Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2010, Az. XII ZB 129/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8991

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[X.]BESCHLUSS [X.] 129/09 vom 24. Februar 2010 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] §§ 233 B, 236 Abs. 2 C Wenn das Beschwerdegericht im Verfahren der Wiedereinsetzung einer eidesstattli-chen Versicherung keinen Glauben schenkt, muss es den Antragsteller darauf hin-weisen und entsprechenden Zeugenbeweis erheben (im [X.] an den [X.] vom 11. November 2009 - [X.] 174/08 - FamRZ 2010, 122). [X.], Beschluss vom 24. Februar 2010 - [X.] 129/09 - [X.] [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 24. Februar 2010 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Be-schluss des 5. Zivilsenats - [X.] - des [X.] in [X.] vom 30. Juni 2009 auf-gehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zu-rückverwiesen. [X.]: 1.000 • Gründe: [X.] Die Parteien streiten um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Mit Beschluss vom 24. März 2009 hat das Amtsgericht den Antragsgegner ver-pflichtet, an die Antragstellerin eine monatliche Ausgleichsrente in Höhe von 1.154,50 • zu zahlen. Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 30. März 2009 zugestellt worden. Mit einem am 7. Mai 2009 beim [X.] einge-gangenen Schriftsatz hat der Antragsgegner gegen diese Entscheidung [X.] Beschwerde eingelegt, diese zugleich begründet und wegen Versäumnis der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Dem 1 - 3 - Schriftsatz war zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung der [X.] des Antragsgegners beigefügt, wonach diese am 27. April 2009 eine an das [X.] ge-richtete Beschwerdeschrift geprüft, eingetütet und frankiert sowie kurz vor 18.00 Uhr bei der Postfiliale abgegeben hat. Auf Verfügung des [X.] legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 2. Juni 2009 eine ergän-zende eidesstattliche Versicherung der [X.] vor. Das [X.] hat das Wiedereinsetzungsgesuch des Antrags-gegners zurückgewiesen und die sofortige Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners. 2 I[X.] [X.] ist zulässig und begründet und führt zur Aufhe-bung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 3 Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 [X.] noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor [X.] [X.]punkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] ZR 50/08 - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt m.w.N.). 4 1. [X.] ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. 5 Nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] ([X.] 151, 221, 227 m.w.N. sowie Senatsbeschlüsse vom 9. Februar 2005 - [X.] ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792 m.w.N. und vom 18. Juli 2007 - [X.] 6 - 4 - 32/07 - FamRZ 2007, 1722) dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das recht-liche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zu-gang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigen-der Weise zu erschweren (vgl. auch [X.] 88, 118, 123 ff.). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. 2. [X.] ist auch begründet. 7 a) Im Ansatz zu Recht geht das [X.] davon aus, dass dem Antragsgegner Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen wäre, wenn sein Verfahrensbevollmächtigter bereits am 27. April 2009 die [X.] an das [X.] abgeschickt hätte, ohne dass sie dort angekommen ist. Denn dem Rechtsmittelführer dürfen Verzögerungen oder sonstige Fehler bei der Briefbeförderung oder Briefzustellung durch die [X.] nicht als Verschulden zugerechnet werden. Er darf vielmehr dar-auf vertrauen, dass die Postlaufzeiten eingehalten werden, die seitens der [X.] für den Normalfall festgelegt werden. In seinem Verantwor-tungsbereich liegt es allein, das Schriftstück so rechtzeitig und ordnungsgemäß aufzugeben, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrun-gen der [X.] den Empfänger fristgerecht erreichen kann (Se-natsbeschluss vom 18. Juli 2007 - [X.] 32/07 - FamRZ 2007, 1722, 1723). Eine am (Montag) 27. April 2009 aufgegebene Postsendung hätte diesen An-forderungen im Hinblick auf die am 30. April 2009 ablaufende Beschwerdefrist genügt. 8 - 5 - b) Soweit das [X.] den eidesstattlichen Versicherungen der [X.] und des Verfahrensbevollmächtigten des Antrags-gegners keine hinreichende Glaubhaftmachung für Fertigung und Absendung einer Beschwerdeschrift am 27. April 2009 entnommen hat, hält dies den An-griffen der Rechtsbeschwerde hingegen nicht stand. Die Entscheidung verstößt insoweit gegen die Verfahrensgrundrechte des Antragsgegners auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes und auf rechtliches Gehör. 9 aa) Die Entscheidung kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht der eidesstattlichen Versicherung der [X.] keinen Glauben geschenkt hat, ohne dem Antragsgegner [X.] zu entsprechendem Beweisantritt zu geben. Denn wenn das Be-schwerdegericht einer eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der Wieder-einsetzung keinen Glauben schenkt, muss es den Antragsteller darauf hinwei-sen und ihm Gelegenheit geben, entsprechenden Zeugenbeweis anzutreten ([X.] Beschluss vom 7. Mai 2002 - [X.]/01 - veröffentlicht bei Juris). 10 Unabhängig davon hätte das [X.] prüfen müssen, ob in der Vorlage der eidesstattlichen Versicherung zugleich ein Beweisangebot auf Vernehmung der [X.] als Zeugin zu den darin genannten Tatsachen liegt (Senatsbeschluss vom 11. November 2009 - [X.] 174/08 - FamRZ 2010, 122 f. m.w.N.). Dann liefe die Ablehnung der Wiedereinsetzung ohne die vorherige Vernehmung der Zeugin auf eine unzulässige vorwegge-nommene Beweiswürdigung hinaus (vgl. insoweit [X.] Beschluss vom 19. [X.] - [X.] 2009, 159). 11 [X.]) Aber auch sonst hält die angefochtene Entscheidung den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand, weil sie gegen anerkannte Regeln der Be-weiswürdigung verstößt. 12 - 6 - Schon soweit das [X.] es nicht für nachvollziehbar hält, wie sich eine Mitarbeiterin einer Rechtsanwaltskanzlei "nach über einer Woche" noch im Einzelnen mit genauem Datum an die Aufgabe bestimmter Schriftstü-cke erinnern könne, überzeugt dies nicht. Die hier relevante [X.] vom 27. April bis zum 7. Mai 2009 ist nicht so lang, dass sie ernsthafte Zweifel an dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung wecken könnte. Auf ausdrückliche Nachfrage hatte die [X.] ihre konkrete Erinnerung an den Vorgang hier zusätzlich mit der Namensähnlichkeit des Mandanten und eines Rechtsanwalts in der Kanzlei begründet. Die konkrete Erinnerung an diesen Vorgang hat das [X.] deswegen auch nicht in Zweifel gezogen. 13 Die Zweifel des [X.]s an dem genannten Datum der [X.] zur Post teilt der Senat nicht. Dabei ist von der eidesstattlichen Versiche-rung der [X.] auszugehen, wonach die an das [X.] gerichtete Beschwerdeschrift am 27. April 2009 kurz vor 18:00 Uhr bei der Postfiliale in [X.]-Blumenthal aufgegeben wurde. Im Hinblick auf diesen eindeutigen Inhalt wäre die Rechtsauffassung des [X.]s nur dann haltbar, wenn die eidesstattliche Versicherung wahrheitswidrig abgegeben [X.]. Hierfür hat das [X.] keine Anhaltspunkte aufgezeigt. Dass die [X.] das Datum der Aufgabe zur Post durch Einsicht in die in den Handakten befindliche Beschwerdeschrift vom 27. April 2009 mit eigenem [X.] rekonstruiert hat, kann das Gewicht der strafbewehrten eidesstattli-chen Versicherung nicht erschüttern. Insoweit weist die Beschwerdebegrün-dung zu Recht darauf hin, dass § 378 ZPO für den Zeugenbeweis sogar aus-drücklich die Einsicht in Aufzeichnungen und andere Unterlagen vorsieht, um dem Zeugen die Erinnerung an seine Wahrnehmungen zu erleichtern. 14 Dass der [X.] in der Handakte kein Datum trägt, steht dem Wahr-heitsgehalt ebenfalls nicht entgegen. Denn nach dem Beschwerdevortrag des 15 - 7 - Antragsgegners werden fristwahrende Schriftsätze im Büro des [X.] von der übrigen Post getrennt behandelt und von der dafür zuständi-gen [X.] abends zur Post gebracht. Wenn die [X.] daraus nach wenig mehr als einer Woche im Rückschluss die Erkenntnis gezogen hat, der Brief sei von ihr an dem [X.] gegeben, an dem er gefertigt wurde, ist dieser Schluss durchaus überzeugend. An besonde-re Umstände, die dem im Ausnahmefall entgegenstehen könnten, hätte sich die [X.] nach so kurzer [X.] vermutlich erinnern können. cc) Schließlich fehlt hier auch dem Ausgangspunkt des [X.], wonach es einen ungewöhnlichen Vortrag darstelle, dass gerade zwei Schriftsätze an einem Tag abhanden gekommen seien, die Grundlage. Ob mit der Durchschrift der Beschwerdeschrift an den Antragsgegner am 27. April 2009 ein weiterer Schriftsatz abgeschickt wurde, hat das [X.] nicht festgestellt. Auf die Information des eigenen Mandanten sind die Sorg-faltsanforderungen an die Absendung der Beschwerdeschrift auch nicht über-tragbar. 16 Unabhängig davon kann die Anzahl abhanden gekommener Briefe [X.] dann nicht gegen die eidesstattlichen Versicherungen sprechen, wenn - wie der Antragsgegner durch Vorlage eines [X.]ungsberichts belegt hat - sei-nerzeit im Bezirk des [X.]s eine größere Anzahl an Briefen und Päckchen beim Transport von Postfilialen zum Verteilzentrum abhanden ge-kommen sind. 17 c) Sollte das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung des erhebli-chen Beweiswerts der eidesstattlichen Versicherungen nicht zu einer hinrei-chend glaubhaft gemachten Absendung der Beschwerdeschrift am 27. April 18 - 8 - 2009 gelangen, wird es den Antragsgegner darauf hinweisen und die angebo-tenen Beweise erheben müssen. Hahne [X.] [X.] Klinkhammer
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.03.2009 - 71b F 29/08 - [X.], Entscheidung vom 30.06.2009 - 5 UF 49/09 -

Meta

XII ZB 129/09

24.02.2010

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2010, Az. XII ZB 129/09 (REWIS RS 2010, 8991)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8991

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