Bundessozialgericht, Urteil vom 11.11.2021, Az. B 14 AS 33/20 R

14. Senat | REWIS RS 2021, 1145

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Nichtberücksichtigung bzw Privilegierung von Schülereinkommen - vier Wochen Erwerbstätigkeit innerhalb der Schulferien - zeitliche Begrenzung - Auslegung des Wochenbegriffs - Anzahl der Arbeitstage


Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen werden die Urteile des [X.] vom 27. Februar 2020 und des [X.] vom 31. Mai 2019 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 2. März 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2018 wird aufgehoben, soweit die Rücknahme der Leistungsbewilligung und die festgesetzten Erstattungsforderungen gegenüber der Klägerin zu 1) einen Betrag in Höhe von 33,99 Euro und gegenüber der Klägerin zu 2) einen Betrag in Höhe von 16,29 Euro übersteigen. In diesem Umfang wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2019 zurückgewiesen. Im Übrigen werden die Revisionen zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägerinnen die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung für November 2017 sowie die Festsetzung von [X.] in entsprechender Höhe aufgrund der Anrechnung von erzieltem Schülereinkommen.

2

Die 1976 geborene Klägerin zu 1) und ihre beiden Töchter, die 1999 geborene [X.] (im Folgenden [X.]) und die 2005 geborene Klägerin zu 2), wohnten gemeinsam in einer Wohnung in [X.] Die Klägerin zu 1) hat das alleinige Sorgerecht für die Klägerin zu 2). [X.] absolvierte im Jahr 2017 eine schulische Ausbildung zur Sozialpädagogin. Im November 2017 sind ihr zuschussweise bewilligte Leistungen zur Ausbildungsförderung nach § 12 Abs 1 [X.] [X.] [X.] 301 Euro zugeflossen, hiervon eine Nachzahlung für Oktober 2017 [X.] 70 Euro ([X.]-Bescheid vom 30.10.2017 für die [X.] vom 1.10.2017 bis 31.7.2018).

3

Das beklagte Jobcenter bewilligte für die [X.] vom 1.11.2017 bis 31.10.2018 endgültig [X.] [X.] 700,82 Euro für die Klägerin zu 1) und Sozialgeld [X.] 335,82 Euro für die Klägerin zu 2) sowie [X.] 405,85 Euro für [X.] (Bescheid vom 2.10.2017). Dabei berücksichtigte der Beklagte für [X.] und die Klägerin zu 2) jeweils 192 Euro Kindergeld als Einkommen.

4

Der Beklagte erlangte im November 2017 durch einen Datenabgleich Kenntnis von einem geringfügigen, auf vier Monate befristeten Beschäftigungsverhältnis von [X.] mit der Firma [X.] ab 15.7.2017. Die hieraus erzielte Vergütung für die im Oktober 2017 geleisteten Arbeitsstunden [X.] 534,17 Euro ist [X.] im November 2017 zugeflossen. [X.] arbeitete an 13 Tagen (vom 19.7.2017 bis 26.8.2017) in den Sommerferien, im Oktober an sechs Tagen (vom 25.10.2017 bis 30.10.2017) und im November vom 2.11.2017 bis 4.11.2017 in den Herbstferien; außerhalb der Herbstferien war sie vom 7.10.2017 bis 22.10.2017 tätig. Die Vergütung für November floss ihr im Dezember 2017 zu.

5

Im [X.]ahmen der Anhörung durch den Beklagten gaben die Klägerin zu 1) und [X.] an, die Aufnahme "des Ferienjobs" mitgeteilt zu haben. Der Klägerin zu 1) sei von dem Beklagten erläutert worden, dass [X.] in den Ferien vier Wochen arbeiten und maximal 1200 Euro verdienen dürfe. Daraufhin hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für November 2017 gegenüber der Klägerin zu 1) teilweise [X.] 109,52 Euro und gegenüber der Klägerin zu 2) teilweise [X.] 52,48 Euro, gestützt auf § 48 Abs 1 Satz 2 [X.], auf und forderte von ihnen jeweils die Erstattung des Betrags (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom [X.]; Widerspruchsbescheid vom [X.]). Aufgrund des bei [X.] zu berücksichtigenden, bedarfsdeckenden Einkommens aus Erwerbstätigkeit und dem gezahlten [X.] sei das für sie gezahlte Kindergeld als Einkommen bei den Klägerinnen zu berücksichtigen.

6

Während das [X.] die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat (Urteil vom 31.5.2019), hat das L[X.] auf die Berufung des Beklagten das Urteil des [X.] geändert und die Klagen abgewiesen (Urteil vom 27.2.2020). Zur Begründung hat es [X.] ausgeführt, das Erwerbseinkommen aus Oktober 2017 sei nicht nach § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V privilegiertes Schülereinkommen. Da das Tatbestandsmerkmal "vier Wochen" nicht im Sinne von 20 Tagen zu verstehen sei und [X.] bereits in den Sommerferien vier Wochen gearbeitet habe, sei die im November 2017 zugeflossene Vergütung in voller Höhe als Einkommen zu berücksichtigen. Die Klägerin zu 1. habe zudem grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige Angaben gemacht. Nach ihrer Einlassung könne allenfalls davon ausgegangen werden, dass sie und [X.] dem Beklagten von einer Ferientätigkeit, nicht aber von der tatsächlich ab dem 15.7.2017 auf vier Monate angelegten Tätigkeit berichtet haben. Ihr Verhalten sei der Klägerin zu 2. zuzurechnen.

7

Mit ihren vom L[X.] zugelassenen [X.]evisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung des § 1 Abs 4 [X.]-V sowie des Art 3 Abs 1 GG. Jugendlichen müsse es nach § 5 Abs 4 iVm § 15 Satz 1 [X.] möglich sein, an insgesamt 20 Tagen während der Schulferien, die nicht zusammenhängend sein müssen, einer privilegierten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus dem Tatbestandsmerkmal "höchstens" des § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V ergebe sich lediglich eine Begrenzung der privilegierten Arbeitszeit.

8

Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des [X.] vom 27. Febr[X.]r 2020 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2019 zurückzuweisen.

9

Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die [X.]evisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen [X.]evisionen der [X.] sind im tenorierten Umfang begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G), im Übrigen jedo[X.]h unbegründet und insoweit zurü[X.]kzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das Urteil des [X.] ist zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurü[X.]kzuweisen, soweit die Aufhebung und Erstattung gegenüber der Klägerin zu 1.) einen Betrag [X.] 33,99 [X.] und gegenüber der Klägerin zu 2) einen Betrag [X.] 16,29 [X.] übersteigt. Im Übrigen hat das [X.] die Klagen zu [X.]e[X.]ht unter Aufhebung der erstinstanzli[X.]hen Ents[X.]heidung abgewiesen.

1. Gegenstand des [X.]evisionsverfahrens ist neben den vorinstanzli[X.]hen Ents[X.]heidungen der Aufhebungs- und Erstattungsbes[X.]heid vom [X.] in der Gestalt des Widerspru[X.]hsbes[X.]heids vom [X.].

2. Verfahrensfehler, die einer Sa[X.]hents[X.]heidung des Senats entgegenstehen, liegen ni[X.]ht vor. Die [X.] verfolgen ihr Begehren zulässigerweise im Wege der reinen Anfe[X.]htungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 1. Alt [X.]G).

3. Der Aufhebungs- und Erstattungsbes[X.]heid vom [X.] in der Gestalt des Widerspru[X.]hsbes[X.]heids vom [X.] ist re[X.]htswidrig, soweit die Aufhebung und Erstattung gegenüber der Klägerin zu 1) einen Betrag [X.] 33,99 [X.] und gegenüber der Klägerin zu 2) einen Betrag [X.] 16,29 [X.] übersteigt. Insoweit sind die [X.] bes[X.]hwert (§ 54 Abs 2 Satz 1 [X.]G).

4. [X.]e[X.]htsgrundlage für die [X.]ü[X.]knahmeents[X.]heidung ist, wie das [X.] zutreffend ents[X.]hieden hat, ni[X.]ht § 48 [X.]B X, sondern § 45 Abs 1 [X.]B X iVm § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II (idF des [X.] zur Änderung des [X.] - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspfli[X.]ht vom [X.], [X.] 1824; im Folgenden aF) und § 330 Abs 2 [X.]B III. Dana[X.]h darf ein re[X.]htswidrig begünstigender Verwaltungsakt, au[X.]h na[X.]hdem er unanfe[X.]htbar geworden ist, nur unter den Eins[X.]hränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurü[X.]kgenommen werden. Ein re[X.]htswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs 2 Satz 1 [X.]B X ni[X.]ht zurü[X.]kgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentli[X.]hen Interesse an einer [X.]ü[X.]knahme s[X.]hutzwürdig ist. Na[X.]h § 330 Abs 2 [X.]B III iVm § 40 Abs 2 [X.] [X.]B II aF ist, wenn die in § 45 Abs 2 Satz 3 [X.]B X genannten Voraussetzungen für die [X.]ü[X.]knahme eines re[X.]htswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vorliegen, dieser au[X.]h mit Wirkung für die Vergangenheit zurü[X.]kzunehmen. Demgegenüber ist na[X.]h § 48 [X.]B X ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsä[X.]hli[X.]hen oder re[X.]htli[X.]hen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentli[X.]he Änderung eintritt.

5. Die Normen grenzen si[X.]h na[X.]h den objektiven Verhältnissen im [X.]punkt des Erlasses des aufzuhebenden Verwaltungsakts voneinander ab. Fließt Einkommen vor Bekanntgabe des die Leistung bewilligenden Bes[X.]heids zu, kann er nur unter den Voraussetzungen des § 45 [X.]B X zurü[X.]kgenommen werden. § 45 [X.]B X ist au[X.]h dann anzuwenden, wenn die Behörde - wie hier - in Fällen s[X.]hwankenden Einkommens statt einer vorläufigen eine endgültige Bewilligungsents[X.]heidung getroffen hat (zu alledem B[X.] vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 [X.] - B[X.]E 112, 221 = [X.] 4-1300 § 45 [X.], [X.]dNr 17 f mwN; B[X.] vom 29.4.2015 - [X.] [X.]/14 [X.] - [X.] 4-4200 § 40 [X.] [X.]dNr 19; B[X.] vom 24.6.2020 - B 4 AS 10/20 [X.] - [X.] 4-1300 § 45 [X.] [X.]dNr 22 mwN; B[X.] vom 8.12.2020 - B 4 [X.]/20 [X.] - [X.]dNr 15 mwN, zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E 131, 128 = [X.] 4-1300 § 45 [X.] vorgesehen). Denn bei Bekanntgabe des Bes[X.]heids vom 2.10.2017 hatte [X.] die Erwerbstätigkeit für die Firma [X.] bereits ab 15.7.2017 ausgeübt und die Höhe des hieraus erzielten Einkommens stand no[X.]h ni[X.]ht fest. Da jedenfalls eine außerhalb der S[X.]hulferien erwirts[X.]haftete Arbeitsvergütung ni[X.]ht na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V (idF der Siebten Verordnung zur Änderung der [X.] vom [X.], [X.] 1858; im Folgenden aF) privilegiert und na[X.]h § 11 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 [X.]B II als Einkommen zu berü[X.]ksi[X.]htigen ist, hätte also eine endgültige Bewilligung ni[X.]ht ergehen dürfen (vgl § 41a Abs 1 Satz 1 und 2 [X.]B II idF des Gesetzes vom [X.], [X.] 1824). Unerhebli[X.]h ist, dass der Beklagte zum [X.]punkt der Bekanntgabe des Bes[X.]heids weder von der Erwerbstätigkeit no[X.]h von dem bevorstehenden Einkommenszufluss wusste, weil es allein auf die objektive Sa[X.]hlage ankommt.

6. Der Umstand, dass der Beklagte seine [X.]ü[X.]knahmeverfügungen fehlerhaft auf § 48 [X.]B X gestützt hat, führt ni[X.]ht zur [X.]e[X.]htswidrigkeit der streitgegenständli[X.]hen Bes[X.]heide. Stützt eine Behörde ihre Ents[X.]heidung auf eine fals[X.]he [X.]e[X.]htsgrundlage, sind aber für den Erlass des Verwaltungsakts die Voraussetzungen der zutreffenden [X.]e[X.]htsgrundlage erfüllt, handelt es si[X.]h bei gebundenen Verwaltungsakten (vgl B[X.] vom [X.] [X.]1/10 [X.] - B[X.]E 108, 258 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], [X.]d[X.]5) ledigli[X.]h um eine unzutreffende Begründung (vgl zuletzt B[X.] vom 8.12.2020 - B 4 [X.]/20 [X.] - [X.]dNr 21 mwN, zur Veröffentli[X.]hung in B[X.]E 131, 128 = [X.] 4-1300 § 45 [X.] vorgesehen). Da die §§ 45, 48 [X.]B X auf dasselbe Ziel, die Aufhebung eines Verwaltungsakts, geri[X.]htet sind, ist das "Auswe[X.]hseln" dieser [X.]e[X.]htsgrundlagen dur[X.]h das Geri[X.]ht grundsätzli[X.]h zulässig (B[X.] vom [X.] [X.]1/10 [X.] - B[X.]E 108, 258 = [X.] 4-4200 § 11 [X.], [X.]d[X.]4 mwN; B[X.] vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 [X.] - B[X.]E 112, 221 = [X.] 4-1300 § 45 [X.], [X.]d[X.]; B[X.] vom 24.6.2020 - B 4 AS 10/20 [X.] - [X.] 4-1300 § 45 [X.] [X.]d[X.]).

7. Die fehlende Anhörung zu den tatbestandli[X.]hen Voraussetzungen des § 45 [X.]B X ma[X.]ht den angefo[X.]htenen Bes[X.]heid ni[X.]ht formell re[X.]htswidrig, weil insoweit auf die materiell-re[X.]htli[X.]he [X.]e[X.]htsansi[X.]ht der handelnden Behörde abzustellen ist, mag sie au[X.]h fals[X.]h sein (st[X.]spr; vgl nur B[X.] vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 [X.] - B[X.]E 112, 221 = [X.] 4-1300 § 45 [X.], [X.]dNr 21). Da die minderjährige Klägerin zu 2) dur[X.]h die Klägerin zu 1) gesetzli[X.]h vertreten wurde, rei[X.]ht das an sie geri[X.]htete S[X.]hreiben au[X.]h als Anhörung der Klägerin zu 2) aus (B[X.] vom [X.] - [X.] [X.]/13 [X.] - [X.] 4-4200 § 38 [X.] [X.]dNr 15).

8. Die Voraussetzungen für die teilweise [X.]ü[X.]knahme des Bes[X.]heids vom 2.10.2017 liegen vor, denn er ist für November 2017 teilweise re[X.]htswidrig begünstigend. Die Klägerin zu 1) hat einen Anspru[X.]h auf [X.] [X.] ledigli[X.]h 666,83 [X.], die Klägerin zu 2) einen Anspru[X.]h auf Sozialgeld [X.] ledigli[X.]h 319,53 [X.]. Der na[X.]h den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) bestehende Bedarf von [X.] 567,85 [X.] ist dur[X.]h anre[X.]henbares Einkommen [X.] insgesamt 648,13 [X.] gede[X.]kt; von der Anre[X.]hnung ausgenommen ist allerdings das im streitigen [X.]raum in den Herbstferien (25.10.2017 bis 30.10.2017) erwirts[X.]haftete Einkommen als privilegiertes S[X.]hülereinkommen na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF (hierzu a). Das ihren Bedarf im November 2017 übersteigende ni[X.]ht privilegierte Einkommen (hierzu b) ist, soweit es auf gezahltem Kindergeld beruht, als sog [X.] der kindergeldbere[X.]htigten Klägerin zu 1) zuzuordnen (hierzu [X.]) und entspre[X.]hend des Anteils des jeweiligen Bedarfs der [X.] an ihrem Gesamtbedarf zu verteilen (hierzu d).

a) Ni[X.]ht als Einkommen zu berü[X.]ksi[X.]htigen sind na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF Einnahmen von S[X.]hülerinnen und S[X.]hülern allgemein- oder berufsbildender S[X.]hulen, die - wie [X.] - das 25. Lebensjahr no[X.]h ni[X.]ht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den S[X.]hulferien für hö[X.]hstens vier Wo[X.]hen je Kalenderjahr ausgeübt werden, soweit diese einen Betrag in Höhe von 1200 [X.] kalenderjährli[X.]h ni[X.]ht übers[X.]hreiten. Dies gilt ni[X.]ht für S[X.]hülerinnen und S[X.]hüler, die einen Anspru[X.]h auf Ausbildungsvergütung haben (§ 1 Abs 4 Satz 3 [X.]-V aF). Na[X.]h dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] besu[X.]hte [X.] im Jahr 2017 eine berufsbildende S[X.]hule. Sie hatte keinen Anspru[X.]h auf Ausbildungsvergütung iS des § 17 Abs 1 Satz 1 BBiG.

Au[X.]h die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF liegen vor. Die Vors[X.]hrift sieht drei zeitli[X.]he Parameter vor: (1) hö[X.]hstens vier Wo[X.]hen, (2) innerhalb eines Kalenderjahres und (3) in den S[X.]hulferien. Der Wortlaut ist zwar au[X.]h für das vom [X.] gefundene Verständnis offen. Na[X.]h Sinn und Zwe[X.]k der Privilegierung sowie systematis[X.]hen Überlegungen erfordert die [X.]egelung jedo[X.]h ni[X.]ht, dass die Erwerbstätigkeit auss[X.]hließli[X.]h in den S[X.]hulferien und an vier aufeinanderfolgenden Wo[X.]hen ausgeübt wird.

Die Begrenzung des [X.] auf die S[X.]hulferien und einen [X.]raum von hö[X.]hstens vier Wo[X.]hen knüpft an § 5 Abs 4 Satz 1 JArbS[X.]hG an. Die [X.]egelung nimmt die Bes[X.]häftigung von Jugendli[X.]hen während der S[X.]hulferien für hö[X.]hstens vier Wo[X.]hen im Kalenderjahr von dem Bes[X.]häftigungsverbot na[X.]h § 5 Abs 1 JArbS[X.]hG aus. Damit soll si[X.]hergestellt werden, dass die s[X.]hulis[X.]hen Belange der leistungsbere[X.]htigten Person dur[X.]h die Ausübung einer oder mehrerer Erwerbstätigkeiten ni[X.]ht beeinträ[X.]htigt werden und die S[X.]hulferien ihren Erholungs[X.]harakter ni[X.]ht einbüßen (Verordnungsentwurf des [X.] vom [X.] zur Änderung der [X.]/[X.], [X.]). § 15 Satz 1 JArbS[X.]hG regelt zudem, dass Jugendli[X.]he an fünf Tagen in der Wo[X.]he bes[X.]häftigt werden dürfen. Angesi[X.]hts der vom Verordnungsgeber gewollten Parallele zum JArbS[X.]hG ist daher au[X.]h im Anwendungsberei[X.]h des § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF davon auszugehen, dass Jugendli[X.]he in der Summe an 20 Tagen bes[X.]häftigt werden dürfen. Gerade unter Berü[X.]ksi[X.]htigung der vom Verordnungsgeber beabsi[X.]htigten Si[X.]herstellung des Erholungszwe[X.]ks der S[X.]hulferien müssen diese 20 Tage aber auf vers[X.]hiedene S[X.]hulferien im Kalenderjahr verteilt werden dürfen (vgl [X.]/[X.] in [X.]/[X.], Strafre[X.]htli[X.]he Nebengesetze, § 5 JArbS[X.]hG [X.]dNr 15, Stand März 2019; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], JArbS[X.]hG, 3. Aufl 1986, § 5 [X.]dNr 49[X.]; [X.], Jugendarbeitss[X.]hutzgesetz, 8. Aufl 2018, § 5 [X.]d[X.]0; [X.]itz in Ts[X.]höpe, Arbeitsre[X.]ht Handbu[X.]h, 12. Aufl 2021, Teil 6 [X.] [X.]dNr 5; S[X.]hla[X.]hter in [X.] Kommentar zum Arbeitsre[X.]ht, 21. Aufl 2021, § 5 JArbS[X.]hG [X.]d[X.]; Taubert in Boe[X.]ken/[X.]/[X.]/[X.], Gesamtes Arbeitsre[X.]ht, 1. Aufl 2016, § 5 JArbS[X.]hG [X.]dNr 45; [X.] in Henssler/[X.]/Kalb, Arbeitsre[X.]ht, 9. Aufl 2020, § 5 JArbS[X.]hG [X.]dNr 8; Tis[X.]her in [X.]/[X.]/[X.], Arbeitszeitre[X.]ht, 2. Aufl 2018, § 5 JArbS[X.]hG [X.]dNr 4; [X.] in [X.]/Anzinger, Jugendarbeitss[X.]hutzgesetz, 5. Aufl 1998, § 5 [X.]dNr 56).

Für volljährige S[X.]hüler, die ni[X.]ht den Bes[X.]hränkungen des JArbS[X.]hG unterliegen, gelten zwar die Vors[X.]hriften des [X.] (so ausdrü[X.]kli[X.]h der Verordnungsentwurf des [X.] vom 15.4.2010 [X.]). Dies bedeutet jedo[X.]h nur, dass eine Arbeitswo[X.]he mit se[X.]hs Werk- bzw Arbeitstagen glei[X.]hzusetzen ist (vgl § 3 und § 10 Abs 1 [X.]), also der [X.]raum von vier Wo[X.]hen iS des § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF bei volljährigen leistungsbere[X.]htigten Personen im Geltungsberei[X.]h des [X.] ni[X.]ht 20 Tage, sondern 24 Tage umfasst. Ein Verständnis, wona[X.]h mit Vollendung des 18. Lebensjahres nur Einnahmen aus einer vier Wo[X.]hen andauernden zusammenhängenden Erwerbstätigkeit privilegiert werden, lässt si[X.]h dem [X.] ni[X.]ht entnehmen.

Anders als vom [X.] ausgeführt, steht der Anwendung des § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF s[X.]hon na[X.]h dem Wortlaut der Norm ni[X.]ht entgegen, dass [X.] die Erwerbstätigkeit zeitweise außerhalb der S[X.]hulferien ausgeübt hat. Au[X.]h Sinn und Zwe[X.]k der Privilegierung gebieten keine andere Bewertung. Für junge Mens[X.]hen sollte dur[X.]h die Privilegierung gezielt ein Anreiz zur Aufnahme von Arbeit gesetzt werden. Sie sollten motiviert werden, si[X.]h Wüns[X.]he dur[X.]h eigene Arbeitsleistung zu erfüllen und so an die Arbeitswelt herangeführt werden. Der von § 1 Abs 4 [X.]-V aF verfolgte S[X.]hutzzwe[X.]k wird für Einnahmen von volljährigen leistungsbere[X.]htigten Personen, die außerhalb der S[X.]hulferien dur[X.]h Erwerbstätigkeit erzielt werden, bereits dadur[X.]h errei[X.]ht, dass diesem Personenkreis die Freibeträge na[X.]h § 11b Abs 3 [X.]B II verbleiben (zur Anreizfunktion des [X.] vgl BT-Dru[X.]ks 17/3404 S 95).

Die von der volljährigen [X.] während der S[X.]hulferien im Jahr 2017 in der Summe an 22 Tagen ausgeübte Erwerbstätigkeit übers[X.]hreitet die Grenze von hö[X.]hstens vier Wo[X.]hen bzw 24 Arbeitstagen ni[X.]ht. Folgli[X.]h sind die die Summe von 1200 [X.] ni[X.]ht übersteigenden Einnahmen na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF privilegiert und ni[X.]ht als Einkommen na[X.]h § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]B II zu berü[X.]ksi[X.]htigen.

b) Die außerhalb der S[X.]hulferien für die [X.] vom 7.10.2017 bis 22.10.2017 erwirts[X.]hafteten Einnahmen unterfallen hingegen ni[X.]ht der Privilegierung na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF und mindern [X.] 155,13 [X.] den Bedarf (§ 11 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Satz 1 [X.]B II). Zur Ermittlung der Höhe des privilegierten bzw ni[X.]ht privilegierten Einkommens ist das im November 2017 zugeflossene Erwerbseinkommen [X.] 534,17 [X.] entspre[X.]hend der Arbeitstage von [X.] aufzuteilen. Dana[X.]h ergeben si[X.]h ni[X.]htprivilegierte Einnahmen für die [X.] vom 7.10.2017 bis 22.10.2017, insgesamt 31,5 Stunden, und na[X.]h § 1 Abs 4 Satz 1 [X.]-V aF privilegierte Einnahmen aus der Erwerbstätigkeit vom 25.10.2017 bis 30.10.2017 (insgesamt 25,75 Stunden). Hieraus erre[X.]hnen si[X.]h ni[X.]htprivilegierte Einnahmen [X.] 293,91 [X.]. Na[X.]h Abzug des Grundfreibetrags von 100 [X.] (§ 11b Abs 2 Satz 1 [X.]B II) und des Freibetrags für erwerbstätige leistungsbere[X.]htigte Personen [X.] 38,78 [X.] 11b Abs 3 Satz 1 und 2 Nr 1 [X.]B II), verbleibt ein bei [X.] anre[X.]henbares Einkommen [X.] 155,13 [X.].

Die [X.] im November 2017 zugeflossenen Leistungen zur Ausbildungsförderung [X.] 301 [X.] sind (eins[X.]hließli[X.]h der Na[X.]hzahlung von 70 [X.], § 11 Abs 3 Satz 2 [X.]B II) ungea[X.]htet ihrer Zwe[X.]kbestimmung in diesem Monat ebenso als Einkommen zu berü[X.]ksi[X.]htigen (vgl § 11a Abs 3 Satz 2 [X.] [X.]B II idF des Gesetzes vom [X.], [X.] 1824; [X.] in [X.]olfs/[X.]/[X.]/Meßling/Uds[X.]hing, Be[X.]kOK Sozialre[X.]ht, § 11a [X.]B II [X.]d[X.], Stand September 2021; [X.] in [X.]/[X.], 2. [X.], § 1 [X.]d[X.]) wie das für [X.] gezahlte Kindergeld [X.] 192 [X.] (§ 11 Abs 1 Satz 5 [X.]B II). Somit verbleibt ein den Bedarf von [X.] übersteigendes Einkommen von 80,28 [X.] in Form des Kindergelds (Gesamtbedarf 567,85 [X.] - 155,13 [X.] - 301 [X.] - 192 [X.]).

[X.]) Dieser [X.] ist der kindergeldbere[X.]htigten Klägerin zu 1) als Einkommen zuzuordnen (st[X.]spr; vgl B[X.] vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 [X.] - B[X.]E 97, 265 = [X.] 4-4200 § 20 [X.], [X.]d[X.]3 f). Na[X.]h Abzug der Versi[X.]herungspaus[X.]hale von 30 [X.] (§ 6 Abs 1 Nr 1 [X.]-V iVm § 11b Abs 1 Satz 1 [X.] und § 13 Abs 1 [X.]B II; hierzu B[X.] vom [X.] AS 39/08 [X.] - [X.] 4-4200 § 11 [X.] [X.]d[X.]) sind 50,28 [X.] in die Bedarfsbere[X.]hnung einzustellen und entspre[X.]hend des Anteils des jeweiligen Bedarfs der [X.] an ihrem Gesamtbedarf zu verteilen (§ 9 Abs 2 Satz 3 [X.]B II).

d) Na[X.]h dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] hat die Klägerin zu 1) im November 2017 einen Bedarf [X.] 700,82 [X.], die Klägerin zu 2) von 335,82 [X.]. Ausgehend von dem Gesamtbedarf der [X.] [X.] 1036,64 [X.] beträgt der Anteil des Bedarfs der Klägerin zu 1) am Gesamtbedarf 67,60 %, derjenige der Klägerin zu 2) 32,40 %. Demna[X.]h ist das Einkommen in Form des [X.]s bei [X.] 33,99 [X.] bei der Klägerin zu 1) und [X.] 16,29 [X.] bei der Klägerin zu 2) bedarfsmindernd zu berü[X.]ksi[X.]htigen.

9. Die Bewilligung beruhte teilweise auf zumindest grob fahrlässigen Angaben der Klägerin zu 1) iS des § 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 [X.]B X. Auf der Grundlage der festgestellten Äußerungen der Klägerin zu 1) und von [X.] hat das [X.] den S[X.]hluss gezogen, diese hätten dem Beklagten allenfalls von einer Ferientätigkeit und ni[X.]ht von der tatsä[X.]hli[X.]h ab dem 15.7.2017 auf vier Monate angelegten Tätigkeit beri[X.]htet. Anhaltspunkte dafür, dass das [X.] den revisionsre[X.]htli[X.]h nur einges[X.]hränkt überprüfbaren Spielraum bei der Feststellung der groben Fahrlässigkeit der Klägerin zu 1) übers[X.]hritten hat (vgl B[X.] vom 4.4.2017 - B 11 [X.] 19/16 [X.] - [X.] 4-4300 § 144 [X.] [X.]dNr 41 mwN), sind ni[X.]ht ersi[X.]htli[X.]h. Die minderjährige Klägerin zu 2) muss si[X.]h die Angaben der Klägerin zu 1) als ihrer gesetzli[X.]hen Vertreterin zure[X.]hnen lassen (vgl § 166 Abs 1, § 1629 BGB; B[X.] vom 24.6.2020 - B 4 AS 10/20 [X.] - [X.] 4-1300 § 45 [X.] [X.]d[X.]2 mwN).

10. Die Kostenents[X.]heidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 33/20 R

11.11.2021

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Duisburg, 31. Mai 2019, Az: S 49 AS 2391/18, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 1 Abs 4 S 1 AlgIIV 2008, § 5 Abs 4 S 1 JArbSchG, ArbZG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 11.11.2021, Az. B 14 AS 33/20 R (REWIS RS 2021, 1145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1145

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