Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.08.2015, Az. 3 StR 289/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2015, 6544

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Gegenstand

Strafverfahren wegen Körperverletzung: Anspucken eines Menschen


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. April 2015 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

[X.]as [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung (Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie wegen Beleidigung in Tateinheit mit Körperverletzung ([X.] der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.]ie wirksam auf die Verurteilung in [X.] der Urteilsgründe beschränkte, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

2

1. Insoweit hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte am 12. [X.]ezember 2014 den [X.]zunächst unter anderem mit den Worten "Arschloch" und "Wichser" titulierte und sodann zweimal in dessen Richtung spuckte, wobei der zweite Auswurf diesen im Gesicht traf. [X.]ies erzeugte beim Beamten starke Ekelgefühle und Brechreiz, die bis in die Abendstunden anhielten. "Bei seinem Handeln wollte der Angeklagte den Zeugen [...] in dessen Ehre herabsetzen, ihn erniedrigen und nahm die bei diesem eingetretenen Ekelgefühle billigend in Kauf".

3

2. [X.]iese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Körperverletzung nicht. Sie belegen zwar den objektiven, nicht jedoch den subjektiven Tatbestand des § 223 Abs. 1 Alternative 1 StGB.

4

Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 23. Januar 1974 - 3 [X.], [X.]St 25, 277). Seelische Beeinträchtigungen als solche genügen nicht; nötig sind vielmehr körperliche Auswirkungen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juli 2012 - 2 StR 60/12, [X.], 340). [X.]anach erfüllt vorliegend zwar nicht die bloße Erregung von [X.] ([X.], Urteil vom 30. Mai 1910 - 3 [X.] 359/10, [X.], 184, 185; dagegen schon [X.], Beschluss vom 18. Juni 1990 - 1 Ss 238/89, NJW 1991, 240, 241), jedoch das Hervorrufen von Brechreiz das Tatbestandsmerkmal (vgl. zu durch Angst hervorgerufene Magenschmerzen [X.], Urteil vom 15. Oktober 1974 - 1 StR 303/74, M[X.]R 1975, 22; insgesamt S/S-Eser, StGB, 29. Aufl., § 223 Rn. 4).

5

Einen auf die Verursachung von Brechreiz bezogenen Vorsatz des Angeklagten hat die [X.] indes nicht festgestellt, weshalb die Verurteilung wegen (vorsätzlicher) Körperverletzung keinen Bestand haben kann. [X.]en entsprechenden Schuldspruch gemäß dem Vorschlag des [X.] entfallen zu lassen, kommt allerdings nicht in Betracht. Selbst wenn weitere Feststellungen zu einer zumindest billigenden Inkaufnahme nicht zu erwarten wären, stünde jedenfalls eine fahrlässige Körperverletzung im Raum (§ 229 StGB).

6

3. [X.]ie deshalb gebotene Aufhebung des Urteils umfasst auch die in Tateinheit zur Körperverletzung stehende, für sich betrachtet rechtsfehlerfrei festgestellte Beleidigung (vgl. KK-Gericke, [X.], 7. Aufl., § 353 Rn. 12 mwN). [X.]er Wegfall der Einzelstrafe bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.

Becker                           Pfister                            Hubert

                  Mayer                          Spaniol

Meta

3 StR 289/15

18.08.2015

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Mainz, 28. April 2015, Az: 3331 Js 41351/14 - 1 KLs

§ 223 Abs 1 Alt 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.08.2015, Az. 3 StR 289/15 (REWIS RS 2015, 6544)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6544

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