Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2017, Az. V ZR 96/16

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17411

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:130117UVZR96.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
V ZR
96/16
Verkündet am:

13. Januar 2017

Langendörfer-Kunz

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1
Der nachträgliche Einbau eines Personenaufzugs durch einen Wohnungs-eigentümer auf eigene Kosten kann grundsätzlich nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgen; er begründet in aller Regel -
anders als etwa der Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe -
auch dann einen Nachteil im Sinne von §
22 Abs. 1 i.V.m. §
14 Nr.
1 [X.] für die übrigen Wohnungseigentümer, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen.
[X.] § 13 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 2
Soll der einzubauende Personenaufzug nur einzelnen bau-
und zahlungs-willigen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein [X.] an dem für den Einbau vorgesehenen Treppenhausteil -
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-

eingeräumt; hierfür bedarf es einer Vereinbarung der [X.].
[X.], Urteil vom 13. Januar 2017 -
V [X.] -
LG [X.] (Oder)

[X.]

-
3
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
[X.]t-Räntsch und Dr.
Brückner, [X.]
Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.]s
[X.] (Oder) vom 14. März 2016 aufgeho-ben.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die [X.] besteht aus zwei in Plattenbauweise errichteten Wohnblöcken mit je-weils vier Hauseingängen. Der im Jahr 1936 geborene Kläger ist Eigentümer einer im fünften Obergeschoss des Hauses H.

-Straße
40 gelegenen Wohnung. Ein Aufzug ist in dem zugehörigen Treppenhaus nicht vorhanden.

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In der Eigentümerversammlung vom 11. März 2014 beantragten der Klä-ger und die [X.] zu 1, 4, 5, 6 und 7 erfolglos den Einbau eines geräusch-armen und energieeffizienten Personenaufzugs in dem bislang offenen Schacht in der Mitte des Treppenhauses auf ihre Kosten. Mit der Klage hat der Kläger
-
soweit noch von Interesse -
zunächst beantragt, die [X.] zu verpflich-ten, dem Einbau eines Personenaufzugs durch die Antragsteller und auf deren alleinige Kosten zuzustimmen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Antrag in mehrfacher Hinsicht ge-ändert; er hat ihn nunmehr auf eine Duldungspflicht der [X.] gerichtet und ihn unter anderem insoweit ergänzt, als die Antragsteller verpflichtet sein sollen, den Aufzug nach Auszug oder Beendigung der Nutzung durch den letzten [X.] sachgerecht vollständig zurückzubauen.
Hilfsweise hat der Kläger eine Beschlussfassung durch das Gericht nach billigem Ermessen beantragt. Er
verweist insbesondere darauf, dass er auf den Aufzug angewiesen
sei, weil sich seine 1982 geborene, zu 100
% schwerbehinderte Enkeltochter an den Wo-chenenden, den Feiertagen sowie bei Krankheit oder sonstigem Ausfall der [X.] bei ihm und seiner Ehefrau aufhalte; sie habe eine komplexe Mehrfachbe-hinderung und leide unter erheblichen Störungen der Motorik und Koordination.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das [X.] der Klage mit dem Hilfsantrag stattgegeben und im Wege der Beschlussersetzung entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Errichtung und den Betrieb eines geräuscharmen, maschinenraumlosen Personenaufzugs in dem [X.] durch den Kläger dulden muss. Die Kosten der Errichtung und des Betriebs sowie einer etwaigen späteren Beseitigung des Aufzugs soll der Kläger tragen; er darf sich jedoch mit weiteren Wohnungseigentümern zu einer Gesell-schaft bürgerlichen Rechts (GbR) zur Errichtung und zum Betrieb des Aufzugs zusammenschließen. Die Nutzung des Aufzugs kann der Kläger bzw. die GbR 2
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auf diejenigen Wohnungseigentümer beschränken, die sich an den Kosten der Errichtung und der Unterhaltung des Aufzugs im angemessenen Umfang [X.]. Daneben soll der Kläger
vor Baubeginn eine Sicherheit für eine spätere Beseitigung des Aufzugs leisten, und zwar in Höhe von 110 % der hierfür erfor-derlichen Kosten; die Höhe der [X.] soll der Kläger durch eine de-taillierte Kostenschätzung des den Aufzug errichtenden Unternehmens belegen.

Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung der Kläger beantragt, wollen die [X.] die Abweisung der Klage errei-chen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht lässt dahinstehen, ob der Einbau
des Personen-aufzugs eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 2 [X.] dar-stellt, weil ein einzelner Wohnungseigentümer auf deren Vornahme keinen [X.] habe. Der Kläger könne jedoch gemäß §
22 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
14 Nr.
1 [X.] verlangen, dass der
Einbau eines Aufzugs geduldet werde, wobei er die Kosten zunächst allein zu tragen habe und ggf. seinerseits andere [X.] beteiligen könne. Einen darauf bezogenen Beschluss der Wohnungseigentümer habe das Gericht zu ersetzen.

Der Duldungsanspruch des [X.] ergebe sich aus einer fallbezogenen Abwägung der jeweiligen grundrechtlich geschützten Interessen der Parteien insbesondere auch im Lichte der Rechte Behinderter im Sinne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Für das klägerische Anliegen sprächen gewichtige Belange. Ange-4
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sichts seines Alters sei davon auszugehen, dass ihm die dauerhafte Nutzung seines Wohnungseigentums ohne Aufzug nicht möglich sein werde. Zudem sei er wegen der Betreuung der schwerbehinderten Enkeltochter auf den Aufzug angewiesen. Eine Veräußerung der Eigentumswohnung, die sich in einem zu Zeiten der [X.] errichteten Plattenbau befinde, lasse sich nach dem auf die Region bezogenen Erfahrungsstand des Gerichts nur schwer realisieren. Auf die Nutzung seiner deutlich kleineren Erdgeschosswohnung könne er nicht verwiesen werden. Demgegenüber würden die [X.] nicht erheblich beein-trächtigt. Ein erheblicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums sei nicht zu erkennen. Dass Kinderwagen und Fahrräder auf der für den Aufzug vorgesehenen Fläche nicht mehr wie bisher abgestellt werden könnten, müss-ten die [X.] ebenso hinnehmen wie den Umstand, dass der Transport sperriger Gegenstände im Treppenhaus erschwert werde.

II.

Die Revision ist zulässig. Insbesondere ist sie -
entgegen der Ansicht des [X.] -
uneingeschränkt statthaft. Mit seiner Begründung der [X.] hat das Berufungsgericht die Revision schon deshalb nicht be-

14 und
22 [X.] im [X.] lediglich abtrennbare Teile hiervon betrifft. In der Sache hat das [X.] Erfolg.

1. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Anspruch des [X.],
der im Wege der Beschlussersetzung durchgesetzt werden könnte, nicht herleiten.
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7
-

a) Im Ausgangspunkt zutreffend verneint das Berufungsgericht einen auf §
22 Abs. 2 [X.] gestützten Anspruch des [X.] auf Zustimmung zu dem Einbau des Aufzugs und sieht die in §
22 Abs. 1 i.V.m. §
14 Nr. 1 [X.] enthal-tenen Bestimmungen als maßgeblich an. Die für eine Beschlussfassung gemäß §
22 Abs. 2 [X.] erforderliche qualifizierte Mehrheit ist nicht zustande gekom-men. Diese Norm begründet nach Wortlaut, Zweck und Vorstellung des [X.] nur eine Beschlusskompetenz, aber keine individuellen Ansprüche auf die Vornahme von Modernisierungen (vgl. BT-Drucks. 16/887 S.
31). [X.] geht es um eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Ei-gentums im Sinne von § 22 Abs. 1 [X.]. Das Treppenhaus, in dem der Einbau des Aufzugs erfolgen soll, steht im gemeinschaftlichen Eigentum, da es dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer im Sinne von §
5 Abs.
2 [X.] dient.

b) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung, dass eine Beschlussersetzung gemäß §
21 Abs. 8 [X.] erfolgen kann, wenn dem Kläger ein Anspruch auf die Vornahme einer solchen baulichen Veränderung des ge-meinschaftlichen Eigentums zusteht. §
22 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht vor, dass die baulhiermit normierten Beschlusskompetenz ergibt sich, dass eine Beschlusserset-zungsklage gemäß § 21 Abs. 8 [X.] des die bauliche Veränderung begehren-den Wohnungseigentümers statthaft ist (vgl.
[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., §
22 Rn. 164), ohne dass es auf die umstrittene Frage ankäme, ob eine etwa erforderliche Zustimmung nur im [X.] oder auch formlos erteilt wer-den kann (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 7. Februar 2014 -
V ZR 25/13,
NJW 2014, 1090 Rn. 9
f.).

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c) Die von dem Berufungsgericht vorgenommene Beschlussersetzung, wonach der Einbau des Aufzugs durch den Kläger (und nicht dem Hauptantrag entsprechend durch die Antragssteller) zu dulden ist, wird von dem Klageantrag erfasst. Für
die Einhaltung der Vorgaben von § 308 Abs. 1 ZPO reicht es bei einer Beschlussersetzungsklage nämlich aus, dass das mit dem Antrag verfolg-te Rechtsschutzziel gewahrt wird (vgl. [X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., §
21 Rn.
208). Davon ist deshalb auszugehen, weil das Berufungsgericht dem ei-gentlichen Anliegen des [X.], den Aufzug mit anderen bauwilligen [X.]n errichten und anschließend nutzen zu dürfen, durch den Verweis auf die Gründung einer GbR Rechnung getragen hat.

d) Der Sache nach zutreffend ist schließlich die Annahme des [X.], dass dem Kläger nur ein Duldungsanspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer zustehen kann; ein solcher Anspruch setzt voraus, dass die Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben, entbehrlich ist. Ist deren Zustimmung dagegen gemäß §
22 Abs. 1 i.V.m. §
14 Nr. 1 [X.] erforderlich, sieht das Gesetz einen auf Erteilung der Zustimmung gerichteten Anspruch nicht vor (vgl. BayObLG, [X.], 1014), und zwar auch dann nicht, wenn die Maßnahme der Herstellung von Barrierefreiheit dienen soll.

Eine entsprechende Anwendung der mietrechtlichen Vorschrift des §
554a Abs.
1 BGB -
die das Berufungsgericht nicht in Erwägung gezogen hat -
kommt nicht in Betracht. Nach dieser Norm kann ein Mieter unter näher [X.] Voraussetzungen die Zustimmung des Vermieters zur Vornahme einer die Barrierefreiheit sichernden baulichen Veränderung der [X.]. Ob die in §
554a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB vorgeschriebene Interessenab-wägung ergeben kann, dass ein Vermieter dem Einbau eines Personenaufzugs 11
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durch den Mieter zustimmen muss, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht diskutiert; die Frage dürfte im Mietrecht schon wegen des [X.] praktische Relevanz haben und bedarf hier keiner Entscheidung. Eine ana-loge Anwendung der Norm auf Wohnungseigentümer verbietet sich schon [X.], weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber hat bei der zeitlich nachfolgenden Reform des Wohnungseigentumsrechts nämlich ausführlich begründet, warum er die Aufnahme einer besonderen Regelung zur Barrierefreiheit in das Wohnungseigentumsgesetz als entbehrlich ansah (vgl. BT-Drucks. 16/887 S.
31
f.).
Auch dem Gesetzentwurf des Bundesrates zur Än-derung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität liegt die Annahme zu-grunde, dass §
554a BGB nur auf Mietverhältnisse anzuwenden ist
(BT-Drucks. 18/10256, S.
9 f.; [X.]. 340/16, [X.] ff.; dazu [X.], [X.] 2016, 856 ff.). Nach der dort vorgeschlagenen Änderung von §
22 Abs. 1 [X.] ist ein näher ausgestaltetes Zustimmungsverfahren weiterhin nicht vorgesehen; vielmehr soll die Zustimmung zu Maßnahmen, die für eine behindertengerechte Nutzung des Sonder-
oder Gemeinschaftseigentums erforderlich sind, unter bestimmten Vo-raussetzungen entbehrlich sein.

e) Nach alledem ist entscheidend, ob den übrigen [X.]n, die nicht zugestimmt haben, durch den Einbau des Aufzugs ein Nachteil i
Berufungsgericht dies im Ergebnis verneint und ihre Zustimmung als entbehr-lich ansieht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

aa) Nachteilig im Sinne von § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 [X.] ist im Grundsatz jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Diese muss zwar 14
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konkret und objektiv sein. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist aber nicht erfor-derlich; nur ganz geringfügige Beeinträchtigungen bleiben außer Betracht. [X.] ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (st.
Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 24. Januar 2014
-
V [X.], [X.], 464 Rn. 8 mwN; siehe auch [X.], NJW-RR 2005, 454 ff.). Allerdings müssen die Fachgerichte bei Auslegung und Konkretisierung einer Generalklausel, wie sie § 14 Nr. 1 [X.] zum Inhalt hat, auch die betroffenen Grundrechte der [X.] berücksichtigen, um deren wertsetzendem Gehalt auf der [X.] Geltung zu verschaffen. Ob der Nachteil, der aus baulichen Veränderungen zur Herstellung von Barrierefreiheit erwächst, das in § 14 Nr. 1 [X.] bestimmte Maß übersteigt, ist -
wie das Berufungsgericht inso-weit zutreffend erkennt -
aufgrund einer fallbezogenen Abwägung der beider-seits grundrechtlich geschützten Interessen zu entscheiden (vgl. BT-Drucks.
16/887 [X.]1
f.; Senat, Beschluss vom 22.
Januar 2004 -
V [X.], [X.]Z 157, 322, 326 f.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der entstehende Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen muss; was unvermeidlich ist, bestimmt sich nach dem geordneten Zusammenleben (auch) mit gehbehinderten Personen. Bei mehreren [X.] Maßnahmen steht den übrigen Wohnungseigentümern ein Mitbestimmungs-recht zu (vgl. zu Parabolantennen Senat, Beschluss vom 22. Januar 2004

V
[X.], [X.]Z 157, 322, 328 f.; Urteil vom 13.
November 2009

V
ZR
10/09, NJW 2010, 438 Rn. 16; [X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., § 22 Rn.
171
f.).

bb) Aufgrund der von dem Berufungsgericht vorgenommenen [X.] lässt sich ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 [X.] nicht ver-neinen. Die Auslegung dieses Rechtsbegriffs überprüft das Revisionsgericht 16
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zwar nur im Hinblick darauf, ob das Berufungsgericht ihn zutreffend erfasst und ausgelegt, alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (Senat,
Urteil vom
1.
Juni
2012 -
V [X.], [X.], 464 Rn. 7; Urteil vom 27. Februar 2015 -
V [X.], NJW 2015, 1442 Rn. 5). Dieser Nachprüfung hält das [X.] Urteil aber schon deshalb nicht stand, weil das Berufungsgericht nicht alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände einbezieht. Seine Annahme, ein erheblicher Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums sei nicht er-kennbar, untermauert es nicht in ausreichender Weise mit Tatsachen. [X.] rügt die Revision zu Recht, dass es sich in keiner Weise mit dem Inhalt des von dem Kläger vorgelegten Angebots über den Einbau eines Personen-aufzugs und den dort im Einzelnen aufgeführten Maßnahmen (unter anderem [X.], Erstellung einer Schachtgrube sowie Elektroinstallation ein-schließlich Notstrommeldeleitungen) auseinandersetzt. Zudem bezieht es nicht in seine Überlegungen ein, dass sich der in der Mitte des Treppenhauses ge-plante Einbau des Aufzugs -
wie anhand der von der Revision in Bezug ge-nommenen Lichtbilder unschwer zu erkennen ist -, nur verwirklichen lässt, wenn die bislang vorhandenen Treppengeländer beseitigt werden; folgerichtig sieht das den Aufzug betreffende Angebot die Lieferung eines Handlaufs vor. [X.] hinaus setzt sich das Berufungsgericht -
wie die Revision ebenfalls mit Recht rügt -
nicht mit möglichen Haftungsrisiken auseinander, die der Einbau des Aufzugs für die übrigen Wohnungseigentümer begründen kann.

2. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die hierfür erfor-derlichen Feststellungen
getroffen sind und der Inhalt des von dem Kläger vor-gelegten Angebots über den Einbau des Aufzugs zwischen den Parteien nicht im Streit steht. Die Klage ist abzuweisen, weil der für die Beschlussersetzung erforderliche Duldungsanspruch des [X.] aus zwei Gründen nicht besteht. 17
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Zum einen ist die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer
zu dem Ein-bau des Aufzugs erforderlich (dazu unter
a), an der es fehlt. Zum anderen wird durch die geplante Maßnahme ein Sondernutzungsrecht begründet, wofür es einer Vereinbarung bedarf (dazu unter b).

a) Für den Einbau des Aufzugs bedarf es gemäß § 22 Abs. 1 [X.] der Zustimmung aller
übrigen Wohnungseigentümer, weil ihnen ein Nachteil im Sinne von § 14 Nr. 1 [X.] erwächst.

aa) Bei der insoweit gebotenen Interessenabwägung ist neben dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG), auf das sich jede der Parteien berufen kann (vgl. hierzu [X.], NJW-RR 2005, 454 ff.), auf Seiten des [X.] Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu beachten, wonach niemand wegen seiner [X.] benachteiligt werden darf (vgl. für das Mietrecht [X.], NJW 2000, 2658, 2659
f.).

(1) Allerdings lässt sich dies, anders als das Berufungsgericht meint, nicht aus einer Behinderung des [X.] ableiten. Denn sein Lebensalter von etwa achtzig Jahren ist für sich genommen nicht als Behinderung anzusehen (vgl. zum Begriff der Behinderung [X.]E 96, 288, 301; BeckOK GG/Kischel, 30.
Edition, Art. 3 Rn. 233). Dass er gegenwärtig an einer konkreten körperli-chen Einschränkung leidet, stellt das Berufungsgericht nicht fest; eine darauf bezogene [X.] hat der Kläger nicht erhoben. Ebenso wenig kann er sich auf eine Behinderung der [X.] zu 7 berufen, die seinen Antrag in der Ei-gentümerversammlung unterstützt hatte, nunmehr aber auf [X.]seite Par-tei des Rechtsstreits ist.

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(2) Gleichwohl sind
Inhalt und Umfang der sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ergebenden Rechte des [X.] im Lichte von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG zu bestimmen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass er seine schwerbehinderte Enkelin regelmäßig in der Wohnung betreut und jeweils für längere Zeitab-schnitte in seine Wohnung aufnimmt. Nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts ist davon auszugehen, dass die Enkeltochter die Treppen infolge der komplexen Mehrfachbehinderung ohne
Hilfsmittel nicht bewältigen kann. [X.] werden die Eigentümerbefugnisse des [X.] durch das Verbot der Benachteiligung Behinderter geprägt und umfassen -
auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG (vgl. [X.]E 136, 382 Rn. 23) -
den Zugang der Enkelin zu der Wohnung (vgl. [X.], NJW 2000, 2658, 2659
f.). Dass es um eine nur zeitwei-lige Betreuung geht, kann ggf.
im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung erlangen.

bb) Nach verbreiteter Ansicht kann die erforderliche Interessenabwägung ergeben, dass ein Wohnungseigentümer einen Treppenlift, eine Rollstuhlrampe oder einen Handlauf auch ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer anbringen darf, sofern er seine Wohnung infolge einer Behinderung ohne sol-che Hilfsmittel nicht erreichen kann (vgl.
[X.] 2003, 254, 259 ff.; [X.], NJW-RR 2005, 1324 ff. und NJW-RR 2008, 1332, 1334; LG Ham-burg, [X.], 767, 768; [X.], [X.] 2013, 37 f.; [X.], [X.], 821 ff.; [X.], [X.], 590 f. [jeweils Treppenlift]; [X.], WE
2004, 104
f.; [X.], [X.] 2015, 56
f. [jeweils Rampe]; [X.], [X.], 386; [X.], [X.] 2012, 277, 278
f. [jeweils Handlauf]; AG
Stuttgart, [X.], 288, 290
f. [[X.]]; vgl. ferner [X.]/Bub, BGB [2005], §
22 [X.] Rn. 55, 176; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., §
22 Rn.
80; [X.]/Suilmann, [X.], 13. Aufl., §
14 Rn. 16; Vandenhouten in
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, [X.], 11.
Aufl., §
22 Rn. 110). Diese 21
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Rechtsauffassung hat sich der Gesetzgeber bei der Reform des Wohnungsei-gentumsrechts ausdrücklich zu Eigen gemacht. In der Gesetzesbegründung wird hervorgehoben, dass Maßnahmen wie Rollstuhlrampen und Treppenlifte als unvermeidlich zu bewerten seien, wenn die Barrierefreiheit nach objektiven Kriterien geboten und ohne erhebliche Eingriffe in die Substanz des [X.] technisch machbar sei (vgl. BT-Drucks. 16/887 S.
31). Mit dem Einbau eines Personenaufzugs musste sich die Rechtsprechung bislang nur vereinzelt befassen; dieser ist als Nachteil angesehen worden (so [X.], [X.], 821 ff.; offen lassend LG
München, [X.] 2015, 139 ff.).

cc) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass der nachträgliche Einbau eines Personenaufzugs durch einen Wohnungseigentümer auf eigene Kosten grundsätzlich nur mit Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgen kann; er begründet in aller Regel -
anders als etwa der Einbau eines Treppenlifts oder einer Rollstuhlrampe -
auch dann einen Nachteil im Sinne von §
22 Abs.
1 i.V.m. §
14 Nr. 1 [X.] für die übrigen Wohnungseigentümer, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer aufgrund einer Gehbehinderung auf den Aufzug angewiesen ist, um seine Wohnung zu erreichen.
Daher
kommt es
nicht
darauf an, dass es hier um eine nur zeitweilige Betreuung der Enkeltochter geht; auch ist nicht entscheidend, ob der Kläger auf die Nutzung seiner kleine-ren Wohnung im Erdgeschoss der Anlage verwiesen werden könnte.

(1) Im Hinblick auf Treppenlifte oder Rollstuhlrampen kann ein Nachteil

im Einklang mit der Einschätzung des Gesetzgebers -
zu verneinen sein, wenn der bauwillige Wohnungseigentümer (oder -
wie hier -
ein Angehöriger)
unter einer erheblichen Gehbehinderung leidet. Maßgeblich ist eine eingehen-de, konkrete und einzelfallbezogene Abwägung der divergierenden grundrecht-lich geschützten Interessen (vgl. [X.], NJW 2000, 2658, 2659
f.). Ein Nach-23
24
-
15
-

teil kann sich daraus ergeben, dass die erforderliche Verengung des [X.] bauordnungsrechtlich nicht zulässig ist (vgl. dazu VG Freiburg,
NVwZ-RR 2002, 14 f.; VG
Gelsenkirchen, Urteil vom 26.
September 2012

5
K
2704/12, juris; Hogenschurz in [X.], [X.], 5.
Aufl., § 22 Rn. 36a); er kann aber zu verneinen sein, wenn die verbleibende Treppenbreite nach be-hördlicher Überprüfung als noch hinnehmbar angesehen wird (vgl. [X.] 2003, 254, 259
f.; [X.], [X.], 590 f.). Jedenfalls die optische Ver-änderung des Treppenhauses wird nicht über das bei einem geordneten Zu-sammenleben (mit einem Gehbehinderten) unvermeidliche Maß hinausgehen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, ob der Eingriff
in das Gemeinschaftsei-gentum ohne größeren Aufwand rückgängig gemacht werden kann, was bei den genannten Maßnahmen in aller Regel anzunehmen sein wird; ggf. kann für die [X.] die Leistung einer Sicherheit angezeigt sein, damit ein Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer verneint werden kann.

(2) Der Einbau eines Personenaufzugs geht über die Anbringung eines Treppenlifts weit hinaus. Technisch machbar ist er nur mit erheblichen Eingrif-fen in die Substanz des Gemeinschaftseigentums; solche
Eingriffe begründen auch dann einen Nachteil, wenn sie der Herstellung von Barrierefreiheit dienen (vgl. BT-Drucks. 16/887 S.
31).

(a) Ein nachträglich errichteter Personenaufzug verengt in aller Regel
-
und auch hier -
den im Treppenhaus zur Verfügung stehenden Platz erheblich. Bei lebensnaher Betrachtung erfordert er schon wegen der bauordnungs-
und brandschutzrechtlichen Vorgaben einen massiven konstruktiven Eingriff in den Baukörper. Belegt wird dies durch den Inhalt des vorgelegten Angebots. [X.] muss unter anderem eine Schachtgrube erstellt werden, wobei [X.] und Aussparungen sowie Maurer-, Putz-, Maler-
und Anschlussarbeiten 25
26
-
16
-

erforderlich sind. Wegen der erforderlichen Elektroinstallationen beschränkt sich der Einbau nicht auf den Schacht; es müssen Elektroleitungen für den Kraft-
und Lichtstromanschluss und Datenleitungen für [X.] verlegt werden. Bauordnungsrechtlichen Vorgaben zufolge müssen Fahrschächte zu lüften sein und eine Öffnung zur Rauchableitung vorsehen
(vgl. § 39 Abs. 3 [X.] Brdbg.).

(b) Nach dem Einbau treffen den Betreiber (hier zunächst den Kläger) Pflichten im Hinblick auf die Wartung des Aufzugs. Dabei kann dahinstehen, ob die novellierte Betriebssicherheitsverordnung ([X.] in der Fassung vom 3.
Februar
2015, BGBl. I 2015, 49) anwendbar ist, und ob die dort geregelten, weitreichenden straf-
und bußgeldbewehrten Überprüfungs-
und Wartungs-pflichten (vgl. hierzu [X.], [X.], 333, 336) einzuhalten sind (vgl. §
2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 [X.] sowie [X.], NVwZ-RR 1995, 187). Jedenfalls die private Verkehrssicherungspflicht kann im Außenverhältnis zu [X.] auch für die übrigen Wohnungseigentümer mit sich bringen. Primär wäre zwar derjenige
verantwortlich, der den Verkehr eröffnet, hier also der Klä-ger. Wird aber der Aufzug, der sich in dem gemeinschaftlichen Treppenhaus befindet, außenstehenden Dritten zugänglich gemacht, ist jedenfalls nicht aus-zuschließen, dass Kontroll-
und Überwachungspflichten der übrigen [X.] im Hinblick auf die Erfüllung der Betreiberpflichten entstehen. Ein durch den Betrieb des Aufzugs verursachter Schaden könnte im Ergebnis von ihnen zu tragen sein, wenn der Kläger mit der Regulierung finanziell über-fordert sein sollte.

(c) Ein Rückbau setzt erneut
erhebliche Eingriffe in den Baukörper vo-raus, die nur mit großem baulichem Aufwand erfolgen
können und ihrerseits neue Risiken bergen; er erforderte zudem einen großen zeitlichen und organi-satorischen Einsatz, der -
sollten der Kläger oder ggf. seine
Erben hierzu nicht 27
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-
17
-

in der Lage sein -
von den Wohnungseigentümern zu leisten wäre. Unabhängig von einer Sicherheitsleistung dürfte sich der
Rückbau
bei lebensnaher Betrach-tung regelmäßig als eher unrealistisch erweisen. Als temporäre Maßnahme kann der Einbau eines Personenaufzugs daher nicht angesehen werden. Aus diesem Grund
ist die Auferlegung einer Sicherheit für die [X.] -
wie sie das Berufungsgericht im Wege der Beschlussersetzung vorgesehen hat -
schon im Ansatz ungeeignet, um die entstehenden Nachteile auszugleichen.

(3) Da die
aufgezeigten nachteiligen
Folgen in wesentlichen Teilen
die Wohnungseigentümer insgesamt betreffen, müssen
hier
alle übrigen [X.] der Baumaßnahme zustimmen, also auch diejenigen, die an-dere [X.] bewohnen; ohnehin fehlt es auch an der Zustimmung einzelner Wohnungseigentümer aus dem Hausteil des [X.].

b) Eine Beschlussersetzung scheidet zudem deshalb aus, weil mit der von dem Kläger angestrebten Maßnahme -
anders als das Berufungsgericht meint -
nicht der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von §
15 Abs. 2 [X.] geregelt wird, sondern ein Sondernutzungsrecht geschaffen wird.
Dafür bedarf es einer Vereinbarung, an der es fehlt; der Kläger hat auch keinen Anspruch hierauf, weil die Voraussetzungen von §
10 Abs.
2 Satz
3 [X.] nicht vorliegen.

aa) Sondernutzungsrechte sind dadurch gekennzeichnet, dass einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des Gemeinschaftseigentums zugewiesen wird (positive Komponente). Wegen des Entzugs der Befugnis zum Mitgebrauch nach § 13 Abs. 2 [X.] kann es nur durch Vereinbarung (§ 10 Abs.
2 Satz 2 [X.]) oder durch den teilenden Eigentümer nach §
8 Abs.
2, §
5 29
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31
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18
-

Abs.
4 i.V.m.
§ 10 Abs. 2 [X.] begründet oder geändert werden (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 -
V [X.], [X.], 676 Rn. 10; vgl. auch Senat, Urteil vom 18. März 2016 -
V [X.], [X.] 2016, 459 Rn. 22; Urteil vom 8.
April 2016 -
V [X.], [X.], 696 Rn. 14 mwN).

bb) Soll der einzubauende
Personenaufzug -
wie hier -
nur einzelnen bau-
und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen, wird diesen ein Sondernutzungsrecht an dem für den Einbau vorgesehenen Trep-penhausteil eingeräumt (so auch [X.], [X.] 2015, 139, 141; ähnlich [X.], [X.] 2015, 38 f.: unzulässige Bildung einer Untergemein-schaft). Die übrigen Wohnungseigentümer würden insoweit entgegen § 13 Abs.
2 Satz
1 [X.] von dem Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen. Der für den Einbau des Aufzugs vorgesehene Schacht wird nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im unteren Bereich derzeit zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen genutzt und ist zudem erforderlich, damit sperrige Gegenstände durch das Treppenhaus transportiert werden [X.]. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Entstehung eines Sondernutzungsrechts nicht deshalb verneinen, weil der Aufzug nur vo-rübergehend eingebaut wird. Abgesehen davon, dass eine gänzliche (nicht nur turnusmäßige) Entziehung des Rechts zum Mitgebrauch ein Sondernutzungs-recht entstehen lässt (vgl. Senat, Urteil vom 8. April 2016 -
V [X.], [X.], 696 Rn. 10 ff., 18 ff.), ist der Einbau eines Personenaufzugs -
wie oben ausgeführt -
gerade nicht als temporäre Maßnahme anzusehen.
Schon wegen der bereits
aufgezeigten
Nachteile für die übrigen Wohnungseigentümer kommt es auch nicht in Betracht, einen
Anspruch auf Einräumung eines solchen [X.]s aus §
10 Abs.
2 Satz
3 [X.]
abzuleiten.

32
-
19
-

c) Mit dem Grundgesetz
ist es vereinbar, dass das [X.] in seiner derzeitigen Fassung keinen Anspruch des [X.] auf Zustimmung zum Einbau eines Personenaufzugs vorsieht.

aa) Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG begründet kein Leistungsrecht, sondern wird als Ausdruck der besonderen Verantwortung des Staates gesehen. Bei der [X.] dieses Auftrags steht dem Staat ein ganz erheblicher Beurteilungsspiel-raum zu, der jedenfalls den Vorbehalt des organisatorisch, personell und von den
sachlichen Voraussetzungen her Möglichen umfasst (vgl. [X.]E 40, 121, 133; 96, 288, 305
f.). Nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung und dem de-mokratischen Prinzip der Verantwortung des vom Volk unmittelbar legitimierten Gesetzgebers muss dieser selbst die regelmäßig höchst komplexe Frage [X.], wie eine positive staatliche Schutz-
und Handlungspflicht, die aus den in den Grundrechten verkörperten Grundentscheidungen hergeleitet wird, durch aktive gesetzgeberische Maßnahmen zu verwirklichen ist
(vgl. [X.]E 56, 54, 81). Ein Verfassungsverstoß kommt nur in Betracht, wenn der Gesetzgeber seine Pflicht evident verletzt hat (vgl. [X.]E 56, 54, 81; 77, 170, 214
f.; 79, 174, 202; 85, 191, 212; 92, 26, 46). Infolgedessen ist es in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, die Rechtsverhältnisse Privater untereinander in einer Wei-se auszugestalten, die dem Schutz Behinderter angemessen Rechnung trägt; er hat die darauf bezogenen Schranken des Eigentums der übrigen Wohnungs-eigentümer im Sinne von Art.
14 Abs.
1 Satz 2 GG zu bestimmen.

bb) Die bislang geltenden Regelungen des Wohnungseigentumsgeset-zes sind im Hinblick auf den Schutz behinderter Wohnungseigentümer nicht evident unzureichend. Der Gesetzgeber ist bei der Reform des Wohnungsei-gentumsrechts davon ausgegangen, dass die übrigen Eigentümer gegen ihren Willen zwar temporäre Maßnahmen, nicht aber erhebliche Eingriffe in das ge-33
34
35
-
20
-

meinschaftliche Eigentum zur Herstellung der Barrierefreiheit hinnehmen müs-sen (vgl. BT-Drucks. 16/887 [X.]1). Darüber hinaus sind
solche erheblichen Eingriffe in das gemeinschaftliche Eigentum unter den Voraussetzungen von §
22 Abs. 2 [X.] einer Beschlussfassung durch qualifizierte Mehrheit zugäng-lich. Dieses abgewogene Regelungskonzept ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Nichts anderes ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach die Wohnung schwer veräußerlich und für eine gehbehinderte Person nur mit einem Personenaufzug gut zu erreichen ist. Es hat sich ein Risiko verwirklicht, das der
Kläger eingegangen ist, als er in der konkreten Region eine im fünften Obergeschoss gelegene Wohnung erworben hat, die mit niederschwelligen Hilfsmitteln wie einem Treppenlift nicht ohne [X.] zugänglich gemacht werden kann. Aus dem Grundgesetz
lässt sich nicht ableiten, dass die daraus resultierenden Erschwernisse zu Lasten der übrigen Wohnungseigentümer abzuwenden sind. Deren Wohnungseigentum ist nämlich ggf. ebenfalls schwer veräußerlich und würde mit zusätzlichen Nachteilen und Haftungsrisiken belastet.
-
21
-

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Stresemann [X.]t-Räntsch Brückner

Göbel Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.10.2014 -
37 [X.] [X.] -

LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 14.03.2016 -
16 [X.]/14 -

36

Meta

V ZR 96/16

13.01.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2017, Az. V ZR 96/16 (REWIS RS 2017, 17411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17411

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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