Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. XII ZB 162/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2816

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[X.][X.]/06 vom 18. Juli 2007 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 87 Abs. 1, 522 Abs. 1 a) Vor der Verwerfung einer Berufung wegen Versäumung der [X.]sfrist ist dem Berufungskläger rechtliches Gehör zu gewähren (im [X.] an Senatsbeschluss vom 13. Juli 2005 - [X.]/05 - NJW-RR 2006, 142 und [X.] Beschluss vom 29. Juni 1993 - [X.] - NJW 1994, 392). b) Das gilt auch dann, wenn ein früherer Prozessbevollmächtigter des [X.] sein Mandat während der noch laufenden Begründungsfrist [X.] hat. Den notwendigen Hinweis hat das Berufungsgericht dann nach § 87 Abs. 1 ZPO an den bisherigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu richten. [X.], Beschluss vom 18. Juli 2007 - [X.] 162/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 18. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 18. Familiensenats des [X.] vom 28. Juli 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. [X.]: 6.784 •. Gründe: [X.] Die [X.]en streiten um Trennungsunterhalt. 1 Mit Urteil vom 11. April 2006 hat das Amtsgericht den Beklagten - unter Abweisung der weitergehenden Klage - zur Zahlung von Trennungsunterhalt verurteilt. Das Urteil wurde dem damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.] am 13. April 2006 zugestellt. Dagegen hat der Beklagte rechtzeitig [X.] eingelegt. Auf seinen Antrag wurde die Frist zur Berufungsbegründung bis zum 13. Juli 2006 verlängert. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des 2 - 3 - Beklagten sein Mandat mit Schriftsatz vom 26. Juni 2006 niedergelegt hatte und auch innerhalb der verlängerten Frist keine Berufungsbegründung eingegangen war, verwarf das [X.] die Berufung mit Beschluss vom 28. Juli 2006 als unzulässig. Der Beschluss wurde dem früheren Prozessbevollmächtig-ten des Beklagten zugestellt. 3 Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig eingegangene Rechtsbeschwerde des Beklagten, mit der er vorträgt, die Berufung sei bereits durch seinen neuen Prozessbevollmächtigten am 6. Juli 2006 begründet und der Schriftsatz noch am gleichen Tag als Sammelpost in den Nachtbriefkasten des Berufungsgerichts eingeworfen worden. I[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig, weil die Sicherung einer [X.] Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfor-dert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn insbesondere die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem [X.]) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten es, den Zugang zu den Gerichten und den in den [X.] vorge-sehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren ([X.] 151, 221, 227 m.w.N.). 4 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. 5 a) Indem das [X.] die Berufung als unzulässig verworfen hat, ohne dem Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, hat es ge-gen dessen Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen. 6 - 4 - Zwar sieht § 522 Abs. 1 ZPO (im Gegensatz zu § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO) für den Fall der Verwerfung einer unzulässigen Berufung eine Anhörung der [X.] nicht ausdrücklich vor. Die Pflicht zur Anhörung des Rechtsmittelführers folgt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] indessen unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG (Senatsbeschluss vom 13. Juli 2005 - [X.]/05 - NJW-RR 2006, 142; [X.] Beschluss vom 29. Juni 1993 - [X.] - NJW 1994, 392). Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfah-rens somit ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer [X.] Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern. Gegen diese Pflicht hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es die Berufung [X.] hat, ohne den Beklagten zuvor dazu anzuhören. Die Hinweispflicht ist auch nicht dadurch entfallen, dass der frühere Pro-zessbevollmächtigte des Beklagten sein Mandat während der noch laufenden Begründungsfrist niedergelegt hat. Weil das Berufungsverfahren nach § 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO als Anwaltsprozess zu führen war, blieb die Vollmacht des früheren Prozessbevollmächtigten im Außenverhältnis bestehen, bis die Bestel-lung eines anderen Rechtsanwalts wirksam angezeigt wurde (§ 87 Abs. 1 ZPO; vgl. insoweit Senatsurteil vom 25. April 2007 - [X.] ZR 58/06 - FamRZ 2007, 1087, 1088). Den notwendigen Hinweis zur Anhörung des Rechtsmittelführers hätte das Berufungsgericht deswegen an den bisherigen Prozessbevollmächtig-ten des Beklagten richten müssen. 7 b) Der angefochtene Beschluss beruht auch auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Hätte das Berufungsgericht den Beklagten vor der [X.] angehört, hätte dieser darlegen können, die [X.] rechtzeitig bei Gericht eingereicht zu haben, wie er dies im Rechtsbe-schwerdeverfahren und in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgebracht hat. Das Berufungsgericht hätte dann Gelegenheit gehabt, 8 - 5 - diesem Vorbringen nachzugehen und dessen Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Dabei hätte es auch klären können, ob - wie der Beklagte vorträgt - auch der andere mit der Sammelpost eingereichte fristgebundene Schriftsatz nicht zu den entsprechenden Akten gelangt ist. Ferner hätte das Berufungsgericht im Wege des [X.] berücksichtigen können, dass beide per Sammelpost verschickten Schriftsätze im Postausgangsbuch der Prozessbevollmächtigten des Beklagten vermerkt sind. 3. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben; die Sache war zur anderweitigen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 9 Nach Zurückverweisung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, die infol-ge der Verletzung des rechtlichen Gehörs unterbliebenen Erwägungen [X.] und ggf. den neuen Prozessbevollmächtigten des Beklagten und dessen Sozius als Zeugen zu vernehmen. Dabei wird das Berufungsgericht zu [X.] haben, dass hinsichtlich des rechtzeitigen Eingangs der Berufungsbegrün-dung eine bloße Glaubhaftmachung nicht ausreicht; vielmehr geht es um den vollen Beweis des rechtzeitigen Eingangs, der allerdings im Wege des 10 - 6 - [X.] erfolgen kann und nicht auf Mittel des [X.] beschränkt ist ([X.] Beschluss vom 29. Juni 1993 - [X.] - NJW 1994, 392). Hahne [X.] [X.] Vézina Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 11.04.2006 - 46 [X.]/05 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 28.07.2006 - 18 UF 103/06 -

Meta

XII ZB 162/06

18.07.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. XII ZB 162/06 (REWIS RS 2007, 2816)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2816

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