2. Senat | REWIS RS 2014, 7760
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Keine Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs bei Erwerb von Wohnungseigentum an dem veräußerten Grundstück durch den Veräußerer
NV: Erwirbt der Veräußerer Wohnungs- und Teileigentum an dem vom Erwerber in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Grundstück, liegt kein zur Nichterhebung der Grunderwerbsteuer führender Rückerwerb des veräußerten Grundstücks vor .
I. Die Klägerin und [X.]eschwerdeführerin (Klägerin) übertrug durch notariell beurkundeten [X.] ein ihr gehörendes Grundstück auf einen [X.]auträger ([X.]), der das Grundstück mit einem in Eigentumswohnungen aufzuteilenden Mehrfamilienhaus bebauen sollte. Sie sollte für das Grundstück im Wege des Tausches eine Wohnungseigentumseinheit, bestehend aus einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, sowie zwei [X.], bestehend aus [X.] an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an Tiefgaragenstellplätzen erhalten. Als Wert der [X.] waren in dem [X.] angegeben. Die Aufteilung des Grundbesitzes in Wohnungs- und Teileigentum wurde ebenfalls am 12. Januar 2011 notariell beurkundet. Sowohl zu Gunsten der Klägerin als auch zu Gunsten des [X.]auträgers wurden Auflassungsvormerkungen im Grundbuch eingetragen. Die Klägerin wurde am 19. Dezember 2012 als Eigentümerin der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile in das [X.] bzw. das Teileigentumsgrundbuch eingetragen.
Der [X.]eklagte und [X.]eschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) setzte gegen die Klägerin für den Erwerb der Wohnungseigentumseinheit und der [X.] durch [X.]escheid vom 15. Februar 2011 Grunderwerbsteuer in Höhe von [X.] (3,5 % von [X.]) fest. Dem Antrag der Klägerin, die Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) nicht zu erheben, folgte das [X.] nicht. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der [X.]egründung ab, es liege ein nach § 1 Abs. 5 [X.] der Grunderwerbsteuer unterliegender Erwerbsvorgang vor. Der [X.]esteuerung stehe § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht entgegen. Die Klägerin habe nicht das veräußerte Grundstück zurückerworben; denn die von [X.] an sie übereigneten Einheiten stellten selbständige Erwerbsgegenstände dar.
Die Klägerin stützt ihre [X.]eschwerde wegen Nichtzulassung der Revision auf grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.]undesfinanzhofs ([X.]FH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) und auf Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Mit der Rüge, das [X.] hätte den Sachverhalt weiter aufklären müssen, macht die Klägerin das Vorliegen eines [X.] (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O entsprechend geltend. Insbesondere fehlt es an Ausführungen zu der Frage, warum sie das Recht, das Unterlassen einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zu rügen, nicht durch das Unterlassen einer diesbezüglichen Rüge in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.], in der sie durch zwei Steuerberater sachkundig vertreten war, gemäß § 155 [X.]O i.V.m. § 295 Abs. 1 der Zivilprozessordnung verloren habe (vgl. z.B. [X.] vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, [X.], 498, [X.] 1989, 372; vom 12. Oktober 2012 III B 212/11, [X.], 78, Rz 6, und vom 25. Oktober 2013 VI B 144/12, [X.], 181, Rz 11).
Die Klägerin hat ferner nicht, wie erforderlich (vgl. z.B. [X.] vom 30. September 2013 III B 20/12, [X.], 58, Rz 5), substantiiert dargelegt, welche konkreten, dem [X.] bisher nicht bekannten Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern diese Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des [X.] zu einer anderen Entscheidung hätten führen können. Der Besteuerung kann im Übrigen nur der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde gelegt werden, nicht dagegen eine rechtlich mögliche andere Gestaltung ([X.]-Urteil vom 8. August 2001 II R 46/99, [X.], 71, unter II.a).
2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) zuzulassen. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob in Fällen der vorliegenden Art die Grunderwerbsteuer für den Erwerb der mit dem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] nicht zu erheben ist, bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.
a) Eine Rechtsfrage bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes beantworten lässt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu entscheiden ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.] vom 27. März 2009 VIII B 184/08, [X.], 458, [X.] 2009, 850, und vom 29. Oktober 2013 V B 58/13, [X.], 192, Rz 4).
b) Dies trifft hier zu. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist offensichtlich so zu entscheiden, wie es das [X.] getan hat.
aa) Erwirbt der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück, so wird nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn der Rückerwerb innerhalb von zwei Jahren seit der Entstehung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang stattfindet. Ist für den Rückerwerb eine Eintragung in das Grundbuch erforderlich, so muss innerhalb der Frist die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt werden.
Nach dem klaren Wortlaut des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] muss der Veräußerer das Eigentum an dem "veräußerten Grundstück" [X.]. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Erwerber wie im Streitfall das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufteilt und der Veräußerer einen Teil der neu geschaffenen Eigentumseinheiten übertragen erhält.
Gemäß § 1 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) kann nach Maßgabe dieses Gesetzes an Wohnungen das Wohnungseigentum, an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes das Teileigentum begründet werden. Wohnungseigentum ist nach § 1 Abs. 2 WEG das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Teileigentum ist gemäß § 1 Abs. 3 WEG das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Für das Teileigentum gelten gemäß § 1 Abs. 6 WEG die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend.
Wohnungseigentum wird nach § 2 WEG durch die vertragliche Einräumung von Sondereigentum (§ 3 WEG) oder durch Teilung (§ 8 WEG) begründet. Für jeden Miteigentumsanteil wird nach § 7 Abs. 1 Satz 1 WEG ggf. i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 WEG von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch) angelegt. Jeder Miteigentumsanteil bildet übereinstimmend mit dieser zivilrechtlichen Beurteilung ein selbständiges Grundstück i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.]-Urteile vom 30. Juli 1980 II R 19/77, [X.], 100, [X.] 1980, 667, und vom 12. Oktober 1988 II R 6/86, [X.], 387, [X.] 1989, 54; [X.] vom 22. Juni 2012 II B 45/11 und II B 48/11, [X.], 1827 und 2025, jeweils Rz 5). Die durch Teilung eines veräußerten Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum neu entstehenden Miteigentumsanteile sind weder identisch noch teilidentisch mit dem veräußerten Grundstück. Dies steht der Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in Fällen der vorliegenden Art entgegen.
bb) Diese Beurteilung steht in Einklang mit der Rechtsprechung des [X.], nach der es keinen steuerfreien Rückerwerb eines Grundstücks i.S. von § 16 Abs. 2 Nr. 1 [X.] darstellt, wenn der Erwerber eines Grundstücks dessen Veräußerer in unmittelbarem [X.] an die Grundstücksübertragung an diesem Grundstück ein Erbbaurecht bestellt; denn in einem solchen Fall liegen zwei Erwerbsvorgänge vor, die sich auf unterschiedliche Gegenstände beziehen, nämlich das veräußerte Grundstück einerseits und das Erbbaurecht andererseits, das gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 [X.] den Grundstücken gleichsteht ([X.]-Urteil in [X.], 71). Dass durch die Bestellung eines Erbbaurechts weitgehend der gleiche rechtliche und wirtschaftliche Erfolg erzielt werden kann wie durch die Übertragung des vollen Eigentums, spielt nach der Auffassung des [X.] in diesem Zusammenhang keine Rolle.
cc) Aus dem von der Klägerin angeführten [X.]-Urteil vom 14. Januar 1976 II R 149/74 ([X.]E 118, 239, [X.] 1976, 347) lässt sich nichts anderes ableiten. Diese Entscheidung betraf nicht die Teilung eines veräußerten Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum und den Erwerb von Wohnungs- und Teileigentum durch den Veräußerer, sondern die Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs, nachdem das Eigentum an dem Grundstück übergegangen war und der Erwerber auf dem Grundstück Aufbauten errichtet hatte. Nach Auffassung des [X.] stand die Errichtung der Aufbauten der Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 3 [X.] a.F. (§ 16 Abs. 2 Nr. 3 [X.]) nicht entgegen, weil die Aufbauten nichts daran geändert hatten, dass dasselbe Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts [X.] wurde, das zuvor vom [X.] übereignet worden war. Auf das [X.]-Urteil in [X.]E 118, 239, [X.] 1976, 347 kann daher auch nicht eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) gestützt werden.
dd) Da es sich beim Wohnungs- und Teileigentum um eigenständige Grundstücke handelt, kann ein Erwerb von Wohnungs- und Teileigentumseinheiten an dem veräußerten Grundstück durch den Veräußerer auch nicht dem Fall gleichgestellt werden, dass nur eine Teilfläche des veräußerten Grundstücks auf den Veräußerer zurückübertragen wird, weil der Erwerber eine andere Teilfläche des Grundstücks in der Zwischenzeit veräußert hatte (zu dieser Fallgestaltung vgl. [X.]-Urteil vom 27. April 2005 II R 4/04, [X.]/NV 2005, 1629, unter [X.]).
Meta
19.02.2014
Beschluss
vorgehend FG Köln, 28. August 2013, Az: 5 K 1515/12, Urteil
§ 2 Abs 1 S 1 GrEStG 1997, § 2 Abs 2 Nr 1 GrEStG 1997, § 16 Abs 2 Nr 1 GrEStG 1997, § 2 WoEigG
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.02.2014, Az. II B 106/13 (REWIS RS 2014, 7760)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 7760
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Grunderwerbsteuer bei Eigentumswohnung
(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 22.05.2019 II R 20/17 - Grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb …
Berücksichtigung der Instandhaltungsrückstellung bei der Grunderwerbsteuer
Grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum
Einheitlicher Erwerbsvorgang im Grunderwerbsteuerrecht
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