BGB zu verstehen ist (vgl. Wolf/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. [X.]. 474; vgl. auch Senatsurteil [X.]Z 140, 175). Gegebenenfalls wer-den auch die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen sein. Hahne [X.] Ahlt Vézina Dose Vorinstanzen: LG [X.], Entscheidung vom 17.03.2003 - 25 O 539/02 - KG [X.], Entscheidung vom 02.09.2004 - 20 U 113/03 -

Meta

XII ZR 214/04

23.08.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2006, Az. XII ZR 214/04 (REWIS RS 2006, 2103)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2103

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