Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2012, Az. V ZR 190/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5329

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Wohnungseigentumsverwaltung: Beurteilungsspielraum der Wohnungseigentümer und notwendige Bonitätsprüfung bei beabsichtigter Bestellung einer haftungsbeschränkten Unternehmergesellschaft


Leitsatz

1. Bei der Bestellung des Verwalters haben die Wohnungseigentümer wie bei der Abberufung einen Beurteilungsspielraum.

2. Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft kann Verwalterin einer WEG sein.

3. Zum Verwalter einer WEG darf - unabhängig von der Rechtsform - nur bestellt werden, wer über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und ausreichende Sicherheit im Haftungsfall bietet.

4. Besteht bei objektiver Betrachtung Anlass, die Bonität des in Aussicht genommenen Verwalters zu prüfen, müssen die Wohnungseigentümer die Bestellung zurückstellen, bis sie Unterlagen oder andere Erkenntnisse haben, die eine entsprechende Entscheidung erlauben.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 28. Juni 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft N.         -Straße 22 in [X.]       . Sie entschieden sich auf der Versammlung am 26. September 2009 mit einer Mehrheit von 4 zu 1 für die [X.] als Verwalterin und gegen eine andere Firma, die ein geringeres Entgelt verlangt hatte. Die [X.] war am 6. April 2009 als Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt in das Handelsregister eingetragen worden und hat ein Stammkapital von 500 €.

2

Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren den Beschluss über die Bestellung der [X.]n als Verwalterin und in einem parallelen, inzwischen für erledigt erklärten Rechtsstreit den Beschluss über den Abschluss des [X.] angefochten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat den Beschluss über die Bestellung der [X.]n als Verwalterin für ungültig erklärt ([X.] 2011, 369). Dagegen wenden sich die Beklagten mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

I.

3

Das Berufungsgericht meint, der Zulässigkeit der Klage gegen den Beschluss über die Bestellung der [X.] zur Verwalterin stehe nicht entgegen, dass die Parteien das parallele Klageverfahren gegen den Beschluss über den Verwaltervertrag für erledigt erklärt hätten. Denn der Vertrag stehe unter der stillschweigenden auflösenden Bedingung, dass der Verwalter wirksam bestellt sei. Der Beschluss über die Bestellung der neuen Verwaltung sei für ungültig zu erklären, da er nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Das folge allerdings weder daraus, dass nur ein Alternativangebot eingeholt worden sei, noch daraus, dass nicht der Anbieter mit der niedrigsten Vergütung gewählt worden sei, oder daraus, dass bei der Bestellung die Vergütung und die Laufzeit des [X.] nicht festgelegt worden seien. Die Bestellung stehe vielmehr deshalb im Widerspruch zu den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung, weil die [X.] eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) sei und weil Gesellschaften in dieser Rechtsform als Verwalterinnen einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in Betracht kämen. Das gelte hier jedenfalls deshalb, weil die [X.] ein Stammkapital von nur 500 € habe, erst kurz vor der Bestellung gegründet worden sei, ihr Geschäftsführer es abgelehnt habe, die persönliche Haftung zu übernehmen, und weil sie von den Beschränkungen des § 181 [X.] habe befreit werden sollen, obwohl ihr Geschäftsführer gleichzeitig Geschäftsführer der elterlichen Bauträgergesellschaft sei.

II.

4

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.

5

1. Im Ergebnis zutreffend und von den Beklagten unbeanstandet nimmt das Berufungsgericht an, dass die Beschlussanfechtungsklage gegen die Bestellung der [X.] als Verwalterin nicht dadurch unzulässig geworden ist, dass der Kläger die Anfechtungsklage gegen den Beschluss über den Abschluss des [X.] für erledigt erklärt hat. Dadurch ist dieser Beschluss zwar bestandskräftig geworden, das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Anfechtung des Beschlusses über die Bestellung der [X.] als Verwalterin aber nicht entfallen. Die [X.] wäre ohne bestandskräftige Bestellung zur Verwalterin jedenfalls rechtlich gehindert, den Verwaltervertrag zu erfüllen (vgl. Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 26 Rn. 21 a.E. und 169).

6

2. Das Berufungsgericht hat die Bestellung der [X.] auch zu Recht für ungültig erklärt.

7

a) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters ist am Maßstab einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu messen. Die Wohnungseigentümer haben nach § 21 Abs. 3 und 4 [X.] nicht nur einen Anspruch darauf, dass die Tätigkeit der Verwaltung diesen Grundsätzen entspricht, sondern auch darauf, dass der Verwalter selbst diesen Anforderungen genügt (Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - [X.], NJW 2011, 3025, 3026 Rn. 11; [X.], [X.] 11. Aufl., § 26 Rn. 40). Daran fehlt es, wenn ein wichtiger Grund gegen die Bestellung spricht (BayObLG, [X.] 1990, 68; [X.], NJW-RR 1986, 315, 317; [X.], [X.], 11. Aufl., § 26 Rn. 40; Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 26 Rn. 63). Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, bestimmt sich in Anlehnung an § 26 Abs. 1 Satz 3 [X.] nach den für die Abberufung des Verwalters geltenden Grundsätzen ([X.] aaO; Hügel in [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 26 [X.] Rn. 9).

8

b) Das Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes verpflichtete die Wohnungseigentümer allerdings nicht ohne weiteres dazu, den Verwalter abzuberufen. Sie haben vielmehr einen Beurteilungsspielraum und dürfen von einer Abberufung absehen, wenn dies aus objektiver Sicht vertretbar erscheint (Senat, Urteil vom 10. Februar 2012 - [X.], [X.], 1884 f. Rn. 9 f.). Einen entsprechenden Beurteilungsspielraum haben die Wohnungseigentümer auch bei der Bestellung des Verwalters, bei der sie eine Prognose darüber anstellen müssen, ob er das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird ([X.], [X.], 418, 423). Die Bestellung des Verwalters widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung deshalb erst, wenn die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, das heißt, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass sie den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen.

9

c) Hier haben die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschritten.

aa) Das ergibt sich nicht schon daraus, dass nur ein Alternativangebot zur Auswahl gestanden hätte. Die Beschlussfassung über die Neubestellung eines Verwalters erfordert zwar die Einholung von Alternativangeboten (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - [X.], [X.], 1293, 1294 Rn. 12). Wie viele Alternativangebote erforderlich sind, können die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres [X.] aber selbst festlegen. Er ist nur überschritten, wenn der Zweck solcher Alternativangebote verfehlt wird, nämlich den Wohnungseigentümern die Stärken und Schwächen der Leistungsangebote aufzuzeigen (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - [X.], [X.], 1293, 1294 Rn. 13). Anhaltspunkte dafür liegen hier nicht vor. Aus dem Protokoll der Versammlung ergibt sich, dass die Wohnungseigentümer eine [X.] getroffen, intensiv über die Leistungsangebote diskutiert und damit den Zweck der Einholung von Alternativangeboten erreicht haben.

bb) Die Wohnungseigentümer haben ihren Beurteilungsspielraum auch nicht dadurch verletzt, dass sie nicht das preisgünstigste Angebot gewählt haben. Dazu sind sie nach den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht verpflichtet (Jennißen in Jennißen, [X.], 3. Aufl., § 26 Rn. 72). Sie dürfen einen Verwalter, mit dem sie gut zurechtkommen, weiterbestellen, auch wenn er etwas teurer ist als ein neuer Verwalter (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - [X.], [X.], 1293, 1294 Rn. 13). Nichts anderes gilt für die höhere Vergütung einer neuen Verwaltung, die - wie hier - Zusatzqualifikationen oder Zusatzerfahrungen hat. Etwas anderes gälte nur, wenn die von dem ausgewählten Verwalter angebotenen Leistungen von den anderen Verwaltungsfirmen spürbar günstiger angeboten würden (Senat, Urteil vom 1. April 2011 - [X.], [X.], 1293, 1294 Rn. 13 a.E.). Daran fehlt es, wenn die Wohnungseigentümer zwischen zwei Anbietern auswählen, deren Vergütungsvorschläge am unteren Rand der aus den eingeholten Angeboten ermittelten Vergütungsspanne liegen.

cc) Die Grenzen ihres [X.] haben die Wohnungseigentümer auch nicht dadurch überschritten, dass sie über die Bestellung ohne gleichzeitige Festlegung der Eckpunkte des abzuschließenden [X.] beschlossen haben. Das ergibt sich allerdings nicht schon aus dem eher formalen Umstand, dass die Berufung des Verwalters in zwei Stufen erfolgt, der Bestellung und dem anschließenden Abschluss des [X.] (so aber [X.], [X.], 11. Aufl., § 26 Rn. 43; [X.], Z[X.] 2002, 486, 489). Denn die Auswahl des Verwalters wird inhaltlich wesentlich durch die wirtschaftlichen Eckpunkte des von ihm angebotenen [X.] bestimmt. Die isolierte Bestellung des Verwalters könnte zwar bis zum Abschluss des [X.] jederzeit durch einen entsprechenden Beschluss wieder rückgängig gemacht werden ([X.], [X.], 11. Aufl., § 26 Rn. 54). Bis dahin wäre der Verwalter aber zu den üblichen Bedingungen zur Wahrnehmung seiner Aufgabe berechtigt und verpflichtet. Welche Folgen sich aus dieser inhaltlichen Verknüpfung von Verwalterbestellung und Verwaltervertrag ergeben, bedarf hier keiner Entscheidung. Eine getrennte Beschlussfassung über die Bestellung und den Vertrag ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn die Wohnungseigentümer über den Abschluss des [X.] selbst entscheiden und wenn sie beide Beschlüsse - wie hier - in derselben Wohnungseigentümerversammlung erörtern und fassen. Einwände gegen Regelungen in dem Verwaltervertrag - hier die Einwände gegen die Befreiung von dem Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 [X.] - sind dann nicht im Rahmen der Anfechtung des Bestellungsbeschlusses, sondern im Rahmen der Anfechtung des Beschlusses über den Verwaltervertrag zu prüfen.

dd) Die Wahl der [X.] zur Verwalterin widerspricht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht schon deshalb den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, weil sie eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft ist.

(1) Eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) muss zwar nicht das [X.] von 25.000 €, das eine GmbH nach § 5 Abs. 1 GmbHG an sich aufzubringen hat, sondern nach § 5a Abs. 1 GmbHG nur das in der Satzung vorgesehene Stammkapital aufbringen, das auch nur 1 € betragen kann. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung dieser Sonderform der GmbH davon abgesehen, eine ähnliche Möglichkeit für alle Formen der GmbH vorzusehen, weil „mit der [X.], die in einem angemessenen [X.] lieg[e], auch eine gewisse Seriosität auf die Rechtsform der GmbH insgesamt ausstrahl[e]“, deren „Prestige nicht gefährdet“ werden solle (Begründung der [X.] in BT-Drucks. 16/6140 S. 31). Und weil bei der [X.] ein [X.] nicht vorgeschrieben ist, muss sie ihre Firma nicht nur mit einem einfachen Rechtsformzusatz („UG“) führen, sondern, anders als die „normale“ GmbH (vgl. § 4 GmbHG), nach § 5a Abs. 1 GmbHG mit der zusätzlichen Angabe „haftungsbeschränkt“, um das Publikum auf das unter Umständen nicht ausreichende Stammkapital hinzuweisen (Begründung der [X.] in BT-Drucks. 16/6140 S. 31).

(2) Aus diesen rechtsformbedingten Besonderheiten folgt aber nicht, dass einer [X.] generell die für einen geordneten Geschäftsbetrieb als Verwalterin einer Wohnungseigentümergemeinschaft erforderliche finanzielle Ausstattung abzusprechen ist.

(a) Der Gesetzgeber hat den Verzicht auf ein [X.] bei der [X.] als vertretbar angesehen, „weil das [X.] kein zwingender Bestandteil des Haftkapitalsystems der GmbH ist“ (Begründung der [X.] in BT-Drucks. 16/6140 S. 31). Deshalb darf auch eine solche Gesellschaft nach § 1, § 5a Abs. 1 GmbHG zu jedem zulässigen Zweck errichtet werden. Wäre sie von vornherein als nicht ausreichend solvent anzusehen, ließen sich die mit der Einführung dieser Form der GmbH verfolgten [X.], die Neugründung von Unternehmen durch eine weniger aufwendige Form der GmbH zu erleichtern und einer Flucht in ausländische Gesellschaftsformen entgegenzuwirken (Begründung der [X.] in BT-Drucks. 16/6140 [X.], 31), nicht erreichen.

(b) Ob der vorgesehene Verwalter seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt, bestimmt sich nicht nach der Rechtsform, sondern nach den finanziellen Mitteln, über welche er verfügt, nach dem Kredit, den das Unternehmen in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die es stellen kann. Eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft kann auch bei einem sehr niedrig angesetzten Stammkapital eine ausreichende Bonität haben, etwa weil sie selbst ausreichende andere Mittel hat oder weil sich der Geschäftsführer für die Gesellschaft verbürgt hat. Diese Bonität kann bei einem Einzelkaufmann, der nicht über ausreichendes Vermögen oder über Sicherheiten verfügt, ebenso fehlen wie bei einer „normalen“ GmbH, deren Bestellung als Verwalter aber nicht schon an der Rechtsform scheitert (BayObLG, [X.], 488, 489 f.). Diese kann nach Maßgabe von § 7 Abs. 2 GmbHG in das Handelsregister eingetragen werden, noch bevor das Stammkapital vollständig aufgebracht ist. Es muss bei der Bestellung einer GmbH zur Verwalterin auch nicht mehr (vollständig) vorhanden sein. Umgekehrt muss eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft nach § 5a Abs. 5 Halbsatz 2 GmbHG auch dann nicht zur normalen GmbH umfirmieren, wenn sie das Stammkapital bis zur Höhe des [X.]s aufgefüllt hat.

(c) Auf die Rechtsform allein abzustellen ist auch deshalb verfehlt, weil die Dienstleistungen eines Verwalters von Unternehmen erbracht werden dürfen, die die Pflichten eines Verwalters rechtlich erfüllen können und in einer Rechtsform errichtet sind, die in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] oder Vertragsstaat des Vertrags über den Europäischen Wirtschaftsraum vorgesehen ist. Nicht alle diese [X.] kennen Gesellschaftsformen, bei denen die Gesellschaftsgründer zur Aufbringung eines Stammkapitals in bestimmter Mindesthöhe verpflichtet sind. Teilweise wird ein niedrigeres Stammkapital verlangt. In der Bestellung solcher Unternehmen zum Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft allein wegen der Unterschiede im System des Gläubigerschutzes einen Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung zu sehen, wäre eine nach Art. 18 A[X.]V unzulässige Diskriminierung und stünde zudem im Widerspruch namentlich zu der durch Art. 56 A[X.]V und Art. 10, 14 und 16 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. [X.] Nr. L 376 S. 36) garantierten Dienstleistungsfreiheit. Ob die Bestellung zum Verwalter den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, darf sich bei solchen Unternehmen nicht nach der Rechtsform bestimmen, sondern beurteilt sich danach, ob sie fachlich qualifiziert und ausreichend finanziell ausgestattet sind. Ein sachlicher Grund, die [X.] haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft anders zu behandeln, ist nicht erkennbar.

ee) Bei der Bestellung der [X.] haben die Wohnungseigentümer ihren Beurteilungsspielraum aber deshalb überschritten, weil sie ihre Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage vorgenommen haben.

(1) Sie würden inhaltlich ihren Beurteilungsspielraum überschreiten, bestellten sie ein Unternehmen zum Verwalter, das nicht über die dazu notwendigen finanziellen Mittel verfügt und auch keine ausreichenden Sicherheiten stellen kann ([X.], [X.] 1977, 433, 435; [X.] in FS Seuss [1987] S. 1, 3; [X.], [X.], 418, 423 für insolventes Unternehmen). Denn ein solches Unternehmen bietet, unabhängig davon, in welcher Rechtsform es geführt wird (Armbrüster, Z[X.] 2011, 372, 373), keine hinreichende Gewähr dafür, dass es auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten und seiner Aufgabe als Verwalter gerecht werden, insbesondere die ihm anvertrauten Gelder der [X.] getreu verwalten wird ([X.] in [X.], [X.], 11. Aufl., § 26 Rn. 41; Armbrüster, Z[X.] 2011, 372, 373). Auch wäre nicht sichergestellt, dass die [X.] im Haftungsfall Ersatz erhält.

(2) Wie sich die Wohnungseigentümer Gewissheit verschaffen, ob das als Verwalter in Aussicht genommen Unternehmen diesen inhaltlichen Anforderungen genügt, bestimmen sie im Rahmen ihres [X.] selbst. Sie sind deshalb einerseits nicht gezwungen, stets einen [X.] einzuholen; sie könnten darauf etwa bei einem eingesessenen als solide bekannten Unternehmen gleich welcher Rechtsform verzichten. Die Wohnungseigentümer dürfen andererseits ein Unternehmen nicht aufs Geratewohl bestellen und sich über Zweifel an der Bonität ohne weiteres hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität des als Verwalter vorgesehenen Unternehmens - gleich welcher Rechtsform - zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres [X.] nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt (Armbrüster, Z[X.] 2011, 372, 373).

(3) Diesen Anforderungen sind die Wohnungseigentümer hier nicht gerecht geworden. Der Geschäftsführer der [X.] hatte vor der Beschlussfassung mitgeteilt, er sei seit langem als Verwalter tätig. Seine Dienste wollte er den Wohnungseigentümer aber nicht als Einzelkaufmann, sondern durch eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft anbieten, die erst wenige Monate zuvor errichtet worden war. Er war auch nicht bereit, die persönliche Haftung für die Gesellschaft zu übernehmen. Die Stammeinlage der Gesellschaft von 500 € reichte für sich genommen nicht aus, um einen dauerhaft ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb und Ersatz im Haftungsfall sicherzustellen. Eine Haftpflichtversicherung war bei der Beschlussfassung über die Bestellung nicht nachgewiesen und ist es im Übrigen auch jetzt nicht. Die - nicht berücksichtigungsfähige - Unterlage, die die Beklagten im Revisionsverfahren haben vorlegen lassen, weist nicht die [X.] selbst, sondern ihren Geschäftsführer als Versicherten aus. Das alles muss nicht bedeuten, dass die [X.] (unabhängig von ihrer Rechtsform als haftungsbeschränkter Unternehmergesellschaft) tatsächlich keine ausreichende Bonität hat. Die Wohnungseigentümer durften aber die Bonität der [X.] nicht unterstellen. Sie mussten sie vielmehr klären. Wie sie zu dem erforderlichen Kenntnisstand gelangen, entscheiden sie im Rahmen ihres [X.] selbst. Hier lagen ihnen nur Erkenntnisse vor, die Zweifel an der Bonität der [X.] weckten. Sie durften deshalb die Bestellung der [X.] auf dieser Grundlage nicht beschließen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger                             Schmidt-Räntsch                             [X.]

                 Brückner                                        Weinland

Meta

V ZR 190/11

22.06.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Karlsruhe, 28. Juni 2011, Az: 11 S 7/10

§ 26 Abs 1 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2012, Az. V ZR 190/11 (REWIS RS 2012, 5329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5329

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 190/11 (Bundesgerichtshof)


V ZR 96/10 (Bundesgerichtshof)

Wohnungseigentum: Erforderlichkeit der Einholung von Alternativangeboten vor der Beschlussfassung über die Wiederbestellung des amtierenden Verwalters


V ZR 96/10 (Bundesgerichtshof)


II ZR 256/11 (Bundesgerichtshof)

Unternehmergesellschaft: Rechtsscheinhaftung bei geschäftlichem Handeln mit dem unrichtigen Rechtsformzusatz "GmbH"


II ZR 256/11 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.