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PDF anzeigen 5 StR 460/08 [X.] BESCHLUSS vom 11. November 2009 in der Strafsache gegen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes
- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 11. No-vember 2009, an der teilgenommen haben: Vorsitzender [X.] [X.], [X.] [X.], [X.] [X.], [X.]in Dr. [X.], [X.] Prof. Dr. König als beisitzende [X.], [X.]
als Vertreter der [X.]schaft, Rechtsanwalt [X.]als Verteidiger, Rechtsanwältin [X.]als Vertreterin der Nebenklägerin, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - beschlossen: [X.] wird gemäß § 132 Abs. 2 [X.] folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Begründet die fortdauernde Abwesenheit des nach § 247 [X.] während einer Zeugenvernehmung entfernten Ange-klagten bei der Verhandlung über die Entlassung des [X.] den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 [X.]?
[X.] n d e 1 Das [X.] hat gegen den Angeklagten [X.] unter Freisprechung im Übrigen [X.] wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt und ihn unter Einbeziehung der (in den Urteilsgründen nicht mitgeteilten) Einzelstrafen aus einer rechtskräfti-gen Verurteilung (zu zwei Jahren und sechs Monaten Gesamtfreiheitsstrafe) zu einer neuen Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten ver-urteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der auf eine Ver-fahrensrüge und auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. 1. Der Senat möchte [X.] dem entsprechenden Beschlussantrag des [X.] folgend [X.] das Urteil auf die Sachrüge im Gesamt-strafausspruch wegen fehlender Angabe der Höhe der einbezogenen Einzel-strafen aufheben und die weitergehende Revision verwerfen. Die Verfah-rensvoraussetzung eines wirksamen Eröffnungsbeschlusses sieht er als er-füllt an; bei den unrichtigen Angaben zur eröffneten Anklage in der schriftli-chen Fassung handelt es sich, wie die Anhörung der beteiligten [X.] ein-deutig erweist, um ein Fassungsversehen. Zum Schuld- und Strafausspruch hält das angefochtene Urteil sachlichrechtlicher Prüfung stand. Der [X.] - hält auch die auf Verletzung des § 247 [X.] gestützte Verfahrensrüge nach § 338 Nr. 5 [X.] für unbegründet. So kann der Senat aber nach [X.] des [X.] nicht ohne Vorlage an den [X.] gemäß § 132 Abs. 2 [X.] entscheiden. 2. Mit der Rüge beanstandet die Revision die fortdauernde Abwesen-heit des Angeklagten während der Verhandlung über die Vereidigung und Entlassung der gemäß § 247 Satz 2 [X.] in seiner Abwesenheit zeugen-schaftlich vernommenen Nebenklägerin. Während die Beanstandung hin-sichtlich der Verhandlung über die Vereidigung der kindlichen Zeugin [X.] unbegründet ist ([X.] bei [X.] 1978, 460; [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 1; [X.]St 51, 81), gilt dies nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] nicht bezogen auf die Verhandlung über die [X.] der Zeugin. 3 4 3. Der Senat hält die Rüge für zulässig und das [X.] der Revision hierzu nach dem Protokoll für erwiesen. a) Eine Beanstandung der in fortdauernder Abwesenheit des Ange-klagten getroffenen Entlassungsentscheidung des Vorsitzenden nach § 238 Abs. 2 [X.] entsprechend dem zunehmend ausgeweiteten Verständnis von dieser Norm als einem einer Revisionsrüge notwendig vorgeschalteten Zwi-schenrechtsbehelf ([X.] in [X.]. § 238 [X.]. 33 ff.; [X.], 387) ist von der Rechtsprechung bislang nicht als Voraussetzung für eine Rüge nach § 338 Nr. 5 [X.] wegen gesetzwidriger Abwesenheit des Angeklagten bei der Entlassungsverhandlung verlangt worden. Mangelnder Vortrag des Angeklagten hierzu berührt daher [X.] entgegen der Auffassung des [X.] in seinem Beschlussverwerfungsantrag [X.] nicht die Vollständigkeit des Vortrags im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Wollte man die Statthaftigkeit der hier in Frage stehenden Verfahrensrüge von diesem Zwischenrechtsbehelf abhängig machen, wäre ein solches Er-fordernis seinerseits im Verfahren nach § 132 [X.] zu klären. 5 - 5 - b) Das Protokoll ist zur Frage der Wiederzulassung des Angeklagten zur Hauptverhandlung nach Vernehmung der kindlichen Zeugin nicht etwa derart lückenhaft, dass zur Frage der Abwesenheit des Angeklagten nach Abschluss ihrer Aussage ein etwa zulässiges Freibeweisverfahren (vgl. [X.]St 51, 298, 308, 314) veranlasst wäre, das der Rüge die Grundlage ent-ziehen könnte. Zur Begründung nimmt der Senat auf seinen Anfragebe-schluss in dieser Sache vom 10. März 2009 ([X.], 342 m. Anm. Eisen-berg) Bezug. 6 4. In Abkehr von bisheriger Rechtsprechung ([X.]R [X.] § 247 Ab-wesenheit 1, 14, 15; § 338 Nr. 5 Angeklagter 23; [X.] NStZ 2007, 352) rechnet der Senat die Verhandlung über die Entlassung eines nach § 247 [X.] in Abwesenheit des Angeklagten vernommenen Zeugen zu dessen Vernehmung. Er sieht demnach die Abwesenheit des Angeklagten von [X.] als von § 247 [X.] gedeckt und nicht den absolu-ten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 [X.] begründend an. 7 8 a) Wortlaut und Wortsinn des § 247 [X.] erlauben es und legen es sogar nahe, unter —[X.] eines Zeugen nicht nur dessen Aussage und Befragung zu verstehen, sondern auch die damit eng und unmittelbar zusammenhängenden [X.] seines Aufrufs (vgl. § 243 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]), seiner Belehrung (§§ 57, 52 Abs. 3 Satz 1 [X.]), [X.] (etwaigen) Vereidigung, eingeschlossen eine Entscheidung hierüber, und seiner Entlassung (§ 248 [X.]) dazu zu rechnen. Entsprechend ist der [X.] der —[X.] in der Vorschrift des § 58a Abs. 1 Satz 1 [X.] über die Vernehmungsaufzeichnung (vgl. [X.], [X.] Aufl. § 58a [X.]. 4) und namentlich in Vorschriften zur Anwesenheit bei Vernehmungen zu verstehen, so zur Beiordnung eines anwaltlichen Beistands —für die Dauer der [X.] in § 68b Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. [X.] [X.]O § 68b [X.]. 5) und gleichermaßen zu den Anwesenheitsrechten bei richterli-chen Vernehmungen in § 168c [X.]. In § 251 Abs. 4 Satz 3 [X.] wird die Vereidigung des Zeugen ersichtlich der —[X.] zugeordnet. - 6 - Soweit § 59 Abs. 2 Satz 1 [X.] (entsprechend § 79 Abs. 2 [X.]) die (eigentliche) Vernehmung und die Vereidigung des Zeugen voneinander trennt, ergibt sich hieraus (entgegen [X.]St 26, 218, 219) nichts anderes. Die Formulierung erklärt sich aus dem spezifischen Regelungsgegenstand über die Abfolge im Sinne des [X.]. Ähnliches gilt für die Vorschriften über die (anfängliche) Zeugenbelehrung (§ 52 Abs. 3 Satz 1, § 57 Satz 1 [X.]), die [X.] wie auch die Bestimmungen über die (abschließende) Zeugen-entlassung (§ 248 [X.]) [X.] die sachliche Abfolge während einer Vernehmung verdeutlichen. Eine einengende Begriffsdefinition kann daraus nicht abgelei-tet werden. 9 Nach diesem Verständnis des Vernehmungsbegriffs kann das nicht seltene, namentlich in Fällen des § 247 Satz 2 [X.] erstrebenswerte Ziel ohne weiteres erreicht werden, jegliche Begegnung des zu schützenden Zeugen mit dem entfernten Angeklagten zu vermeiden. Im Übrigen erwähnt § 247 Satz 4 [X.] über die Unterrichtungspflicht betreffend die Zeugenaus-sage hinaus eine sonstige Verhandlung in [X.] vorausgesetzt ordnungsgemä-ßer [X.] Abwesenheit. 10 b) Eine Abwesenheit des Angeklagten bei den vor der Zeugenaussage und -befragung erfolgenden [X.]n des [X.] und der Zeugenbelehrung wird [X.] durch den [X.] soweit ersichtlich bislang unbeanstandet [X.] häufig praktiziert. Abweichend beurteilt die bisheri-ge Rechtsprechung hingegen die der Aussage und Befragung nachfolgenden [X.] der Vereidigung und Entlassung des Zeugen. Mit die-sem [X.] partiell [X.] engen Verständnis, die letztgenannten Vorgänge vom [X.] des § 247 [X.] auszunehmen, erstreckt sie den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 [X.] [X.] ungeachtet der selbstverständlichen Fälle einer formal mangelhaften Entfernung des Angeklagten oder eines sachlich unzulänglich oder unvertretbar begründeten [X.] nach § 247 [X.] [X.] im Interesse einer Teilhabe des Angeklagten an we-sentlichen Verfahrensabläufen auf dessen fortdauernde Entfernung von den 11 - 7 - [X.]n der Vereidigung oder [X.] des Zeugen sowie seiner Entlassung. Hinsichtlich der Vereidigung, der nach Abschaffung der Regelvereidigung freilich nur mehr untergeordnete Bedeutung zukom-men dürfte (vgl. [X.]St 51, 81), wurde dem Angeklagten zur Wahrung der Chance auf Beeinflussung der Vereidigungsentscheidung durch vorherige Anhörung bei fortdauernder Abwesenheit von der Verhandlung über die [X.] der absolute Revisionsgrund zugebilligt (vgl. [X.]St 26, 218, 220; vgl. zur Vermeidung der Konfrontation bei [X.] [X.] NJW 2004, 1187; insoweit in [X.]St 49, 25 nicht abgedruckt). Für den [X.] fraglos wesent-lichen [X.] Vorgang der erfolgten Vereidigung musste sich die Rechtsprechung in Fällen unerlässlichen Getrennthaltens des Angeklagten von dem zu [X.] allerdings mit einer vorgeblich erweiternden Auslegung des § 247 [X.] behelfen (vgl. [X.]St 37, 48, 49 f.; [X.] NStZ 1985, 136; vgl. auch [X.] in Festschrift für Pfeiffer 1988 S. 311, 322). Bezüglich der Entlassung konnte der eigentliche [X.] demgegenüber als unwesentlicher Teil der Hauptverhandlung gewertet werden, so dass in-soweit für eine etwa gebotene ausnahmslose Trennung keine Probleme ent-standen (vgl. [X.] NJW 2004, 1187, insoweit in [X.]St 49, 25 nicht abge-druckt). Nicht zur Vernehmung im Sinne des § 247 [X.] gerechnet, indes grundsätzlich (vgl. aber [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 18, 20, 23) als [X.] Teil der Hauptverhandlung gewertet wird bislang die Verhandlung über die Entlassung des Zeugen (vgl. [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 1; [X.] NJW 1986, 267; vgl. auch [X.] NStZ 2000, 440; [X.], Beschlüsse vom 10. August 1995 [X.] 5 StR 272/95 und vom 15. Dezember 1999 [X.] 1 [X.]; zur Vermeidung persönlicher Konfrontation insoweit [X.]St 22, 289, 296 f.). So wird die Chance des Angeklagten zu effektiver Einflussnahme auf die Befragung des Zeugen, sei es durch Wahrnehmung seines eigenen Fragerechts, sei es durch den Verteidiger, wenn dieser nach Unterrichtung gemäß § 247 Satz 4 [X.] von seinem Mandanten detaillierter informiert worden ist, mit dem absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 12 - 8 - [X.] abgesichert. Er soll zur Anwendung kommen, wenn der Zeuge bereits vor Wiederzulassung und Information des Angeklagten entlassen worden ist (vgl. [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 1 und 15). c) Der Senat hält die Rechtsprechung zur Erstreckung des absoluten Revisionsgrundes in den genannten Fällen, hier bezogen auf den Fall der fortdauernden Abwesenheit des Angeklagten während der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen, nicht für überzeugend und möchte sie ändern. In seinem [X.] hat er hierfür eine noch etwas weitergehende Lö-sung gefunden (im [X.] an [X.] in Festschrift für [X.] 1995 S. 203). Er hat sich für ein Verständnis vom Begriff der Vernehmung ausge-sprochen, wie er nach ständiger Rechtsprechung des [X.] bei Rügen nach § 338 Nr. 6 [X.] anerkannt ist, mit denen ein zu weit ge-hender Ausschluss der Öffentlichkeit beanstandet wird, der gemäß § 171a bis § 172 [X.] für die Dauer einer Vernehmung erfolgt war. Danach wird —die [X.] im Sinne des entsprechenden Verfahrensabschnitts verstan-den; hierzu rechnen alle [X.], die mit der eigentlichen [X.] eng in Zusammenhang stehen oder sich aus ihr entwickeln ([X.] NJW 1996, 2663, insoweit in [X.]St 42, 158 nicht abgedruckt; [X.] NJW 2003, 2761, insoweit in [X.]St 48, 268 nicht abgedruckt; [X.], [X.] vom 20. Juli 2004 [X.] 4 StR 254/04). 13 Diese Auffassung, welcher der Senat [X.] ungeachtet unterschiedlicher Wertigkeit von Angeklagten- und Öffentlichkeitspräsenz und abweichenden Wortlauts der Ausschließungsnormen [X.] unverändert zuneigt, erfasst über den weiter verstandenen Vernehmungsbegriff (oben 4. a) hinaus vor allem auch andere Beweiserhebungen, namentlich Urkundenverlesungen oder Au-genscheinseinnahmen, die in engem inhaltlichen Zusammenhang mit der Zeugenvernehmung stehen und sich [X.] wie bei der Vorlage von Schriftstü-cken oder sonstigen Beweismitteln durch den Zeugen zur Untermauerung seiner Aussage [X.] oftmals unmittelbar daraus ergeben. Die bisherige Recht-sprechung gestattet solche Beweiserhebungen ohne weiteres unter [X.] - 9 - erndem Ausschluss der Öffentlichkeit von der Vernehmung ([X.]R [X.] § 171b Abs. 1 Augenschein 1), nicht indes in Abwesenheit des während der Vernehmung entfernten Angeklagten ([X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 4, 5, 25; § 338 Nr. 5 Angeklagter 3; weitere Nachweise im [X.]; vgl. zur Durchbrechung im Sonderfall des Augenscheins am Körper des Zeugen [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 30). Im Übrigen hat die Rechtsprechung unsystematisch und eher beiläufig eine Gleichbehandlung der [X.] mit dem [X.] bereits für Fälle gebilligt, in denen die Verhandlung über den Ausschluss der Öffentlichkeit in Abwesenheit des Angeklagten erfolgte ([X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 11; insoweit nicht abgedruckt in [X.]St 39, 326; [X.] NJW 1979, 276; vgl. auch [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 12, 13). Für seine Überzeugung, dass der Angeklagte gegen [X.] auch im Bereich anderweitiger Beweiserhebungen über einen relativen Revi-sionsgrund ausreichend geschützt ist, verweist der Senat auf seine [X.] vom 10. März 2009 in dieser Sache und im Parallelverfahren 5 [X.] ([X.], 226; vgl. zur Heilung bei Augenscheinseinnahme in Abwesenheit des Angeklagten das Senatsurteil vom heutigen Tage im Paral-lelverfahren; zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt). 15 5. Für den vorliegenden Fall der Abwesenheit des Angeklagten bei der Entlassungsverhandlung geht der Senat insoweit lediglich von einer etwas engeren Auslegung des Vernehmungsbegriffs, als von ihm noch dem [X.] zugrunde gelegt, aus (oben 4. a). Auch dementsprechend zu judizieren, ist der Senat indes nach dem Ergebnis des [X.] gehindert. Lediglich der 1. Strafsenat hat seine Auffassung aufgegeben, [X.], 3. und 4. Strafsenat an ihrer Rechtsprechung zur Anwen-dung des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 [X.] bei Abwesen-heit des Angeklagten von der Entlassungsverhandlung nach [X.] gemäß § 247 [X.] festhalten. 16 - 10 - a) Der Senat sieht durch die Abwesenheit des Angeklagten von der Verhandlung über die Entlassung der gemäß § 247 [X.] in seiner Abwe-senheit vernommenen Zeugin den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 [X.] nicht als erfüllt an, da die Abwesenheit weiterhin von § 247 [X.] ge-deckt war. Die Voraussetzungen für einen in dieser Fallkonstellation mögli-chen relativen Revisionsgrund wegen Verletzung des Fragerechts des Ange-klagten sind vorliegend nicht gegeben. 17 Mit Rücksicht auf eine effektive Wahrung des Fragerechts des Ange-klagten ist es allerdings [X.] unabhängig von der Frage der Weite des Verneh-mungsbegriffs in § 247 [X.] [X.] verfahrensfehlerhaft, wenn der Vorsitzende, wie hier, den Angeklagten erst nach Entlassung der in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugin über den Inhalt ihrer Aussage unterrichtet. Gleichwohl erscheint es nicht gerechtfertigt, eine durch solches Vorgehen [X.] verursachte Beeinträchtigung des Fragerechts des Angeklagten von [X.] durch Eingreifen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 5 [X.] zu schützen. 18 Durch dieses Verständnis der einschlägigen Vorschriften wird in der Sache das Verteidigungsrecht des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Nicht die Teilnahmemöglichkeit an dem Formalakt der Entlassungsentscheidung (§ 248 Satz 2 [X.]) ist hierfür wesentlich. Es ist vielmehr geboten, dem [X.] einen weitestgehenden verfahrensrechtlichen Ausgleich seiner durch die Abwesenheit entstandenen Informationslücke hinsichtlich des durch die Zeugenvernehmung hinzugetretenen [X.] zu [X.]. Dies erfordert eine frühestmögliche Unterrichtung im Sinne des § 247 Satz 4 [X.] und die Einräumung der Möglichkeit, das eigene [X.] oder das des Verteidigers nachholen zu können. Diese Rechte des Angeklagten sind mit Hilfe relativer Revisionsgründe abzusichern. Danach entfällt jedes Bedürfnis, unter Annahme eines absoluten Revisionsgrundes wegen Nichtmitwirkung an einem effektivem Verteidigungshandeln lediglich 19 - 11 - vorgelagerten Formalakt ein ansonsten fehlerfreies Urteil aufheben zu [X.]. [X.]) So ist es zunächst auch Aufgabe des Verteidigers [X.] der in ein-schlägigen Fällen stets amtieren wird (vgl. § 140 Abs. 2 [X.]) [X.], solch ver-späteter Unterrichtung des Angeklagten beizeiten entgegenzutreten. Er ist gehalten, auf eine effektive Wahrnehmbarkeit des eigenen Fragerechts [X.] Mandanten in dessen Interesse zu achten. Nicht selten wird er überdies an einer Unterrichtung des Angeklagten auch deswegen interessiert sein, weil er hierdurch intern eine Reaktion seines Mandanten herbeiführen kann, um gegebenenfalls weitere eigene Fragen an den Zeugen zu richten. 20 21 Vor diesem Hintergrund wird sich der Verteidiger veranlasst sehen, ei-ne wegen Vernachlässigung des Fragerechts sachwidrig verfrühte [X.]sanordnung des Vorsitzenden nach § 238 Abs. 2 [X.] zu beanstanden und so die Grundlage für eine Unterrichtung des Angeklagten vor der [X.] des Zeugen zu schaffen. Dieser Interessenlage entspringt ersichtlich auch der [X.] durchaus neue [X.] Ansatz des [X.], in Fällen der vorliegenden Art die Revisibilität des gerügten, auf die vorzeitige Zeugenent-lassung bezogenen Vorsitzendenverhaltens von einem bereits in der [X.] erhobenen entsprechenden Einwand abhängig zu machen. bb) [X.] der Angeklagte den in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugen nach Unterrichtung über den Inhalt seiner Aussage selbst befragen, so ist ihm das zu gestatten. Gleiches gilt für Fragen des in dieser Situation durch seinen Mandanten ergänzend informierten Verteidigers. Ist der Zeuge sachwidrig zuvor entlassen worden, so ist er vom Gericht zu der durch die verfrühte Entlassung vereitelten ergänzenden Befragung [X.] die notfalls zur gebotenen Schonung des Zeugen wieder in vorübergehender Abwesenheit des nach § 247 [X.] zu entfernenden Angeklagten erfolgen darf [X.] alsbald erneut vorzuladen. Die ohne Rücksicht auf das Fragerecht des Angeklagten erfolgte verfahrensfehlerhafte vorzeitige Entlassung des Zeugen hindert das 22 - 12 - Gericht, den Angeklagten auf den Weg des Beweis- oder Beweisermittlungs-antrags zu verweisen, wenn er eine erneute Vorladung des Zeugen durchzu-setzen wünscht. Solches entspräche nur nach ordnungsgemäßer Entlassung des Zeugen erst nach Unterrichtung des Angeklagten dem Verfahrensrecht [X.] in [X.]. § 244 [X.]. 70; [X.]R [X.] § 244 Abs. 6 Beweis-antrag 16; § 244 Abs. 2 Aussageentstehung 1; [X.] NJW 1986, 267; vgl. auch [X.]R [X.] § 248 Entlassung 1). [X.]) Zwar weisen die [X.] des 2. und 3. Strafsenats [X.] auf damit zusammenhängende, denkbare Verfahrenserschwernisse hin. Jedoch geht es dem Senat nicht darum, eine vorzeitige Zeugenentlas-sung zum Standard zu machen, sondern um die Art der Fehlerkorrektur. Die vom Senat befürwortete Eröffnung einer effektiven Heilungsmöglichkeit in Bezug auf das beeinträchtigte Fragerecht des unzulänglich informierten [X.] auf dessen Verlangen bietet dabei einen sachgerechten und [X.] Ausgleich für das erlittene Verfahrensdefizit. Sie ist im Lichte der Gebote eines wirksamen Zeugen- und Opferschutzes sowie der zügigen [X.] allemal vorzugswürdig gegenüber einer uneingeschränkten Aufhebung des Urteils wegen des absoluten Revisionsgrundes, für den eine konkrete Beeinträchtigung des Fragerechts nicht einmal dargetan sein muss. 23 Allein diese Verfahrensweise steht im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung, die bei einem ausdrücklichen Verzicht des Angeklagten auf eine weitere Zeugenbefragung keinen wesentlichen Verfahrensvorgang in der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen sieht (vgl. [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 18, 20, 23). Konsequent sollte diese [X.] für das vom Senat für zutreffend erachtete Ergebnis als Begründung gleichfalls tragfähige [X.] Auf-fassung aber generell für die Entlassungsverhandlung gelten und nicht nur für jenen Ausnahmefall, in dem dann freilich auch der relative Revisions-grund von vornherein abgeschnitten wäre. 24 - 13 - b) In den relevanten Fällen kann mithin im Revisionsverfahren erfolg-reich gerügt werden, dass das Fragerecht des Angeklagten (oder seines Ver-teidigers) durch Verweigerung der erneuten Vorladung eines während der Abwesenheit des Angeklagten vernommenen Zeugen, über dessen Aussage er erst nach dessen Entlassung unterrichtet wurde, verletzt worden ist, weil dem Angeklagten eine bestimmte zulässige Frage versagt wurde und das Urteil auf diesem Verstoß beruht. Im Falle der Heilung der verfrühten [X.] durch nochmalige Vorladung des Zeugen wird allerdings nicht allein die Verhinderung sofortiger Befragung mit der Revision beanstandet werden können (vgl. [X.] [X.], 344, 345); [X.] können auch bei vollständig verfahrensfehlerfreiem [X.] ohne [X.] eintreten. Freilich wird, jedenfalls sofern die Verhinderung einer zulässi-gen Frage belegt werden kann, auch gerügt werden können, dass das [X.] die berechtigte Beanstandung des Verteidigers zurückgewiesen hat, der Zeuge möge nicht vor Unterrichtung des Angeklagten entlassen werden. 25 26 Bei einer solchen Verfahrensweise wird auch das Gewicht der durch die betreffenden Maßnahmen jeweils berührten Rechte des Angeklagten in ausgewogener Weise berücksichtigt. Der Gesetzgeber hat die grundlegende Beschneidung des Anwesenheitsrechts des Angeklagten mit § 247 [X.] in weitem Maße dem tatgerichtlichen Ermessen überantwortet ([X.]St 22, 18, 20 f.; [X.]R [X.] § 247 Satz 2 Begründungserfordernis 1 und 2). Hierdurch bleibt der Angeklagte oftmals von den ganz entscheidenden, ihn belastenden Passagen der Hauptverhandlung ausgeschlossen ([X.] in Festschrift für [X.] 1995 S. 203, 206). Eine unzulängliche Unterrichtung des Angeklagten ist nur unter außerordentlich engen Voraussetzungen, insbesondere bezo-gen auf inhaltliche Mängel, über einen relativen Revisionsgrund zu bean-standen (vgl. [X.]R [X.] § 247 Satz 4 Unterrichtung 8; [X.] [X.]O § 247 [X.]. 15 bis 17, 22; [X.] in [X.]. § 247 [X.]. 16c). Nicht einmal die das Informationsrecht des Angeklagten besser gewährleistende Video-übertragung der [X.] während seiner Abwesenheit (vgl. - 14 - [X.]St 51, 180) soll über einen relativen Revisionsgrund durchsetzbar sein (vgl. [X.] NStZ 2009, 582). c) Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht angemessen, die Positi-on des (lediglich) verspätet unterrichteten Angeklagten gemäß der bisherigen Rechtsprechung durch den absoluten Revisionsgrund ohne Rücksicht darauf zu verstärken, ob er von seinem Fragerecht überhaupt Gebrauch machen wollte. Eine Reduktion des absoluten Revisionsgrundes durch eine sachge-rechte Auslegung des Begriffs der Vernehmung in § 247 [X.], wie sie der Senat für angezeigt hält (vgl. zu entsprechender Tendenz schon [X.]R [X.] § 247 Abwesenheit 14, 20), würde dieses Missverhältnis beseitigen. 27 [X.] Brause [X.] König
Meta
11.11.2009
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2009, Az. 5 StR 460/08 (REWIS RS 2009, 647)
Papierfundstellen: REWIS RS 2009, 647
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