Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2015, Az. VII ZR 100/15

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 1303

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 100/15
Verkündet am:

3.
Dezember
2015

Klein,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 90a; [X.] § 307 Abs. 1 Bm.
Die in einem Handelsvertretervertrag enthaltene, vom Unternehmer als Allgemei-ne Geschäftsbedingung gestellte Bestimmung "Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des [X.] zu unterlassen, der Gesellschaft Kunden abzuwerben oder dies auch nur zu versuchen" ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß §
307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.] unwirksam.
[X.], Urteil vom 3. Dezember 2015 -
VII ZR 100/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 2015
durch den
Vorsitzenden Richter
Dr.
[X.], [X.]
Kartzke und
Prof.
Dr.
Jurgeleit und die Richterinnen [X.] und Sacher
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 15.
Zivilsenats des [X.] vom 17.
April
2015 wird [X.].
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen den
Beklagten, ihren ehemaligen [X.], verschiedene Ansprüche im Zusammenhang mit einem nachvertragli-chen [X.]verbot (hier: Verbot der Abwerbung von Kunden)
geltend.
Die Klägerin vermittelt als Vertriebsgesellschaft im Rahmen ihres
All-finanzangebots verschiedene Finanzdienstleistungen, insbesondere gewerbli-che und private Finanzierungen, eine Vielzahl von Spar-
und Anlageprodukten
sowie Versicherungsverträge und Bausparverträge.

1
2
-
3
-
Der Beklagte war für die Klägerin als Handelsvertreter (Vermögensbera-ter) aufgrund [X.] vom 25.
Mai/14.
Juni 2007
tätig.
Nr.
V.
dieses Vertrags lautet auszugsweise wie folgt:
"Der Vermögensberater ist verpflichtet, die Interessen der Gesell-schaft zu wahren, wie es ihm durch §
86 I HGB aufgegeben ist. Er hat ferner jede Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen oder die Vermittlung von Vermögensanlagen, die nicht zur Produktpalette der Gesellschaft gehören, ebenso zu unterlassen wie das [X.] von Vermögensberatern oder anderen Mitarbeitern oder Kun-den der Gesellschaft oder dies alles auch nur zu versuchen.
Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses zu unterlassen, der [X.], andere Mitarbei-ter oder Kunden abzuwerben oder dies alles auch
nur zu versu-chen.
Verstößt der Vermögensberater gegen auch nur eines der vorste-henden Verbote, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung an die Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 25.000 Euro
zu zahlen, und zwar auch für jeden erfolglos gebliebenen Versuch. Diese Vertragsstrafe ist der Höhe nach auf einen Betrag be-schränkt, der den sechsmonatigen Provisionsbezügen des [X.] -
errechnet nach dem Durchschnitt der letzten drei
Jahre
vor
dem
Verstoß
-
entspricht.
Weitergehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt.

Das Vertragsverhältnis der Parteien wurde vom Beklagten mit Schreiben vom 24.
Februar
2011 zum 30.
September
2011 gekündigt.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe gegen seine Ver-pflichtung aus Nr.
V.
des [X.]
verstoßen, indem er im [X.]raum 2012/2013 versucht habe oder es ihm gelungen sei, vier näher be-zeichnete Kunden, die mit Produktpartnern der Klägerin Versicherungsverträge abgeschlossen hätten, zur Kündigung oder Änderung dieser Verträge zu be-3
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4
-
stimmen. Dieser Umstand lasse vermuten, dass der Beklagte weitergehende Verstöße begangen habe.
Im
Wege der Stufenklage begehrt die Klägerin zur Vorbereitung eines etwaigen Schadensersatzanspruchs, den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft
zu verurteilen, wann (genauer [X.]punkt) er -
seit dem 30.
September
2011 bis zum 30. September 2013
-
welche Kunden der Kläge-rin (anonymisierte personenbezogene Daten der Kunden) dazu bestimmt oder zu bestimmen versucht hat, ihre Verträge (genaue Bezeichnung) mit den [X.] zu beenden und/oder inhaltlich einzuschränken.
Die Klägerin hat darüber hinaus
den ursprünglichen Antrag (Antrag Nr.
1), den [X.] zu verurteilen, es bei Meidung näher
bezeichneter Ordnungsmittel bis zum 30.
September 2013 zu unterlassen, weder persönlich noch
durch Ein-schalten Dritter
Kunden
der Klägerin, die mit deren Partnergesellschaften [X.] geschlossen haben, zur Beendigung und/oder inhaltlichen Einschränkung dieser Verträge zu bewegen, oder dies alles auch nur zu versuchen, dahin ge-ändert, nach Erledigungserklärung die ursprüngliche Begründetheit dieses [X.] festzustellen sowie im Wege der [X.] festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, ihr alle Schäden zu ersetzen, die ihr daraus entstehen, dass
der Beklagte
ihre Kunden, die mit ihren Partnergesellschaften Verträge abgeschlossen haben, zur Beendigung und/oder inhaltlichen Ände-rung dieser Verträge bewegt oder dies alles auch nur versucht habe.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin
ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Kläge-rin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter.

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5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus, die Klägerin habe
we-der einen Anspruch auf Auskunft über etwa konkurrierendes Verhalten des [X.] nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses
noch habe sie ei-nen entsprechenden Unterlassungsanspruch gehabt.
Auch die hilfsweise erho-bene [X.] sei nicht begründet. Denn ein nachvertragli-ches [X.]verbot sei nicht wirksam vereinbart worden. Die im Vermö-gensberater-Vertrag
getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches [X.] sei wegen unangemessener Benachteiligung des [X.],
insbesondere auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot,
un-wirksam.
Bei dem [X.] und dem darin
geregelten nachver-traglichen [X.]verbot handele es sich unstreitig um Allgemeine Ge-schäftsbedingungen der Klägerin im Sinne der §§
305
ff. [X.], die diese dem Beklagten gestellt habe. Für ein Aushandeln der Vereinbarungen (§
305 Abs.
1 Satz 3 [X.]) sei nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Die von den Parteien unter Nr.
V.
Abs. 2 des [X.] getroffene Vereinbarung über ein nachvertragliches [X.]verbot sei [X.] unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners gemäß §
307 Abs.
1 Satz 1 [X.] unwirksam.
Die Regelung eines nachvertraglichen [X.]verbots
ohne gleich-zeitige Vereinbarung der gesetzlich vorgeschriebenen Karenzentschädigung (§
90a Abs.
1 Satz
3 HGB) berücksichtige die Interessen des Vertragspartners 9
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nicht in der gebotenen Weise, sondern bringe ausschließlich das Interesse des Verwenders zur Geltung. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Regelungen der §§
305
ff. [X.] spreche Einiges dafür, dass ein nachvertragliches Wettbe-werbsverbot keine Regelung über die zu leistende Karenzentschädigung ent-halten müsse, um wirksam und verbindlich zu sein, weil beim Handelsvertreter -
anders als beim [X.] (§
74 HGB) -
die Vereinbarung einer Karen-zentschädigung (§
90a HGB) nach dem Gesetz gerade nicht Voraussetzung für die Verbindlichkeit eines nachvertraglichen [X.]verbots sei. Im An-wendungsbereich der §§
305
ff. [X.] gälten indes zum Schutz des in der Regel schwächeren Vertragspartners des Verwenders strengere Anforderungen als im Rahmen der §§
134, 138 [X.].
Gemessen an diesen erhöhten Anforderungen stelle die vorliegende Vereinbarung eines nachvertraglichen
[X.]ver-bots ohne gleichzeitige Vereinbarung einer konkreten Karenzentschädigung eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners dar.
Eine zur Unwirksamkeit des nachvertraglichen [X.]verbots
füh-rende unangemessene Benachteiligung liege auch wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot vor. Dieses Gebot sei vorliegend verletzt, weil das nach-vertragliche [X.]verbot nicht hinreichend klar, verständlich und be-stimmt gefasst sei. Ein Verstoß liege schon deshalb vor, weil dem [X.] als Vertragspartner des Verwenders die Rechtslage nach §
90a HGB nicht hinreichend deutlich vor Augen geführt werde. Das Transparenzgebot sei aber auch deshalb verletzt, weil dem Handelsvertreter durch die Regelung in Nr.
V.
Abs.
2 des [X.] für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses untersagt werde, Vermögensbera-ter, andere
Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin abzuwerben, ohne dass dabei hinreichend deutlich gemacht werde, ob sich das nachvertragliche Wettbe-werbsverbot nur auf solche Personen erstrecke, die zur [X.] der Vertragsdauer Vermögensberater, andere Mitarbeiter oder Kunden der Klägerin gewesen sei-14
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7
-
en, oder ob es auch solche Personen erfasse, die erst nach dem Ausscheiden des Vertragspartners bei der Klägerin zu deren Mitarbeitern oder Kunden ge-worden seien. Eine klare Aussage werde insoweit im Vertrag nicht getroffen. Für den Vertragspartner des Verwenders sei daher aus dem Vertragstext [X.] nicht klar erkennbar, welcher Personenkreis dem nachvertraglichen [X.] unterfalle, wie weit also das [X.]verbot reiche.
Im Hinblick darauf könne dahinstehen, ob nicht der Auskunftsanspruch durch Erfüllung nach §
362 Abs.
1 [X.] erloschen sei. Auch der Antrag festzu-stellen, dass der ursprünglich in der Klageschrift geltend gemachte Unterlas-sungsanspruch, der sich durch [X.]ablauf erledigt habe,
bis zum 30.
September
2013 berechtigt gewesen sei, sei unbegründet.
Der hilfsweise gestellte Zwischenfeststellungsantrag sei zwar zulässig, jedoch unbegründet. Denn Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des nachvertraglichen [X.]verbots bestünden nicht, da es an dessen wirk-samer Entstehung
fehle.

II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Anträge der Klägerin, die sich sämtlich
auf das nachvertragliche
Verbot der Abwerbung von Kunden
gründen, wegen dessen Unwirksamkeit unbegründet sind.
1. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass es sich bei den [X.] des [X.]
einschließlich des darin [X.] nachvertraglichen Abwerbeverbots um von der Klägerin gestellte
Allgemei-ne Geschäftsbedingungen handelt und dass für ein Aushandeln der Vereinba-15
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rungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 [X.] nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, werden von den Parteien hingenommen. [X.] be-achtliche Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Bestimmung "Der Vermögensberater verpflichtet sich, es für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung des [X.], doder dies auch nur zu versu-chen" wegen unangemessener Benachteiligung des Beklagten als Vertrags-partner der Klägerin unwirksam ist.
a) Es kann dahinstehen, ob diese Bestimmung, wie das Berufungsgericht angenommen hat, bereits wegen des Fehlens der Vereinbarung einer konkre-ten Karenzentschädigung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] unwirksam ist, ob-gleich sich die Verpflichtung des Unternehmers, dem Handelsvertreter für die Dauer einer [X.]beschränkung im Sinne des §
90a Abs. 1 HGB eine angemessene Entschädigung zu zahlen, unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, §
90a Abs. 1 Satz 3 HGB.
Sie ist jedenfalls gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.] unwirk-sam, weil sie den Anforderungen des Transparenzgebots nicht
genügt, das un-abhängig davon anwendbar ist, ob die Bestimmung auch in sonstiger Hinsicht einer Inhaltskontrolle unterliegt (§ 307 Abs. 3 Satz 2 [X.]).

aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 [X.]
kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, die gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.]
die Unwirksamkeit der betreffenden Bestimmung zur Folge hat, auch daraus erge-ben, dass diese nicht klar und verständlich ist. Das
Transparenzgebot verpflich-tet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, den Regelungsgehalt einer Klausel möglichst klar und überschaubar darzustellen. Zudem verlangt 19
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-
das aus dem Transparenzgebot abgeleitete Bestimmtheitsgebot, dass die [X.] die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 14. Januar 2014 -
XI ZR 355/12, [X.]Z 199, 355 Rn. 23 m.w.[X.]). Der [X.] muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so ge-nau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (vgl.
[X.], Urteil vom 29. April 2015 -
VIII
ZR
104/14, [X.] 2015, 243 Rn.
16; Urteil vom 5.
Dezember
2012 -
I
ZR
23/11,
GRUR 2013, 375
Rn.
35
-
Missbrauch des [X.]; Urteil vom 6.
Dezember
2007

VII
ZR 28/07, NJW-RR 2008, 615 Rn. 12 m.w.[X.]). Abzustellen ist bei der [X.] der Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und [X.] eines durchschnittlichen Vertragspartners des [X.] im [X.]punkt des Vertragsschlusses ([X.], Urteil vom 23.
Februar 2011

XII
ZR
101/09, NJW-RR 2011, 1144 Rn.
10 m.w.[X.]).
Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. §
310 Abs. 1 Satz 2 [X.]) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäfts-bedingungen ([X.], Versäumnisurteil vom 10. September 2014 -
XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722
Rn. 25; Urteil vom 3.
August 2011 -
XII ZR 205/09, [X.], 54 Rn. 16).
[X.]) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist
die Bestimmung un-wirksam, weil sich
aus ihr die Reichweite des
Abwerbeverbots, die auch Ein-fluss auf die Höhe der dem Handelsvertreter bei dessen Beachtung zustehen-den angemessenen
Entschädigung (§ 90a Abs. 1 Satz 3 HGB)
hat, nicht hinrei-chend klar
und verständlich entnehmen lässt, § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 [X.].

23
-
10
-
Das nicht näher konkretisierte Verbot der Abwerbung von Kunden
in Nr.
V.
Abs. 2 ist ebenso wie die
bloße Vereinbarung von nicht näher konkreti-siertem Kundenschutz
(vgl. Bauer/Diller, [X.]verbote, 7. Aufl., Rn. 265
m.w.[X.]; [X.], [X.] 1995, 790, 792)
nicht bestimmt genug. Nicht nur ist für einen
durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin auch unter Berück-sichtigung des Abwerbeverbots während der Vertragslaufzeit in Nr.
V.
Abs.
1 nicht hinreichend klar, ob mit "Kunden"
im Sinne von Nr. V.
Abs. 2 sämtliche Personen gemeint sind, die Verträge mit Partnerunternehmen der [X.] haben,
oder nur solche Personen, die derartige Verträge aufgrund einer dem Handelsvertreter (Vermögensberater) zuzurechnenden Vermittlungs-tätigkeit abgeschlossen haben. Hinzu kommt, dass nicht hinreichend klar ist, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden
in Nr. V.
Abs. 2 auch auf Personen erstreckt, die erst nach der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, aber binnen des [X.]raums von zwei Jahren nach dieser Beendigung Verträge mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen haben. Außerdem ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin auch nicht hinreichend klar, ob sich das Verbot der Abwerbung von Kunden nur auf eine Ausspannung
er-streckt, bei der Kunden veranlasst werden, mit Partnerunternehmen der Kläge-rin bestehende Verträge vorzeitig zu beenden (vgl. die Definition des Begriffs "Ausspannung" in Nr. 48, Nr.
65 der [X.] der Versicherungs-wirtschaft [Stand: 1. September 2006], abgedruckt bei [X.], [X.], 33.
Aufl., S.
2035
ff.),
oder ob es dem Handelsvertreter (Vermögensberater) auch untersagt ist, Personen, die bereits einen Vertrag mit Partnerunternehmen der Klägerin geschlossen haben, zusätzlich weitere Produkte
zu vermitteln, die in der Produktpalette der Klägerin eine Entsprechung haben.
Angesichts dieser Unklarheiten bezüglich der Verbotsreichweite
sind die Nachteile und Belastun-gen für den durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin nicht hinreichend erkennbar. Die
Unklarheiten eröffnen der Klägerin, der es ohne Weiteres
mög-24
-
11
-
lich gewesen wäre, die Verbotsreichweite zu konkretisieren, ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume bei der Geltendmachung und Durchsetzung des Ver-bots, aber auch bei der Abwehr etwaiger Karenzentschädigungsansprüche. Hieraus resultiert eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten als [X.] der Klägerin.
b) Eine geltungserhaltende
Reduktion
der gegen das Transparenzgebot verstoßenden Bestimmung
kommt nicht in Betracht, da das Transparenzgebot anderenfalls weitgehend ins Leere liefe (vgl. [X.], [X.] 2009, 576 Rn. 18; vgl. auch [X.], Urteil vom 5.
Mai
2011 -
VII
ZR
181/10, NJW 2011, 1954 Rn.
35). Aus dem Urteil
des [X.] vom 25.
Oktober
2012

VII
ZR
56/11, [X.]Z 195, 207,
ergibt sich entgegen der Auffassung der Revi-sion nichts Abweichendes. Der [X.] hat in diesem Urteil -
bezüg-lich eines im Einzelnen ausgehandelten [X.]verbots (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober
2012 -
VII ZR 56/11,
aaO
Rn. 19 ff.) -
entschieden, dass bei Überschreitung der in § 90a Abs. 1 Satz 2 HGB genannten zeitlichen, örtlichen und/oder
gegenständlichen Grenzen eine Reduktion auf den gesetzlich zulässi-gen Gehalt stattfindet (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 -
VII ZR 56/11,
aaO Rn.
31
ff.). Um eine solche Überschreitung bei einem im Einzelnen ausge-handelten [X.]verbot geht es im Streitfall nicht.

c) Ein wirksames nachvertragliches Verbot
der Abwerbung von Kunden kann nicht aus der von der Klägerin gestellten Formularbestimmung Nr. VIII. Abs. 6 Satz 2 hergeleitet werden, wonach die Parteien im Falle der Unwirksam-keit einer Bestimmung ihrem Vertragsverhältnis eine Regelung zugrunde
legen, die der ursprünglichen Bestimmung in ihrer wirtschaftlichen Zielrichtung am nächsten kommt. Derartige salvatorische Klauseln sind wegen Verstoßes ge-gen § 306 Abs. 2 [X.] nach § 307 Abs. 1 Satz 1 [X.] nichtig (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2015 -
VII ZR 92/14, [X.]Z 204, 346 Rn. 45, zu § 6 Abs. 2, §
9 25
26
-
12
-
AGBG; Urteil vom 8.
Mai
2007 -
KZR
14/04, NJW 2007, 3568 Rn.
24

[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11.
Aufl., § 306 [X.] Rn. 39).
d) Ein
nachvertragliches Verbot der Abwerbung von Kunden ergibt sich -
unbeschadet hier nicht geltend gemachter Einschränkungen des [X.] im Zusammenhang mit Geheimhaltungspflichten (z.B. § 90 HGB, § 17 [X.]) -
auch nicht aus den gemäß
§ 306 Abs. 2 [X.]
bei Unwirksamkeit von [X.] Geschäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften.
§ 90a HGB statuiert lediglich Grenzen für nachvertragliche [X.]-verbote, die in diesem Rahmen vereinbart werden können. Es steht einem Handelsvertreter,
der keinem nachvertraglichen [X.]verbot
unterliegt,
nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmer, für den er bis dahin tätig gewesen ist, auch in dem Bereich Kon-kurrenz zu machen, in dem er ihn vorher vertreten hat (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Januar 1993 -
I [X.], NJW 1993, 1786, 1787, juris Rn. 18).
Die durch die Unwirksamkeit der Bestimmung
entstandene Lücke
lässt sich auch nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung schließen.
Zwar [X.] zu den gemäß § 306 Abs. 2 [X.] bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften auch die [X.] der §§ 157, 133 [X.] über die ergänzende Vertragsauslegung (vgl. [X.], Urteil vom 26. März 2015 -
VII ZR 92/14, [X.]Z 204, 346
Rn. 46;
Urteil vom 28. Oktober 2009 -
VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 Rn. 44 m.w.[X.]). Lässt sich eine durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen und stellt ein ersatzloser Wegfall der betref-fenden Klausel keine sachgerechte Lösung dar, ist zu prüfen, ob durch eine ergänzende Vertragsauslegung eine interessengerechte Lösung gefunden wer-27
28
29
-
13
-
den kann (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juli 2014 -
VI [X.], NJW 2014, 3234 Rn. 14). Das gilt auch
dann, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das
Transparenzgebot unwirksam ist (vgl. [X.], Urteil vom 12.
Oktober
2005

IV
ZR
162/03, [X.]Z 164, 297, 318, juris Rn. 49).
Eine
ergänzende Vertrags-auslegung
setzt allerdings
voraus, dass sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, wie die Vertragsparteien den Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die nicht be-dachte Unwirksamkeit der Klausel bewusst gewesen wäre. Kommen dagegen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Vertragsparteien gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer er-gänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Oktober 2014 -
VII ZR 344/13, [X.]Z 202, 309 Rn. 24; Urteil vom 26.
Oktober 2005 -
VIII ZR 48/05, [X.]Z 165, 12, 28, juris Rn. 37
m.w.[X.]).
So liegt der Fall hier. Bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Ver-bots der Abwerbung von Kunden kommen im Hinblick auf die Reichweite des Verbots unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in
zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht in Betracht, wobei die Reichweite des Verbots auch Einfluss auf die Höhe der dem Handelsvertreter (Vermögensberater) gegebe-nenfalls zustehenden angemessenen Entschädigung (§
90a Abs.
1 Satz
3 HGB) hat. Es ist unter diesen Umständen nicht erkennbar, welche der Gestal-tungsmöglichkeiten die Vertragsparteien gewählt hätten, wenn ihnen die Un-wirksamkeit der das Verbot der Abwerbung von Kunden betreffenden [X.] 2 bewusst gewesen wäre.

30
-
14
-
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.]
Kartzke
Jurgeleit

[X.]

Sacher

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.08.2014 -
3 [X.] -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.04.2015 -
15 [X.] -

31

Meta

VII ZR 100/15

03.12.2015

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2015, Az. VII ZR 100/15 (REWIS RS 2015, 1303)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1303

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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