Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2018, Az. X ZR 86/16

X. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 8312

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050618UXZR86.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
Urteil
X ZR 86/16
Verkündet am:
5. Juni 2018
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Ges[X.]häftsstelle
in der Patentni[X.]htigkeitssa[X.]he
-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündli[X.]he Verhandlung
vom 5.
Juni 2018 dur[X.]h [X.], die Ri[X.]hter [X.], Dr.
Grabinski und Dr.
Ba[X.]her sowie die Ri[X.]hterin Dr.
KoberDehm
für
Re[X.]ht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3.
Senats ([X.])
des [X.] vom 7.
Juni 2016 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Re[X.]htsstreits.
Von Re[X.]hts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 20.
Juli 2000 unter Inan-spru[X.]hnahme der Priorität [X.] Patentanmeldungen vom 23.
Juli 1999 und vom 19.
Juli 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die [X.] erteilten europäis[X.]hen Patents 1
198
293 (Streitpatents),
das in der erteilten Fassung 22 Patentansprü[X.]he umfasste. Auf eine Ni[X.]htig-keitsklage der Alleingesells[X.]hafterin der Klägerin (R.

GmbH) und deren

au[X.]h die Ges[X.]häfte der Klägerin führenden
-
Ges[X.]häftsführer gegen die erteil-ten Patentansprü[X.]he 1 bis 3, 7, 8, 11, 12 bis 15 und 19 bis 22 erklärte
das [X.] das Streitpatent im Umfang der Ansprü[X.]he 13 und 14 und un-1
-
3
-
ter Abweisung der Klage im Übrigen re[X.]htskräftig für ni[X.]htig ([X.], Urteil vom 24.
April 2012 -
3 Ni 45/10).
Patentanspru[X.]h 1
lautet
in der Verfahrensspra[X.]he:
"A thin-well mi[X.]roplate [X.]omprising:
a skirt and frame portion (11), [X.], having a top planar surfa[X.]e (15) and a bottom (16), having a plurality of holes (13) arranged in a first array pattern extending through the top planar [X.], [X.] (17a-d) of equal depth extending from the top planar surfa[X.]e to the bottom;
a well and de[X.]k portion (12), [X.], joined with the top planar surfa[X.]e (15) of the skirt and frame portion to form a unitary plate;
a plurality of sample wells (14) integral with the well and de[X.]k por-tion
(12) arranged in the first array pattern su[X.]h that the plurality of sam-ple wells extend downwardly through the plurality of holes (13) in the top planar surfa[X.]e of the skirt and frame portion."
Die Klägerin hat das Streitpatent mit ihrer Ni[X.]htigkeitsklage im Umfang der Klageabweisung im Vorprozess angegriffen.
Sie hat geltend
gema[X.]ht, in-soweit sei sein Gegenstand ni[X.]ht patentfähig. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und das Streitpatent hilfsweise in bes[X.]hränkten Fassungen verteidigt.
Das Patentgeri[X.]ht hat das Streitpatent antragsgemäß für ni[X.]htig erklärt. Mit ihrer dagegen geri[X.]hteten Berufung, deren Zurü[X.]kweisung die Klägerin [X.], verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
2
3
4
-
4
-
Ents[X.]heidungsgründe:
I.
Das Streitpatent betrifft als "thin-well mi[X.]roplates"
bezei[X.]hnete [X.]n.
1.
In seiner Bes[X.]hreibung wird erläutert, vers[X.]hiedene biologis[X.]he Fors[X.]hungs-
und klinis[X.]he Diagnoseverfahren und -te[X.]hniken setzten
Anord-nungen mit einer unters[X.]hiedli[X.]h hohen
Anzahl von kleinen
[X.], Mulden bzw. Kavitäten (im Folgenden einheitli[X.]h: Näpfe) zur Aufnahme zu untersu-[X.]hender oder aufzubewahrender kleiner, oft wässriger Probevolumina ein ("mul-ti-well plates").
Eine sol[X.]he Untersu[X.]hungsmethode
betreffe Polymerase-Ketten-reaktionen
("polymerase [X.]hain rea[X.]tions [PCR]", Bes[X.]hreibung Abs.
4) in [X.], in denen die Proben zyklis[X.]h erhitzt und abgekühlt werden ("thermal [X.]y[X.]les", "thermal [X.]y[X.]ling", Bes[X.]hreibung Abs.
4, 7, 18, im Folgenden: thermozyklis[X.]he Erhitzungsverfahren).
Vers[X.]hiedene Untersu[X.]hungsmethoden
stellten, wie in der Bes[X.]hreibung weiter ausgeführt ist,
unters[X.]hiedli[X.]he Anforderungen an die [X.] und die Oberflä[X.]henbes[X.]haffenheit der Näpfe und an die Ausgestal-tung und Struktur dieser [X.]n
insgesamt, wobei die Abstimmung auf die Anforderungen in ho[X.]h automatisierten Untersu[X.]hungsverfahren wohl zu den drängendsten Problemen gehöre (Abs.
5).

Eine Untergruppe von [X.]n
bilden
in der Diktion des Streitpa-tents
als "thin-well mi[X.]roplates"
bezei[X.]hnete Platten
zum Einsatz in thermozykli-s[X.]hen
Erhitzungsverfahren. Sol[X.]he [X.]n seien in Punkto Struktur und Materialbes[X.]haffenheit besonders auf
die Anforderungen in diesen [X.] zuges[X.]hnitten, insbesondere hinsi[X.]htli[X.]h der guten Wärmeleitung zu den in die Näpfe gegebenen Proben. Diese hätten dünne Wände und seien darüber 5
6
7
8
-
5
-
hinaus konis[X.]h geformt, um sie in
komplementär geformte Heiz-
oder Kühl-blö[X.]ke einsetzen zu können.
Viele Laboratorien seien dazu übergegangen, namentli[X.]h die thermozyk-lis[X.]hen Erhitzungsverfahren dur[X.]h Einsatz roboterisierter Te[X.]hnik weiter zu rationalisieren.
Die dabei an die allgemeine physikalis[X.]he und materielle Be-s[X.]haffenheit der [X.]n gestellten Anforderungen seien tendenziell gegenläufig. Für die Handhabung dur[X.]h Roboter in sol[X.]hen ho[X.]h automatisier-ten Prozessen müssten Formstabilität und Verwindungsfreiheit sowie Bestän-digkeit in den geometris[X.]hen Ausdehnungen au[X.]h bei Temperaturen von bis zu 100°C gewährleistet sein; für einen akkuraten und zuverlässigen Einsatz bei flüssigen Proben müsse die Anordnung der Näpfe ebenmäßig sein;
für eine optimale Wärmeleitung seien dünnwandige Näpfe gefragt. Die gegenläufigen Eigens[X.]haften würden von den verfügbaren [X.]n aber ni[X.]ht glei[X.]h-ermaßen erfüllt; die verwendeten
Polymere
seien stoffli[X.]h wohl zur Herstellung ausrei[X.]hend steifer und stabiler, aber ni[X.]ht unbedingt au[X.]h biologis[X.]h kompatib-ler Platten mit hinrei[X.]hend dünnwandigen [X.] geeignet. Die erhältli[X.]hen "thin-well mi[X.]roplates"
genügten den entspre[X.]henden Bes[X.]haffenheitsanforde-rungen jedenfalls ni[X.]ht
(Abs.
9).
2.
Das Patentgeri[X.]ht hat daraus die Problemstellung abgeleitet, eine mit dünnwandigen [X.] ausgestattete einheitli[X.]he [X.] [X.], die au[X.]h bei thermozyklis[X.]hen Abläufen für eine Handhabung dur[X.]h ho[X.]hpräzise Roboter in ho[X.]h automatisierten Verfahren geeignet sei. Daran beanstandet die Berufung zu Re[X.]ht, dass dies Lösungselemente ("einheitli[X.]he" [X.]) einbezieht.
Die Bestimmung des te[X.]hnis[X.]hen Problems dient na[X.]h ständiger Re[X.]ht-spre[X.]hung dazu, den Ausgangspunkt der fa[X.]hmännis[X.]hen Bemühungen um eine Berei[X.]herung des Stands der Te[X.]hnik ohne Kenntnis der Erfindung zu lo-9
10
11
-
6
-
kalisieren; das s[X.]hließt
unter anderem aus, bei der Bestimmung des te[X.]hni-s[X.]hen Problems Elemente
zu berü[X.]ksi[X.]htigen, die zur patentgemäßen Lösung gehören ([X.], Urteil vom 11.
November 2014

[X.], [X.], 356 Rn.
9

[X.]; Urteil vom 13.
Januar 2015 -
X [X.], [X.], 352 Rn.
16 -
Quetiapin).
Um Lösungsansätze bereinigt betrifft das Streitpatent das Problem, Mi-krotiterplatten
bereitzustellen, die materialmäßig den Anforderungen in ho[X.]h automatisiert
unter Einsatz von Robotern geführten thermozyklis[X.]hen Erhit-zungsverfahren
mit den dafür typis[X.]hen Temperaturbedingungen standhalten und die für die dort auftretenden Reaktionen, wie etwa in PCR-Untersu[X.]hungen
(oben Rn. 6),
förderli[X.]h sind (Bes[X.]hreibung Abs. 18). Patentanspru[X.]h
1 s[X.]hlägt dafür in merkmalsmäßiger
Gliederung vor (in e[X.]kigen Klammern die Gliede-rungsziffern des Patentgeri[X.]hts):
Eine [X.] mit dünnwandigen [X.] ("thin-well mi[X.]ropla-te"), die umfasst:
1.
Ein Rahmen-
(Rand-)
und Gestellteil (frame and skirt portion
11)
[2]

1.1
das aus einem ersten Material konstruiert ist, [2.1]
1.2
mit einer ebenen Oberseite (top planar surfa[X.]e
15), [2.2]
1.3
in die eine
Vielzahl von Lö[X.]hern (13) eingebra[X.]ht ist, [2.4, 2.4.2]
1.3.1
die in einem ersten Muster angeordnet sind,
[2.4.1]
1.4
mit einem
So[X.]kelberei[X.]h
(16);
[2.3]
1.5
und mit Seitenwänden, [2.5]

1.5.1
von glei[X.]hmäßiger Tiefe,
[2.5.1]
1.5.2
die si[X.]h von der ebenen Oberseite (15) zur
Un-terkante
(16)
erstre[X.]ken;
[2.5.2]
12
-
7
-
2.
ein
Napf-
und [X.] (well and de[X.]k portion
12),
[4]
2.1
das aus einem zweiten Material
konstruiert [4.3]
2.2
und mit der ebenen Oberseite (15) des Rahmen-
und Gestellteils verbunden ist, um eine einheitli[X.]he Platte zu bilden; [4.1, 4.2]
3.
eine Mehrzahl von [X.] (14),
[3]
3.1
die in das Napf-
und [X.]
(12) integriert [5]
3.2
und in dem ersten Muster angeordnet
sind, [3.1]
3.3
so dass sie si[X.]h na[X.]h unten dur[X.]h die Lö[X.]her in der ebenen Oberseite
(15)
des Rahmen-
und Gestellteils
(11)
erstre[X.]ken. [3.2].
3.
Diese Lehre bedarf in zwei Punkten
näherer Erläuterung.
a)
In dem Terminus "thin-well mi[X.]roplate" bezieht si[X.]h das Attribut "thin"
nur auf die Wände der Näpfe, au[X.]h wenn das in dieser vom Streitpatent gewählten Bezei[X.]hnung spra[X.]hli[X.]h nur verkürzt zum Ausdru[X.]k kommt. Denn es sind nur und gerade die Napfwände, die "dünnwandig" ("thin-walled")
ausgebildet sein
sollen, um dem Einsatzzwe[X.]k zu entspre[X.]hen, während für die anderen Bestandteile der [X.]n, für die die Faktoren der Stabilität, [X.] und Formbeständigkeit
im Vordergrund stehen, eher die Ausfor-mung
mit größeren
Wandstärken
angezeigt ist (Bes[X.]hreibung Abs.
9). In Bezug auf die Wandstärke der Näpfe spri[X.]ht die Bes[X.]hreibung von einem Berei[X.]h von etwa 0,38
mm oder weniger. Im ersten Ausführungsbeispiel des Streitpatents ist insoweit von 0,15 bis 0,25
mm die Rede (Bes[X.]hreibung Rn.
47).
Entgegen der Berufung ergeben
si[X.]h hieraus und aus dem Wortsinn von "thin"
allerdings keine exakten Ober-
und Untergrenzen für die Wandstärke der Näpfe. Ebenso wenig lassen si[X.]h aus der Verwendungseignung
für thermozyklis[X.]he Erhitzungsver-fahren konkrete Anforderungen an weitere
körperli[X.]he
Eigens[X.]haften der streit-patentgemäßen [X.] exakt ableiten.
13
14
-
8
-
b)
Na[X.]h den Merkmalen 2 und 2.2 wird das Napf-
und [X.] mit der ebenen Oberseite (15) des Rahmen-
und Gestellteils verbunden, um eine "einheitli[X.]he"
Platte zu bilden. Diese Einheitli[X.]hkeit ist aus fa[X.]hmännis[X.]her Si[X.]ht
das zentrale te[X.]hnis[X.]he Lösungsmittel des Streitpatents um zu gewährleisten, dass "thin-well mi[X.]roplates" in den Untersu[X.]hungsverfahren, für die sie vorge-sehen sind, also insbesondere in thermozyklis[X.]hen Erhitzungsverfahren, au[X.]h dann erfolgrei[X.]h eingesetzt werden können, wenn diese ho[X.]h automatisiert un-ter Einsatz von Robotern dur[X.]hgeführt
werden. Napf-
und [X.] sowie
Rahmen-
und Gestellteil sollen eine stabil verbundene
Einheit bilden, die, wie der [X.] in einem das Streitpatent betreffenden Verletzungspro-zess erwogen hat, zwar ni[X.]ht unlösbar sein, aber jede praktis[X.]h bedeutsame relative Bewegung der beiden Komponenten au[X.]h in Verfahren mit Roboterein-satz auss[X.]hließen
muss ([X.], Urteil vom 29. Juli 2014

[X.]/13,
juris Rn.
17
ff.). Diese Einheit muss, wie das Patentgeri[X.]ht im Zusammenhang mit der Prüfung der Patentfähigkeit zutreffend ausgeführt hat, als Verbund in einen übli[X.]hen Thermo[X.]y[X.]ler eingebra[X.]ht werden können. Für die Herstellung ent-spre[X.]hender patentgemäßer
[X.]n
s[X.]hlägt das Streitpatent mehrere Verfahrensvarianten vor (Bes[X.]hreibung Abs. 28
ff.).
II.
Das Patentgeri[X.]ht hat die Klage für zulässig era[X.]htet. Die [X.] im vorangegangenen [X.] stehe ihrer Erhe-bung
ebenso wenig entgegen wie die für die Klage eines Strohmanns entwi-[X.]kelten Grundsätze.
In der Sa[X.]he hat das Patentgeri[X.]ht offengelassen, ob der Gegenstand von Patentanspru[X.]h
1 dur[X.]h die auf S.
32 und 33 des Katalogs
der [X.], Naperville "[X.]", 1996 ([X.]) vorgestellten Systeme oder die [X.] Patents[X.]hrift 5
514
343 ([X.]) vorweggenommen ist und angenommen, dieser Gegenstand sei dem Fa[X.]hmann, einem mit der Ent-wi[X.]klung von [X.]n betrauten Diplomingenieur der Fa[X.]hri[X.]htung Ver-15
16
17
-
9
-
fahrenste[X.]hnik, der bei Bedarf auf das Fa[X.]hwissen eines Chemikers (Fa[X.]hri[X.]h-tung makromolekulare Chemie) und eines (Molekular-)Biologen zurü[X.]kgreife, dur[X.]h [X.]
und [X.]
jedenfalls nahegelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu I
2.7 der Ents[X.]heidungsgründe des angefo[X.]htenen Urteils (UA S. 14
ff.) Bezug genommen.
III.
Diese Beurteilung
hält der Na[X.]hprüfung im Berufungsverfahren zwar stand, soweit es die Zulässigkeit der Klage
betrifft, ni[X.]ht aber hinsi[X.]htli[X.]h der Bewertung der Patentfähigkeit.
1.
Das Patentgeri[X.]ht
hat
bei Bejahung der Zulässigkeit der Klage die Grundsätze der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.] dazu bea[X.]htet, ob eine Ni[X.]htigkeitsklage von einem
"Strohmann" für einen Dritten erhoben worden ist, der selbst dur[X.]h die [X.] eines vorangegangenen Ni[X.]htig-keitsurteils an der erneuten Klageerhebung gehindert
ist.
a)
Die Ausgestaltung der Patentni[X.]htigkeitsklage als Popularklage setzt der Mögli[X.]hkeit, einer Person den Zugang zum [X.] als Kläger aus in ihrer
Person begründeten Umständen zu versagen, von [X.] enge Grenzen ([X.], Urteil vom 29.
Juni 2010 -
X [X.], [X.], 992 Rn.
8

Ziehmas[X.]hinenzugeinheit
II). Nur der Kläger, der zwar im eigenen Namen, aber ohne jedes eigene Interesse und Risiko im Auftrag und Interesse eines Dritten klagt, muss bei einer Klageerhebung alle Einwendungen, die ge-gen seinen Hintermann greifen, gegen si[X.]h gelten lassen ([X.], Urteil vom 30.
April 2009 -
Xa ZR 64/08,
juris Rn.
10 mwN).
Sobald ein bestehendes S[X.]hutzre[X.]ht
einer
derzeitigen
oder au[X.]h nur zukünftig mögli[X.]hen
gewerbli[X.]hen
Betätigung im Wege stehen könnte, kann ni[X.]ht nur ein Interesse des [X.] Gewerbetreibenden daran, dieses S[X.]hutzre[X.]ht
mit einer Ni[X.]htigkeitsklage anzugreifen, anzuerkennen sein, sondern au[X.]h ein bere[X.]htigtes Interesse an der Mögli[X.]hkeit einer zweiten Ni[X.]htigkeitsklage unabhängig von dem Verhältnis 18
19
20
-
10
-
des
Klägers zu einem früheren Ni[X.]htigkeitskläger ([X.], Urteil vom 13.
Januar 1998
-
X ZR 82/94, [X.], 904 -
Bürstenstromabnehmer).
b)
Ob das klagende Unternehmen in diesem Sinne in der Zukunft ei-ne gewerbli[X.]he Tätigkeit aufnehmen mö[X.]hte, für wel[X.]he der Bestand des S[X.]hutzre[X.]hts hinderli[X.]h sein könnte, erfordert eine Prognoseents[X.]heidung. [X.] hat das Patentgeri[X.]ht in Bezug auf die Klägerin im Streitfall re[X.]htsfehlerfrei getroffen. Es hat dabei entgegen der Ansi[X.]ht der Berufung insbesondere ni[X.]ht die Darlegungs-
und Beweislast verkannt. Die erforderli[X.]he Gewissheit, die das Geri[X.]ht in sol[X.]hen Fällen gewinnen muss (§
286 ZPO),
bezieht si[X.]h ledigli[X.]h auf die Mögli[X.]hkeit einer entspre[X.]henden gewerbli[X.]hen Betätigung. Das Geri[X.]ht muss also (ledigli[X.]h) davon überzeugt sein, dass das klagende Unternehmen mögli[X.]herweise eine entspre[X.]hende ges[X.]häftli[X.]he Tätigkeit in der Zukunft [X.] wird.
[X.])
Im Streitfall hat das Patentgeri[X.]ht dies
in Bezug auf das Unter-nehmen der Klägerin ohne Re[X.]htsfehler bejaht. Deshalb kann dahinstehen, was zu gelten hätte, wenn mit hinrei[X.]hender Si[X.]herheit angenommen werden könn-te, dass allein die erste Ni[X.]htigkeitsklägerin (R.

GmbH) für den Eintritt in die-
ses Tätigkeitsfeld infrage komme, keineswegs aber die jetzige Klägerin. Die von der Beklagten dafür angeführten Gesi[X.]htspunkte hat das Patentgeri[X.]ht zu Re[X.]ht ni[X.]ht als ausrei[X.]hend bewertet. Dass die frühere Ni[X.]htigkeitsklägerin Al-leingesells[X.]hafterin der Klägerin ist und die Ges[X.]häftsführer beider Unterneh-men personenidentis[X.]h sind, mag Anlass genug sein, um (überhaupt) in die Prüfung einzutreten, ob ein Strohmannverhältnis besteht, re[X.]htfertigt aber ni[X.]ht ohne weiteres die S[X.]hlussfolgerung, dass kein eigenes Interesse des vermeint-li[X.]hen Strohmanns an der Ni[X.]htigerklärung des S[X.]hutzre[X.]hts bestehen kann. Au[X.]h der Umstand, dass die Klägerin für ihre gegenwärtige ges[X.]häftli[X.]he [X.] ledigli[X.]h anführt, bestimmte Kartus[X.]hen
und Kolben sowie Aufnahmevor-ri[X.]htungen und Vers[X.]hlüsse betreffende S[X.]hutzre[X.]hte angemeldet zu haben 21
22
-
11
-
und zu halten, rei[X.]ht ni[X.]ht aus, um die zukünftige
Aufnahme einer vom [X.] berührten Ges[X.]häftstätigkeit mit hinrei[X.]hender Si[X.]her-heit auszus[X.]hließen.
2.
Mit Erfolg wendet die Berufung si[X.]h gegen die Bewertung des Pa-tentgeri[X.]hts, der Gegenstand von Patentanspru[X.]h
1 beruhe ni[X.]ht auf erfinderi-s[X.]her Tätigkeit (Art.
56 Satz
1 EPÜ).
Entgegen seiner Auffassung gaben [X.] oder [X.] aus fa[X.]hmännis[X.]her Si[X.]ht keine hinrei[X.]hend konkreten Anregungen, um die Problemlösung auf dem Wege des Streitpatents zu su[X.]hen.
a)
S[X.]hon die Annahme, [X.] su[X.]he "in glei[X.]her Weise" wie das [X.] na[X.]h Lösungen, um den losen Sitz der Näpfe in einer Rahmenplatte mit Öffnungen für die Näpfe zu vermeiden, findet im [X.] dieses Dokuments
ni[X.]ht den erforderli[X.]hen Rü[X.]khalt.
[X.] betrifft ein Mikrotitrationssystem für diagnostis[X.]he Untersu[X.]hungen von Körperflüssigkeiten mit einem im Wesentli[X.]hen re[X.]hte[X.]kigen, rahmenarti-gen Träger ("substantially re[X.]tangular frame-like holder or tray" 10)
aus einem ge-eigneten Kunststoffmaterial,
wofür A[X.]rylbutadienstyrol vorges[X.]hlagen wird. Das System umfasst eine Vielzahl von Behältern oder Küvetten ("wells or [X.]uvettes"
16), die vorzugsweise in geraden Reihen ("straight rows"
17) angeordnet und dur[X.]h zerbre[X.]hbare stabförmige Verbindungsteile bzw. Stiele miteinander [X.] sind ("breakable [X.]onne[X.]ting parts or stems"
18).
[X.] will dabei das te[X.]hnis[X.]he Problem lösen, wie verhindert werden kann,
dass die Näpfe aus dem Träger fallen, wenn beide zusammen, etwa während eines Was[X.]hvorgangs,
bewegt oder umgestülpt werden.
Dass der Fa[X.]hmann
die dafür zu erwartenden
Beanspru[X.]hungen als mit denjenigen verglei[X.]hbar angesehen hätte, denen Näpfe und Rahmen in robotergesteuerten Untersu-[X.]hungsverfahren ausgesetzt sind und deshalb in [X.] einen geeigneten [X.] für die Verbesserungen gesehen hätte, um die es dem Streitpatent 23
24
25
26
-
12
-
geht, ist ni[X.]ht ohne weiteres plausibel. Das gilt glei[X.]hermaßen für die [X.] der Näpfe wie für die Verwendung der Mikrotitrationssysteme von [X.] im Ganzen insbesondere in thermozyklis[X.]hen Erhitzungsverfahren.
b)
Eine
dem ein Napf-
und [X.] des Streitpatents (Merkmal
2) funktional entspre[X.]hende Anordnung entsteht bei [X.] von vornherein nur
dann, wenn mehrere Näpfe oder [X.] von [X.] über die erwähnten Verstrebun-gen oder Stiele miteinander verbunden sind
([X.] Sp. 4 Z. 37
ff.).
Für die Herstel-lung der vom Streitpatent geforderten
Einheit zwis[X.]hen Napf-
und [X.] einerseits und Rahmen-
und Gestellteil andererseits (Merkmale
2, 2.2) kommt in [X.] nur
das [X.] der einzelnen dur[X.]h die erwähnten Verstrebungen zu einer Gesamtheit verbundenen Näpfe in die na[X.]h [X.] vorgesehenen federnden Arretierungsvorri[X.]htungen ("resilient aperture defining means", [X.]
Sp.
2 Z.
1
ff.)
in Betra[X.]ht. Zur Vermeidung von [X.] wird für diese Arretierungs-vorri[X.]htungen in einer bevorzugten
Ausführungsform vorges[X.]hlagen, die [X.] für das Einrasten dieser Mittel so zu dimensionieren, dass
Letztere dabei im Wesentli[X.]hen ni[X.]ht unter Spannung stehen. Die dementspre[X.]hende Verbindung ist aus fa[X.]hmännis[X.]her Si[X.]ht ni[X.]ht von der Qualität und Stabilität, die
jede praktis[X.]h bedeutsame relative Bewegung zwis[X.]hen der dem Napf-
und Gestellteil entspre[X.]henden Einheit und dem Rahmen au[X.]h in Verfahren mit [X.] als ausges[X.]hlossen ers[X.]heinen lassen, wie es die Merkmale
2 und 2.2 aber voraussetzen (oben Rn. 15).
Hinzu kommt, dass das in [X.] als für den
Rahmen geeignetes Material genannte A[X.]rylbutadienstyrol na[X.]h den ni[X.]ht angezweifelten Ausführungen in der Streitpatents[X.]hrift
für die Dur[X.]hführung einer PCR-Untersu[X.]hung ungeeig-net ist
(Bes[X.]hreibung Abs. 12). Diesem Befund entspri[X.]ht im Übrigen, dass na[X.]h [X.] Seite 48 "[X.]"
über längere Zeit ("[X.]ontinuous exposure") Tempe-raturen von bis zu 70°C soll standhalten können und dieser Wert auf maximal 27
28
-
13
-
90°C steigen kann, wenn das Material dieser Temperatur nur zeitweilig ("tempo-rary") ausgesetzt wird.
Ri[X.]htig ist zwar, worauf die Klägerin hinweist, dass [X.] Seite
32 Tempe-raturbeständigkeit für die Nu[X.]leoLinkTMStrips oder die TopYieldTMStrips von bis zu 120°C versi[X.]hert. Das gilt aber nur für die zu [X.] verbundenen Näpfe, die aus einem hitzebeständigen Polymer ("heat stable polymer")
bzw. Poly[X.]arbo-nat
bestehen. Die Rahmen sind
den Produktbes[X.]hreibungen auf Seite
32 zufol-ge wie bei [X.] aus A[X.]rylbutadienstyrol ("A[X.]rylonitrile-Butadiene-Styrene")
und demgemäß ni[X.]ht in dem erforderli[X.]hen Maße hitzebeständig, um als Rahmen-
und Gestellteil einheitli[X.]h mit dem Napf-
und [X.] in einen Thermo[X.]y[X.]ler eingebra[X.]ht werden zu können. Dementspre[X.]hend zeigt die na[X.]hfolgend [X.] Abbildung auf Seite
14 der Produktbes[X.]hreibung für Nu[X.]leoLinkTMStrips (Anlage [X.] zu WRST05),

wie einer dieser [X.] na[X.]h Herausnahme aus dem Rahmen isoliert in einen Thermo[X.]y[X.]ler
eingeführt wird.
[X.]/[X.] sehen na[X.]h allem zwar eine gewisse Fixierung der Näpfe im Hal-terrahmen vor; diese führt aus fa[X.]hmännis[X.]her Si[X.]ht vor dem Hintergrund, dass die Näpfe händis[X.]h aus dem Rahmen herausnehm-
und in das Aufheizgerät einsetzbar sein sollen, aber ni[X.]ht
zu einer streitpatentgemäßen Ausgestaltung 29
30
-
14
-
hin. Das gilt umso mehr, als das gesamte Konzept des Streitpatents si[X.]h dadur[X.]h, dass [X.] und [X.] im Verbund in Thermo[X.]y[X.]ler einbring-bar ausgestaltet sein sollen, als Abkehr von [X.]/[X.] darstellt. Dementspre[X.]hend war es, um zum Gegenstand von Patentanspru[X.]h
1 zu gelangen, ohne rü[X.]k-s[X.]hauende Betra[X.]htung au[X.]h ni[X.]ht damit getan, ausgehend von [X.]/[X.] ledigli[X.]h hinrei[X.]hend hitzebeständige Materialien für den [X.] aufzufinden, wie es im angefo[X.]htenen Urteil aber anklingt.
IV.
Das Urteil des Patentgeri[X.]hts erweist si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend. Der Gegenstand von Patentanspru[X.]h
1 ist neu. Aus dem oben [X.] folgt, dass [X.]
oder
[X.]
keine "thin-well mi[X.]ropla-te"
mit allen Merkmalen des Streitpatents offenbaren.
V.
Mit Patentanspru[X.]h
1 haben au[X.]h die angegriffenen Unteransprü-[X.]he
2, 3, 7, 8, 11, 12, 15 und 19 bis 22 Bestand.
31
32
-
15
-
VI.
Die Kostenents[X.]heidung beruht auf §
121 Abs.
2 Satz
2 PatG in Verbindung mit §
91 Abs.
1 ZPO.
Meier-Be[X.]k
[X.]
Grabinski

Ba[X.]her
Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgeri[X.]ht, Ents[X.]heidung vom 07.06.2016 -
3 Ni 16/15 (EP) -

33

Meta

X ZR 86/16

05.06.2018

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2018, Az. X ZR 86/16 (REWIS RS 2018, 8312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8312

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 86/16

X ZR 128/09

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